Schlagwort-Archive: Alexander Darkow

Der Ring des Nibelungen – alle gegen Wotan

Tja, er hat es halt verkackt, der gute Wotan. Dabei hat er doch nur das Beste gewollt. Aber wie heißt es doch so schön: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Dafür bekommt er nun Feuer von allen Seiten. Alberich, Fricka, Brünnhilde, die Kinder der Riesen: Alle haben ein Hühnchen mit Wotan zu rupfen. Denn es ist schon peinlich für einen Gott der Verträge, wenn man sich selbst nicht an Abmachungen hält.

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Humorvoll-absurdes Theater ums „Über Leben“

Im Studio des Schauspiel Dortmund hatte am 25.11.2022 das Stück „ÜBER LEBEN“ (von Annalena und Konstantin Küspert) unter der Regie von Ruven Bircks seine Premiere. Dem Regisseur interessieren hier die Wendepunkte, Grenzerfahrungen durch verschiedene Krisen und was dann mit der Gesellschaft passiert. Die wichtige frage stellt sich. Wie wird die Menschheit erinnert und oder überdauert werden?

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Verlorene Jugend – Die Bakchen im Schauspielhaus

Wenn es einen Verlierer in der Dauerkrise gibt, dann sind es die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Neben Corona-Krise und Ukraine-Krieg existiert weiterhin der Klimawandel und seine Folgen. Gerade die Beschränkungen wegen Corona haben die Jugendlichen stark getroffen. Keine Partys, keine Diskothekenbesuche, Isolation statt mit Kommiliton*innen abhängen. Die Zäsur war gravierend. Und jetzt? In der Ukraine herrscht brutaler Krieg und täglich sterben Menschen, der Klimawandel zeigt immer schneller sein hässliches Gesicht, da bleibt nicht viel Fröhliches?

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Lasst uns tanzen

Niemand konnte ahnen, dass nach der – vermeintlich überstandenen – Corona-Pandemie der Krieg in der Ukraine ausbrach. Die Zeiten für Ekstase scheinen wieder in weiter Ferne gerückt. Doch Tanzen ist für den Menschen eine wichtige Erfahrung. Der Dancefloor wird zu dem Ort, an dem wir gemeinsam Schweiß verlieren. Ein Premierenbericht von „Und ihr wollt tanzen, also tanzt“ vom 03. März 2022.

Der Abend begann intensiv. Vier Tanzende, Alexander Darkow, Marie Popall, Antje Prust (auch Regie) und Mervan Ürkmez tobten sich auf dem Dancefloor zu einem treibenden Techno-Beat auf. Die große Bühne wurde so zu einem Club und die Zuschauer standen am Rand. Doch nicht lange, die vier versuchten die Anwesenden zu animieren, sich zu beteiligen. Mitgetanzt wurde aber sehr wenig. Anscheinend war die Bereitschaft aus sich herauszugehen noch nicht sehr groß oder die feierliche Atmosphäre einer Premiere war hinderlich.

Tanzen besitzt auch etwas mythisches: Mervan Ürkmez, Alexander Darkow, Marie Popall und Antje Prust (Foto: © Florian Dürkopp)
Tanzen besitzt auch etwas mythisches: Mervan Ürkmez, Alexander Darkow, Marie Popall und Antje Prust (Foto: © Florian Dürkopp)

Zu einer exzessiven Feierkultur gehörte in der Vergangenheit auch ein ordentlicher Rave. So machten sich die TänzerInnen mitsamt den Besuchern zu einem kleinen Umzug auf. Vom Hintereingang der Bühne zum Vorplatz, ein paarmal um die drei Kugeln und dann wieder zurück. Doch nicht ohne ein besonderes Zeichen zu bekommen, wie man es aus Diskothekenbesuchen kennt: Den Stempel, damit belegt wird, dass man bezahlt hat. Doch dieses Mal gab es statt eines Stempels aus Tinte ein temporäres Tattoo.

Der Rückweg weckte Erinnerungen. Ein Türsteher, eine lange, enge Treppe in den Keller, Jacke abgeben und wieder zurück auf die Tanzfläche. Am Ende des Abends stand ein Sandwichmaker.

Das Stück verfügt über den gewissen Charme einer Aufführung der freien Szene, die vier Spielenden versuchten auch sehr engagiert, die Besucherinnen und Besucher zu animieren. Vielleicht hätte die Idee eines Clubbesuchs weiter intensiviert werden sollen, die Bilder am Anfang waren nicht so eindeutig.

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Die Clubs dürfen ab dem 04.03.22 wieder öffnen. Von daher: Und ihr wollt tanzen, also tanzt.

Aufstieg möglich oder Türe zu – La Chemise Lacoste

Schlechte Chancen für Arbeiterkinder, die Aufstiegschancen hängen in Deutschland immer noch stark von Bildungsstand der Eltern ab, schreibt die Zeit am 02.04.2020, die Wirtschaftswoche bläst am 31.05.2021 ins gleiche Horn: Arbeiterkinder werden ausgebremst. Und selbst wenn man es schafft, die Leiter hochzuklettern, wird man akzeptiert? Im Stück „La Chemise Lacoste“ (Das Lacoste-Hemd) von Anne Lepper ist von Akzeptanz nichts zu spüren. Die Inszenierung von Dennis Duszczak beschreibt den Versuch eines Aufstiegs. Die Premiere war am 19. September 2021 im Studio des Schauspielhauses.

Der Inhalt in aller Kürze: Der erste Teil des Stückes: Felix wurde vom Staats auserwählt, er darf die Ärmlichkeit seiner Familie und seiner Umgebung verlassen und als Balljunge beim Tennis mitmachen. Doch die arrivierten Balljungen Philipp und Toby sind nicht seine Freunde. Im zweiten Teil feiert Tennis-Star Sebastian eine Party, dafür hat er mit Kay eine Frau an seiner Seite. Doch erfüllt sie auch die Erwartungen der anderen Gäste?

Sarah Yawa Quarshie als Balljunge und Anton Andreew als Felix. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Sarah Yawa Quarshie als Balljunge und Anton Andreew als Felix. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Gleich zu Beginn ein schöner Kniff von Duszczak: Auf der Bühne ist ein drehbarer großer Kasten, der sich erst einmal zu einer Puppenbühne verwandelt: Felix und seine Familie, dargestellt von fünf gleich aussehenden Puppen freuen sich über seine Aufstiegsmöglichkeiten mit fast schon biblischen Worten: „Der eine, der gerettet wird“. Wie bei Jakob und seine Brüder.

Doch wird Felix mit seiner Sprache und seiner Kleidung in den oberen Kreisen akzeptiert? Jedenfalls – jetzt sind die echten Schauspieler an der Reihe – die beiden Balljungen Toby und Philipp (Alexander Darkow und Sarah Yawa Quarshie) machen sich erst einmal über Felix (Anton Andreew) lustig und lassen ihn deutlich spüren, dass er nicht dazugehört. „Es geht etwas Dumpfes von dir aus“, sagen sie zu ihm. „Jemand der von unten kommt, soll auch unten bleiben“. Erst durch totale Anpassung erreicht Felix, sein altes Leben zu verleugnen und erhält auch die gleiche Kleidung von Toby und Philipp.

Der zweite Teil thematisiert den Aufstieg von Frauen über einen erfolgreichen Partner. Hier ist es Tennis-Star Sebastian (Darkow), der das Mädchen Kay (Lola Fuchs) zu seiner Begleitung erkoren hat. Sind die Gäste zunächst von Kay noch angetan „Es muss schön sein, einen Menschen aus dem Dreck zu holen“, werden sie immer aggressiver.

Das Stück ist fetzig inszeniert, es fängt mit Punk-Rock an und bleibt auch sonst sehr musikalisch. Der große Kasten auf der Bühne (Bühnenbild und Kostüme Thilo Ullrich) dreht sich und auch sonst sind die Akteure in Bewegung (was sich für ein Stück, in dem Tennis eine Rolle spielt, nichts Ungewöhnliches sein muss).

Letztendlich zeigt das Stück wie schwer bis unmöglich es für Menschen „von unten“ ist, sich nach oben zu arbeiten. Sprache, Kleidung, Verhalten, die Unkenntnis über gewisse Regeln, alles lässt sie auffliegen. Selbstverleugnung scheint die einzige Möglichkeit zu sein, akzeptiert zu werden. Doch wie hoch ist der Preis.

Wer ein Stück sehen will, das leider immer noch aktuell ist, sollte sich „La Chemise Lacoste“ unbedingt anschauen. Mehr Informationen unter https://www.theaterdo.de/produktionen/detail/la-chemise-lacoste/.