Die Doppelmoral der Oberschicht – Jekyll und Hyde

Mit Jekyll und Hyde bringt die Oper Dortmund einen Bestseller unter den Gruselgeschichten als Musical auf die Bühne. Das Premierenpublikum war begeistert und sprang spontan aus den Sesseln, um das Ensemble mit anhaltenden Standing Ovations zu belohnen.

Das Musical, konzipiert von Steve Cuden und Frank Wildhorn, beschreibt die Suche von Dr. Jekyll nach einer Möglichkeit das Gute und das Böse im Menschen zu trennen und dadurch zu beherrschen. Frank Wildhorn, der auch die Musik schrieb, und Leslie Bricusse, verantwortlich für Buch und Liedtexte, fügten der ursprünglichen Novelle von Robert Louis Stevenson zwei Frauenrollen hinzu. Lisa, Jekylls Verlobte und Lucy, eine Prostituierte, der Hyde verfällt. Außerdem verdeutlichen sie stärker die Doppelmoral der Upperclass der damaligen Zeit, bei der moralischer Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander klafften. Auf der Suche nach der richtigen Dosierung eines Elexiers im Selbstversuch, verfällt Jekyll seinem Alter Ego Edward Hyde fast vollständig. Neun Leichen sind das Ergebnis seines Wahns.

Dr. Jekyill präsentiert den faustischen Trank. David Jacobs (Henry Jekyll) und Ensemble bei "Jekyll und Hyde". (Foto: © Theater Dortmund)
Dr. Jekyill präsentiert den faustischen Trank. David Jacobs (Henry Jekyll) und Ensemble bei „Jekyll und Hyde“. (Foto: © Theater Dortmund)

Die Sehnsucht des Dr.Jekyll nach höherer Erkenntnis ist ein Desaster. Kurz bevor er auch seine Verlobte Lisa tötet, besinnt er sich in einem lichten Moment und richtet sich selbst.

Im Original griff Autor Stevenson in seiner Geschichte eine wahre Begebenheit auf. In Edinburgh lebte im 18. Jahrhundert ein gewisser William Brodie, der tagsüber als ehrbarer Geschäftsmann fungierte, nachts aber als Einbrecher unterwegs war. Das Genre der Gothic Novel war zum Ende des 18. Jahrhundert sehr en vogue. Die Ursache des Bösen wurde jetzt in Mitten der Gesellschaft gesehen und nicht mehr nur höheren Mächten zugeschrieben. Aufklärung und der Fortschritt der Naturwissenschaften führten zu veränderten, oft schwierigen Lebensumständen. Im Vergleich mit dem schauerlichen Geschehen in den Erzählungen, relativierten sich die eigenen Sorgen ein wenig.

David Jakobs zeigt in seiner Doppelrolle eine große stimmliche Variationsbreite. Lisa (Milica Jovanovic) als Verlobte verliert mit ihren zarten Balladen ein wenig gegen die kraftvoll und frivol auftretende Prostituierte Lucy Harris (Bettina Mönch). Unterstützt durch die hervorragenden Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster geben die Sänger alles, um die gruselige Spannung des Stückes hochzuhalten.

Besonders gelungen ist die Regiearbeit von Gill Mehmert. Um die unterschiedlichen Szenen miteinander zu verbinden bewegen sich die Schauspieler während des Singens und der Erzählung durch vier auf einer Drehbühne inszenierte viktorianische Bühnenbilder. Dies erzeugt den Eindruck einer filmischen Darstellung und ist sehr dynamisch. Vervollständigt wird dies durch die gleichzeitige Ansicht der Szenerie auf der Drehbühne und Jekylls Labor in der Kelleretage, Dort ist mit diversem Laborzubehör, brodelnden Flüssigkeiten und Theaternebel der Raum für die Verwandlung in den monströsen Hyde geschaffen.

Insgesamt ein unbedingt sehenswertes Stück, wenn auch durch die Vorhersehbarkeit der Handlung und die zahlreichen Balladen sich hin und wieder einige Längen einschleichen.

Termine bis Ende des Jahres: 18., 20., 23., 26. Oktober, 3. ,16. , 22., 29. November, 18., 19., 28., 29., 31. Dezember.

Mehr Informationen unter: www.theaterdo.de

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