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Schimmelpfennigs „Das Reich der Tiere“ mit persönlicher Brisanz

Mit der Premiere von „Das Reich der Tiere“ (Roland Schimmelpfennig, * 1967 Göttingen) unter der Regie von Thosten Bihegue startete das Schauspiel Dortmund am 05.10.2019 in die neue Spielzeit 2019/20. Um es vorweg zu nehmen. Ja, die bissig-ironische Komödie „Das Reich der Tiere“ bekam natürlich durch den anstehenden Wechsel der Intendanz im Schauspiel ab der nächsten Spielzeit auch eine persönliche Note.

Das Schauspielmilieu mit seinen besonderen Gesetzen und Unsicherheiten für die Ensemble- Mitgliedern steht ja im Mittelpunkt dieser Parabel. Enthalten ist zudem eine viel weitergehende gesellschaftliche Kritik und Offenlegung der Mechanismen des kapitalistischen Systems.

Im Stück führen sechs Schauspielerinnen und Schauspieler seit sechs Jahren ein Tier-Musical auf.

Als Löwe (Christian Freund), Zebra (Ekkehard Freye), Ginsterkatze (Marlena Keil), Marabu (Frank Genser), Schildkröte (Bettina Lieder) und elegante Antilope (Alexandra Sinelnikova) erzählen sie vom Reich der Tiere. Hier regiert zunächst das Zebra, bis ihm der Löwe den Platz als Herrscher streitig macht. Beide müssen sich in brenzliger Situation vor einem Brannd und gegen das gefährliche Krokodil helfen und zusammenhalten. Aber hält der Friede lange an?

Nun soll das Stück abgesetzt werden, etwas Neues soll her. Die Unsicherheit, Neid und Missgunst, Vermutungen, eigene Träume und ganz persönliche Ängste machen sich unter den SchauspielerInnen breit. Jeder versucht, seine Chancen auszuloten und kämpft für sich. Bitter dabei ist, alle sind durch ihre langjährige Tierrolle zu namenlosen Darstellern degradiert, und keiner kennt sie wirklich als Person.

Solidarität oder Alle gegen Alle. Und die Frage: Lässt sich das Darstellerprekariat auf jeden Job ein? "Das Reich der Tiere" mit u.a.  Christian Freund, Alexandra Sinelnikova, Marlena Keil und Frank Genser. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Darstellerprekariat auf jeden Job ein? „Das Reich der Tiere“ mit u.a. Christian Freund, Alexandra Sinelnikova, Marlena Keil und Frank Genser. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Das Zebra, Schauspieler Frankie, versucht in seiner Wohnung Informationen zum neue Stück „Garten der Dinge“ von der Regisseurin (wunderbar gespielt von Bettina Lieder) zu bekommen und Vorteile für sich erlangen, indem er zur Lesung zu diesem Stück geht. Doch das geht schief. Ernüchtert spielt er später sogar in einem Werbespot mit

Obwohl eigentlich niemand (vor allem die Ginsterkatze) bei dem „Garten der Dinge“ mitmachen will, lassen sich am Ende als entpersönlichte „Dinge“ wie etwa eine Ketchupflasche, Toaster, Pfeffermühle oder Spiegelei in diesem surrealen Stück einsetzen.

Die Inszenierung stellte das Ensemble neben der schauspielerischen auch wieder einmal vor physische Herausforderungen. Choreografien und musikalische Anforderungen, ob punkig-rockig oder leiser, wurden von ihnen gemeistert. Das dieses Ensemble auch musikalische Qualitäten hat , bewies es ja schon öfter. Die verschiedenen Charaktere (Symbolhaft bei den Tieren) wurden mit großer Intensität und Körperlichkeit für die ZuschauerInnen auf die Bühne gebracht.

Künstliche Kakteen und andere Requisiten sorgten auf der Bühne für den passenden Hintergrund. Auf einer erhöhten Plattform spielen Serge Corteyn und Manuel Loos Live-Musik zur atmosphärischen Begleitung des Abends.

Die Kostüme waren sehr fantasievoll von Theresa Mielich gestaltet.

Ein komödiantisch-ironischer Theaterabend, der das Publikum trotz des ernsten gesellschaftlichen Hintergrund zum lachen brachte.

Wäre es doch besser für uns und die Gesellschaft allgemein, sich nicht spalten und gegeneinander ausspielen zu lassen. Wären Zusammenhalt und Solidarität gegen das „Krokodil“ eine Möglichkeit?

Informationen über weitere Aufführungstermin erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.. 0231/ 50 27 222.

Der Kampf um einen neuen Vertrag

Schauspieler und Profifußballer haben eine Gemeinsamkeit: Sie haben nur befristete Verträge und irgendwann stehen Vertragsverlängerungen an oder der Trainer resp. Intendant wechselt. Es bleibt die bange Frage: Was wird aus mir? Werde ich übernommen oder muss ich mir ein neues Theater oder einen neuen Verein suchen? Tatsächlich steht ja dem Schauspielhaus Dortmund mit der Spielzeit 20/21 ein Wechsel der Intendanz bevor. Daher hat die Komödie „Das Reich der Tiere“ durchaus eine aktuelle Komponente. Die Premiere im Schauspielhaus ist am 05. Oktober 2019 um 19:30 Uhr.

Zum Stück: Fünf Schauspielerinnen und Schauspieler führen seit sechs Jahren ein Tier-Musical auf. Als Löwe, Zebra oder Antilope erzählen sie vom Reich der Tiere. Hier regiert zunächst das Zebra, bis ihm der Löwe die Herrscherposition streitig macht. Trotz aller Zwistigkeiten: Das Zebra rettet den Löwen über den Fluss und der Löwe erschlägt das tödliche Krokodil.

Bei "Das Reich der Tiere" mit von der Partei: (v.l.n.r.) Ekkehard Freye, Marlena Keil, Alexandra Sinelnikova, Frank Genser und Christian Freund. (Foto: ©Birgit Hupfeld)
Bei „Das Reich der Tiere“ mit von der Partei: (v.l.n.r.) Ekkehard Freye, Marlena Keil, Alexandra Sinelnikova, Frank Genser und Christian Freund. (Foto: ©Birgit Hupfeld)

Doch nun soll das Stück abgesetzt werden und etwas Neues soll her. Unsicherheit macht sich unter den Fünfen breit. Wer wird übernommen, wer muss gehen? Niemand weiß etwas genaues über den Nachfolger „Im Garten der Dinge“ und die neue Regisseurin. Sind eigene Projekte vielleicht die Rettung?

Im zweiten Akt verwandelt sich das Stück in eine Boulevardkomödie, denn dem Zebra ist es gelungen, die Regisseurin in seine Wohnung zu locken, um Informationen zum neuen Stück zu bekommen. Doch das geht schief.

Der dritte Akt zeigt Proben zum „Garten der Dinge“ bei der die Schauspielerinnen und Schauspieler nur Gegenstände wie beispielsweise einen Toaster in einem surrealen Stück zu spielen haben. Dennoch machen alle wieder mit.

Regisseur Thorsten Bihegue dazu: „Das Stück ist eine Analogie zu einer Arbeitswelt, in der jeder gegen jeden kämpft.“ Es herrschen Neid und Missgunst, aber die schlechten Arbeitsbedingungen werden letztlich doch akzeptiert werden. Obwohl das Stück „Der Garten der Dinge“ der gemeinsame Feind ist.

Schlimm wird es dadurch, dass die Schauspieler in ihrem Musical komplett in ihren Kostümen sind. Das heißt, niemand weiß, wer sie in Wirklichkeit sind und wie sie aussehen. Sie sind als Darstellerproletariat quasi unsichtbar.

Mit dabei sind zwei Live-Musiker: Manuel Loos am Schlagzeug und Serge Corteyn an der Gitarre und Bass. Sie sind quasi die Show-band des Tier-Musicals. Es spielen Ekkehard Freye, Christian Freund, Frank Genser, Marlena Keil, Bettina Lieder und Alexandra Sinelnikova.

Mehr Informationen unter www.theaterdo.de