Lieder der Tröstung voll Schmerz und Zuversicht

Am 18.10.2021 standen beim 1. Kammerkonzert der Dortmunder Philharmoniker im hiesigen Orchesterzentrum die Streichinstrumente im Mittelpunkt.

Onyou Kim und Natalie Breuninger (Violine), Juan Ureňa Hevia und Seulki Ha (Viola) sowie Emanuel Matz und Florian Sebald (Violoncello) konnten nicht nur ihr technisches Können, sondern auch die vielfältige Ausdruckskraft ihrer Instrumenten deutlich machen.

Vor 80 Jahren fanden die ersten systematischen Deportationen der Juden in die Todeslager der Nationalsozialisten statt.

So passte es sehr gut, dass neben dem romantischen und zudem expressiven Streichsextett B-Dur op. 18 von Johannes Brahms (1823 -1897) zuvor auch Werke von drei Komponisten jüdischer Herkunft auf dem Programm standen.

Alexander Zemlinsky (1871 – 1941), Gideon Klein (1919 – 1945) und Viktor Ullmann (1898 – 1944) sind entweder an den Folgen der Nazi-Verfolgung oder im Konzentrationslager ermordet worden. Klein und Ullmann wurden von den Nationalsozialisten im Ghetto Theresienstadt genötigt bei ihrer Inszenierung eines „besonders lebendigen Kulturlebens“ als Musiker ihren Beitrag zu leisten. Sie versuchten, Energie und Kraft aus ihrer Situation zu schöpfen und den Lagerinsassen in ihren Leiden und Schmerzen auch etwas Hoffnung zu vermitteln.

Kompositionen von Künstlern, die in Konzentrationslagern ermordet wurden, standen im Mittelpunkt des Kammerkonzerts.
Kompositionen von Künstlern, die in Konzentrationslagern ermordet wurden, standen im Mittelpunkt des Kammerkonzerts.

Mit der Sopranistin Anna Sohn vom Dortmunder Opernensemble sorgte eine starke und kraftvolle Stimme für eine sensible Interpretation der Liedtexte. Dabei hatten Musik und Gesang den gleichen Stellenwert.

Alexander Zemlinskys Komposition „Maiblümchen blühten überall“ (1902/1903) für Sopran und Streichsextett, erzählt nach einem Gedicht von Richard Dehmels die tragische Geschichte zweier Liebender mit floraler Symbolik und Melancholie.

Gideon Kleins folgende musikalisch höchst expressive und trauer-volle „Fantasie und Fuge für Streichquartett“ ist 1942 entstanden. Seine Paarung von musikalischen Formen hat ihre Vorbilder im Barock.

Viktor Ullmanns „Herbst“ (für Singstimme und Streichtrio nach Georg Trakl) und „Lieder der Tröstung“ (für Singstimme und Streichtrio nach dem Anthroposophen Albert Steffen) sind beeinflusst von der christlichen Mystik. Sie berichte von Verbitterung und Zuversicht.

Alle gespielten Werke der drei Komponisten sind von der atonalen Musik ihres Lehrmeisters Arnold Schönberg beeinflusst.

Als Zugabe für das Publikum gab das tröstende „Abends, wenn ich schlafen geh“ aus „Hänsel und Gretel“ wunderbar instrumentalisiert.

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