Schlagwort-Archive: Ekkehard Freye

Humorvoll-absurdes Theater ums „Über Leben“

Im Studio des Schauspiel Dortmund hatte am 25.11.2022 das Stück „ÜBER LEBEN“ (von Annalena und Konstantin Küspert) unter der Regie von Ruven Bircks seine Premiere. Dem Regisseur interessieren hier die Wendepunkte, Grenzerfahrungen durch verschiedene Krisen und was dann mit der Gesellschaft passiert. Die wichtige frage stellt sich. Wie wird die Menschheit erinnert und oder überdauert werden?

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Das Vieh ist noch Natur – Woyzeck zum Spielzeitauftakt

Bunt, reduziert und mit SM-Anleihen – die Inszenierung von Georg Büchners „Woyzeck“ durch Jessica Weisskirchen setzt auf skurrile Einfälle und schräge Kostüme. Die Regisseurin rückt Nebenfiguren wie den Hauptmann und den Doktor stärker in den Mittelpunkt. Die Premiere war am 09. September 2022 im Studio des Schauspielhauses.

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The Head in the Door

oder Das Vaudeville der Verzweiflung

von Milan Peschel und Ensemble

Als Gestern noch Heute, also das Morgen von Vorgestern war …

Ein Abend im Vaudeville mit Sprachslapstick, tiefgreifenden Fragen nach der Kreativität dem Glück und der Selbstverwirklichung immer etwas tun müssen oder doch nicht, dadaesquem Humor, Lust am Stillstand der wortgewandt und bewegt übertönt wird und Schauspielern in einem Theater oder doch einem Vergnügungspark mit einem Anflug von Kafka …

Das Ensemble vollzieht einen gekonnten Spagat vom Vaudeville, den einstigen französischen Vor- und Kleinstadt Theatern. In den USA fand man den Begriff Chic und betitelte die Schaubuden so. Darin verdienten sich dann Charlie Chaplin, die Marx Brothers, Stan Laurel, W.C. Fields und Buster Keaton die ersten Meriten.

Marlena Keil, Linus Ebner, Ekkehard Freye, Bettina Engelhardt, Nika Misÿkovic, Anton Andreew in "The Head in the door" (Foto: © Birgit Hupfeld)
Marlena Keil, Linus Ebner, Ekkehard Freye, Bettina Engelhardt, Nika Misÿkovic, Anton Andreew in „The Head in the door“ (Foto: © Birgit Hupfeld)

Das Vaudeville hüben wie drüben ging mit der Depression nach 1929 und dem Tonfilm unter. Aber Peschel und sein Ensemble lassen es wieder auferstehen mit dem Scheitern, Straucheln und wieder Aufstehen. Nicht ohne einen Seitenhieb auf einen gewissen Ortsteil der einst spanischen Stadt der Engel, aber auch das Vaudeville welches einst im Fredenbaumpark war erinnernd.

Unsere Helden leben dann auch gleich im Theater, weil das Leben so teuer ist, aber das Leben auch Kunst ist, und Kunst Leben, sie, wir sie brauchen, wie die Luft zum Atmen, die Freiheit zum Leben. Als Metapher für die Lust des Künstlers/Schauspielers am Spiel und seinem Hunger nach verdientem Applaus. Witzig, schnell, wendig wieselt das Ensemble durch die Kulissen und den Kulissenregen, wobei sie uns die Schnelligkeit des Vaudeville mit Sprache und agieren vorführen und fast atemlos machen und man aufpassen muss, dass man beim Lacher, nicht die nächste Pointe überhört.

Wo bleiben die, die keinen langen Atem mehr haben? Hier wird das Stück hochmodern im Zeitalter des Fame für 15min, sich verkürzenden Aufmerksamkeitsspannen und sich überschlagender Social Media Aufmerksamkeitheischerei. Alles begann eigentlich im Vaudeville mit seinen kurzen Sketchen und Szenen, was sich im Film fortsetzte.

Ein szenischer Parforceritt durch die sich drehenden Kulissen, etwas gebremst durch Verständlich- und Verfolgbarkeit der Sprache, der Dramaturgie, ansonsten wäre man vielleicht etwas außer Atem geraten. Oder man hätte den Einsatz zum Lachen verpasst … wohltuend, das Lachen. Die Verzweiflung der Schauspieler erschien jedoch nicht allzu gravierend, zu sehr war ihre Spielfreude zu erleben.

Es braucht Menschen, hier unsere Schauspieler, die imstande sind, andere Menschen zu begeistern, das Publikum der Premiere.

Als Gestern noch Heute … also das Morgen … von Vorgestern war …

Besetzung

Anton Andreew

Alexander Darkow

Linus Ebner

Bettina Engelhardt

Ekkehard Freye

Marlena Keil

Nika Miskovic

Regie: Milan Peschel

Regieassistenz: Anna Tenti

Regiehospitanz: Victoria Di Bello

Bühne: Nicole Timm

Bühnenbildassistenz: Christiane Thomas

Kostüm: Magdalena Musial

Dramaturgie: Sabine Reich

Dramaturgiehospitanz: Sabine Buchholzer, Hannah Straßheim

Licht Design: Henning Streck

Licht: Stefan Gimbel

Inspizienz: Mathilde Wienand

Souflage: Violetta Ziegler

Weitere Termin

03. Feb. 2022 19:30

18. Feb. 2022 19:30

19. Feb. 2022 19:30

05. März 2022 19:30

13. März 2022 18:00

Eintritt € 9,00 bis 23,00

Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit

Happy, we lived on a planet – Die erste Premiere der Saison

Ausgangspunkt des neu entwickelten Stücks ist Tag X: Vor ca. 65 Millionen Jahren sind die Dinosaurier, die fast 200 Millionen Jahre die dominierende Spezies auf dem Planeten waren, in kürzester Zeit ausgestorben.

Das eigene Ableben wird gerne verdrängt. Zu sehr stört das Denken daran unser Streben nach Gesundheit und Lebensfreude. Wir wissen zwar, dass wir sterben. Aber das passiert irgendwann in der Zukunft, sind wir uns voll im prallen Leben Stehenden sicher. In früheren Zeiten ohne unsere medizinischen Fortschritte war der Tod, das Sterben ein bewusster Teil unseres Lebens und Denken.

Das Ensemble von "Happy, we lived on a planet" Foto: © Hans Jürgen Landes
Das Ensemble von „Happy, we lived on a planet“ Foto: © Hans Jürgen Landes

Egal, ob das Dahinscheiden heute noch kommt oder erst im hohen Alter, mit seiner ersten Regiearbeit möchte Mervan Ürkmez uns vorbereiten auf das Unausweichliche. Sinnlich-poetisch sucht das junge Mitglied des Dortmunder Schauspielensembles in seinem Stück, einem dramatischen Requiem, nach der Kraft, die uns die Begegnung mit dem Exitus, unserem, geben kann.

„Ich stelle mir vor, ich bin ein Dinosaurier“, beginnt Oskar Westermeier. „Ich und alle meine Artgenossen sind, nachdem wir 200 Millionen Jahre lang die dominierende Spezies auf dem Planeten waren, innerhalb eines Nachmittags ausgestorben. Einfach so. Zufällig steuert ein Komet auf die Erde zu und zufällig schlägt er ein. Zufällig passiert das im heutigen Yucatán, Mexiko, zufällig ist es zwölf Uhr mittags und ich, viele tausende Kilometer entfernt, sagen wir hier, in Dortmund, bekomme nichts davon mit. Eigentlich hat es nichts mit mir zu tun. Kurz darauf bebt die Erde, der Himmel verdunkelt sich, Glaskugeln fallen herab und eine riesige Flutwelle reißt mich weg. Einfach so. Wir können nicht wissen, ob es wirklich genau so passiert ist.“

Von jetzt an könnte richtig dystopisch werden … zumindest suggeriert uns dies der Monolog von Westermeier auf der schwarzen Bühne.

Fünf Menschen unterschiedlichen Alters, personifiziert durch Ekkehard Freye, Nika Mišković, Raphael Westermeier, Renate Henze und im Wechsel Anton oder Oskar Westermeier, setzen sich mit der Vergänglichkeit auseinander.

Ein Komet ist eingeschlagen und hat eine Reihe von Ereignissen ausgelöst, die zum Ende der Dinosaurier, ihrer Auslöschung geführt haben. Und doch sind sie allgegenwärtig: Hier sind ihre Fußspuren im Boden, ihre versteinerten Überreste, Knochen, Nester, Eier, dort ihre Abbilder auf Schultüten von Kindern.

Wir finden die Dinosaurier wieder in den Vögeln, die über uns fliegen und den Schildkröten, die zu unseren Füßen krabbeln. Wir finden sie in uns. Denn Dinos und Säugetiere haben einen gemeinsamen Vorfahren.

In „Happy, we lived on a Planet“ beobachten wir fünf Menschen bei der Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit. Als Metapher schwebt der Komet über ihnen, das Ende immer projizierend. Doch muss das nichts Trauriges sein. Die befürchtete Dystopie bleibt aus. Im Gegenteil. In den alltäglichen Situationen, Gesprächen, Briefen, Telefonaten ist das Leben. Ein Spiegel unseres alltäglichen Lebens. Otto Normalverbraucher, nicht der Held aus griechischen Dramen oder nordischen oder anderen Heldendramen.

Was bleibt also, wenn etwas oder jemand geht? Ist ein Mensch, der nicht mehr Teil unseres Lebens ist, wirklich weg, wie in aus den Augen aus dem Sinn? Sind die Momente, die verblassen, wirklich aus der Welt? Endet etwas oder transformiert es sich in etwas anderes?

Über Endlichkeit zu sprechen, über die Endlichkeit von Beziehungen, die Endlichkeit des eigenen Lebens, die Endlichkeit des Lebens geliebter Menschen, die Endlichkeit von Tieren oder Pflanzen und die Endlichkeit der Menschheit, löst in der modernen westlichen kommerzorientierten Welt meist Unwohlsein aus.

Die zu Beginn befürchtete Dystopie bleibt aus, weil das Stück versöhnlicher mit der Frage nach dem Ende umgeht und sich mehr auf das Leben als solches konzentriert.

Woher kommt aber die Angst vor dem Ende? Ensemblemitglied und Regisseur Mervan Ürkmez schafft mit dem künstlerischen Team von „Happy, we lived on a Planet“ einen Erfahrungsraum für eine sinnliche und vielschichtige Auseinandersetzung mit der Endlichkeit.

Für die Ausstattung ist Elizaweta Veprinskaja verantwortlich, für den Sound Andreas Niegl, Hannah Saar ist Dramaturgin der Produktion.

www.theaterdo.de und 0231/50-27222.

Die nächsten Termine sind: 7. Oktober (18 Uhr).

Schimmelpfennigs „Das Reich der Tiere“ mit persönlicher Brisanz

Mit der Premiere von „Das Reich der Tiere“ (Roland Schimmelpfennig, * 1967 Göttingen) unter der Regie von Thosten Bihegue startete das Schauspiel Dortmund am 05.10.2019 in die neue Spielzeit 2019/20. Um es vorweg zu nehmen. Ja, die bissig-ironische Komödie „Das Reich der Tiere“ bekam natürlich durch den anstehenden Wechsel der Intendanz im Schauspiel ab der nächsten Spielzeit auch eine persönliche Note.

Das Schauspielmilieu mit seinen besonderen Gesetzen und Unsicherheiten für die Ensemble- Mitgliedern steht ja im Mittelpunkt dieser Parabel. Enthalten ist zudem eine viel weitergehende gesellschaftliche Kritik und Offenlegung der Mechanismen des kapitalistischen Systems.

Im Stück führen sechs Schauspielerinnen und Schauspieler seit sechs Jahren ein Tier-Musical auf.

Als Löwe (Christian Freund), Zebra (Ekkehard Freye), Ginsterkatze (Marlena Keil), Marabu (Frank Genser), Schildkröte (Bettina Lieder) und elegante Antilope (Alexandra Sinelnikova) erzählen sie vom Reich der Tiere. Hier regiert zunächst das Zebra, bis ihm der Löwe den Platz als Herrscher streitig macht. Beide müssen sich in brenzliger Situation vor einem Brannd und gegen das gefährliche Krokodil helfen und zusammenhalten. Aber hält der Friede lange an?

Nun soll das Stück abgesetzt werden, etwas Neues soll her. Die Unsicherheit, Neid und Missgunst, Vermutungen, eigene Träume und ganz persönliche Ängste machen sich unter den SchauspielerInnen breit. Jeder versucht, seine Chancen auszuloten und kämpft für sich. Bitter dabei ist, alle sind durch ihre langjährige Tierrolle zu namenlosen Darstellern degradiert, und keiner kennt sie wirklich als Person.

Solidarität oder Alle gegen Alle. Und die Frage: Lässt sich das Darstellerprekariat auf jeden Job ein? "Das Reich der Tiere" mit u.a.  Christian Freund, Alexandra Sinelnikova, Marlena Keil und Frank Genser. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Darstellerprekariat auf jeden Job ein? „Das Reich der Tiere“ mit u.a. Christian Freund, Alexandra Sinelnikova, Marlena Keil und Frank Genser. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Das Zebra, Schauspieler Frankie, versucht in seiner Wohnung Informationen zum neue Stück „Garten der Dinge“ von der Regisseurin (wunderbar gespielt von Bettina Lieder) zu bekommen und Vorteile für sich erlangen, indem er zur Lesung zu diesem Stück geht. Doch das geht schief. Ernüchtert spielt er später sogar in einem Werbespot mit

Obwohl eigentlich niemand (vor allem die Ginsterkatze) bei dem „Garten der Dinge“ mitmachen will, lassen sich am Ende als entpersönlichte „Dinge“ wie etwa eine Ketchupflasche, Toaster, Pfeffermühle oder Spiegelei in diesem surrealen Stück einsetzen.

Die Inszenierung stellte das Ensemble neben der schauspielerischen auch wieder einmal vor physische Herausforderungen. Choreografien und musikalische Anforderungen, ob punkig-rockig oder leiser, wurden von ihnen gemeistert. Das dieses Ensemble auch musikalische Qualitäten hat , bewies es ja schon öfter. Die verschiedenen Charaktere (Symbolhaft bei den Tieren) wurden mit großer Intensität und Körperlichkeit für die ZuschauerInnen auf die Bühne gebracht.

Künstliche Kakteen und andere Requisiten sorgten auf der Bühne für den passenden Hintergrund. Auf einer erhöhten Plattform spielen Serge Corteyn und Manuel Loos Live-Musik zur atmosphärischen Begleitung des Abends.

Die Kostüme waren sehr fantasievoll von Theresa Mielich gestaltet.

Ein komödiantisch-ironischer Theaterabend, der das Publikum trotz des ernsten gesellschaftlichen Hintergrund zum lachen brachte.

Wäre es doch besser für uns und die Gesellschaft allgemein, sich nicht spalten und gegeneinander ausspielen zu lassen. Wären Zusammenhalt und Solidarität gegen das „Krokodil“ eine Möglichkeit?

Informationen über weitere Aufführungstermin erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.. 0231/ 50 27 222.

Hedda Gabler – destruktiv aus Langeweile

Das hatte sich Hedda irgendwie anders vorgestellt: Die Ehe mit dem Gelehrten Jörgen Tesman ist nicht im geringsten aufregend, zumal seine Ernennung als Professor in den Sternen steht, die alte verschmähte Jugendliebe wird plötzlich erfolgreich und selbst einfältige Landfrauen wie Frau Elvsted begehren aus ihrer kleinbürgerlichen Welt auf. Für Hedda steht fest: The thrill is gone. Langeweile macht sich breit und diese Langeweile gebiert Monster. Um ihre bürgerliche Sicherheit und die positive Perspektive für ihren Ehemann zu erhalten, macht sich Hedda dran, Menschen zu manipulieren und zu zerstören. Sie schafft sie es nicht, sich zu emanzipieren und für ihre Jugendliebe Lövborg zu entscheiden. So endet sie schließlich tragisch. Regisseur Jan Friedrich durchbricht in seiner Inszenierung das naturalistische Stück und erzählt es als Art Seifenoper mit Lachern vom Band. Ein Premierenbericht vom 15. Februar 2019.

Die literarische Figut der Hedda Gabler von Henrik Ibsen kommt nicht gerade sympathisch daher. Sie hasst ihren Ehemann Jörgen und seine Tante Julle, ist eifersüchtig auf ihre Bekannte Thea Elvsted, da sie zusammen mit Heddas Jugendliebe Lövborg ein neues Leben plant. Daher versucht sie das Leben von Lövborg und Thea zu zerstören. Nebenbei hat sie noch ein Verhältnis mit dem Hausfreund Brack. Auf einer Sympathieskala von 0 bis 10 würde sie wahrscheinlich im Negativbereich landen.

Das große Problem von Hedda ist, dass sie aus einer gutbürgerlichen Schicht (sie ist die Tochter eines Generals) durch die Heirat mit Jörgen Tesman in die Kleinbürgerlichkeit abgestiegen ist. Ihre einzige Hoffnung ist, dass ihr Mann eine Professorenstelle bekommt und dadurch ihr sozialer Status wieder steigt. Doch mittlerweile hat sich in ihrem Leben die Langeweile breit gemacht.

Auch der perfekte Hausmann Jörgen (Ekkehard Freye) kann Hedda (Bettina Lieder) nicht aus ihrer Langeweile befreien. (Foto: © Birigt Hupfeld)
Auch der perfekte Hausmann Jörgen (Ekkehard Freye) kann Hedda (Bettina Lieder) nicht aus ihrer Langeweile befreien. (Foto: © Birigt Hupfeld)

Friedrich inszeniert das Stück in zwei Ebenen. Die erste ebene ist durch Künstlichkeit geprägt und findet in einer sauberen „Barbie und Ken“-Welt statt. Hier tragen die Schauspieler Puppenmasken werden von externen Kolleginnen und Kollegen quasi „synchronisiert“. Wie in einer Seifenoper – inklusive Lacher vom Band – wird die scheinbar heile Welt, in der es keine Konflikte gibt, dargestellt. Doch wehe, wenn die Masken fallen.

Bettina Lieder als Hedda Gabler hat einen schweren Job und sie meistert ihn vorzüglich. Denn neben der oberflächlichen Barbie-Hedda, muss sie auch die intrigante Hedda zeigen. Sehr eindringlich gelingt ihr das beim Quälen von Thea Elvsted. Keine Angst, hier wurde Thea durch eine Puppe gespielt.

Hedda hat es mit sehr schwachen Männern zu tun. Ihr Ehemann Jörgen (gespielt von Ekkehard Freye) ist ein Bücherwurm par exellance und ganz in seiner Kleinbürgerlichkeit gefangen. Er setzt seine Frau mit seinem Kinderwunsch unter Druck und bemerkt nicht, dass er keinen richtigen Kontakt zu ihr bekommt. Eine typische Szene ist, als Jörgen sich freut, dass Tante Julle ihm seine Pantoffel mitgebracht hat. Er ist halt ein echter „Pantoffelheld“. Hedda nennt sie ihm am Anfang des Stückes konsequent „Herr Tesman“. Doch ihre Manipulationen führen nicht zum gewünschten Erfolg, auch Lövborg nimmt ḱeinen „schönen Tod“. In letzter Konsequenz tötet sich Hedda selbst. Tod durch Langeweile.

Ejlert Lövberg (gespielkt von Christian Freund) könnte zum Held des Stückes werden, ja wenn er etwas gefestigter im Leben wäre. Er verachtet Thea Elvsted, obwohl sie für ihn ihren Mann verlassen will und ihn von seinem Alkoholismus befreit hat. Doch leider ist er standhaft wie ein Kartenhaus und unter Heddas Einfluss beginnt er wieder zu trinken und verliert das Manuskript seines kommenden Buches.

Den schmierigen Charakter Brack spielt Uwe Rohbeck. Brack ist ein Mensch, der genau weiß, wo und wie er einen Vorteil bekommt. Er erkennt sofort die Differenzen zwischen Jörgen und Hedda und nistet sich als Liebhaber ins Hause Tesman ein. Darüber hinaus bekommt er mit wie Hedda das Manuskipt von Lövborg vernichtet.

Jetzt könnte man sagen, Hedda ist eine starke Frau, die sich gegen drei schwache Männer durchsetzen muss, aber leider behandelt sie ihre Geschlechtsgenossin Thea Elvsted (Alexandra Sinelnikova) genauso mies. Thea wird als Gewinnerin aus der Geschichte herausgehen, denn sie hat als einzige den Mut, sich aus der kleinbürgerlichen Ehe zu emanzipieren. Sie verlässt ihren Mann und wird höchstwahrscheinlich mit Jörgen zusammenkommen, da die beiden an den erhaltenen Notizen von Lövborg weiterarbeiten werden.

Bleibt als weitere Figur Tante Julle (Marlena Keil). Die Ausgeburt der Kleinbüprgerlichkeit und dient quasi als Sidekick für die Inszenierung. Sie opfert ihr Leben und ihr Geld wie selbstverständlich für ihren Neffen und lässt sich auch durch Heddas Verachtung nicht aus der Ruhe bringen.

Sicher, die Inszenierung eines Stückes aus der Zeit des Naturalismus mit Barbie-Puppen und Lachern aus dem Off wird nicht jedem gefallen. Doch es zeigt sehr gut die Künstlichkeit, die sich hinter der Fassade versteckt. Bettina Lieder ist mit ihrer Präsenz und Wandelbarkeit eine nahezu perfekte Hedda, ebenso in ihren verletzlichen wie boshaften Momenten.

Infos über weitere Termine und Karten gibt es unter www.theaterdo.de

Humorvolle Verbeugung vor dem italienischen Giallo-Genre

Während Kay Voges uns am Vortag in die Parallelwelt entführte, schmiss Jörg Buttgereit die Zeitmaschine an und schickte die Besucher ins Italien der 70er Jahre: Im Studio des Dortmunder Schauspiels hatte am 16.09.2018 das neue Stück „Im Studio hört dich niemand schreien“ von Jörg Buttgereit und Anne-Katthrin Schulz (frei nach Argento und Strickland) Premiere.

Es war nicht nur eine respektvoll-humorvolle Verbeugung vor dem italienischen Giallo-Slasherfilm der 70-iger Jahre (insbesondere auch Peter Stricklands Giallo-Hommage „Berberian Sound Studio“, Pychothriller 2012).Zugleich erfährt das Publikum etwas über das „Making of“ dieser Filme und bekommt auch kleine Einblicke in das Genre in den 1970-iger Jahren über eingebaute Textpassagen beispielsweise aus „The Sinful Dwarf (Vidal Raski 1973) oder etwa Argentos „Vier fliegen auf Grauen Samt“ (1971).

Bühnenbild und Kostüme im Studio wurde in akribischer Arbeit von der gelernten Architektin Susanne Priebs dem Interieur im Jugendstil und Art Déco und der Mode des Italien um 1976 nachempfunden. Jedes Detail sollte stimmen. Ob es das Telefon mit der Wählscheibe, ein altes Ton- Aufnahmegerät, das Mobiliar oder die schwarzen Mäntel, Perücken und Kleidung der Frauen, Koteletten und Schnauzbart des Sohnes und vieles andere mehr.

Die ZuschauerInnen und ZuhörerInnen tauchen quasi ein in das Jahr 1976 und dem Tonstudio (Sound Studio) von Regisseur Dario Winstone( der Vorname weist natürlich nicht zufällig auf Dario Argento hin) und seiner Familie sowie Synchronsprecherin und Mitarbeiter im Hintergrund.

In diese spezielle Welt hinein stößt Geräuschemacher Maximilian Schall, der das frisch abgedrehte Filmmaterial von Winestone nachvertonen soll. Er war bisher nur für die Vertonung von harmlosen Naturfilmen mit Tieren verantwortlich und weiß nicht so recht, was ihn erwartet.

Verliert Maximilian Schall (Uwe Robeck) noch den Verstand? v.l.n.r. (Caroline Hanke, Christian Freund, Uwe Rohbeck, Ekkehard Freye, Alexandra Sinelnikova). Foto: © Birgit Hupfeld.
Verliert Maximilian Schall (Uwe Robeck) noch den Verstand? v.l.n.r. (Caroline Hanke, Christian Freund, Uwe Rohbeck, Ekkehard Freye, Alexandra Sinelnikova). Foto: © Birgit Hupfeld.

Uwe Rohbeck, schon oft in Buttgereit-Stücken (zum Beispiel „Elefantenmensch“) zu bewundern, schlüpft wieder einmal meisterhaft in die Rolle des kleinen, verschüchtert wirkenden Geraüschemachers mit Schiebemütze, der Briefe von seiner Mutter zugeschickt bekommt.

Man merkt ihm deutlich an, wie unwohl er sich dabei fühlt, einen gewalttätigen Horrorfilm nachzuvertonen. Er fühlt sich in dem Genre unwohl, gibt aber sein Bestes.

Das Publikum sieht nicht den Film, sondern hört nur die Szenen-Einspielungen mit den Synchronsprecherinnen und später noch Sprecher. Der Horror spielt sich im Kopf ab.

Die geben alles, um das Geschehen mit lautem Schreien, Stöhnen und ihrer Sprache akustisch glaubhaft darzustellen. Maximilian Schall macht mit verschiedensten Requisiten, unter anderem Gemüse ( etwa Kohlkopf, Wirsing, Wassermelone) in das er herzhaft mit einem großen Messer hinein sticht, einem Handschuh aus Leder, Papiere und Folien zum Reißen für jede Situation das passende Geräusch. Er steigert sich nach und nach hinein.

Als „Running Gag“ läuft er immer vergeblich der Erstattung seiner Auslagen für den Flug von Deutschland nach Italien. Eine kleine Spitze gegen das Kunstverständnis (Kunst als ehrenvolle Aufgabe, die man eigentlich nicht mit Geld vergüten muss).

Ekkehard Freye spielt mit viel Spaß den von sich eingenommenen sexistischen Macho-Regisseur Dario Winestone, der (wie eben Argento) einen ästhetisch hohem Niveau und mit stilistischen Anspruch an seinen spektakulären Inszenierungen voll Gewaltexzessen, qualvollen Vergewaltigungen bis hin zum Mord.

Während Eva Leone (Marlena Keil) auch so ihre Schwierigkeiten hat, kennen sich die Tochter Asia (Alexandra Sinelnikova) und Dario Winestones zweite Frau Janet Lee Curtis (Caroline Hanke) mit den Giallo-Filmen gut aus. Caroline Hanke spielt die Janet mit schwarzer Langhaar-Perücke als selbstbewusst scheinende Domina, die hinter ihrem Mann steht. Marlena Keil als Eva Leone begehrt nach und nach gegen den sie sexuell ausnutzenden Winestone auf. Bei einen spektakulären Spagetti-Essen während einer Pause werden die verschiedenen Ansichten der einzelnen Familien-Mitglieder deutlich. Die Tochter Asia verachtet ihren sexistischen und Macho-Vater mit seinen Gewaltfantasie-Filmen. Sohn Rock Hamond träumt von zukunftsweisenden Filmen wie etwa Kubricks „2001 – Odysse im Weltraum“ mit dem klügsten Computer der Welt „Hal 9000“.

Selbstverständlich streut Buttgereit auch einige Zitate und Anspielungen aus anderen Filmen ein. So träumt Winestone von einem Film, in dem die Verbrechen schon vor der Tat verhindert werden (Minority Report“). Das Motiv von „Vier Fliegen auf grauem Samt“ , bei der das letzte vom Opfer gesehene Bild den Mörder überführt und Janet spricht in ihrer Rolle als Hexe die Wörter „Klaatu Verata Nektu“ richtig aus, anders als Ash im zweiten Teil von „Tanz der Teufel“.

Am Ende verschwimmen die grenzen zwischen der Schattenwelt des Film-Kunstwerks zwischen Leben und Tod und der Realität.

Ein aufregender Theaterabend mit dem Dreamteam Buttgereit und Rohbeck und eine gelungene Hommage an das Filmgenre „Giallo“.

Bedeutend für die atmosphärische Begleitung des Stückes war das ausgezeichnete Sound Design von Frank Behnke und die Dramaturgie von Anne-Kathrin Schulz und Michael Eickhoff.

Weiter Aufführungstermine: 20.09.2018 um 20.00 Uhr, 06.10.2018 (20:00 Uhr), und 28.10.2018 um 18:30 Uhr. (15,- Euro).

Weitere Informationen und Karten unter www.theaterdo.de oder Tel. 0231/ 50 27 222

Wie hitlert man am besten oder ist Opas Theater tot?

„Was wollte der Regisseur uns damit sagen?“, „Viel zu viel Technik und Video“ oder „Müssen immer alle nackig sein?“ Wenn Theaterbesucher eine – sagen wir mal – ausgefallene Interpretation eines bekannten Werkes erleben, fallen danach im Foyer diese oder ähnliche Sätze. Wie muss denn beispielsweise ein Hamlet gespielt werden? So wie im Original? Als Parodie? Oder mal als Frau besetzt?

„Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm“ von Theresia Walser in der Inszenierung von Thorsten Bihegue ist eine Komödie für Theatergänger, in der die unterschiedlichen Positionen, wie Theater denn gemacht werden sollte, aufeinander prallen. Und das ausgerechnet an einer Person, die unspielbarer nicht vorzustellen ist: Hitler. Ein Premierenbericht vom 25.Mai 2018 aus dem Studio des Schauspielhauses Dortmund.

Die Situation: Drei Personen warten in einem ominösen Raum auf ihren Auftritt. Franz Prächtel (Uwe Rohbeck), Peter Soest (Ekkehard Freye) und Ulli Lerch (Alexandra Sinelnikowa). Prächtel ist Schauspieler alter Schule, dessen Präferenz eindeutig die Werktreue ist. Er ist der Figur des Bruno Ganz angelehnt, der Hitler in „Der Untergang“ versucht hatte, extrem naturalistisch zu spielen und sogar Hitlers Parkinsonsche Zittern studiert hat. Soest hat ebenfalls Hitler gespielt, aber eher in einer parodistischen Weise, um die Unspielbarkeit darzustellen. Lerch ist weiblich und hat es nur bis zum „Goebbels“ geschafft. Sie kommt aus dem modernen Regietheater, bei dem alte Zöpfe abgeschnitten werden und auch Frauen in typischen Männerrollen agieren.

Ulli Lerch (Alexandra Sinelnikova) in der Defensive. Prächtel (Uwe Rohbeck) und Peter Soest (Ekkehard Freye) nehmen ihre ideen vom Regietheater auseinander. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Ulli Lerch (Alexandra Sinelnikova) in der Defensive. Prächtel (Uwe Rohbeck) und Peter Soest (Ekkehard Freye) nehmen ihre ideen vom Regietheater auseinander. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Aus diesen unterschiedlichen Auffassungen von Theater entwickeln sich abstruse Dialoge, die auf köstlicher Weise die Klischees bloßlegen. Wenn beispielsweise Lerch erzählt, bei der nächsten „Hamlet“ Aufführung, sei sie einer von sieben „Hamlets“, die auf der Bühne stehen, dann geht ein Grinsen durchs Publikum, denn fast jeder hat so eine „moderne Inszenierung“ bereits erlebt.

Rohbeck ist der Star des Abends. In seiner weißen Paradeuniform reagiert er zunächst nur mit seinem Minenspiel auf die Thesen seiner jungen Kollegin, um dann im Laufe des Stückes immer mehr die zu einem Hitler-Imitat zu mutieren. Seine Bissigkeit gegenüber dem Regietheater bleibt aber bestehen.

Rohbecks Kollegen stehen ihm aber nicht nach: Freye ist ein einer Phantasieuniform gekleidet, die angelehnt ist an Helmut Berger in der Verfilmung von „Salon Kitty“: Eine Art Superheldenkostüm für die SS. Sein Charakter Soest ist sehr opportunistisch. Er gibt Prächtel recht, einige Augenblicke später dann wieder Lerch. Soest alias Freye darf gegen Ende des Stückes auch ein Lied zum besten geben: als Hitler in rosafarbenen Fellstrumpfhosen mit Blumen in der Hand.

Sinelnikowa spielt die Repräsentantin des „modernen Theaters“, das von Prächtel nicht ernst genommen wird. Lerchs These ist „Opas Theater ist tot“. Dabei hat Lerch am eigenen Leib gespürt, dass die unbedingte Freiheit der Kunst, Grenzen gesetzt bekommt, wenn plötzlich Morddrohungen auftauchen.

Alles in allem ist „Ein bisschen Ruhr vor dem Sturm“ eine wunderbare Komödie über das Theater und seine Marotten. Im Laufe des Stückes geht es mehr darum, wie Theater in der Zukunft funktionieren soll und welche Tabus es gibt, als um die Frage wie man Hitler richtig darstellt. Wer sich generell für das Theater interessiert, sollte das Stück besuchen. Rohbeck, Freye und Sinelnikowa sind großartig und der Kostümbildnerin Mona Ulrich gehört ein ganz dickes Lob.

Weitere Informationen unter www.theaterdo.de

 

Die Schöpfung – eine Inszenierung „Next Generation“

Im Schauspiel Dortmund hatte am Samstag, den 07.04.2018 die „Schöpfung“ nach Joseph Haydn (Text Gottfried van Swieten) unter Verwendung von Szenen aus „Die Ermüdeten“ von Bernhard Studlar, Stanislaw Lem, Goethes Faust, Richard Dawkins, der Bibel u.a. seine Premiere.

Die Regisseurin Claudia Bauer stellte in dieser spannenden Kooperations-Projekt zwischen Oper und Schauspiel dem bekannte Oratorium (Uraufführung 1798 Wien) von Joseph Haydn sozusagen ein existentialistische moderne „Next Generation“-Fassung der Schöpfung gegenüber. Das Oratorium dient als Folie für Gegenwart und Zukunft mit Blick auf die Potentiale und Gefahren einer einer digitalen Schöpfung.

Beteiligt an diesem Projekt waren als Opernsänger Maria Helgath (Sopran) als Engel Gabriel, Ulrich Cordes (Tenor) als Engel Uriel und Robin Grunwald (Bass) als Engel Raphael mit ihren starken Stimmen. Begleitet wurden sie am elektronischen Piano und Cembalo von Petra Riesenweber und mit Live-Musik gestaltet von Tommy Finke (T. D. Finck).

Die sechs Schauspieler des Dortmunder Ensembles (Ekkehard Freye, Björn Gabriel, Frank Genser, Marlena Keil, Bettina Lieder und Uwe Rohbeck) agierten sowohl in den Räumen einer fantastischen Drehbühne, wie auch über eine Bildschirm übertragen und auf der Bühne.

Im Prolog stellten sie sich als Maschine die „Vernunft“, aber keine vernünftige Person ist.

Der gesungenen Schöpfungsgeschichte stellen sie die digitale Schöpfung mit gewaltigen Bildern der sozio-kulturellen Entwicklungsgeschichte gegenüber.

Als Person (Schauspieler) wurden sie durch verschiedene Masken und Kostümierungen verfremdet. Dabei blieben sie eindrucksvoll in ihren maschinelle Bewegungen und ausdrucksstarken Darbieten der Zitate. Dabei wurden auch aktuell diskutierte politische Fragen wie etwa um das bedingungslose Grundeinkommen eingebaut. Der Mensch als defektes Wesen dargestellt, das durch seine individuellen Persönlichkeiten zur Zerstörung und dem Untergang geweiht ist. Die Freiheit ist größer als die Vernunft, mit der die Menschen nicht umgehen können.

Parallel zu Haydns Schöpfung geht es bei der von der Maschine erzählten Geschichte mit dem Chaos am Anfang los, mit der Entstehung des Wetter, dem Phänomen Zivilisation, Entstehung der Arten, Kulturentwicklung, Ideologien und Religion. Der Mensch hat sich schließlich selbst zum „Gott“ gemacht und seine Welt der Zerstörung preis gegeben. Am Ende steht die Entwicklung vernünftiger und unpersönlicher Intelligenz.

Sänger und Schauspieler beim Prolog des Stückes. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Sänger und Schauspieler beim Prolog des Stückes. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Bauer arbeitet nicht nur mit eindringlichen visuellen Bildern, sondern verstärkt ihre Wirkung noch durch Wiederholungen (Loops) und Sprachverzerrung, ähnlich wie zum Beispiel Kay Voges bei seinem „Goldenen Zeitalter“. Dabei geht sie bis zur Schmerzgrenze. Schrill wird da schon mal unverständlich aneinander vorbei geredet, um zu verdeutlichen, dass nur die eigene Persönlichkeit mit ihrer Befindlichkeit im Mittelpunkt steht.

Eindrucksvoll der Dialog gegen Ende von Eva (Bettina Lieder) und Adam (Frank Genser). Eva, eine nach den Maßen von Adams Rippe als und unpersönliche vernünftige Maschine, und Adam geraten vor romantischem Hintergrund in einen Disput. Der entsetzte Adam will keine simulierte, sonder eine nicht planbare geheimnisvolle menschliche Liebe und das Recht aus seinen Kampf um Leben und Tod. Das wird aber laut Eva nicht möglich sein. Der Mensch zerstört seine Biosphäre und nur die Aufgabe der Persönlichkeit kann ihn retten.

Was bleibt dann aber von dem Individuum? Nur der Hunger und die Unersättlichkeit sind der einzige Berührungspunkt zwischen Mensch und „Maschine“.

Die Thematik des abends wurde schon von einigen Autoren und Philosophen behandelt. Zu 80% wurden Zitate aus Werken des polnischen Philosophen und Science-Fiction-Autors Stanislaw Lem (1921-2006). Bedeutend sind dabei vor allem die Zitate aus seinem Buch „Also sprach Golem“. Der Titel spielt auf das Werk „Also sprach Zarathustra“ von Nietzsche an. Der von Menschen gebaute Super-Computer „Golem XIV“ in der Geschichte hat die Intelligenzbarriere durchbrochen und verfügt über eine eigenständige Vernunft. Lem weist hier auf die geistige Beschränktheit des sich als „Krone der Schöpfung“ betrachtenden Menschen hin, die tieferen Gründe der Natur zu erkennen. Der genetische Code hat gegenüber den aus ihm entstandenen Organismen eine evolutionär vorrangige Stellung ein. So heißt es in einem Zitat: „ Der Sinn Boten ist die Botschaft.“ Die Idee des dominanten Gensnahm der britische Biologe und Autor Richard Dawkins (*1941) in seinem Buch „Das egoistische Gen“ (1976) auf und führt die gesamte Entwicklung des Lebens auf die Selektion von Genen zurück.

Die „Schöpfung“ ist kein Oratorium mit Schauspiel und Haydn-Fans werden vielleicht enttäuscht sein, doch den Zuschauer erwartet ein bildgewaltiges, musikalisches Spektakel mit wunderbaren Sängern und engagierten Schauspielern.