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Die lustige Witwe im Geist er 1920er Jahre

„Die lustige Witwe“ als Revue-Operette zu inszenieren, erwies sich als voller Erfolg. Unter der Regie von Thomas Enzinger entspinnt sich die Geschichte einer enttäuschten Liebe der Chansonette Hannah zum Grafen Danilo auch zu einer Erzählung über die Selbstbestimmtheit einer Frau.

Nachdem die geplante Hochzeit mit Danilo gescheitert war, vermählt Hannah sich kurzentschlossen mit dem älteren Millionär Glawari. Dieser verstirbt jedoch direkt nach der Heirat. Das macht Hannah Glawari zur reichen Witwe und damit zu einem Objekt der Begierde zahlreicher Herren, nicht nur in ihrem südamerikanischen Heimatland. Sich ihrer Macht durchaus bewusst, spielt sie mit den angebotenen Avancen ohne sich fest zu binden. Die finanzielle Unabhängigkeit ermöglicht es ihr sich von den traditionellen Rollen der Frau zu emanzipieren und ihren eigenen Weg zu gehen. In der Rolle der Glawari spiegelt sich die gesellschaftliche Entwicklung der 20er Jahre, in denen die Frauen gegen die männerdominierte Welt aufbegehrten.

Auch Valencienne, als Frau des Baron Zeta (Sooyeon Lee) nimmt sich im Rahmen dessen, was ihr ohne Gesichtsverlust möglich ist. Sie spielt und kokettiert mit ihrem Verehrer Rosillon, ohne ihren Status als Baronin zu gefährden. Baron Zeta, der versucht Hannah Glawari zu einer Heirat mit seinem Landsmann Rosillon schmackhaft zu machen, ignoriert die Abwege seiner Frau. Nach zahlreichen Verwicklungen finden Graf Danilo und Hannah beim Tanz im Maxim doch noch zusammen. Ihr intensives Duett „Lippen schweigen, ’s flüstern Geigen“ ist hinreißend emotional.

ebecca Nelsen (Hanna Glawari) und Matthias Störmer (Graf Danilo Danilowitsch) in "Die Lustige Witwe" (Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture)
Rebecca Nelsen (Hanna Glawari) und Matthias Störmer (Graf Danilo Danilowitsch) in „Die Lustige Witwe“ (Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture)

Die Neuinszenierung von Enzinger und Jenny W. Gregor basiert auf einer Aufführung von Eric Charell, der 1928 für das Große Schauspielhaus Berlin das Werk von Franz Léhar an den Zeitgeist anpasste. Er nahm die Jazzeinflüsse aus den USA auf, und fügte einige Revuetänze hinzu. Aus den vorhandenen Musikvorlagen dieser Aufführung von 1928 rekonstruierten Matthias Grimminger und Henning Hagedorn die aktuelle Bühnenfassung der beliebten Melodien. Sie änderten die Verteilung der Lieder und den Rhythmus der Melodien. So singt zum Beispiel Hannah das Lied der Grisetten, das sonst der Rolle der Valencienne zugeordnet wird. Und auch das Viljalied singt Hannah auf einer Chaiselonge liegend sehr langsam und wehmütig. Als Hanna Glawari gelingt Rebbecca Nelson ein glänzendes Debüt auf der Dortmunder Bühne.

Sooyeon Lee zeigt ihre stimmlichen Fähigkeiten mit dem Lied „Mein kleiner Pavillon“ in dem ihr weicher Sopran voll zur Geltung kommt. Mit einem umwerfenden Fächertanz begleiten die Grisetten diesen Auftritt. Das Publikum war hellauf begeistert. Mit sexy Corsagenkostümen, Stöckelschuhen und mit Federschmuck auf den Köpfen interpretierten die Tänzerinnen und Tänzer die mitreißenden Melodien und erzeugten überzeugend die das frivole Nachtleben im Pariser Maxim.

Nach anhaltendem Schlussapplaus spielte das coronabedingt dezimierte Orchester noch einmal „Dann gehen wir ins Maxim“ was das Publikum zu begeistertem Mitklatschen animierte.

Sehnsucht – ein barockes Schwelgen

Am 09. Oktober 2021 feierte „Sehnsucht – ein barockes Pasticcio“ in der Oper Premiere. Mit dem Begriff „Pasticcio“ nennt man einen Zusammenschnitt aus verschiedenen Opern. In diesem Fall wurden überwiegend Arien aus Opern von Händel , aber auch von Purcell oder anderen Komponisten der Barockzeit gespielt.

Um die verschiedenen Arien wurde eine kleine Geschichte gesponnen, in dessen Zentrum ein Mann stand, der von Erinnerungen an die Vergangenheit gequält wird. In der Rolle dieses Mannes sehen wir den Countertenor David DQ Lee, während sein Vergangenheits-Ich vom Sopranist Bruno de Sá dargestellt wird. Warum die geplante Verlobung mit dem Sopran (Sooyeon Lee) nicht zustande kam, wird auf der Bühne in gespielten Rückblenden erzählt. Ob nun seine sexuelle Orientierung den Ausschlag gab, wie bei der „Weihnachtsfeier“ angedeutet wurde oder andere Dinge, jedenfalls bleibt eine Sehnsucht für die eventuell verpassten Chancen. Auch von der Enttäuschung der Eltern musste er sich lösen.

Eine Weihnachtsfeier, die schiefging.  (links Bruno de Sá, rechts Denis Velev) Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture
Eine Weihnachtsfeier, die schiefging. (links Bruno de Sá, rechts Denis Velev) Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture

Das alles wurde auf der Bühne in opulenter Weise dargestellt. Alle Beteiligten waren Meister ihres Faches und hatten auch sehr viel Freude an der Aufführung. Neben den erwähnten Lees waren noch die Mezzosopranistin Hyona Kim und der Bass Denis Velev zu hören. Doch was Sopranist (ja, ohne „in“) de Sá sang, war enorm beeindruckend. Seine Stimme erreichte Höhen, die unglaublich waren. Dazu noch die Begleitung der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster und der Abend war perfekt.

Leider ließ der Zuspruch des Dortmunder Publikums zu wünschen übrig, es bleibt zu hoffen, dass die weiteren Termine besser besucht werden.

Mehr Informationen unter www.theaterdo.de

Die Entführung aus dem Serail als märchenhaftes Puppenspiel

Zur Eröffnung der Saison zeigte die Dortmunder Oper eine gekürzte Fassung Mozarts „Entführung aus dem Serail“. Um den Corona bedingten Auflagen zu genügen, erzählten die Sänger*Innen und Regisseur Nikolaus Habjan die abenteuerliche Geschichte als 80-minütiges Puppenspiel.

Auch der musikalische Leiter Motonori Kobayashi musste sich mit einem elfköpfigen Ensemble der Dortmunder Philharmoniker begnügen. Die Ouverture klang noch ein wenig ungewohnt, aber schon nach kurzer Zeit hatte man sich auf die kleinere Orchestrierung eingestellt.

Die Oper erzählt wie die Spanierin Konstanze (Irina Simmes), ihre Zofe Blonde (Sooyeon Lee) und deren Freund Pedrillo (Fritz Steinbacher) nach einem Piratenüberfall auf einem Sklavenmarkt verkauft werden und so in die Hände des Bassa Selim fallen. Der Verlobte der Konstanze, Belmonte versucht alles um die Geliebte aus den Fängen des Herrschers und seines Aufsehers Osmin (Denis Velev) zu befreien.

Im Zentrum der Inszenierung steht ein Himmelbett mittig auf einer Drehbühne platziert. Dort sitzen Vater und Sohn auf dem Bett und da der Kleine noch mit einer spannenden Geschichte beschäftigt ist und nicht einschlafen will, entwickeln die Beiden die Entführung in Form einer Gute-Nacht-Geschichte. So erzählen und kommentieren sie die Rahmenhandlung der Oper. Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan spielt und spricht den Sohn, der verkörpert durch eine große Klappmaulpuppe. Er spielt dies mit großer Hingabe, Witz und ein gewissen Zärtlichkeit. Um das Himmelbett herum sind die Protagonisten als 1 Meter große Tischpuppen arrangiert. Geschickt werden sie durch Habjan immer wieder in die Entwicklung der Geschichte integriert. Im Hintergrund werden die Puppen auch von Manuela Linshalm gespielt.

Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan entführte die Zuschauer in eine märchenhafte Atmosphäre. V.l.n.r. Sungho Kim (Belmonte), Irina Simmes (Konstanze), Nikolaus Habjan (Puppenspiel), Sooyeon Kim (Blonde), Fritz Steinbacher (Pedrillo) (Foto: © Björn Hickmann)
Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan entführte die Zuschauer in eine märchenhafte Atmosphäre. V.l.n.r. Sungho Kim (Belmonte), Irina Simmes (Konstanze), Nikolaus Habjan (Puppenspiel), Sooyeon Kim (Blonde), Fritz Steinbacher (Pedrillo) (Foto: © Björn Hickmann)

Schwarz gekleidet stehen die Sänger*Innen mit großem Abstand auf den Außenseiten der Bühne, vor oder hinter einem schwarzen Vorhang , wo zum Teil nur die beleuchteten Gesichter zu sehen sind. Mit Livecam Projektionen der Sänger und Puppen gelingt es Handlung und Gesang in Einklang zu bringen und die Geschichte packend zu erzählen.

Einen starken Eindruck hinterläßt Denis Velev mit einem wunderbaren Bass. Er verkörpert den bedrohlichen und etwas tumben Aufseher des Bassas immer auch mit einer gewissen Komik. Sooyeon Lee als Blonde besticht in der Arie „Welche Freude , welche Lust“, als sie erfährt, dass Belmonte zu Ihrer Rettung naht. Eine etwas klarere Artikulation würde den Genuss noch erhöhen. In der Arie „Martern aller Art“, wird der dramatische Ausdruck der Irina Simmes Stimme verschmilzt bei der Arie „Martern aller Art“ mit dem verzweifelten Gesichtsausdruck der Puppe, als Konstanze sich entscheidet, sich nicht dem Bassa Selim zu ergeben.

Zum Ende der gekürzten Fassung scheinen beide Paare, anders als im Original, dem Henker zum Opfer zu fallen.

Weitere Vorstellungstermine sind: 3., 23., 24., 29., 30. Oktober, 1. Und 21. November