Schlagwort-Archive: Oper Dortmund

Ein Auftakt mit kleinen Schritten

Am Dienstag, dem 01. September 2020 war es soweit: Das Theater Dortmund spielte wieder live. Die Philharmoniker, die Oper und das Ballett präsentierten vor Publikum Musik und Tanz. Gewöhnen muss man sich daran, dass 286 Besucher „ausverkauft“ bedeutet.

Maskenpflicht im Foyer und reichlich Abstand im Saal. Das Theater Dortmund hatte ihr Sicherheitskonzept perfekt umgesetzt. Es war sicherlich ungewöhnlich, so viel Platz zwischen den einzelnen Zuschauern zu erleben, aber es kam am Dienstag schon ein wenig Stimmung auf.

Dafür sorgten die Akteure und die Verantwortlichen. Der geschäftsführende Direktor Tobias Ehinger zeigte seine Erleichterung über den Start ebenso wie Ballettdirektor Xin Peng Wang, Opernintendant Heribert Germeshausen und Generalmusikdirektor Gabriel Feltz.

Das Theater Dortmund öffnet wieder seine Pforten für Besucher. (Foto: © Anja Cord)
Die neue Spielzeit kann beginnen: Das Theater Dortmund öffnet wieder seine Pforten für Besucher. (Foto: © Anja Cord)

Doch das Wichtigste an der Eröffnungsgala waren die SängerInnen, MusikerInnen und TänzerInnen. Zu hören waren Ausschnitte aus kommenden Produktionen wie Mozarts „Entführung aus dem Serail“ mit der neuen Sopranistin Sooyeon Lee, oder einfach nur schöne Musik und Choreografien. Vor allem für Xin Peng Wang und sein Ballett werden die Abstandsregeln zu einer neuen Herausforderung, ebenso wie für die Philharmoniker, die nicht mehr mit „voller Kapelle“ agieren dürfen. So muss das Spielzeit-Programm den Gegebenheiten angepasst werden.

Das Beruhigendste ist aber: Das Theater Dortmund tut alles in seiner Macht stehende, damit die Zuschauer einen sicheren Abend genießen können. Damit kann sich der Vorhang für die kommende Spielzeit wieder öffnen.

Wer Lust hat, die Eröffnungsgala zu erleben, kann sie am 05. September um 16 Uhr und um 20 Uhr genießen.

Die Doppelmoral der Oberschicht – Jekyll und Hyde

Mit Jekyll und Hyde bringt die Oper Dortmund einen Bestseller unter den Gruselgeschichten als Musical auf die Bühne. Das Premierenpublikum war begeistert und sprang spontan aus den Sesseln, um das Ensemble mit anhaltenden Standing Ovations zu belohnen.

Das Musical, konzipiert von Steve Cuden und Frank Wildhorn, beschreibt die Suche von Dr. Jekyll nach einer Möglichkeit das Gute und das Böse im Menschen zu trennen und dadurch zu beherrschen. Frank Wildhorn, der auch die Musik schrieb, und Leslie Bricusse, verantwortlich für Buch und Liedtexte, fügten der ursprünglichen Novelle von Robert Louis Stevenson zwei Frauenrollen hinzu. Lisa, Jekylls Verlobte und Lucy, eine Prostituierte, der Hyde verfällt. Außerdem verdeutlichen sie stärker die Doppelmoral der Upperclass der damaligen Zeit, bei der moralischer Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander klafften. Auf der Suche nach der richtigen Dosierung eines Elexiers im Selbstversuch, verfällt Jekyll seinem Alter Ego Edward Hyde fast vollständig. Neun Leichen sind das Ergebnis seines Wahns.

Dr. Jekyill präsentiert den faustischen Trank. David Jacobs (Henry Jekyll) und Ensemble bei "Jekyll und Hyde". (Foto: © Theater Dortmund)
Dr. Jekyill präsentiert den faustischen Trank. David Jacobs (Henry Jekyll) und Ensemble bei „Jekyll und Hyde“. (Foto: © Theater Dortmund)

Die Sehnsucht des Dr.Jekyll nach höherer Erkenntnis ist ein Desaster. Kurz bevor er auch seine Verlobte Lisa tötet, besinnt er sich in einem lichten Moment und richtet sich selbst.

Im Original griff Autor Stevenson in seiner Geschichte eine wahre Begebenheit auf. In Edinburgh lebte im 18. Jahrhundert ein gewisser William Brodie, der tagsüber als ehrbarer Geschäftsmann fungierte, nachts aber als Einbrecher unterwegs war. Das Genre der Gothic Novel war zum Ende des 18. Jahrhundert sehr en vogue. Die Ursache des Bösen wurde jetzt in Mitten der Gesellschaft gesehen und nicht mehr nur höheren Mächten zugeschrieben. Aufklärung und der Fortschritt der Naturwissenschaften führten zu veränderten, oft schwierigen Lebensumständen. Im Vergleich mit dem schauerlichen Geschehen in den Erzählungen, relativierten sich die eigenen Sorgen ein wenig.

David Jakobs zeigt in seiner Doppelrolle eine große stimmliche Variationsbreite. Lisa (Milica Jovanovic) als Verlobte verliert mit ihren zarten Balladen ein wenig gegen die kraftvoll und frivol auftretende Prostituierte Lucy Harris (Bettina Mönch). Unterstützt durch die hervorragenden Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster geben die Sänger alles, um die gruselige Spannung des Stückes hochzuhalten.

Besonders gelungen ist die Regiearbeit von Gill Mehmert. Um die unterschiedlichen Szenen miteinander zu verbinden bewegen sich die Schauspieler während des Singens und der Erzählung durch vier auf einer Drehbühne inszenierte viktorianische Bühnenbilder. Dies erzeugt den Eindruck einer filmischen Darstellung und ist sehr dynamisch. Vervollständigt wird dies durch die gleichzeitige Ansicht der Szenerie auf der Drehbühne und Jekylls Labor in der Kelleretage, Dort ist mit diversem Laborzubehör, brodelnden Flüssigkeiten und Theaternebel der Raum für die Verwandlung in den monströsen Hyde geschaffen.

Insgesamt ein unbedingt sehenswertes Stück, wenn auch durch die Vorhersehbarkeit der Handlung und die zahlreichen Balladen sich hin und wieder einige Längen einschleichen.

Termine bis Ende des Jahres: 18., 20., 23., 26. Oktober, 3. ,16. , 22., 29. November, 18., 19., 28., 29., 31. Dezember.

Mehr Informationen unter: www.theaterdo.de

Echnaton als lichtgewaltiges Bühnenwerk

Die Oper „Echnaton“ von Philipp Glass unter der Regie von Guiseppe Spota wurde in der Dortmunder Oper als Triumph des Lichtes gefeiert. Beeindrucken konnte auch der Countertenor David DQ Lee, der Opernchor und die Dortmunder Philharmoniker, unter der Leitung von Motonori Kobayashi, die die minimal music von Glass interpretierten. Dazu tanzte das NRW Juniorballett. Ein Premierenbericht vom 24. Mai 2019.

Für die ägyptische Hochkultur war neben dem Nil die lichtspendende Sonne von großer Bedeutung. Doch zunächst ohne vergöttert zu werden. Die Sonne wurde als rechtes Auge von Re gesehen. Doch dann entwickelte sich eine „theologische Revolution“, die mit Amun-Re eine Art Götterkönig an die Spitze setzte. Echnaton, dessen Geburtsname Amenhotep sich noch auf Amun bezieht, setzte Aton als höchsten Gott durch und versuchte die alten Götter auszutilgen, was ihm die Gegnerschaft der Priesterkaste einbrachte.

Kein Wunder, dass sich Philipp Glass mit dieser außergewöhnlichen Person der Weltgeschichte auseinandersetzte, schließlich ist neben Echnaton auch seine Frau Nofretete über ihre Büste bis in unsere heutige Zeit ein Begriff. Glass lässt uns den Pharao in szenenhaften Bildern näher bringen, vom Herrschaftsantritt bis zum Sturz, obwohl der möglicherweise gar nicht stattgefunden hat.

Aber die Oper ist nicht dazu da, ein historisch genaues Ereignis zu rekonstruieren, sie will Gefühle, Musik und starke Bilder präsentieren und das gelang bei der Premiere. Schon der Beginn ist ergreifend, denn wir wohnen der Grablegung von Pharao Amenophis III., Achnatons Vater, bei. Als Mumien verkleidete Tänzer legen den ebenfalls mumifizierten Leichnam zur Ruhe.

Die Herrschaft von Echnaton geht zu Ende. er wird von der Priesterschaft gestürzt. David DQ Lee (Echnaton), NRW-Juniorballett, Chor der Oper Dortmund. (Foto: © Oper Dortmund)
Die Herrschaft von Echnaton geht zu Ende. er wird von der Priesterschaft gestürzt. David DQ Lee (Echnaton), NRW-Juniorballett, Chor der Oper Dortmund. (Foto: © Oper Dortmund)

Der erste Auftritt von Echnaton ist noch in Begleitung von Priestern des Amun, Mut und Chons. Später wird er die Priester gewaltsam aus ihren Tempeln vertreiben und Aton als einzigen Gott einsetzen. Hier war der Countertenor David DQ Lee eine gute Wahl für die Hauptrolle, vor allem sein Lobgesang an Aton am Ende des dritten Satzes war eines der Höhepunkte. Seine Stimme passte auch sehr gut zur ruhigen und fließenden Musik von Philipp Glass, die ähnlich meditativ klang wie bei seiner Oper „Einstein on the beach“ die vor zwei Jahren in Dortmund aufgeführt wurde.

Auch sehr berührend war das Liebesduett zwischen Echnaton und Nofretete (Aytaj Shikhalizada). Als Prister des Amun machte Fritz Steinbacher ebenfalls eine gute Figur wie Claus Dieter Clausnitzer als Chronist.

Das Besondere an „Echnaton“ war die Gesangsprache. Der Chronist erzählte die Geschichte auf Deutsch, die anderen Texte waren auf Ägyptisch, Akkadisch und Aramäisch.

Wenn es um einen Sonnengott geht, dann hat das Licht natürlich eine große Funktion. Und die brachte den Besuchern Bonnie Beecher und Stefan Schmidt näher.

Auch das Bühnenbild von Tatyana van Walsum war effektiv. Durch Höhenverschiebungen entstanden Hierarchieebenen, beispielsweise als Echnatons Vater zu Grabe gelegt wurde, versanken die Akteure in Boden und bei Echnatons Krönung kam das Herrscherpaar von oben herab.

Ein Opernabend der besonderen Art. „Echnaton“ ist sicher zugänglicher als „Einstein on the beach“. Ein lehrreiches Stück über einen Herrscher, der mit seiner Radikalität der Gesellschaft vor den Kopf stieß und nach seinem Tod dem Vergessen anheimfallen sollte. Glass hat ihn mit seinen Stärken und Schwächen auf die Bühne geholt. Das NRW Juniorballett, der Opernchor, die Solisten und die Dortmunder Philharmoniker haben Echnaton wieder eine Stimme gegeben.

Benefizveranstaltung für künstlerische Nachhaltigkeit in Dortmund

Im letzten Jahr gab es schon eine besondere Benefizveranstaltung unter dem Titel „Sommernachtstanz“ als Kooperation vom Theater Dortmund (Ballett) und dem Lions-Club Rothe Erde mit dem Ziel, junge Künstlerinnen und Künstler und nachhaltige Projekte in verschieden künstlerischen Bereichen zu fördern.

Am 06. Oktober 2019 um 17:00 Uhr (Opernhaus Dortmund) wird es einige Veränderungen geben. Nicht nur der Name, auch die Kooperation wird mit Highlights aus Oper & Ballett erweitert. Der neue Name „Dortmunder Löwe 2019“ ist eine symbolische Reminiszenz an den Lions-Club Rothe Erde. Eine Jury unter der Leitung von Bürgermeisterin Birgit Jörder vergibt wieder Preise in den drei Kategorien:

1. „Junge Künstlerinnen und Künstler“,

2. Kulturelle / künstlerische Vermittlungsprojekte“

3. im Bereich „Nachhaltigkeit“ (Projekte, die Kunst und Kultur nachhaltig für die nächste Generation etablieren).

Interessierte können sich bis zum 15. Juni 2019 unter dortmunderloewe@theaterdo.de bewerben.

Tobias Ehinger (Geschäftsführender Direktor Theater Dortmund)erklärte, dass es nicht um einen Siegeswettbewerb im Sinne 1. 2. und 3. Preis, sondern das die Unterstützung für förderungsbedürftige Personen oder Projekte je nach ihrem aktuellen Bedarf geht.

Mit dem "Dortmunder Löwen" wird ein Förderpreis für junge Künstlerinnen und Künstler ins Lebens gerufen. (v.l.n.r.) Tobias Ehinger (Geschäftsführender Direktor des Theater Dortmund), Heribert Germeshausen (Intendant der Oper), Dietmar Bläsing (Lions Club Rothe Erde), Bürgermeisterin Birgit Jörder, Manfred Klobes (Präsident Lions Club Rothe Erde), Ballettdirektor Xin Peng Wang, Sascha Nies und Gerd Bollermann (Lions Club Rothe Erde).
Mit dem „Dortmunder Löwen“ wird ein Förderpreis für junge Künstlerinnen und Künstler ins Lebens gerufen. (v.l.n.r.) Tobias Ehinger (Geschäftsführender Direktor des Theater Dortmund), Heribert Germeshausen (Intendant der Oper), Dietmar Bläsing (Lions Club Rothe Erde), Bürgermeisterin Birgit Jörder, Manfred Klobes (Präsident Lions Club Rothe Erde), Ballettdirektor Xin Peng Wang, Sascha Nies und Gerd Bollermann (Lions Club Rothe Erde).

Zusätzlich wird ein Wettbewerb zur Gestaltung des Dortmunder Löwen ausgelobt.

Wie beim Oscar oder dem Bären der Berlinale wird auch mit der Förderung des DORTMUNDER LÖWEN eine Trophäe vergeben. Wie diese aussieht, ist Teil des Wettbewerbs, an dem sich alle Künstlerinnen und Künstler in Dortmund beteiligen können. Die Gewinnerin oder der Gewinner erhalten eine einmalige Förderung von 1.000 EUR.

Wie Bürgermeisterin Jörder beim Pressegespräch betonte, können wirklich alle jungen Künstlerinnen (bis 30 Jahre), auch die Beteiligten vom letzten Jahr mitmachen.es muss nur etwas „begreifbares“ geliefert werden.

Interessenten können ihre Vorschläge bis zum 15. Juni 2019 unter dortmunderloewe@theaterdo.de einreichen.

Manfred Klobes (Präsident Lions-Club Rothe Erde) verriet, dass auch in diesem Jahr wieder viele Förderer und Sponsoren für das Projekt für die Gesamtsumme von 40.000 EUR (wie letztes Jahr) gefragt sind. Spenden erwünscht. Sämtliche Erlöse zzgl. Spenden und Sponsoreneinnahmen kommen der Förderung von Projekten der kulturellen und soziokultureller Nachwuchsarbeit in Schulen und Kindergärten sowie jungen Künstlern in Dortmund zugute. Breite Förderung gehört zur Philosophie vom Lions-Club.

In diesem Jahr ist das kulturelle Programm vom kulinarischen Programm getrennt.

Zunächst können sie das einmalige und exklusive Programm, zusammengestellt von Opernintendant Heribert Germeshausen und Ballettdirektor Xin Peng Wang und die dramaturgisch darin eingebundenen Preisverleihungen erleben. Es soll ein einmaliges „Preview-Erlebnis“ für die BesucherInnen werden.

Sicher sind besondere Ausschnitte aus „Inferno“ (Ballett) oder der neuen Opernproduktion „Echnaton“ als Highlight und auch das NRW-Juniorballett dabei.

Preise für die Benefizveranstaltung mit Highlights aus Oper und Ballett: Dortmunder Löwe:

Kategorie 1: 50 EUR (1. bis 16. Reihe)

Kategorie 2: 40 EUR (17. bis 25. Reihe)

Im Anschluss an die Veranstaltung mit Preisverleihungen besteht die Möglichkeit, für einen Preiszuschlag von 35 EUR in der Lounge21 (Obere Etage) an einer Party mit Live-Musik teilzunehmen und ein Flying Dinner von Dinner&Co mit kulinarischen Köstlichkeiten zu genießen.

Dramatische Oper um Rache, Macht und Liebe

Die „Chinawochen“ im Opernhaus Dortmund gehen weiter. Nach der Operette „Im Lande des Lächelns“ hatte am Samstag, den 09.02.2019 die dramatisch-lyrische Oper „Turandot“ von Giacomo Puccini (1858 – 1924) unter der Regie von Tomo Sugao seine umjubelte Premiere.Das Libretto der letzten und unvollendeten Oper von Puccini stammte von Giuseppe Adami und Renato Simoni. Musikalisch sensibel begleitet wurde die Aufführung von der Dortmunder Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz.

Der Opernchor Theater Dortmund unter der Leitung von Fabio Mancini sowie die Statisterie und Kinderstatisterie Theater Dortmund sorgten für eine berührende und atmosphärische starke „Volks-Begleitung“.

Dem chinesischen Hintergrund der Oper wurde mit einem relativ statischen Bühnenbild mit rot-schwarzer intensiver Farbe an den Wänden und der Decke oder dreigeteilten Kammern mit chinesischen Lampen Rechnung getragen. Für spezielle Effekte und Auftritte ließ sich hinten eine Luke öffnen. Die Kostüme waren fantasievoll und passend für eine Fabel kontrastreich ausgestattet. Glanzvoll bei den Herrschaften am Kaiserpalast und ärmlich für das Volk. Eine besondere Bedeutung bei der Inszenierung zur Unterstreichung der verschiedenen Gemütszustände hatte die Beleuchtung. Ein großes Kompliment an Ralph Jürgens, der für das Licht verantwortlich war.

Die Geschichte der von Rachegelüsten zerfressenen und in sich zurückgezogenen Prinzessin Turandot und deren Öffnung für die Liebe am Ende, eindrucksvoll gespielt und gesungen von Stéphanie Müther, wird kontrastiert durch den starken Charakter der Sklavin Liù . Durch ihre wahrhaftige Liebe für den Werber um Turandot, den tatarischen Prinz Calef, ist sie diejenige, die eigentlich die Veränderung bei der chinesischen Prinzessin bewirkt und ihren „Drachenpanzer“ langsam durchdringt. Mit spielerischer Leidenschaft und Stimmgewalt begeisterten Sae-Kyung Rim (Liù) und Andrea Shin als Calaf in diesen Rollen das Publikum. Überzeugen konnte auch die hier gut bekannte Karl-Heinz Lehner als Timur (entthronter König der Tataren) und Kammersänger Hannes Brock als Altoum (Kaiser von China). Das auf Machterhalt und Rache ausgerichtete autoritäre System wird in seiner Brutalität dargestellt. Die Männer kommen in der Oper eher schlecht weg. Der Prinz Calaf ist kein Held , der nur um seine Liebe kämpft, sondern zuerst jemand, der sich etwas beweisen muss. Er will vor allem Kaiser und als Herrscher von China Macht und ein Reich zurück gewinnen. Dazu opfert er auch seine eigentliche Liebe zu Liù.

Im kalten blauen Mondlicht fühlt sich Turandot (rechts) am wohlsten. Sie zörgert nicht einmal, Liù (links) und Timur (unten) zu foltern, um an den Namen ihres Herausforderers zu kommen. (Foto: © Theater Dortmund)
Im kalten blauen Mondlicht fühlt sich Turandot (rechts) am wohlsten. Sie zörgert nicht einmal, Liù (links) und Timur (unten) zu foltern, um an den Namen ihres Herausforderers zu kommen. (Foto: © Theater Dortmund)

Die Männer, in der Geschichte wirken bis auf Calaf, eher hilflos und auf den Erhalt des Systems gerichtet. Calaf ist dagegen gerissen, und schlägt die Prinzessin am Ende mit ihren eigenen Waffen, indem er ihr selbst ein Rätsel stellt.

Eine besondere Rolle als zynische Komiker spielen die aus der Commedia dell‘ Arte entnommenen Figuren dreier Minister Ping (Morgan Moody), Pong (Sunnyboy Dladla) und Peng (Fritz Steinbrecher). Die drei füllten diese Aufgabe mit viel Sinn für Humor und Stimme gut aus. Sie wollen eigentlich kein Blutvergießen und wünschen sich die „alten Zeiten“ zurück. Sie sind aber ein Teil des Systems und denken nur an ihr Vergnügen. Hier kommen Komik, Groteske und Grausamkeit zusammen.

Beeindruckend inszeniert Regisseur Sugao das Volk. Wie eine geifernde Zombiehorde weidet sie sich am Tod des persischen Prinzen zu beginn und freut sich schon auf das nächste Opfer. Doch das Volk ist eine beeinflussbare Masse, die mal „köpft ihn“ruft, dann wieder Mitleid für einen an den Rätseln der Prinzessin gescheiterten „schönen Prinzen“ hat.

Die Beeinflussung der Menschen durch die sozialen Medien ist heute ungleich größer und unberechenbarer. Das konnte Puccini sich damals natürlich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen. Die Härte und Extreme und Mechanismen an „Turandot“ sind uns leider auch heute immer noch zu vertraut.

Musikalisch bietet die Oper eine Vielfalt unterschiedlichen Stilen. Melodien aus der aus einer chinesischen Spieldose und dem Buch „Chinese Music“ (Shangai, 1884), emotionale italienische Arien wie die die berührende „Nessun dorma“, oder etwa von Richard Strauss, Claude Debussy sowie Igor Strawinsky musikalisch beeinflusste Passagen. Außerdem setzte Puccini ein nur aus fünf Tönen bestehendes exotisch anmutendes System ein.

Eine Inszenierung mit starken Stimmen, Bildern und Gegensatzpaaren.

Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de

Operette im Spannungsfeld von Liebe und fremder Kultur

Regisseur Thomas Enzinger konnte sich schon mehrfach seinen Ruf als Spezialist für das Genre Operette in Dortmund unter Beweis stellen. Nach seinen Erfolgen mit „Roxy und das Wunderteam“ oder „Die Blume von Hawaii“ hatte am 12.01.2019 seine neueste Inszenierung der romantischen Operette „Land des Lächelns“ von Franz Lehár (Libretto Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda) im hiesigen Opernhaus Premiere. Musikalisch begleitet wurde die Aufführung sensibel von der Dortmunder Philharmoniker unter der souveränen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz.

Musikalisch anspruchsvoll ambitioniert, wollte der der Komponist zu seiner Zeit den bisherigen Rahmen der als „seichte Unterhaltung“ verschrienen Operette sprengen und ihr unter anderem durch Elemente der Oper Tiefe und als Kunstgattung Geltung zu verschaffen. Enzingers Inszenierung besticht nicht nur durch eine opulente Bühnen-Ausgestaltung und schonen farbenfrohen Kostümen, die sinnbildlich für die damalige Zeit stehen. Eine zugefügte tänzerische Ebene verlieh den Emotionen der handelnden Protagonisten eine weitere verstärkende Dimension.

Die Handlungskonflikte bieten sich dafür gut an. Nicht nur bei der Ouvertüre wurde getanzt – übrigens eine sehr nette Idee – sondern ebenfalls während der Zwischenmusiken wurde die Dramatik des Liebespaares tänzerisch dargestellt.

Die selbstbewusste Grafen-Tochter und Witwe Lisa ist ein begehrter Mittelpunkt der Wiener Highsociety. Verehrt vor allem von dem Dragonerleutnant Graf Gustav von Pottenstein (genannt Gustl), ihrem besten Freund. Sie verliebt sich aber in den exotischen und zurückhaltend charmanten chinesischen Prinzen Sou-Chong. Wohl gerade wegen seiner geheimnisvollen, für sie anziehenden und fremden Art. Auch er ist von ihr angetan, wird aber als Ministerpräsident in sein Heimatland zurück beordert. Hals über Kopf folgt ihm Lisa und heiratet ihn. Doch die Liebe wird durch die unterschiedlichen Kulturen und Lebensentwürfe dieser beiden Persönlichkeiten auf eine harte Probe gestellt. Als Sou-Chong sich letztendlich durch die Verantwortung der ihm verliehenen „Gelben Jacke“ der Tradition unterwirft, vier Mandschu-Mädchen zu heiraten, eskaliert die Situation. Lisa ist zutiefst enttäuscht und will von Heimweh geplagt, China mit Hilfe von Gustl verlassen. Am Ende gibt es nicht nur für Sou-Chong, sondern auch für seine Schwester Mi kein Happy End…

Erste Zweifel werden bei Lisa in China bemerkbar. Martin Piskorski (Prinz Sou-Choung) und Irina Simmes (Lisa).
(Foto © Oper Dortmund)
Erste Zweifel werden bei Lisa in China bemerkbar. Martin Piskorski (Prinz Sou-Choung) und Irina Simmes (Lisa).
(Foto © Oper Dortmund)

Für die beiden Haupt-Protagonisten Lisa und Prinz Sou-Chong konnten mit Irina Simmes und Martin Piskorski zwei hochkarätige Sänger*innen mit klaren Stimmen und sensibler, aber nicht zu kitschiger Interpretationen der romantisch, oft melancholischen Arien gewonnen werden.

Ein Höhepunkt war sicherlich die starke Darbietung der bekanntesten Arie „Dein ist mein ganzes Herz“ von Tenor Piskorski.

Fritz Steinbacher, ein alter Bekannte hier im Opernhaus, füllte seine Rolle des Graf Gustl wie schon so oft mit viel Sinn für Humor aus. Ihm zur Seite stand als kongeniale PartnerinAnna Sohn als die in ihn verliebte Mi. Eine der lustigsten Szenen ist die, als Gustl Mi mit der als geschenk für Lisa vorgesehenen Sacher-Torte „füttert“.

Humor bringt auch seine resolute Tante, die Exzellenz Hardegg, wunderbar dargestellt von Johanna Schoppa , in die Inszenierung.

In weiteren Nebenrollen wussten Georg Kirketerp als Lisas Vater Graf Ferdinand Lichtenfels und und Hiroyuki Inoue als Sou-Chongs gestrenger Onkel Tschang zu gefallen.

Diese Inszenierung bringt die trotz starker Gefühle der beiden Protagonisten die Unvereinbarkeit ihrer persönlichen Lebensentwürfe und die mangelnde Fähigkeit zu einem Kompromiss über die fremden Kulturen hinweg mit der ganze emotionale Palette von Liebe und Sehnsucht, sowie Neugier und Verzweiflung mit dem desillusionierendem Ende verdeutlicht. Das alte konfuzianische Weltbild hatte bis zur Kulturrevolution von Mao bestand. Bei all den negativen Folgen und den vielen Toten hatte die Kulturrevolution wenige Lichtblicke. Dazu gehörte die Frauenemanzipation: Danach wurden auch die Frauen in China freier, denn so Mao „die Frauen können die Hälfte des Himmels tragen.“

Weitere Aufführungstermine und Infos gibt es wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel. 0231 5027222.

West Side Story – ein Musical voll Dynamik und Emotionen

Das Musical „West Side Story“ hat nicht nur wegen der wunderbaren Musik Leonard Bernsteins im Spannungsfeld von sozialer Realität und Poesie, viel Temperament und sentimental romantischen Klängen eine zeitübergreifende Anziehungskraft. Der brisante Plot von aufeinandertreffenden Kulturen, Sehnsüchten, Hoffnungen und enttäuschten Erwartungen sowie der alle Schranken überwindenden Kraft der Liebe, hat in Zeiten vermehrter Fluchtbewegungen und Migrationsproblematik auch eine besondere Aktualität.

Der Musical-Spezialist und Regisseur Gil Mehmert, hatte mit seiner Inszenierung der „West-Side Story“, die Premiere war am24.11.2018 in der Oper Dortmund, ein sensibles Händchen für Unterhaltung und gleichzeitiger Einbeziehung der allgemeinen gesellschaftlichen Brisanz.

Grundlage war neben der Musik von Bernstein der Stoff nach einer Idee von Jerome Robins und den Gesangstexten von Stephen Sondheim. Deutsche Fassung von Frank Thannhäuser und Nico Rabenald mit englischen Songtexten.

Der allgemeine aktuelle Bezug, wird schon beim Bühnenbild-Hintergrund auf einer Leinwandprojektion deutlich. Auf einem Highway sieht man links einen Autoreifen mit einem Aufdruck „Somewhere“ (irgendwo). Symbol für die Sehnsucht, irgendwo ein glückliches und friedliche Leben führen zu können. Das Bühnenbild entspricht einem etwas heruntergekommenen Viertel in New York mit den typischen Feuerleitern. Da der Raum begrenzt ist, wird in der Mitte eine multifunktionale Drehbühne genutzt. Die kann wahlweise als Tankstelle, wo Tony bei Doc hier arbeitet (Symbolfunktion: Sehnsucht, Freiheit), oder als ein Geschäft für Brautmoden (wo Maria bei ihrer Schwester arbeitet) umfunktioniert werden.

Die Liebe zweier Menschen aus unterschiedlichen Gruppen ist aktueller denn je. Zu sehen ist das Ensemble der "West Side Story".(Foto: © ©Anke Sundermeier, Stage Picture)
Die Liebe zweier Menschen aus unterschiedlichen Gruppen ist aktueller denn je. Zu sehen ist das Ensemble der „West Side Story“.(Foto: © ©Anke Sundermeier, Stage Picture)

Die Situation zwischen den schon länger ansässigen „Jets“ und den „Sharks“ in New York ist aufgeheizt. Die beiden Gangs kämpfen um die Vorherrschaft im Viertel. Gegenseitiger Hass und Verachtung äußert sich in Gewalt-Ausschreitungen. Die „Sündenböcke“ für die prekäre Situation sind die jeweils anderen. Die Jets waren „zuerst da“ und fühlen sich überlegen.

Die Situation eskaliert, wie bekannt, als sich Tony (früherer Anführer der Jets) in Maria (Schwester von Bernardo, den Anführer der Sharks) verliebt mit der Katastrophe am Ende…

Musical-Star Anton Zetterholm als Tony begeisterte mit seiner warmen und kraftvollen Stimme, die auch wunderbar mit der klaren Stimme von Iréna Flury harmonisierte. Aber auch alle anderen, wie Schwester Anita (Dorina Garuci), der Anführer der Jets Riff (Markus Schneider) sowie Ben Cox als Bernardos Vasall und Heiratskandidat für Marias,überzeugten.

Die Erwachsenen Doc (Axel Gottschick), Lieutenant Schrank (DanielBerger), Officer Krupke (Edward Steele) und Glad Hand (Florian Sigmund) spielten diese als eher hilflose, manchmal zynische Menschen, die vor der problematischen Situation schon kapituliert haben.

Ein großes Kompliment für die tänzerische und akrobatische Leistung der Jets, Sharks, Jet-Girls oder Shark-Girls und der großartigen Choreografievon Jonathan Huor. Die schönen Kostüme boten auch für das Augeetwas.

Die Inszenierung konfrontiert die die Liebe und Sehnsüchte von Maria und Tony direkt (manchmal nebeneinander) stark mit der immer schwelenden Gewaltbereitschaft der gegnerischen Gruppen.

Wie die Musik von Bernstein Genre-übergreifend, entstand hier scheinbar locker das Tanzen aus dem Gesang heraus, und das Singen aus dem Spiel.

Für eine atmosphärisch stimmiges und gelungene musikalische Begleitung der Handlung sorgte die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster und hatte einen großen Anteil an der gelungenen Aufführung, die mit Standing Ovations vom Publikum gefeiert wurde.

Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel:0231/ 50 27 222.

Witzig-ironische Inszenierung des „Barbier von Sevilla“

Der dritte Tag des Premieren-Wochenende im Opernhaus Dortmund bot mit „Il barbiere di Siviglia“ (Der Barbier von Sevilla) von Gioachino Rossini (1792 bis 1868) und dem Libretto von Cesare Sterbini eine witzige und ironische Inszenierung von Martin G. Berger.

Die Aufführung dieser komischen Oper wurde nicht nur mit humorvollen deutschen Zwischentexten des Regisseurs, sondern auch durch Special Effects, einige ironische Anspielungen und Symbolik, wechselnden Bühnenhintergrund sowie phantasievollen Kostümen (Masken) ordentlich aufgepeppt.

Das besondere an der Inszenierung war aber neben der Hinzufügung der Figur eines Erzählers,dass die Sängerinnen und Sänger zum Anfang und gegen Ende wie Marionetten an Seilen (mit einem Fluggürtel befestigt) hingen. Das diente als Sinnbild dafür, dass die Akteure auf der Bühne in ihren jeweiligen gesellschaftlichen Konventionen (wie fremdgesteuert) gefangen sind. Das war nicht nur eine Herausforderung für die Kostüm-Abteilung, sondern sicher auch für die Sänger. Die hatten aber sichtlichen Spaß daran, sich nicht nur mit ihren guten Stimmen zu profilieren, sondern auch mit ihre komische Seite zeigen zu können.

Kammersänger Hannes Brock als Erzähler füllte seine Rolle gewohnt humorvoll und charmant mit aktuellen Anspielung (etwa auf die „Me too“Debatte und moderner Kommunikationsmittel wie das iPhone) aus. Im Laufe der Handlung wurde er in das Geschehen hinein gezogen.

Im Zentrum der Geschichte steht der Figaro (Petr Sokolov), ein Frisör und Hallodri mit monetärem Charakter. Der will dem verliebten Grafen Almaviva Sunnyboy Dladla) – natürlich gegen gute Bezahlung – helfen, die junge Rosina (Aytaj Shikhalizada) für sich gewinnen möchte.

Der Graf (Sunnyboy Dladla) schreitet zur Tat und will die Konventionen abschneiden. Basilio (Denis Velev), Dr. Bartolo (Morgan Moody), der Puppenspieler (Hannes Brock) und Figaro (Petr Sokolov) sind skeptisch. (Foto: ©Anke Sundermeier, Stage Picture)
Der Graf (Sunnyboy Dladla) schreitet zur Tat und will die Konventionen abschneiden. Basilio (Denis Velev), Dr. Bartolo (Morgan Moody), der Puppenspieler (Hannes Brock) und Figaro (Petr Sokolov) sind skeptisch. (Foto: ©Anke Sundermeier, Stage Picture)

Sie ist das reiche Mündel des Dr. Bartolo (Morgan Moody). Der wiederum möchte macht- und geldgierig Rosina heiraten und ihr Erbe für sich behalten. Der Graf will die starren Regeln auflösen, und ein bürgerliches Mädchen heiraten, das ihn um seiner selbst willen liebt. Deswegen nähert er sich Rosina nicht nur unter einem falschen Namen, sondern benutzt auf Anraten des Figaro auch verschiedene Identitäten (Student, Soldat oder Musiklehrer). Der intrigante Musiklehrer Basilio (Denis Velev), ein Freund von Dr. Bartolo, verleumdet derweil sinnlos Menschen. Rosina träumt von Freiheit und irgend jemanden, der sie aus ihrem goldenen Käfig heraus holt. Eigentlich vom Charakter eher sanft, kann sie, wenn es darauf ankommt, auch rabiat und zur „Schlange“ werden.

Ironische und witzig werden die Charaktereigenschaften durch die Puppenspielerinnen Julia Giesbart und Veronuika Thieme mit ihren Stoff-Puppen ob als Schlange bei Rosalia oder dem „einäugigen Rufmord-Wurm“ bei dem Musiklehrer Basilio auch bildhaft dargestellt.

Das Gemenge muss zunächst in einem Chaos enden. Von ihren Marionetten-Fäden erst einmal befreit herausfinden, ob die neue Freiheit und Möglichkeit der Selbstbestimmung erstrebenswert ist und welche Rolle sie einnehmen wollen. Fast alle Figuren versuchen, an ihren Rollen festzuhalten.

Am Ende löst sich das Ganze durch Anerkennung der alten Hierarchien mit einem „kleinen Happy End“ auf. Der Graf besinnt sich auf seine Rolle, schmiert und bedroht Basilo, zwingt Dr. Bartolo zum Verzicht auf Rosina, und heiratet diese. Nur seine Machtposition hatte ihm ermöglicht, seine revolutionären Gedankenspiele einmal praktisch auszuprobieren, ohne die Konsequenzen zu tragen.

Ob sich eine Revolution gegen gesellschaftliche Festschreibungen dennoch lohnt, wird jedem (im Publikum) selbst überlassen.

Berger nahm sich in seiner Inszenierung einige Freiheiten, so gab es keine Polizei, sondern der Herrenchor und die Statisterie des Theater Dortmund hatten ihren eindringlichen Auftritt als „öffentliche Meinung“. Auch kleinere Rollen wie der Notar fielen weg.

Neben dem wunderbaren Puppen und Kostümen gab es auf der Bühne viel zu sehen. Eines der Höhepunkte war die Rube-Goldberg-Maschine, die Basilio dem verblüfften Dr. Bartolo vorführt. Diese Maschine hat keinen praktischen Nutzen, bereitet aber durch das pure Hinsehen Vergnügen. Ein Hingucker war auch das furiose Ende des ersten Aktes, als alles auf der Bühne hin und her wogte.

Die sinnliche Musik Rossinis zeichnet sich durch die sogenannte Rossini-Walze, einem stetigen Anschwellen der Musik. Nicht nur die Zunahme der Lautstärke, sondern auch allmähliche Hinzukommen weiterer Instrumente ist für sie kennzeichnend.

Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung des ersten Kapellmeisters Motonori Kobayashi setzte diese Musik sensibel um.

Ein interessantes und gelungenes Opernwochenende, dass dem Publikum das neue Opern-Ensemble näher brachte.

Informationen zu weiteren Aufführungstermine erhalten Sie unter www.theaterdo.de und Tel.. 0231/ 50 27 222.

Neustart im Opernhaus Dortmund mit Verdis Aida

Der neue Intendant Heribert Germeshausen der Oper in Dortmund legt in dieser Spielzeit gleich gewaltig mit einem dreitägigen „Opern-Event-Wochenende“ los. Den Anfang machte am 05.10.2018 die Premiere von Giuseppe Verdis (1813 -1901) Oper Aida (Libretto von Antonio Ghislanzoni) unter der Regie von Jacopo Spirei. Das Publikum hatte die gute Gelegenheit, Teile des neuen Ensemble bei dieser Gelegenheit genauer kennen zu lernen.

Die anlässlich des fertig gestellten Suezkanal konzipierte Oper (Uraufführung 1871 Kairo) hat alles, was man für eine italienischen Oper braucht. Zwischenmenschliche Konflikte, ritueller Charakter der Massenszenen für die Opernchöre, den exotischen Hintergrund und spannungsgeladene innere Konflikte für die Sängerinnen und Sänger.

Der brisant aktuelle Hintergrund ergibt sich sich aus dem unheilvollen Einfluss des religiösen Fanatismus (wie auch in unserer Zeit) auf die Politik. Die Handlung spielt im alten Ägypten (Memphis) unter dem Pharao, dessen Politik von den Priester machtvoll beeinflusst wird. Götterglaube wie etwa an Isis (Göttin der Wiedergeburt, Magie und des Todes) oder Ptah („der Bildner“) beherrscht das Land und befeuert den Krieg mit Äthiopien. In diesem politischem Kontext lodern auf mehreren Ebenen die privaten persönlichen Konflikte.

Zur Geschichte: Ägypten befindet sich im religiös forcierten kriegerischen Konflikt mit Äthiopien.

Der ägyptische Feldherr Radamès und die äthiopische Sklavin Aida sind heimlich ineinander verliebt. Dieser wiederum wird von Amneris,der Tochter des ägyptischen Königs geliebt. Dieser fördert mit allen Mittel aus politischen Gründen deren Heirat mit dem zunächst erfolgreichen Feldherrn. Als ob das nicht schon genug Sprengstoff für emotionales Chaos und Konflikte bietet, ist der König von Äthiopien (Amonasro) auch noch der Vater von Aida. Hin und her gerissen zwischen Loyalität zum Vater, dem Heimatland, Macht und Ehre, driftet alles scheinbar unvermeidlich dem finalen „erlösenden Tod“ der beiden Liebenden hin…

Das Bühnenbild ansprechend zwischen Moderne, Jugendstil mit ägyptischen Ornamenten nicht übertrieben pompös angelegt. Die Kostüme der äthiopischen Sklaven waren im Gegensatz zu denen der Herrscher in Orange und mit Kopftuch-Bedeckung in schlichter Schönheit gehalten.

Die entschiedende Situation: Radamès (Hector Sandoval) verrät aus Liebe zu Aida (Elena O'Connor) militärische Geheimnisse an ihren Vater Amonasro (Mandla Mndebele). (Foto: © Oper Dortmund)
Die entschiedende Situation: Radamès (Hector Sandoval) verrät aus Liebe zu Aida (Elena O’Connor) militärische Geheimnisse an ihren Vater Amonasro (Mandla Mndebele). (Foto: © Oper Dortmund)

Auffallend ist, das der König von Ägypten wunderbar ironisch von Denis Velev dargestellt, wie ein Popstar mit dunkler Sonnenbrille, goldenem Jackett und Schuhen inszeniert wurde. Das entspricht seiner auch von Verdi eher als schwach gesehenen Rolle als „Spielball“.

Spielte Kostümbildnerin Sarah Rolke vor allem in der Szene in Amneris‘ Gemächern mit dem Art Deco in den 30er Jahre, wirken vor allem die Priester in ihren Roben wie aus einem „Star Wars“-Film. Die Kombination aus Martialischem und Dekadenten machte die allgemien Spannung sichtbar. Es kann festgestellt werden, das die neuen Ensemble-Mitglieder nicht nur mit ihren Stimmen überzeugen, sondern sich auch als sensibel in der Darstellung der Charaktere und ihren inneren Konflikte gezeigt haben.

Elena O‘Connor stellte die Zerbrechlichkeit von Aida ebenso glaubhaft dar wie ihre Selbstbewusstheit. Ihre kongeniale „Rivalin“ Hyona Kim (Amneris) überzeugte in ihrer Darstellung der Gefühlswandlungen und Entwicklung vor allem im zweiten Teil.

Aber auch die anderen beteiligten Sängerinnen und Sängern wie Hector Sandoval als Radamès, Shavleg Armasi als intriganter Oberpriester Ramfis, Mandla Mndebele als Aidas vater Amonasro, Una Sacerdotessa als Oberpriesterin und auch ein alter bekannter Fritz Steinbacher als Bote füllten ihre Rollen eindrucksvoll aus.

Der Opernchor (Theater Dortmund) und die Statisterie Theater Dortmund zeigte wie immer eine gute Leistung und Spielfreude.

Was wäre die Handlung aber ohne die wunderbare Musik von Verdi? Diese wurde mit viel Gefühl für das richtige Timing von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz interpretiert. Die Musik war beeinflusst sowohl von Elementen der italienischen, sowie der französischen Oper. Einige orientalische Klänge waren jedoch zwischendurch passend eingefügt. Bekannt dürfte aber wohl vor allem der berühmte Triumph-Marsch der Oper sein.

Ein gelungener Einstand für das neue Team um den Intendanten Germeshausen.

Informationen zu den nächsten Aufführungen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder telefonisch: 0231/ 50 27 222.

Frau Luna – Der Mond als Sehnsuchtsort

Die burlesk-fantastische Ausstattungsoperette Frau Luna von Paul Linke (1866-1946) und dem Libretto von Heinz Bolten-Baeckers hatte am 13.01.2018 unter der Regie von Erik Peters im Opernhaus Dortmund seine Premiere. Lincke gilt als der Initiator der Berliner Operette. Dabei kam es mehr auf das Wie als das Was an. Das kleinbürgerliche „Milljöh“ samt Slang wurde in der glitzernden fantastischen Welt ( z.b. der Mond) gegenübergestellt. Eingängige einfache Melodien wechselten sich ab mit Show-Elementen und Akrobatik.

Der erfahrene Regisseur von Operetten inszenierte „Frau Luna“ als ein glamouröse Revue-Operette. Tatjana Ivaschina hat dabei wieder einmal wunderbare Kostüme für das Ensemble auf die Bühne gebracht. Musikalisch begleitet wurde der Abend schwungvoll von der Dortmunder Philharmoniker unter der Regie von Philipp Armbruster.

Mit dem Ballon zu Frau Luna

Eine wichtige Rolle spielten neben den starken Sängern auch die Statisterie und der Opernchor des Theaters Dortmund (Leitung Manuel Pujol) bei den vielen Kometen, Mondgrazien und Planeten.

Frau Luna ist am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Es war eine Zeit der technisch rasanten Entwicklungen. Die Menschen sucht in einer schnelllebigen Welt Ablenkung und die Möglichkeit, den Alltagsproblemen und einer verbreiteten Endzeitstimmung zu entfliehen. Da boten die viele Varietees und Theater genug Gelegenheit.

Kammersänger Hannes Brock als Prinz Sternschnuppe umringt von Fans in Frau Luna. (Foto: © Oper Dortmund)
Kammersänger Hannes Brock als Prinz Sternschnuppe umringt von Fans in Frau Luna. (Foto: © Oper Dortmund)

Kurz zum Inhalt: Der abgebrannte Mechaniker Fritz Steppke (Bonko Karadjov) hat einen lenkbaren Luftballon erfunden, und will zusammen mit dem Schneider Lämmermeier (Morgan Moody) und dem Steuerbeamten Pannecke (Marvin Zobel) nicht nur der resoluten Wirtin Frau Pusebach (Johanna Schoppa) entfliehen, sondern auch eine abenteuerliche Reise zum „Mann im Mond“ unternehmen. Es fällt ihm zunächst nur schwer, seine bodenständige geliebte Marie (Julia Amos) zurück zu lassen. Es begint eine wundersame Reise voller Überraschungen. Frau Pusebach ist als „Anhängsel“ mitgekommen, der „Mann im Mond“ entpuppt sich als „Frau Luna“. Auch dort gibt es menschliche Probleme…

In den ersten beiden Akten ging es zu nächst eher bedächtig mit der Einführung in das kleinbürgerliche typische Berliner Milieu und der Fahrt zum Mond los. Schöne Melodien wie etwa „Schlösser, die im Monde liegen“ (Marie) wechselten mit witzigen Elemente. Amüsant vor allem die schwarz-weiß auf die Leinwand projizierte Fahrt zum Mond mit Frau Pusebach im Schlepptau einschließlich „Milchgetränk aus der Glasflasche“.

Grandiose Revue im dritten Akt

Der Höhepunkt des Abends war aber der dritte Akt nach der Pause. Was da an Glamour und Glitzer angeboten wurde, konnte sich sehen lassen. Das Ensemble konnte neben seinen starken Stimmen auch sein komödiantisches Talent voll zur Geltung bringen. Frau Pusebach war mit Johanna Schoppa als „resolute Berliner Schnauze“ ebenso wunderbar besetzt wie die anderen Rollen. Bonko Karadjov gefiel als der zwar kleine Fritz Steppke, aber mit dem Herz am rechten Fleck und starker stimme. Morgan Moody hat schon öfter sein komödiantisches Können bewiesen. Das Gleiche konnten auch Ileana Mateescu (Stella) und Julia Amos in ihrer Doppelrolle als Marie und Mondgroom zeigen. Marvin Zobel konnte als Steuerbeamter Pannecke und Dirk Weiler als witzig-charmanter Theophil (Hausmeister auf dem Mond) gefallen.

Eine Paraderolle gab es für Kammersänger Hannes Brock in seiner letzten Spielzeit. Als unglücklich in Frau Luna verliebter Prinz Sternschnuppe sang er eines der drei in das Programm aufgenommene „Es war einmal“ mit etwas wehmütiger Melancholie.

Es war ein imposantes Auftreten von allen Planeten und Kometen oder Mondgrazien. Nur Pluto durfte nicht beim Mondfest dabei sein.

Frau Luna hatte im dritten Akt ihren großen Auftritt, den Emily Newton mit sichtlichem Vergnügen zelebrierte. Sie hatte sich neben Spiel und Gesang noch einer anderen Herausforderung zu stellen. Zusammen mit den fantastischen „Luftballett“ (Sylvia Idelberger, Petra Tobies) führte sie an vier weißen Tüchern akrobatische Übungen durch.

Das fulminante Finale mit einem musikalischen Mix aus „Das macht die Berliner Luft“ „aus die Berliner Luft 1905) und „Schlösser die im Monde liegen“ beendete den unterhaltsamen Revue-Abend einer etwas entstaubten Operette.

Weitere Aufführungstermine und Infos unter www.theaterdo.de