Studio 54 – Night Magic

Selbst 40 Jahre nach der Schließung des legendären und verruchten Nightclubs Studio 54 redet man immer noch über diese Discothek die so viel mehr als simpler Ort zum „abhotten“.

Mit der Eröffnung war das Studio 54 augenblicklich mehr. Diese Disco wurde eine gelebte Utopie einer egalitären Gesellschaft, eines Safe Haven für Gays, LGBTQI, sexuell„abhotten“z und Diversität, sie wurde zum Inbegriff von Style und Glamour … nicht nur in New York, sondern weltweit. Viele Clubs in der Welt eiferten dem Studio 54 in irgendeiner Art und Weise nach. So u. a. das Munich in München, und als Rolemodel war das Studio 54 allemal gut.

Im Dortmunder U ließ sich die Ausstellung zur Audienz als einziger Station in Europa nieder. Sie beleuchtet den Anfang und das jähe dramatische Ende des Studio 54.

Vor allen Dingen Mode der weiblichen Besucher sieht man in der Ausstellung zum „Studio 54“. (Foto: © Roland Baege)
Vor allen Dingen Mode der weiblichen Besucher sieht man in der Ausstellung zum „Studio 54“. (Foto: © Roland Baege)

Knapp 500 Objekte, bislang unveröffentlichte Fotos, Zeichnungen, Filme, Bühnenbilder und Kleidungsstücke und natürlich die Musik des Tempels der Hedonisten – Discomusik. Ihre Exaltiertheit Studio 54 gewährt Audienz in der 6. Ebene des Dortmunder U.

Als jemand der die Disco Musik live erlebt und gelebt hat, ein MUSS! Und es kann passieren, dass Besucher im Rhythmus mitgehen oder sie sich im Rhythmus unwillkürlich bewegen … und vielleicht in die Zeit zurückbeamen.

Das Studio 54 war auch eine gesellschaftliche Utopie, offen für JEDEN! Egal ob Arbeiter aus dem Hafen oder Meatdistrikt, aus der Upper East Side, der Provinz, Gay/LGBTQI, Hetero, Star, Starletts, oder Nobody … das einzige Kriterium zum Einlass war ein fantasievolles Kostüm, Persönlichkeit, Kreativität, ein gewisser Hang zur Selbstdarstellung oder auch Exhibitionismus.

Das Studio 54 von Steve Rubell und Ian Schrager gegründet schlug augenblicklich im sterbenden New York der 1970er Jahre ein. Vielleicht entsteht solch eine Kreativität am besten in solchen kaputten Zeiten, wie damals in Weimarer Republik in den ersten Jahren des totalen Chaos nach dem Ersten Weltkrieg.

Die Gegenwelt zur harten Realität hatte aber von Beginn an ihre Feinde. Die Backward, Smalltown USA, die auch heute noch, immer noch, gegen den Teufel anwettern … denn die Discomusik entstand in den Discotheken der Gays, Latinos und Afro-Amerikaner, die dort ihre Subkultur lebten, feierten als Gegenentwurf zum rassistischen, weißen US Amerika.

Wider Erwarten polierte ausgerechnet das bei den prüden, viktorianischen Smalltowners verhasste Studio 54 das Image von New York wieder mit auf, bevor die „I Love NY“ Kampagne startete. Es genügte den Hassern jeweils einer der drei Ursprungsorte der Musik alleine, um es zu verabscheuen, dann der offen gezeigte, gelebte Hedonismus, das sich jeder mit jedem im Untergeschoss oder auf der Tribüne nach Herzenslust vergnügen konnte. So zuwider wie ihnen die Freizügigkeit als Gegenmodel zu ihrem Puritanismus war, so sehr hassten sie auch den in die Beine gehenden Rhythmus der Discobeats. Vor dem tatsächlichen Ende der Discomusik veranstalteten sie eine Plattensprengaktion in einem Football Stadium …

Die Ausstellung, vom Brooklyn Museum kuratiert, ist sehr US Amerikanisch und prüde … Zudem lässt sie die LGBTQI Gäste im Studio 54 völlig unter den Tisch fallen, wie auch die Mode sich fast ausschließlich um die der Damen dreht … die Kostüme und Mode der Männer sieht man in Schnipseln in den Filmen. Und dann waren da noch die Drogen, die man im Studio 54 zu sich nahm … Nix, nullkommanix … In der Ausstellung findet es nicht statt. Angel Sachsen und ihre zurechtgezimmerte Realität … Post Faktum Zeiten. Historisch versagt die Ausstellung grandios. Der Glamour des Studio 54 kommt rüber, gefiltert, bereinigt wie der Hayes Code in Hollywood. Während besonders der Safe Haven für die LGBTQI Szene in der Ausstellung gar nicht stattfindet, wie die Drogen oder Sex … Nach den Worten meines Onkels, der häufiger damals in New York und im Studio 54 war … wer nicht bei 3 auf einem Baum war, hatte Sex. Und wer ins Studio 54 wollte, wollte seinen Anteil an intensiv zwischenmenschlichem Austausch.

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