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Franz Liszt schickt uns in die Hölle – 5. Philharmonische Konzert

Das 5. Philharmonische Konzert am17. Und 18. Januar 2023 entführte die Zuhörenden im zweiten Teil an einen ungemütlichen Ort, der Hölle wie sie sich Dante in seiner „Göttlichen Komödie“ vorstellte. List vertone zwar nur das „Inferno“ und das „Fegefeuer“, aber das mit musikalischer Wucht. Kein Wunder, dass Richard Wagner von der Tonsprache Liszts angetan war.

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Erlösung ein Philharmonisches Konzert im Konzerthaus Dortmund mit den Dortmunder Philharmonikern

Eine Betrachtung in drei Teilen

Teil 1 Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur KV 467

Das Klavierkonzert Nr. 21 gehört zu den sogenannten sinfonischen Konzerten, denn der orchestrale Part ist hier von großer Bedeutung. Das Klavierkonzert in C-Dur, ein an harmonischen Schattierungen reiches Werk, wie KV 467 schuf Mozart in nur 4 Wochen nach der Vollendung des d-Moll Konzertes. Eine Probe musste genügen, um das neue Werk am 10. März 1785 – mit Mozart als Solist – zur ersten Aufführung zu bringen. Das Klavierkonzert gehört zu den populärsten Stücken von Mozart. Zum Teil mag das auch an dem schwedischen Film, „Elvira Madigan“ des schwedischen Regisseurs Bo Widerberg liegen, über die unglückliche Liebe einer Seiltänzerin und einem Leutnant. Hier spielte in dem 1967 in Cannes prämierten Film der II. Satz, das Andante, eine bedeutende Rolle. Doch war das Klavierkonzert Nr. 21 schon zu Lebzeiten von Mozart erfolgreich.

Stephen Hough verzauberte das Konzerthaus mit Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 (Foto: © Sim Canetty-Clarke)
Stephen Hough verzauberte das Konzerthaus mit Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 (Foto: © Sim Canetty-Clarke)

Der Solist am 13.04. im Konzerthaus Dortmund war Stephen Hough, der wie verzückt den Konzertflügel mal streichelte, mal trieb. Auch wenn Hough stellenweise, weil so von Mozart angelegt „nur“ begleitet, so malte er gleichsam das Thema aus dem Orchester weiter aus.

Das Hauptthema liegt beim Orchester und nicht beim Soloinstrument. Auch die Orchesterbesetzung ist größer, Trompeten und Pauke kommen zum Einsatz. Das war damals zu Mozarts Zeit etwas Neues.
Insgesamt ist es ein heiteres Werk, in dem mit relativ einfacher Melodik eine differenzierte Komplexität entwickelt wird. Das Soloinstrument, besonders durch das Spiel von Hough, scheint sich immer wieder unabhängig machen zu wollen und wird dann in das Gesamtgeschehen eingefangen und integriert.

Komplexität im Einklang

Der erste Satz trägt die Überschrift „Allegro maestoso“ – und erfüllt die damit verbundenen Erwartungen auf ganzer Linie. Das prächtige Hauptthema wird zuerst vom Orchester in unterschiedlicher Form – kammermusikalisch, orchestral und kontrapunktisch – wiederholt, bis es dann vom Klavier aufgenommen wird.
Dieses erste Allegro von KV 467 wird von einem Marschmotiv im Unisono eröffnet, dessen fast aufmüpfige Geste die Geigen mit einer empfindsamen Kantilene beantworten. Wie so oft bei Mozart ist damit schon im Hauptthema selbst der entscheidende Themengegensatz angelegt. Der ganze lange Satz ist der Ausarbeitung dieses Kontrasts gewidmet: zwischen dem Marschmotiv auf der einen Seite, das in immer neuen Verwandlungen auftritt, und den empfindsamen Episoden der Streicher und Holzbläser auf der anderen Seite. In beide Ausdrucksebenen wird das Klavier auf höchst raffinierte Weise eingebunden – ein Spiel mit unendlich vielen Zwischentönen, teils ironischer, teils melancholischer Art, das dennoch breiten Raum lässt für virtuose Passagen des Solisten.

Die unterschiedlichen Motive innerhalb des Klavierkonzerts sind miteinander im Einklang: wie Mozart auch in den Opern eine perfekte Dramaturgie unterlegt hat, so hat er es auch hier wieder verstanden, alles zu einem homogenen Ganzen zusammenzuführen.

Den berühmten langsamen zweiten Satz dieses Konzerts zu schildern, ist müßig: Wie sich hier Holzbläser und Klavier über dem Klanggrund der sordinierten Streicher die wundervollsten Vorhaltsharmonien zuspielen, ist selbst unter Mozarts langsamen Sätzen einmalig und prächtig vom Orchester ausgespielt. Dabei wirkt der Gesang der rechten Hand des Klaviers, also Stephen Hough, wie die träumerische Cavatina einer Primadonna in der Nachtszene einer Opera seria.

Im dritten Satz „Allegro vivace assai“ findet man dafür ein besonderes Beispiel: Hier verbindet Mozart das Thema des Rondos über ein zweites neues Thema mit dem Thema des Sonatenhauptsatzes. Ganz buffonesk kommt das Finale daher, tänzerisch wie immer in Mozarts letzten Sätzen. Das Klavier kann sich ganz der Spielfreude hingeben, Hough treibt scheinbar, nicht gequält, sondern spritzig, heiter und beschwingt, und doch entsteht eine Gleichstimmigkeit des Soloinstrumentes mit dem Orchester. Contretanz und Marsch gehen hier eine überraschende Verbindung ein, was Stoff für ein langes Sonatenrondo bietet.

Emotionales Philharmonisches Konzert

Das 7. Philharmonische Konzert am 15. und 16. März 2022 trug ursprünglich den Namen „Mütterchen Russland“. Jedoch überfiel Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine und somit war den Verantwortlichen klar, dass das Programm überarbeitet werden musste.

Klar war aber auch, dass die russischen Komponisten Peter Tschaikowsky und Modest Mussorsgky nicht für den Krieg gegen die Ukraine verantwortlich sind. Generalmusikdirektor Gabriel Feltz betonte vor dem Konzert, dass russische Kultur ein Pfeiler der europäischen Kultur sei. Damit hat er recht, denn ohne die russischen Komponisten oder Schriftsteller wäre unsere Kultur ärmer.

Pianist Kit Armstrong überzeugte beim Klavierkonzert von Tschaikowsky. (Foto: ©Photo: Marco Borggreve)
Pianist Kit Armstrong überzeugte beim Klavierkonzert von Tschaikowsky. (Foto: ©Photo: Marco Borggreve)

Doch die aktuellen Ereignisse erforderten Programmänderungen. Gleich zu Beginn erklang die ukrainische Nationalhymne, komponiert von Mychajlo Werbyzkyi. Hierbei wurden die Philharmoniker unterstützt von Oleh Lebedyev und Demian Matushevskyi vom Opernstudio NRW und Mitgliedern des Opernchors.

Danach stand das berühmte Klavierkonzert Nr.1 in b-Moll von Peter Tschaikowsky auf dem Programm. Die berühmten Klavierakkorde sind auch nicht Klassikfans ein Begriff, die Älteren kennen sie als Titelmelodie von „Notizen aus der Provinz“ von Dieter Hildebrandt aus den 70er Jahren. Tschaikowskys Freund und Pianist Nikolaj Rubinstein fand es „armselig“ und unspielbar. Dass es durchaus spielbar ist, zeigte Solist Kit Armstrong eindrucksvoll.

Die Musik im ersten Satz ist sehr majestätisch, während im zweiten Satz die Naturbeschreibungen im Vordergrund stehen. Der dritte Satz verlangte wegen der Läufe und Sprünge wieder vom Solisten enormes Können.

Nach der Pause erklang „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorsgky im Arrangement von Maurice Ravel. Eine weitere Besonderheit: Zwischen dem 9. und 10. Bild wurde die Ouvertüre zur Oper „Taras Bulba“ des ukrainischen Komponisten Mykola Lyssenko gespielt. Das Stück „Bilder einer Ausstellung“ ist reine Programmmusik. Mussorsgky versucht, die gesehenen Bilder in Musik umzuwandeln. Ein Ankerpunkt ist die „Promenade“, die den Betrachter darstellt, wie er von Bild zu Bild wandert. Die Musik ist sehr divers, vom bedrohlich-linkischen „Gnomus“ über fröhliche Kinder, die umhertollen in „Tuileries“ bis hin zum düsteren „Katakomben“.

Wegen der schrecklichen Ereignisse in der Ukraine war das 7. kein gewöhnliches Philharmonisches Konzert, doch zeigte es auch die verbindende Kraft der Musik.

5. Philharmonische Konzert – Lichtblicke mit Carmen

Zufall oder nicht? Das Akkordeon ist im Januar 2022 das „Instrument des Monats“ in der Musikschule Dortmund und passenderweise stand es auch im Mittelpunkt des 5. Philharmonischen Konzertes am 11. Januar 2022. Ksenija Siderova zeigte den Zuhörern im Konzerthaus, welche klanglichen Möglichkeiten im Akkordeon stecken, eine wahre Botschafterin ihres Instrumentes.

Leider musste das Programm des Philharmonischen Konzertes geändert werden, da die geplanten Werke von Ottorino Resphighi eine volle Orchesterbesetzung fordern und dies wegen des aktuellen Infektionsgeschehens nicht möglich war. Daher wurde die Carmen-Suite von Rodin Schtschedrin als Ersatz gespielt.

Ksenija Siderova zeigte ihr Können am Akkordeon. (Foto: © Dario Acosta)
Ksenija Siderova zeigte ihr Können am Akkordeon. (Foto: © Dario Acosta)

Den Anfang machten die „Vier Jahreszeiten“, aber nicht von Vivaldi, sondern vom Argentinischen Komponisten Astor Piazzolla. Begleitet von Siderova und den Dortmunder Philharmoniker erlebten die Zuhörer ein Jahr in Buenos Aires. Das komplette Stück atmet den Tango und seine synkopischen Rhythmen nehmen uns mit auf eine ferne Reise. Im Gegensatz zu Vivaldi beginnt Piazzolla mit dem Sommer, der in Argentinien heiß ist, sodass die Leidenschaft erst richtig am Abend beginnen kann. Während auch in Südamerika der Herbst und Winter trist und düster wirken, beginnt die Lebensfreude im Frühling von neuem. Es ist sehr erfrischend, Siderova beim Spielen zuzusehen, welche Töne sie dem Akkordeon entlockt. Das ist alles weit entfernt von dem betulichen Volksmusikstigma, dass das Instrument vielleicht noch besitzt.

Nach der Pause kam die Carmen-Suite von Rodin Schtschedrin zu Gehör. Anscheinend hatte der russische Komponist ein Faible für Percussions-Instrumente, denn nicht weniger als fünf Mann aus dem Orchester spielten eine ungeheure Anzahl an kleinen und großen Dingen aus dem Instrumentariums des Schlagwerks. Ob das der Grund war, dass die Suite bei seiner Premiere 1967 in der Sowjetunion nicht gut ankam? Es wurde dem Komponisten vorgeworfen, das Erbe Bizets zu beschmutzen und seine Carmen sei viel zu erotisch. Vielleicht war den Funktionären auch die Idee einer selbstbewussten und selbstbestimmten Frau zu suspekt. Denn in Wirklichkeit erweist Schtschedrin der Musik von Bizet eine große Ehre und egal wie Schtschedrin die Melodien bearbeitet, sie bleiben deutlich erkennbar.

Musikalische Orientfantasien beim 4. Philharmonischen Konzert

Das 4. Philharmonische Konzert im Dortmunder Konzerthaus widmete sich am 07. und 08.12.2021 unter dem Titel „Orient und Okzident“ musikalischen Orientfantasien.

Auf dem Programm stand zunächst das Konzert für Violine und Orchester Nr. 5 A-Dur KV 219 „Türkisches“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) und die Sinfonische Suite op. 35 „Sheherazade“ von Nikolai Rimski-Korsakow (1844 -1908).

Als dynamischer Dirigent für die bestens aufgelegte Dortmunder Philharmoniker agierte Francesco Angelico (GMD des Hessischen Staatstheater Kassel).

Im 18./19. Jahrhundert kam das, was damals als „türkische Musik“ galt und durch kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Osmanischen Reich bekannt wurde gerade groß in Mode. Diese waren gekennzeichnet durch schrille Blasmusik der Militärkapellen, lauten Schlagzeugen und rhythmischen Märschen. Es war aber auch der fremdartige Reiz der orientalischen geheimnisvollen Geschichten, die das europäische Interesse weckte. Ars tremonia war beim Konzert am 07.12.2021 anwesend.

Begeisterte als Solistin beim „Türkischen“ Konzert von Mozart: Arabella Steinbacher. (Foto: © Sammy Hart)
Begeisterte als Solistin beim „Türkischen“ Konzert von Mozart: Arabella Steinbacher. (Foto: © Sammy Hart)

Als Solistin für Mozarts Konzert für Violine und Orchester zeigte die renommierte Arabella Steinbacher ihr vielseitiges Können und Feingefühl an ihrem Instrument.

Gleich nach der Orchestereinleitung kommt dies nach einem überraschenden Allegro aperto („offenen“ Allegro) schon zu Geltung. Auf dem ersten heiteren Satz folgt der ausgreifende melancholische zweite Satz (Adagio) in der seltenen e-Moll Tonart.

Der dritte „türkische“ Rondosatz beginnt mit galantem Menuett-Tempo, wechselt dann aber schnell in romantische Moll. Dann ändert sich der Satz vollständig mit einem derben türkischen Marsch mit starken Akzenten und exotisch anmutender Harmonie. Nach diesen orientalischen Einsprengseln folgt nach einem ausgedehnten Violinsolo das musikalische Geschehen wieder beim Menuetto.

Das Publikum ließ die Gast-Solistin nicht ohne eine Zugabe (Sergej Prokofjew) von der Bühne gehen.

Nach der Pause folgte die Sinfonische Suite op.35 von Rimski-Korsakow. Sheherazade liegen Erzählungen aus der Sammlung „Tausendundeine Nacht“ zugrunde. Dabei geht es um die kluge persische Königin Scheherazade, die mit unterbrochenen spannenden Erzählungen ihren von Frauen enttäuschte Mann am ende besänftigt und sein Vertrauen gewinnt.

Das spiegelt sich auch in den vier Sätzen wider. Das volle Orchester konnte hier von Beginn an sein großes Können zeigen. Es führte das Publikum im ersten Satz „Allegro non troppo – (Das Meer und Sinbads Schiff) in ein wellenartig ansteigenden musikalischen Rausch. Die folgende Sätze sind mal tänzerisch festlich, dann wieder aufbrausend anschwellend. Die Solovioline (Alexander Prushinsky) übernahm (oft in Zusammenarbeit mit der Harfe (Renske Tjoelker) oder den anderen Streichern die „Rolle“ der Sheherazade, während die Bläser, Kontrabässeo der Pauken den „noch nicht besänftigten“ persischen Sultans symbolisierten. Auch die Querflöte, Oboe, Klarinette oder dem Fagott verzauberten das Publikum mit wunderschönen Soli.

Nach dem grandiosen Finale mit Schiffbruch (Sindbads Schiff zerschellt am Magnetberg) und dem am Ende „besänftigten Sultan“ wurden die beteiligten Akteure mit viel Applaus belohnt.

Offertorium – Zweites Philharmonisches Konzert

Ein beeindruckendes Werk, von einer beeindruckenden Frau. Das „Offertorium“, titelgebend für das 2. Philharmonische Konzert im Konzerthaus Dortmund war ein echtes Highlight.

Sofia Gubaidulinas Konzert für Violine und Orchester thematisierte eine Opfergabe. Opfer oder Opfergaben begleiten die Menschen durch alle Kulturen und Religionen. Die Komponistin nahm das Thema regium aus dem Musikalischen Opfer von Johann Sebastian Bachs Musikalischem Opfer als Grundlage für ihr Werk. Ihr Opfer sind die jeweils erste und letzte Note des „regiums“ Nach und nach „verlor“ das Orchester die Noten bis nach vielfachen Schleifen nur ein Ton übrigblieb. Sehr leise und deshalb umso intensiver stand der Ton ein paar Takte im Raum. Von hier aus baute sich das Thema dann wieder auf, bis es wieder vollständig erklang. Linus Roth an der Solovioline spielte virtuos die schwierigen, teils kakofonischen Klangpassagen.

Das Hornsolo bringt den "Lichtstrahl" in die 5. Sinfonie von Tschaikowsky. (Foto: © Sabine Schmidt / pixelio.de)
Das Hornsolo bringt den „Lichtstrahl“ in die 5. Sinfonie von Tschaikowsky. (Foto: © Sabine Schmidt / pixelio.de)

Das Philharmonische Orchester war in voller Besetzung auf der Bühne. Die Streicher bewältigten die schwierige Herausforderung mit Bravour. Die fünf Musiker an den verschiedenen Schlagwerken waren ungewöhnlich viel beschäftigt. Vom leisen Triangelton, bis zum donnernden, ohrenbetäubenden Trommelwirbel waren sie ständig gefordert. Schon in ihrer Zeit in der Sowjetunion interessierte sich Sofia Gubaidulina für Dodekaphonie, Serialismus und Elektronik. Gerade ihre Liebe zum Seriellen zeigt sich in diesem Stück in Schleifen, die das Thema immer wieder einkreisen. Das waren herausfordernde, aber inspirierende 40 Minuten.

Die zweite Hälfte des Abends füllte Tschaikowskys 5. Sinfonie in e-moll. Die vom Komponisten als unzureichend empfunden Sinfonie gilt heute als eines seiner wichtigsten und modernsten Kompositionen. Tschaikowsky bearbeitete in seiner Sinfonie das „Schicksalsthema“. Nach seiner Auffassung musste der Mensch sich seinem Schicksal beugen beziehungsweise war er der Vorsehung ausgeliefert. Dieses Thema zieht sich durch die Sinfonie. Sie beginnt mit einem dunklen Trauermarsch, die Blechbläser symbolisieren durch kurze, laute Einwürfe immer wieder die Macht des Schicksals. Der zweite Satz beginnt ebenfalls getragen mit den Streichern, ein Hornsolo und dazukommende Klarinetten lassen einen Hoffnungsschimmer aufkeimen. In eine beschwingte Walzermelodie verpackt Tschaikowsky sein Schicksalsthema im dritten Satz. Nach der Leichtigkeit folgt erneut eine Hinwendung zum pathetischen Ausgeliefertsein. Mit einer sich ständig steigernden Einsatz der Klangstärke des Orchesters endet das Stück in einem gewaltigen pathetischen Finale. Dirigent des Abends war Leo McFall. Er ist Preisträger des diesjährigen Opus Klassik 2021 in der Kategorie Sinfonische Einspielung/Musik 19. Jahrhundert.

„Gefangen im Netz der Intrige“ Zwei Komponisten aus zwei Jahrhunderten begeisterten das Konzerthaus-Publikum

Star des Konzerts für Klavier und Orchester Nr.2 f-moll war der virtuos spielende Pianist Bernd Glemser. Das Werk von Frédéric Chopin ist im Geist des „Style brilliant“ komponiert. Dies bedeutet, dass das Orchester neben dem Klavier eine zurückgenommene Rolle spielt und das Tasteninstrument in den Mittelpunkt des Konzertes rückt. Hierfür war Glemser genau der Richtige. Der als „ deutscher Klaviermagier“ und Solist von Weltrang bekannte Musiker entwickelte den majestätischen ersten Satz in romantisch melancholischer Anmutung. Die Glissandi perlten in beschwingten Passagen und verführten zum Träumen. Das romantische Larghetto des zweiten Satzes ist eine Liebeserklärung an die von Chopin verehrte Sängerin Konstancja Gladkowska. Das Allegro vivace des dritten Satzes entwickelt sich aus einer melancholischen Stimmung zu einem beschwingten Walzer mit einem fulminanten Finale. Mit anhaltendem Applaus belohnte das Publikum Pianisten und Orchester.

Die wahre Entdeckung des Abends erwartete die Besucher dann nach der Pause. Die Symphonische Serenade B-Dur von Erich Wolfgang Korngold war ein Musikerlebnis von höchster Qualität. Im Programmheft mit „Herbe Nachtmusik“ betitelt folgten die Zuhörer gebannt dem Stück in drei Sätzen. Mitreißend, spannend, von starken Rhythmen voran getrieben, dann wieder sanft dahin gleitend waren Orchester, Dirigent Feltz sowie das Publikum gleichermaßen von der anspruchsvollen Partitur gefordert. Besonders in Erinnerung bleibt der gezupfte Teil des zweiten Satzes.

Bernd Glemser verzückte das Konzertpublikum mit Chopin. (Foto: © Werner Kmetitsch)
Bernd Glemser verzückte das Konzertpublikum mit Chopin. (Foto: © Werner Kmetitsch)

Korngold emigrierte in den 30iger Jahren in die USA. Dort stieg er ins Filmbusiness ein und schrieb Filmmusiken für 18 Hollywoodfilme. Später, unter dem Eindruck des zerstörerischen Weltkrieges und dessen erschütternden Nachwirkungen, schrieb er 1946/47 diese Serenade, die mit diversen starken Dissonanzen spielt. Ein Konzerterlebnis, das man gerne wiederholen möchte.

Der 3. Philharmonische Konzertabend am 10. Und 11. November läuft unter dem Tiel „Orte der Sehnsucht“ mit Werken von Bruch, Tschaikowsky und Mendelson-Bartholdy.

Paris im musikalischen Aufbruch des 20. Jahrhunderts

Im Blickpunkt des 6. Philharmonischen Konzerts am 3. und 4. März 2020 stand Paris, die Stadt der Liebe, Revolution und Kunst auf dem Programm der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Maestro Mario Venzago (Schweiz). Im hiesigen Konzerthaus standen Werke von George Gershwin (1898 – 1937), Alexander Glasunow (1865 – 1936) sowie Igor Strawinsky (1882 – 1971) im Mittelpunkt. Auch das Saxophon als Instrument spielte eine große Rolle.

Paris war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts für viele Künstler aller Sparten ein aufregender Ort. Nicht nur für Komponisten im Exil wie Glasunow und Stawinsky, sondern auch für längere Besucher wie Gershwin.

Die Kunst- und Musikwelt war im Umbruch und die Einflüsse der modernen avantgardistischen Einflüsse vor allem aus Amerika (etwa der Jazz) auf die ernstere europäische Musiktradition waren vor allem in der französischen Metropole spürbar.

Saxophonist Koryun Asatryan meisterte das "Konzert für Alt-Saxophon und Streichorchester Es-Dur op. 109" von Alexander Glasunow. (Foto: © Jürg Christandl)
Saxophonist Koryun Asatryan meisterte das „Konzert für Alt-Saxophon und Streichorchester Es-Dur op. 109“ von Alexander Glasunow. (Foto: © Jürg Christandl)

Mit seinem „An American in Paris“ (1928) vertonte Gershwin meisterhaft die Eindrücke eines Spaziergängers, der durch Paris flaniert. Ob det Lärm des Autoverkehrs, die Schwingungen der Varietés, Cafés, Stimmengewirr und anderes wird von den Instrumenten des Orchesters musikalisch verdeutlicht. So ist zum Beispiel das Hupen der Autos klar zu vernehmen. Auch Stimmungen wie Freude, Einsamkeit und Heimweh werden wunderbar umgesetzt.

Der russische Komponist Alexander Glasunow war nicht nur seiner Exil-Heimat Paris zugetan, sondern war von der Jazz-Musik und dem Saxophon aus Amerika begeistert.

Für den deutsch-schwedischen Saxophonisten Sigurd Raschèr und seine Musiker komponierte er sein „Konzert für Alt-Saxophon und Streichorchester Es-Dur op. 109“ (Uraufführung 1933). Mit dem Armenier Koryun Asatryan hatte das Konzert einen hervorragenden Saxophonisten für dieses Werke gefunden. Er war den variablen Anforderungen und anspruchsvollen Solopartien jeder Zeit gewachsen. Es zeigt sich bei diesem musikalischen Werk, dass Glasunow ein wahrer Meister der Themenverknüpfung und des Kontrapunkts war.

Nach der Pause stand das eigentlich für das Ballett konzipierte musikalische Arbeit „Petruschka“ (Fassung 1947) von Igor Strawinsky auf dem Programm. Grundlage für diese avantgardistische Komposition bildete ein Jahrmarkt in Sankt Petersburg (Fastnacht). Die drei zum „Leben erwachten“ Holzpuppen sind Petruschka (Kasper oder Narr), der „Mohr“ und die von beiden umgarnte Ballerina.

Jahrmarktstimmung verbreitet unter anderem die Celesta. Zusätzlich sind im Orchester auch zwei Harfen im Einsatz. Das Spektrum der Musik reicht von volkstümlichen Klängen und „hölzerner Walzermusik“ bis hin zu avantgardistischen und der Situation entsprechenden manchmal bizarr wirkenden Tonen. Das die Musik von Petruschka sich wunderbar für das Ballett eignet, ist spürbar.