Lieder der Tröstung voll Schmerz und Zuversicht

Am 18.10.2021 standen beim 1. Kammerkonzert der Dortmunder Philharmoniker im hiesigen Orchesterzentrum die Streichinstrumente im Mittelpunkt.

Onyou Kim und Natalie Breuninger (Violine), Juan Ureňa Hevia und Seulki Ha (Viola) sowie Emanuel Matz und Florian Sebald (Violoncello) konnten nicht nur ihr technisches Können, sondern auch die vielfältige Ausdruckskraft ihrer Instrumenten deutlich machen.

Vor 80 Jahren fanden die ersten systematischen Deportationen der Juden in die Todeslager der Nationalsozialisten statt.

So passte es sehr gut, dass neben dem romantischen und zudem expressiven Streichsextett B-Dur op. 18 von Johannes Brahms (1823 -1897) zuvor auch Werke von drei Komponisten jüdischer Herkunft auf dem Programm standen.

Alexander Zemlinsky (1871 – 1941), Gideon Klein (1919 – 1945) und Viktor Ullmann (1898 – 1944) sind entweder an den Folgen der Nazi-Verfolgung oder im Konzentrationslager ermordet worden. Klein und Ullmann wurden von den Nationalsozialisten im Ghetto Theresienstadt genötigt bei ihrer Inszenierung eines „besonders lebendigen Kulturlebens“ als Musiker ihren Beitrag zu leisten. Sie versuchten, Energie und Kraft aus ihrer Situation zu schöpfen und den Lagerinsassen in ihren Leiden und Schmerzen auch etwas Hoffnung zu vermitteln.

Kompositionen von Künstlern, die in Konzentrationslagern ermordet wurden, standen im Mittelpunkt des Kammerkonzerts.
Kompositionen von Künstlern, die in Konzentrationslagern ermordet wurden, standen im Mittelpunkt des Kammerkonzerts.

Mit der Sopranistin Anna Sohn vom Dortmunder Opernensemble sorgte eine starke und kraftvolle Stimme für eine sensible Interpretation der Liedtexte. Dabei hatten Musik und Gesang den gleichen Stellenwert.

Alexander Zemlinskys Komposition „Maiblümchen blühten überall“ (1902/1903) für Sopran und Streichsextett, erzählt nach einem Gedicht von Richard Dehmels die tragische Geschichte zweier Liebender mit floraler Symbolik und Melancholie.

Gideon Kleins folgende musikalisch höchst expressive und trauer-volle „Fantasie und Fuge für Streichquartett“ ist 1942 entstanden. Seine Paarung von musikalischen Formen hat ihre Vorbilder im Barock.

Viktor Ullmanns „Herbst“ (für Singstimme und Streichtrio nach Georg Trakl) und „Lieder der Tröstung“ (für Singstimme und Streichtrio nach dem Anthroposophen Albert Steffen) sind beeinflusst von der christlichen Mystik. Sie berichte von Verbitterung und Zuversicht.

Alle gespielten Werke der drei Komponisten sind von der atonalen Musik ihres Lehrmeisters Arnold Schönberg beeinflusst.

Als Zugabe für das Publikum gab das tröstende „Abends, wenn ich schlafen geh“ aus „Hänsel und Gretel“ wunderbar instrumentalisiert.

Zibulla macht auf dicke Hose

Im neuen Roman des Essener Autors T.D. Reda um Privatdetektiv Tibor Zibulla geht es in dem nach „Ruhrstadt“ (Ruhrgebiet in sechs Bereiche aufgeteilt) verorteten Krimi es hoch her. Er ist eher nicht für feinsinnige und empfindliche Gemüter.

Der Detektiv ist ein zwei Meter großer ehemaliger Wrestling-Profi und Türsteher. Er ist ein Typ „eitler Macho mit weichem Kern“. Dazu gehören seine derben Sprüche mit dem gewissen „Ruhrgebiets-Charme“.

Neben seinen Maßanzügen liebt er nur zwei Sachen mehr: die Musik von James Brown und seine Freundin Anne. Auch sonst spielt er gerne den Beschützer von Frauen, die schlecht behandelt werden. Er handelt nicht immer „korrekt“ und ist manchmal auch unvernünftig. (So nimmt er etwa Appetitzügler, um schnell abzunehmen.)

Autor: T.D. Reda Titel: Zibulla – Auf dicke Hose Reihe: Kriminalroman, Region: Nordrhein-Westfalen ET:  September 2021 ISBN 978-3-7408-1248-5, (i4)_(1248-5) ebook: 978-3-96041-812-2, (e2)_(812-2)
Autor: T.D. Reda Titel: Zibulla – Auf dicke Hose Reihe: Kriminalroman, Region: Nordrhein-Westfalen ET: September 2021 ISBN 978-3-7408-1248-5, (i4)_(1248-5) ebook: 978-3-96041-812-2, (e2)_(812-2)

In „Auf dicke Hose“ bekommt er es mit einem heiklen Fall zu tun, es geht um die Erpressung eines jungen homosexuellen Profifußballers. Finn Berger wird mit einem brisanten Video erpresst. Es geht nicht um Geld, sondern um Wettbetrug und bewusste Manipulation. Zudem ist auch noch der damalige Partner auf dem Video spurlos verschwunden.

Zibulla muss in abgründige Gegenden recherchieren und in einem Homo-Club fahnden. Das ist aber nur der Anfang. Er bekommt es bei seinen Recherchen mit Drogendealern und den homophoben Vater sowie Brüdern des verschwunden jungen Mannes zu tun.

Ganz brenzlich wird es, als er auch noch einem mörderischen Zirkel mit einem äußerst brutalem Führer an der holländischen Grenze auf die Spur kommt. Da braucht er bald die Hilfe von Freunden …

Neben dem rauen Umgangston werden die Leser*innen mit viel Gewalt konfrontiert und ist nicht für Personen mit schwachen Nerven.

Es gibt jedoch durchaus einige witzige Momente und Situationen, die zum Schmunzeln anregen. Zibulla bietet einige Reibungsflächen. Der Gegensatz von dem ruppigen Ermittler und dem emotionalen Thema Schwulenfeindlichkeit hat einen gewissen Reiz.

Dem Krimi merkt man an, dass er von einem Mann geschrieben wurde.

T.D. Reda ISBN 978-3-7408-1248-5

Zibulla – Auf dicke Hose 288 Seiten

Kriminalroman (Broschur) € (D) 13.00 € (A) 13.40

Köln: Emons Verlag 2021

Originalausgabe Auch als E-Book erhältlich

Gloria – eine Messe im Operngewand

Sein 175jähres Jubiläum feierte der Philharmonische Chor des Dortmunder Musikvereins im Rahmen des Klangvokal Festivals im Konzerthaus Dortmund. Corona bedingt hatte der Chor die Feierlichkeiten im letzten Jahr ausfallen lassen müssen.

Mit einem musikalischen Leckerbissen startete der Chor in seine neue Spielzeit.

Zum Auftakt erklang „A Raffaello Devino“ von Marco Enrico Bossi, instrumentiert von Chorleiter Granville Walker, danach folgte Guglielmo Ratcliff: Intermezzo von Pietro Mascagni. Der Schwerpunkt des Abends gehörte der „Messa di Gloria“ ebenfalls von Pietro Mascagni. Sie wurde wirklich gloriös gestaltet.

Gerado Garciano, Pene Pati und Granville Walker nach dem Konzert. (Foto: © Buba Gogiberidze)
Gerado Garciano, Pene Pati und Granville Walker nach dem Konzert. (Foto: © Buba Gogiberidze)

Das Stück, das in Italien häufig aufgeführt wird, ist bei uns kaum bekannt. Was sehr schade ist. Geläufiger ist die „Cavalleria rusticana“, die besonders als Filmmusik im „Pate III“ Filmliebhabern in Erinnerung blieb.

Das geistliche Werk der Messa di Gloria folgt dem liturgischen Aufbau einer Messe. Der Operneinakter wird dem Verismo zugeordnet. Ein Wechsel zwischen dramatischem Flehen und zarten, melancholischen Tönen hält den Spannungsbogen vom Beginn des Kyrie bis zum Ausklingen des Agnus Dei.

Eine wahre Entdeckung ist der junge Tenor Pene Pati, der erstmalig auf einer deutschen Bühne stand. Mit seiner einfühlsamen Stimme die kraftvoll, und dennoch sensible, mit warmen Timbre das Werk interpretierte, eroberte er die Zuhörer im Saal. Bariton Gerado Garciano übernahm die besonders melancholischen, lyrischen Sätze und sang diese sehr überzeugend. Überraschend war sein Äußeres, mit grauem Vollbart war er kaum wiederzuerkennen.

Die Messa war ein leidenschaftliches, klanggewaltiges Glaubensbekenntnis, das jedoch nie überzogen pompös wirkte.

Chorleiter Granville Walker bereitete mit seinen Philharmonischen Chor, den Solisten und der Neuen Philharmonie Westfalen einen wunderbaren Abend für die Konzertbesucher. Sie belohnten die Künstler mit anhaltenden Standing Ovations.

Offertorium – Zweites Philharmonisches Konzert

Ein beeindruckendes Werk, von einer beeindruckenden Frau. Das „Offertorium“, titelgebend für das 2. Philharmonische Konzert im Konzerthaus Dortmund war ein echtes Highlight.

Sofia Gubaidulinas Konzert für Violine und Orchester thematisierte eine Opfergabe. Opfer oder Opfergaben begleiten die Menschen durch alle Kulturen und Religionen. Die Komponistin nahm das Thema regium aus dem Musikalischen Opfer von Johann Sebastian Bachs Musikalischem Opfer als Grundlage für ihr Werk. Ihr Opfer sind die jeweils erste und letzte Note des „regiums“ Nach und nach „verlor“ das Orchester die Noten bis nach vielfachen Schleifen nur ein Ton übrigblieb. Sehr leise und deshalb umso intensiver stand der Ton ein paar Takte im Raum. Von hier aus baute sich das Thema dann wieder auf, bis es wieder vollständig erklang. Linus Roth an der Solovioline spielte virtuos die schwierigen, teils kakofonischen Klangpassagen.

Das Hornsolo bringt den "Lichtstrahl" in die 5. Sinfonie von Tschaikowsky. (Foto: © Sabine Schmidt / pixelio.de)
Das Hornsolo bringt den „Lichtstrahl“ in die 5. Sinfonie von Tschaikowsky. (Foto: © Sabine Schmidt / pixelio.de)

Das Philharmonische Orchester war in voller Besetzung auf der Bühne. Die Streicher bewältigten die schwierige Herausforderung mit Bravour. Die fünf Musiker an den verschiedenen Schlagwerken waren ungewöhnlich viel beschäftigt. Vom leisen Triangelton, bis zum donnernden, ohrenbetäubenden Trommelwirbel waren sie ständig gefordert. Schon in ihrer Zeit in der Sowjetunion interessierte sich Sofia Gubaidulina für Dodekaphonie, Serialismus und Elektronik. Gerade ihre Liebe zum Seriellen zeigt sich in diesem Stück in Schleifen, die das Thema immer wieder einkreisen. Das waren herausfordernde, aber inspirierende 40 Minuten.

Die zweite Hälfte des Abends füllte Tschaikowskys 5. Sinfonie in e-moll. Die vom Komponisten als unzureichend empfunden Sinfonie gilt heute als eines seiner wichtigsten und modernsten Kompositionen. Tschaikowsky bearbeitete in seiner Sinfonie das „Schicksalsthema“. Nach seiner Auffassung musste der Mensch sich seinem Schicksal beugen beziehungsweise war er der Vorsehung ausgeliefert. Dieses Thema zieht sich durch die Sinfonie. Sie beginnt mit einem dunklen Trauermarsch, die Blechbläser symbolisieren durch kurze, laute Einwürfe immer wieder die Macht des Schicksals. Der zweite Satz beginnt ebenfalls getragen mit den Streichern, ein Hornsolo und dazukommende Klarinetten lassen einen Hoffnungsschimmer aufkeimen. In eine beschwingte Walzermelodie verpackt Tschaikowsky sein Schicksalsthema im dritten Satz. Nach der Leichtigkeit folgt erneut eine Hinwendung zum pathetischen Ausgeliefertsein. Mit einer sich ständig steigernden Einsatz der Klangstärke des Orchesters endet das Stück in einem gewaltigen pathetischen Finale. Dirigent des Abends war Leo McFall. Er ist Preisträger des diesjährigen Opus Klassik 2021 in der Kategorie Sinfonische Einspielung/Musik 19. Jahrhundert.

Kreatives Herbstlabor 2021 Enter Culture

In den Herbstferien bekamen fünfundzwanzig Jugendliche zwischen 14 bis 21 Jahren in Dortmund vom 11.- 15.10.2021 die Gelegenheit, sich kreativ in verschiedenen kulturellen Bereichen wie Schauspiel, Performance, Objekttheater und Fotografie auszuprobieren. Ein wichtiges Angebot gerade in Corona-Zeiten.

Das hiesige Schauspiel und die UZWEI im Dortmunder U boten in den fünf Tagen unter dem Motto Enter Culture – Anfassen/Ausprobieren/Experimentieren vier Workshops an. Angeleitet wurden diese von fachkompetenten Personal aus den jeweiligen Bereichen.

Gelungener Abschluss des Herbstlabors 2021.
Gelungener Abschluss des Herbstlabors 2021.

Die Abschlusspräsentation fand am 15.10.2021 in der Jungen Oper statt.

Der Performance-Workshop 1 stand unter dem Motto „Guten Tag, ich bin ein Experiment“ (Leitung: Birgit Götz, Performerin, VIER.D).

Die sechs weiblichen Jugendlichen stellten sich Fragen nach Identität, Selbst- und Fremdwahrnehmung und ihren Vorstellungen für sich und einem Theater jetzt und auch in der Zukunft. Man merkte ihnen den Spaß am Verkleiden, Tanzen in allen Variationen und Schauspielern an.

Die zweite Workshop-Gruppe „Big Bang Theater“ wurde von Ekkehardt Freye (Schauspiel Dortmund) und der Theaterpädagogin Lisa Kaufmann geleitet. Die Entwicklung ging vom Gedanken über das Papier auf die Bühne. Heraus kam eine interessante Geschichte über ein Labor und vergiftetes Wasser. Ein kleiner „Umweltkrimi“ mit viel Raum auch für Improvisation, den die beteiligten weiblichen Jugendlichen mit viel Engagement ausfüllten.

Die beiden letzten Workshops „Fotografie“ (Erfundene Wirklichkeit) und „Theater-Materialschlacht“ (Objekttheater) wurden zusammen gelegt. Geleitet wurden diese von Sofia Brandes (Freie Fotografin) und dem freien Theaterpädagogen Hans Peters. Hier waren weibliche wie männliche Jugendliche beteiligt.

Es ging um geschickt „inszenierte Fotografie“ (Erfundene Wirklichkeiten) und Dinge des Alltagslebens wie Konfetti, Lippenstift, Luftballons, bunte Büroklammern und ähnliches. Diese Objekte werde mithilfe von spezieller Belichtung durch einen Fotografen und der jeweils fotografierten Person sowie einer Regisseur*in in Szene gesetzt.

Viel Raum für Kreativität in kurzer Zeit.

Studio 54 – Night Magic

Selbst 40 Jahre nach der Schließung des legendären und verruchten Nightclubs Studio 54 redet man immer noch über diese Discothek die so viel mehr als simpler Ort zum „abhotten“.

Mit der Eröffnung war das Studio 54 augenblicklich mehr. Diese Disco wurde eine gelebte Utopie einer egalitären Gesellschaft, eines Safe Haven für Gays, LGBTQI, sexuell„abhotten“z und Diversität, sie wurde zum Inbegriff von Style und Glamour … nicht nur in New York, sondern weltweit. Viele Clubs in der Welt eiferten dem Studio 54 in irgendeiner Art und Weise nach. So u. a. das Munich in München, und als Rolemodel war das Studio 54 allemal gut.

Im Dortmunder U ließ sich die Ausstellung zur Audienz als einziger Station in Europa nieder. Sie beleuchtet den Anfang und das jähe dramatische Ende des Studio 54.

Vor allen Dingen Mode der weiblichen Besucher sieht man in der Ausstellung zum „Studio 54“. (Foto: © Roland Baege)
Vor allen Dingen Mode der weiblichen Besucher sieht man in der Ausstellung zum „Studio 54“. (Foto: © Roland Baege)

Knapp 500 Objekte, bislang unveröffentlichte Fotos, Zeichnungen, Filme, Bühnenbilder und Kleidungsstücke und natürlich die Musik des Tempels der Hedonisten – Discomusik. Ihre Exaltiertheit Studio 54 gewährt Audienz in der 6. Ebene des Dortmunder U.

Als jemand der die Disco Musik live erlebt und gelebt hat, ein MUSS! Und es kann passieren, dass Besucher im Rhythmus mitgehen oder sie sich im Rhythmus unwillkürlich bewegen … und vielleicht in die Zeit zurückbeamen.

Das Studio 54 war auch eine gesellschaftliche Utopie, offen für JEDEN! Egal ob Arbeiter aus dem Hafen oder Meatdistrikt, aus der Upper East Side, der Provinz, Gay/LGBTQI, Hetero, Star, Starletts, oder Nobody … das einzige Kriterium zum Einlass war ein fantasievolles Kostüm, Persönlichkeit, Kreativität, ein gewisser Hang zur Selbstdarstellung oder auch Exhibitionismus.

Das Studio 54 von Steve Rubell und Ian Schrager gegründet schlug augenblicklich im sterbenden New York der 1970er Jahre ein. Vielleicht entsteht solch eine Kreativität am besten in solchen kaputten Zeiten, wie damals in Weimarer Republik in den ersten Jahren des totalen Chaos nach dem Ersten Weltkrieg.

Die Gegenwelt zur harten Realität hatte aber von Beginn an ihre Feinde. Die Backward, Smalltown USA, die auch heute noch, immer noch, gegen den Teufel anwettern … denn die Discomusik entstand in den Discotheken der Gays, Latinos und Afro-Amerikaner, die dort ihre Subkultur lebten, feierten als Gegenentwurf zum rassistischen, weißen US Amerika.

Wider Erwarten polierte ausgerechnet das bei den prüden, viktorianischen Smalltowners verhasste Studio 54 das Image von New York wieder mit auf, bevor die „I Love NY“ Kampagne startete. Es genügte den Hassern jeweils einer der drei Ursprungsorte der Musik alleine, um es zu verabscheuen, dann der offen gezeigte, gelebte Hedonismus, das sich jeder mit jedem im Untergeschoss oder auf der Tribüne nach Herzenslust vergnügen konnte. So zuwider wie ihnen die Freizügigkeit als Gegenmodel zu ihrem Puritanismus war, so sehr hassten sie auch den in die Beine gehenden Rhythmus der Discobeats. Vor dem tatsächlichen Ende der Discomusik veranstalteten sie eine Plattensprengaktion in einem Football Stadium …

Die Ausstellung, vom Brooklyn Museum kuratiert, ist sehr US Amerikanisch und prüde … Zudem lässt sie die LGBTQI Gäste im Studio 54 völlig unter den Tisch fallen, wie auch die Mode sich fast ausschließlich um die der Damen dreht … die Kostüme und Mode der Männer sieht man in Schnipseln in den Filmen. Und dann waren da noch die Drogen, die man im Studio 54 zu sich nahm … Nix, nullkommanix … In der Ausstellung findet es nicht statt. Angel Sachsen und ihre zurechtgezimmerte Realität … Post Faktum Zeiten. Historisch versagt die Ausstellung grandios. Der Glamour des Studio 54 kommt rüber, gefiltert, bereinigt wie der Hayes Code in Hollywood. Während besonders der Safe Haven für die LGBTQI Szene in der Ausstellung gar nicht stattfindet, wie die Drogen oder Sex … Nach den Worten meines Onkels, der häufiger damals in New York und im Studio 54 war … wer nicht bei 3 auf einem Baum war, hatte Sex. Und wer ins Studio 54 wollte, wollte seinen Anteil an intensiv zwischenmenschlichem Austausch.

Brauerei-Museum bekommt neue Leitung

(Stadt Dortmund) Generationenwechsel in der Leitung des Brauerei-Museums Dortmund: Corinna Schirmer (32) löst Dr. Heinrich Tappe (64) ab, der am 15. Oktober in den Ruhestand geht. Tappe leitete das Museum seit dessen Eröffnung 2006 am aktuellen Standort an der Steigerstraße. Zuvor hatte er das Brauereiarchiv im Westfälischen Wirtschaftsarchiv Dortmund aufgebaut.


Seine Nachfolgerin am Museum, die Kulturanthropologin Corinna Schirmer, kam 2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin für ein Forschungsprojekt an das Deutsche Kochbuchmuseum Dortmund, für das sie auch weiterhin zuständig bleibt.
Unter der Leitung von Heinrich Tappe ist die Beliebtheit des Brauerei-Museums kontinuierlich gestiegen; zuletzt – vor Corona – hatte das Museum mehr als 23.000 Besucher*innen im Jahr. „Mit Dr. Tappe geht ein sehr geschätzter, langjähriger Museumsleiter in den Ruhestand, der die Dortmunder Biergeschichte wohl wie kaum ein anderer in der Stadt kennt. Das von ihm aufgebaute Brauerei-Museum ist ein touristischer Magnet nicht nur für die Dortmunderinnen und Dortmunder, sondern auch für zahlreiche nationale und internationale Gäste“, sagt Dr. Dr. Elke Möllmann, Geschäftsbereichsleiterin der Dortmunder Museen.

Dr. Heinrich Tappe übergibt an Corinna Schirmer. (Fotos: Katharina Kavermann, Dortmund Agentur)
Dr. Heinrich Tappe übergibt an Corinna Schirmer. (Fotos: Katharina Kavermann, Dortmund Agentur)

Heinrich Tappe recherchierte und gestaltete zahlreiche Sonderausstellungen für das Brauerei-Museum, darunter „BVB 09 und die Dortmunder Brauereien“ (2009), „Von Bierpalästen, Kneipen und Trinkhallen“ (2013) oder die Ausstellung „Essen außer Haus: Von Restaurants und anderen Speisegaststätten“ (in Kooperation mit dem MKK und dem Hoesch-Museum). Unter seiner Federführung entstanden ein Film und die Medienstationen im Museum, außerdem ist er Autor eines Informationsfilms zur Geschichte des U-Turms, der im Foyer des Dortmunder U zu sehen ist.

Die neue Leiterin am Brauerei-Museum, Corinna Schirmer kommt aus Bonn, wo sie Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft sowie Geschichte studierte. Anschließend absolvierte sie ihren Master in Kulturanthropologie/Volkskunde. Sie war als wissenschaftliche Volontärin im Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte beim Landschaftsverband Rheinland in Bonn tätig und beschäftigte sich schon dort mit nahrungsethnologischen Themen.

„Die Geschichte der Brauerei mit all ihren Facetten –  vom Alltag der Angestellten über wirtschaftshistorische Themen bis hin zur Bedeutung des Biere für die Menschen im Revier und darüber hinaus – ausstellen und weiter erforschen zu dürfen, empfinde ich gerade in einer Stadt wie Dortmund als große Freude. Denn alleine der bei den Dortmunder Bürgerinnen und Bürgern nach wie vor oft zu vernehmende Dreiklang ,Kohle-Stahl-Bier‘ zeigt, welchen Stellenwert das Brauereiwesen hier noch immer hat“, so Corinna Schirmer.

Das Brauerei-Museum Dortmund widmet sich der langen und erfolgreichen Brautradition der größten Stadt Westfalens und des Ruhrgebiets. Es vermittelt Eindrücke von der Blütezeit der Bierstadt Dortmund seit den 1950er Jahren, berichtet aus der Geschichte der zahlreichen Dortmunder Brauereien und erläutert den Prozess des Brauens, insbesondere des industriellen Brauens. Es informiert über Produktion und Bierkonsum vor 1950 ebenso wie über das Brauen im Mittelalter.

Sevdah-Musik, die Herzen berührt

Im Dortmunder domicil trat am 09.10.2021 der bekannte „König des Sevdah-Musik“ (Balkan-Blues) Damir Imamović mit zwei Kollegen Greg Cohen (Kontrabass, spielte schon mit Tom Waits) und dem türkischen Premium-Solisten auf der Kemenҫe (Türkische Laute) im Rahmen des Klangvokal Festivals auf. Imamović selbst fungierte als Sänger mit dem Tambur.

Der in 1978 in Sarajevo geborene Damir Imamović bot aus seinem Programm „Singer of Tales“ (2020) mit seinen Freunden eine beeindruckende Kostprobe des weitgefasstem Repertoires an Sevdah-Songs. Da zeigt sich die kulturelle Vielfalt. Das geht von Liedern aus den 1930er – 1990er Jahren, ein auf Ladino gesungenem jüdischem Stück (beruht u. a. in Bosnien eingewanderten sephardischen Juden im 16. Jahrhundert) bis sowie einer Komposition aus dem 19. Jahrhundert mit türkischem Einfluss.

Gesungene Geschichten aus Bosnien von Damir Imamović (mitte), links steht Greg Cohen am Kontrabass, rechts ist Derya Türkan an der Kemençe. (Foto: © Bedzina Gogiberidze)
Gesungene Geschichten aus Bosnien von Damir Imamović (mitte), links steht Greg Cohen am Kontrabass, rechts ist Derya Türkan an der Kemençe. (Foto: © Bedzina Gogiberidze)

Der bosnische Künstler ist nicht nur ein Geschichtenerzähler, sondern er sucht fortwährend neue musikalische Wege, diese Musik in ihre reiche Vergangenheit für unsere Gegenwart und die Zukunft zu transformieren. Die Songs werden in einem originellen Umfeld mit drei Saiteninstrumenten kombiniert und arrangiert.

Das Publikum wird durch die kraftvolle, helle und frisch klingende Stimme zum Hinhören verführt und in den Bann gezogen.

Die Interaktion zwischen den Musikern und ihren Instrumenten klappt sehr gut, ob als Trio oder mal als Duo.

Themen sind Emigration sowie Rückkehr, Mutterliebe und Bräuche zwischen Mann und Frau in den verschiedenen Epochen.

Ein wichtiges Anliegen ist Hoffnung auf ein friedliches Miteinander der verschiedenen Kultur in der von Gewalt und Krieg so gebeutelten Balkanregion. In Zukunft sollen in seiner Heimat alle Gefühlswelten jenseits von Herkunft und Religion platz haben.

Die Eigenkomposition „Čovjeku moje zemlje“ (Für die Leute meines Landes) legen Zeugnis davon ab. Persönlich wird es, wenn er von „Sarajevo“ singt.

Obwohl der Balkan-Blues oft traurig-melancholisch klingt, schwingt bei Imamović auch Optimismus und manchmal Humor mit.

Mit Augenzwinkern wurde zum Beispiel von ihm ohne instrumentaler Begleitung ein Song vorgetragen, bei dem ein Mann und eine Frau in einem Bett schlafen sollen, sich dabei aber nicht berühren dürfen.

Zum Abschluss gab es noch eine stimmungsvolle Kurz-Session der drei Künstler mit ihren Instrumenten. Da konnten sie noch einmal ihr ganzes musikalisches Können zeigen.

John Steinbecks „Früchte des Zorns“ zeitlos aktuell

Am 10.10.2021 fand die mit Spannung erwartete Premiere von John Steinbecks „Früchte des Zorns“ unter der Regie von Milan Peschel im Schauspiel Dortmund statt.

Das neue Ensemble unter der Intendantin Julia Wissert hatte nach der Corona-Pause endlich die Gelegenheit, ihr schauspielerisches Können in einem großen sozialkritischen Klassiker unter Beweis zu stellen. Hier werden die Mechanismen des Kapitalismus schonungslos und deutlich dargestellt.

Erzählt wird im Theaterstück die Geschichte der Farmerfamilie Joad aus Oklahoma in den 1930er Jahren. Wegen der schlimmen klimatischen Bedingungen in dieser „Dust Bowl“ (Staub-Schüssel) und der daraus resultierend Ernteausfällen sowie Überschuldung verlieren sie ihr Land. Durch Handzettel werden sie in das „gelobte Land“ Kalifornien in den Westen der USA gelockt. Dort werden angeblich viele Obstpflücker gesucht.

Nika Mišković als Prediger Casey, Ekkehard Freye als Vater Joad und  Anton Andreew als "Al" (Foto: © Birgit Hupfeld)
Nika Mišković als Prediger Casey, Ekkehard Freye als Vater Joad und Anton Andreew als „Al“ (Foto: © Birgit Hupfeld)

Die Familie besteht aus dem Sohn Tom (Alexander Darkow), der wegen Totschlags (aus Hilfsbereitschaft) für sieben Jahre Haft verurteilt wurde, aber nach vier Jahren auf Bewährung aus dem Knast kommt. Seine Familie will sich gerade mit einem gebrauchten Lastkraftwagen auf den Weg nach Kalifornien machen. Dieser wurde (verantwortlich Nicole Timm) fantasievoll mithilfe einer Aneinanderreihung von Couchsesseln auf die Bühne gebracht.

Tom ist jemand, der, der gegen die Ungerechtigkeit und Unterdrückung der hungernden Massen einsetzen will. Er drängt auf den Zusammenhalt und Organisation der immer schlechter bezahlten Arbeiter gegen übermächtige Banken und Großgrundbesitzer.

Sein Bruder Al (Anton Andreew) ist ein jugendlicher Rebell.

Die Mutter (Bettina Engelhardt) versucht so gut es geht Familie zusammen zu halten und das Überleben zu sichern. Der Vater (Ekkehard Freye) geht zunächst mit viel Optimismus voran. Die Tochter Rosa ist schwanger und träumt von einem Leben in der Stadt, Studium und einer guten Zukunft mit dem Baby und dem verschollenen Kindsvater Connie.

Adi Hrustemović spielte gleich in mehreren Rollen. So unter anderem einen Hilfssheriff, der unter Druck und für das Überleben seiner Familie seine Arbeit versieht.

Interessant ist in der Inszenierung, dass die Rolle des hilfsbereiten und mutigen Predigers Casy mit einer Frau (Nika Mišković) besetzt wurde. Sie spielte dir Rolle selbstbewusst und stark.

So sehr sich die Siedler bemühen, sie werde immer mehr von der (armen) einheimischen Bevölkerung abgelehnt und als „Okies“ verachtet. Eine brisante Mischung aus Wut, Zorn und Angst. Die Farmer-Vereinigung geht mit immer stärkeren Polizeigewalt gegen die ungerechte Bezahlung der streikenden Obst- oder Baumwollpflücker vor. Dabei wird der ihnen beistehende Prediger Casy ermordet und Tom zum Totschläger, der sich verstecken muss.

Das Geschehen wurde atmosphärisch gezielt sparsam von Musik (Karsten Riedel) begleitet. Wenn nötig, wurden auch per Video zusätzlich zur Situation passende Bilder an die Wand projiziert.

Letztendlich zerbrechen alle Träume von einem glücklichen Leben in Kalifornien.

Ein paar aktuelle Bezüge zur Jetztzeit wurden gezielt eingestreut (Pharmaindustrie, „Rote Socken“). Es gibt heute Millionen Menschen, die ihr Land aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen müssen. Wie gehen wir damit um?

Neben dem Bewusstsein für die Ursachen sollte klar werden, dass wir nur gemeinsam an Problemen wie Ungerechtigkeit oder ungebremste Umweltzerstörung etwas ändern können. Die Spaltung der Gesellschaft und Gewalt werden sonst immer weiter zunehmen.

Informationen über weitere Aufführungstermine erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/50 27 222.

Sehnsucht – ein barockes Schwelgen

Am 09. Oktober 2021 feierte „Sehnsucht – ein barockes Pasticcio“ in der Oper Premiere. Mit dem Begriff „Pasticcio“ nennt man einen Zusammenschnitt aus verschiedenen Opern. In diesem Fall wurden überwiegend Arien aus Opern von Händel , aber auch von Purcell oder anderen Komponisten der Barockzeit gespielt.

Um die verschiedenen Arien wurde eine kleine Geschichte gesponnen, in dessen Zentrum ein Mann stand, der von Erinnerungen an die Vergangenheit gequält wird. In der Rolle dieses Mannes sehen wir den Countertenor David DQ Lee, während sein Vergangenheits-Ich vom Sopranist Bruno de Sá dargestellt wird. Warum die geplante Verlobung mit dem Sopran (Sooyeon Lee) nicht zustande kam, wird auf der Bühne in gespielten Rückblenden erzählt. Ob nun seine sexuelle Orientierung den Ausschlag gab, wie bei der „Weihnachtsfeier“ angedeutet wurde oder andere Dinge, jedenfalls bleibt eine Sehnsucht für die eventuell verpassten Chancen. Auch von der Enttäuschung der Eltern musste er sich lösen.

Eine Weihnachtsfeier, die schiefging.  (links Bruno de Sá, rechts Denis Velev) Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture
Eine Weihnachtsfeier, die schiefging. (links Bruno de Sá, rechts Denis Velev) Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture

Das alles wurde auf der Bühne in opulenter Weise dargestellt. Alle Beteiligten waren Meister ihres Faches und hatten auch sehr viel Freude an der Aufführung. Neben den erwähnten Lees waren noch die Mezzosopranistin Hyona Kim und der Bass Denis Velev zu hören. Doch was Sopranist (ja, ohne „in“) de Sá sang, war enorm beeindruckend. Seine Stimme erreichte Höhen, die unglaublich waren. Dazu noch die Begleitung der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster und der Abend war perfekt.

Leider ließ der Zuspruch des Dortmunder Publikums zu wünschen übrig, es bleibt zu hoffen, dass die weiteren Termine besser besucht werden.

Mehr Informationen unter www.theaterdo.de