Ein Sprechchor-Stück zu Homosexualität im Fußball

Der Dortmunder Sprechchor (mit Fug und Recht das 17. Ensemblemitglied des hiesigen Schauspiels), hat sich in diesem Jahr mit dem Stück „Echte Liebe“ von Regisseurin Laura N. Junghanns und dem Dramaturgen Matthias Seier ein immer noch tabuisiertes Thema ausgewählt. Selbst Jahre nach dem Outing von Thomas Hitzelsberger am Karriereende ist das Bekenntnis zur Homosexualität in diesem „Sport für echte Kerle“ für aktive Fußball-Profis immer noch so gut wie unmöglich. Zu viele Ängste vor der Reaktion der Fans sowie die Furcht vor dem Karriereende machen ein Outing schwierig. Das Stück „Echte Liebe“, ein eng mit dem BVB verbundener Begriffskonstrukt, setzt sich mit diesem immer noch tabuisierten Thema komplex auseinander. Die Premiere war am 29.03.2019 im Studio des Dortmunder Schauspiels.

Auf der Bühne wurden drei Torbögen multifunktional genutzt. Hinter einander gestellt dienten sie zum Beispiel als Eingangtunnel für die Beteiligten. Der Raum auf der Bühne war voll gefüllt mit den 54 beteiligten Sprechchor-Mitgliedern. Diese tragen alle in gelb-schwarz gehaltene Kleidung und Accessoires, die ab je nach Gruppenzugehörigkeit fantasievoll in einzelnen Merkmalen verändert wurden. Die Frauen und Männer des Sprechchors waren nicht nur in ständiger Bewegung und in unterschiedliche Konstellationen auf der Bühne, sie mussten auch ein glaubwürdiges „Sprachrohr“ für die verschiedenen Gruppen und Positionen darstellen.

Einen besonderen Status hatte in „Echte Liebe“ die mit einer Schutzmaske versteckte und allein dastehende Darstellerin des „Anonymen Profis“ aus der dritten Liga (die Quelle war die Internet-Plattform Reddit). Die Texte stammten aber aus mehreren anonymen Quellen homosexueller Fußballern. Sie verdeutlichten die schwierige Situation und das Leiden an der Verheimlichung dieser Personen.

So muss sich ein aktiver homosexueller Fußballer führen - allein im Scheinwerferlicht und um ihn herum die große anonyme Masse. (Foto: Birgit Hupfeld)
So muss sich ein aktiver homosexueller Fußballer führen – allein im Scheinwerferlicht und um ihn herum die große anonyme Masse. (Foto: Birgit Hupfeld)

Eine große Gruppe stellten diejenigen Fans und Lokalpatrioten dar, welche sich nach den „alten Zeiten“ sehnen, wo der Signal Iduna Park noch Westfalenstadion hieß, Fußball noch ein echter Männersport, das Bier noch billiger und die Kommerzialisierung noch nicht so weit fortgeschritten war. Für sie ist Fußball eine Religion und ein Mittel, Frust sowie Druck auf Kosten von Minderheiten abzulassen. Auch die möglichen eigenen homosexuellen Anteil machen sicher einigen Ängste.

Eine mahnende Rolle spielte die Gruppe der sogenannten „Sprecher gegen den Hass“ als Gegenpol. Grundlage bildeten bei ihnen die Texte aus dem Buch „Gegen den Hass“ von der Autorin und Publizistin Carolin Emcke (Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels 2016).

Wie weit verbreitet (verdeckte) Homophobie im Zirkel des Fußballs immer noch ist, zeigen mit dem Beamer kenntlich gemachte, und von Gruppen des Sprechchors gesprochene Zitate von bekannten Größen in dem Geschäft. Dabei waren Aussagen von ehemalige Verteidiger Paul Steiner vom 1.FC Köln, Ulli Hoeneß, Christoph Daum, Oliver Bierhoff und andere wie auch ein internationaler Schauspieler. Für den „Running Gag“ sorgte die Gruppe der „DFB-Anzugträger“, die immer wieder auf ihre „Broschüre“ hinwiesen. Sich am Spielzeitende zu outen, wäre zum Beispiel am günstigsten. Bis zur neuen Saison würde dann Gras über „die Sache“ wachsen.

Atmosphärisch begleitet wurde das Stück mit eingespielten Originaltönen aus dem Stadion. Symbolisch als assoziative Farbe für Homosexualität war eine riesige rosa Schiri-Pfeife auf der Bühne mit dabei und es wurde am Ende ein rosa Teppich ausgerollt.

Gesungen wurde dabei von einer Gruppe das bekannte „You’ll never walk alone“. Das „alone“ wurde zum Schluss vielfach wiederholt. Der „anonyme Profi“ verlässt isoliert langsam die Bühne.

Wer sich fragt, warum sich nicht Profi-Fußballer während ihrer Karriere outen, das eindrucksvolle Ende gab die Antwort. Der Sprechchor bildete eine große anonyme Masse, die im besten Sprech der AfD und der religiösen Extremisten ihre letzte „Männerbastion“ vor dem Sprung ins 21. Jahrhundert verhindern wollen. Für sie ist die Diskussion um homosexuelle Fußballer nur „eine perfide Homo-Propaganda der Perversen-Lobby“. Doch hier kommt auch ein kleiner Kritikpunkt an dem Stück: Nicht alle, die sich gegen den „modernen Fußball“ mit seiner Eventisierung stellen, sind Homophob. Es gibt sicher genügend Kritikpunkte an DFB, UEFA und FIFA, die mehrere Abende füllen könnten. Das Stück ist sicher ein guter Ansatzpunkt, sich weiter mit der Thematik zu befassen.

Weitere Aufführungstermin sind: 06.04.2019 und 20.04.2019 um 20:00 Uhr, am 02.06.2019 um 18:30 Uhr und am 05.07.2019 um 20.00 Uhr.

Weitere Informationen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel. : 0231/ 50 27 222

Kooperation zwischen FABIDO Familienzentrum und KJT Dortmund

Das Kinder- und Jugendtheater Dortmund (KJT) und das FABIDO Familienzentrum am Ostpark präsentierten mit „Der Morgengesang“ am 22.03.2019 das Ergebnis ihrer seit der Spielzeit 2018/2019 besiegelten Kooperation. Sechzehn Kinder im Alter von 5–6 Jahren studierten die kleine Theateraufführung unter der Leitung der Kulturpädagogin des KJT Manuela Wenz innerhalb einer Woche ein. Sie schlüpften mit viel Spaß und Engagement in die Rollen von Vögeln und Fledermäusen und singen um die Wette, um die Sonne zu wecken. Anfangs gibt es noch ein Gerangel darum, wer es schafft, die Sonne heraus zu locken. Später arbeitet man gemeinsam an der Aufgabe.

Die Kinder und ihre drei (erwachsenen) Helferinnen spielten nicht nur mit Freude, sondern malten und bastelten auch an den Vögeln, die an einem Baum an einem Vorhang gehängt wurden. Geräusche und Naturklänge spielten natürlich eine wesentliche Rolle.

Nacht und Sonnenaufgang wurden mit der Hilfe von herunter und hoch gelassenen Rollos simuliert. Immer wenn die Sonne zum Vorschein kam, erklang die Titelmusik von „Vom Winde verweht“.

Sie alle vermittelten die Spielfreude auf das Publikum, ob bei den stolzen Eltern oder der anwesenden Kindergruppe.

Finanziert wurde Kooperation nach einem Ratsbeschluss vom 07.07.2016 aus Geldern der Kapitalrücklagen des Streikes der beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst. Verwendet sollten diese für qualitätsunterstützende Maßnahmen in den FABIDO Kindertageseinrichtungen.

Die Kinder und die erwachsenen Helferinnen hatten viel Spaß beim "Morgengesang".
Die Kinder und die erwachsenen Helferinnen hatten viel Spaß beim „Morgengesang“.

Konkret gefördert werden damit Projekte und Maßnahmen für die Kinder im musisch-ästhetischen (Musik, Kunst, Theater) sowie im ökologischen Bereich.

Am Ende wurde ein Interview mit den Kindern abgespielt. Sie wurden zu ihren Vorstellungen, warum die Sonne aufgeht und am Abend „verschwindet“ befragt.

Mit ihren Antworten bewiesen die Kinder viel Fantasie.

Mal sehen, ob sich die jungen „Nachwuchsschauspieler“ später einmal für eine Schauspiel-Karriere entscheiden oder sich eventuell für den Umweltschutz engagieren.

Internationale Gruppenausstellung über Rechtsextremismus im Netz

Auf der Ebene 3 des Dortmunder U zeigt der Hardware MedienKunstVerein (HMKV) vom 29.03.2019 bis zum 22.09.2019 die internationale Gruppenausstellung „Der Alt-Right Komplex – Über Rechtspopulismus im Netz“. „Alt Right“(Alternative Rechte) ist übrigens eine eher verharmlosende Bezeichnung.

In zwölf unterschiedlichen Projekten setzen sich 16 Personen aus zwölf europäischen Ländern (Deutschland bis Ungarn) mit den bedrohlichen Entwicklungen rechtspopulistischer Plattformen wie zum Beispiel Breitbart News, Cambridge Papers oder Online–Foren wie 4chan in verschiedener weise und künstlerischen Mitteln auseinander. Sie beschäftigen sich mit Memes (z.b. Pepe der Frosch, dem wohl bekanntesten Symbol der Trump-Anhänger*innen), oder Figuren wie etwa Steve Bennon (bis 2016 Chef der 2012 gegründeten rechtspopulistischen Plattform Breitbart News), oder rechts-religiöser Flaggen-Verehrung (USA) im Netz. Beschäftigt wird sich auch mit der sogenannten Prepper-Szene. Das sind „besorgte“ Menschen in West-Europa und vor allem in den USA, die sich akribisch auf den von ihnen erwarteten Kollaps der Zivilisation (Katastrophe) vorbereiten und Lebensmittelvorräte bunkern, Waffenübungen durchführen und mehr.

Verbreitet werden übers Netz aber auch sogenannte „White Supremacists“ (Rassistische Ideologien, die von der Überlegenheit der „weißen Rasse“ ausgehen) oder reaktionäres „Dark Enlightment“.

„Man weiß nicht, wo es beginnt und aufhört“, erläuterte Dr. Inke Arns (Kuratorin). Klar ist, dass sie einen subtilen Einfluss auf „unzufriedene“ User nehmen. In der „Netz-Blase“ arbeiten sie geschickt mit Symbolen, wiederholen von rechten Bedrohungs-Szenarien. Das kann im schlimmsten Fall zu einem eskalierenden Gewaltausbruch wie zum Beispiel bei Anders Breivik (2011) in Norwegen oder aktuell bei einem Exzess wie im neuseeländischem Christchurch.

 DISNOVATION.ORG, „Online Culture Wars“, 2018-2019 © the artist. Im Rahmen der Ausstellung „Der Alt-Right-Komplex - Über Rechtspopulismus im Netz“, HMKV im Dortmunder U, 30.3. - 22.9.2019
DISNOVATION.ORG, „Online Culture Wars“, 2018-2019 © the artist. Im Rahmen der Ausstellung „Der Alt-Right-Komplex – Über Rechtspopulismus im Netz“, HMKV im Dortmunder U, 30.3. – 22.9.2019

Einen interessanten Bezug zu den NSU-Morden und speziell auch den an dem Dortmunder Bürger Mehmet Kubaşik hat der Beitrag der beiden aus Künstlerinnen Paula Bulling und Anne König aus Deutschland. Unter dem Titel „Bruchlinien. Drei Episoden zum „NSU“ gestalteten sie ein großes Comic-Wandbild in drei Kapiteln.

Die Zeichnungen, die Fakten und Imagination verbinden, zeigen drei Akteurinnen, die gewollt oder ungewollt eine wichtige Nebenrolle in der Geschichte des NSU einnehmen.

Zum einen ist da Susann Eminger, engste Freundin und aktive Unterstützerin von Beate Zschäpe, dann auch die Verwaltungsbeamtin im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz Frau N. Sie wollte zunächst wichtige Akten nicht schreddern, tat es dann aber doch. Was wurde unter den Teppich gekehrt?

Die dritte Episode mit den Erlebnissen von Gamze Kubaşik (Tochter des am 4. April in Dortmund ermordeten Mehmet Kubaşik) wird in dieser Ausstellung erstmals gezeigt. Ihrer Vermutung, dass der Täter aus dem rechtsextremen Umfeld stammen könnte, gingen die deutschen Sicherheitsbehörden nicht nach.

Ein eindrucksvolles großes Comic-Bild von der Demonstration in Kassel (2006 nach dem neunten Mord) steht im Mittelpunkt. Worum blieben die Stimmen der migrantischen Communities in der hiesigen Öffentlichkeit über Jahre ungehört?

In verschiedenster Form, mit Texten, Videos, Filmausschnitten, performativen Installationen und mehr beschäftigen sich die Arbeiten der europäischen Künstler*innen sowohl mit dem amerikanischen Kontext wie auch mit speziell deutschen Phänomenen.

Die Ausstellung wird in einem sich verengendem Gang von einem kritischen Glossar begleitet, das die wichtigsten Begriffe kurz erklärt.

Auch die Verwicklung von wirtschaftlichen und politischen Machtinteressen, (zum Beispiel die Unterstützung der US-amerikanische Investor deutscher Herkunft Peter Andreas Thiel im Wahlkampf von Donald Trump) werden deutlich.

Die Ausstellungseröffnung findet am 29. März um 19 Uhr statt. Im Rahmen der Ausstellungseröffnung wird auch der Justus Bier Preis 2018 verliehen. Am 30. März um 15 Uhr haben die Besucher die Gelegenheit eine Kuratorinnenführung mitzumachen.

Zudem gibt es eine Vortragsreihe „The Kids Are Alt-Right“. Hier wirden die unterschiedlichen Aspekte der Alt-Right-Bewegung beleuchtet. Bisher stehen zwei Termine fest (23. Mai 18 Uhr und 05. September 18 Uhr). Mehr Informationen auf hmkv.de

Die serbische Künstlerin Vanja Smiljanić zeigt mit „Waves of Worship“ den letzten Teil einer dreiteiligen Untersuchung zum Verhältnis von neuen religiösen Bewegungen und Nationalismus. Sie setzt sich am Samstag, den 30.03.2019 um 17:00 Uhr in Form einer Lecture-Performance mit der Internet-basierten, religiösen UFO-Bewegungen der Cosmic People sowie der Flag Nation Society (die ihre Gläubigkeit durch ihre Flaggen-Verehrung zeigen) auseinander.

Mehr Informationen vor allem über Sonderveranstaltungen gibt es unter hmkv.de

Stummfilmkonzert voll revolutionärer Dramatik

Die Dortmunder Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz hatte sich mit „Panzerkreuzer Potemkin“ von Sergej Eisenstein (1898 – 1948) am 26.03.2019 einen besonderen Film in aufregender revolutionärer Zeit Russlands ausgewählt.

Eine dazu passende Musik stammte von Dimitri Schostakowitsch (1906 – 1975) und entstand als Auftragsarbeit des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei für eine Jubiläumsfeier 1925 aus Anlass des Aufstands auf dem Panzerkreuzer. Gezielt ausgewählte Abschnitte aus seinen Vierten, Fünften, Achten, Zehnten und Elften Sinfonien unterstreichen die dramatischen Bilder der „Meuterei“ russischer Matrosen auf dem Panzerkreuzer Potemkin im Jahr 1905.

Zum Hintergrund:

Die verheerende Niederlage im Russische-japanischen Krieg 1905 mit den sozialen Folgen brachte den wachsenden Unmut der betroffenen Menschen gegen das repressive Zarenreich zum Kochen.

Bei den Matrosen auf dem Panzerkreuzer Potemkin entlädt sich die Unzufriedenheit anlässlich der katastrophalen Versorgung mit Nahrung in einer Meuterei gegenüber der Admiralitäten.

Unter der Führung von Wakulintschuk und mit Unterstützung der Wachen zum gelungenen Widerstand. Unter den Opfern der Aktionen ist auch der revolutionäre Anführer Wakulintschuk.

Szene aus dem Fim "Panzerkreuzer Petemkin". (Foto: © Deutsche Kinemathek)
Szene aus dem Fim „Panzerkreuzer Petemkin“. (Foto: © Deutsche Kinemathek)

Seine Leiche wird in Odessa, wo man auch Lebensmittel erhalten will, unter reger Anteilnahme der solidarischen Bevölkerung in einem Zelt aufgebahrt. Auf der langen imposanten Treppe der Hafenstadt schießen die zaristische Armee samt Kosaken-Einheiten auf die verzweifelt fliehende Bevölkerung. Es gibt viele Tote und Verletzte. Um die Menschen zu unterstützen, beschießen die Matrosen das Theater von Odessa. Noch während überlegt wird, zwecks weiterer Hilfsaktionen zu laden, kommt es zur Konfrontation mit dem Admiralsgeschwader, dass in einer Verbrüderung endet.

Der Film ist aber nicht nur einfach nur ein geschickter Propagandafilm, der die Zuschauer gezielt emotional berühren und vor Augen führen will, mit welchen Handlungsträgern er sympathisieren sollte. Eisenstein setzte mit dem Mittel der Montage, Schnitten und eindrucksvollen Nahaufnahmen zugleich eine filmisch-ästhetische Revolution durch.

Die Dortmunder Philharmoniker mit ihrem Dirigenten gelang es punktgenau, die jeweiligen Stimmungen musikalisch zu untermalen. Erstaunlich, wie sie es schafften, mit nicht für möglich gehaltenen Steigerungen die Dramatik der Ereignisse und Bilder für das Publikum fühlbar zu machen. Die traurigen Momente, wenn zum Beispiel ein kleines Kind auf der Treppe stürzt und von den Fliehenden praktisch zertrampelt wird, wurde entsprechend sensibel musikalisch untermalt.

Es war wieder einmal ein wunderbares Zusammenspiel von Filmbildern und Live-Musik, dass den Beteiligten auf der Bühne alles abverlangte.

Homosexualität und Fußball

Mit „Echte Liebe“ präsentiert das Schauspiel Dortmund ein sehr politisches Stück. Es behandelt quasi das letzte Tabu: Homosexualität im Profifußball. Trotz Outing von Thomas Hitzelsberger vor Jahren findet ein Diskurs in der Gesellschaft nicht statt. Das Besondere an dem Stück: Der Sprechchor übernimmt alle Rollen. Die Premiere ist am 29.03.19 im Studio.

Der Claim „Echte Liebe“ ist mit dem BVB verbunden, doch es geht nicht speziell um Borussia Dortmund. „Diesen Abend könnte man auch in Nürnberg zeigen“, so Matthias Seier, Dramaturg am Schauspiel. Vielmehr geht es um die generelle Frage, warum outen sich keine Profi-Fußballer? Warum gibt es keine Diskussionen in der Öffentlichkeit? Warum passiert nichts?

Das könnte mehrere Gründe haben, vermuten Seier und Laura N. Junghanns, die Regisseurin. Zum einen die Angst vor den Medien als „schwuler Fußballer“ gebrandmarkt zu werden, die Furcht vor dem Fanblock, vor allem bei Auswärtsspielen, aber auch die Sorge, auf dem Transfermarkt weniger Chancen zu haben. Denn jeder Fußballer ist quasi eine „Marke“, die an Wert verlieren würde, wenn er nicht mehr in bestimmte Länder transferiert werden könnte.

Der Sprechchor spielt die zentrale Rolle in "Echte Liebe". (Foto: © Birgit Hupfeld)
Der Sprechchor spielt die zentrale Rolle in „Echte Liebe“. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Für das Stück wurden viele Texte herausgesucht von vielen Texturhebern wie Fußballern, Mitarbeiter der Fanabteilung des BVB, Funktionäre des DFB, aber es gab auch Gruppengespräche mit dem Sprechchor. Hier wurde unter anderem gefragt, was bedeutet der BVB für dich? Ist Fußball politisch? Welchen Fußballspieler findest du attraktiv?

Homosexualität im Frauenfußball hat dagegen mit dem Klischee zu kämpfen, dass es dort eh nur „Kampflesben“ gebe, was sicher übertrieben ist. Dennoch scheint es dort leichter zu sein, mit dem Thema Homosexualität umzugehen.

Ein ist klar, „Echte Liebe“ kann keine einfachen Antworten geben oder simple Lösungen präsentieren, dafür ist das Thema zu komplex. Der Sprechchor, der permanent im Studio in Bewegung ist, spielt eine gewichtige Rolle, denn er wird verschiedene Typen darstellen. Von eher links-liberal angehaucht bis hin zu homophob ist alles dabei. Vor allem die homophoben Sprüche von Spielern und Funktionären werden zu hören sein, um zu zeigen, wie borniert die Menschen mit Homosexualität umgehen. Der Sprechchor übernimmt verschiedene Figuren wie den anonymen Profi, Thomas Hitzelsberger, den DFB, Corny Littmann und weiteren.

Die Bühne und Kostüme werden dem Premierenort gerecht, denn Dortmund wird in den Kostümen verortet sein. Die Dauer des Stückes ist nicht – wie man vermuten könnte – 90 Minuten, sondern etwa 70 Minuten.

Informationen und weitere Termine unter www.theaterdo.de

Geburtstagsständchen für die alte Tante SPD

Dortmund gilt als Herzkammer der SPD. Lange Jahre brauchte man nur einen Besen rot anmalen und man konnte sicher sein, er würde gewählt. Doch die Zeiten sind auch in Dortmund vorbei. Bekam die SPD bei den Kommunalwahlen 1979 noch 57,3 Prozent, waren es 2014 nur noch 38,2 Prozent. Auch die Zahl der Mitglieder ist im Sinkflug begriffen. Dennoch möchte Sänger, Musiker, Kabarettist und Schauspieler Rainald Grebe einer fiktiven SPD Ortsgruppe zum Geburtstag gratulieren. Es werden auch Gäste kommen. Die Feier für „Unsere Herzkammer“ am 30. März 2019 im Schauspiel Dortmund kann steigen.

Grebe wollte, wie er beim Pressegespräch sagte, „nicht schon wieder nur auf die SPD drauf hauen“. Er hat sich viel Mühe gemacht, und hauptsächlich einige örtliche SPD- Größen wie etwa Marianne Winzinski, Gerhard Langemeyer oder Hans Urbaniak interviewt. Das Engagement und der Leidenschaft der Politiker zollt er Respekt. Zudem redete er mit jungen Menschen im Theater-Umfeld über ihre Erwartungen und Meinungen zur Parteipolitik.

150 Jahre gibt es die SPD in Dortmund. Angefangen hat alles 1868 mit der Dortmunder Ortsgruppe des „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“. Rainald Grebe möchte einen kleinen Bogen von den Anfängen bis hin zur Gegenwart spannen. Wofür steht die SPD heute? Werden die alten Arbeiterlieder erklingen?

Eine musikalische Erinnerung an 150 Jahre SPD von Rainald Grebe.
Eine musikalische Erinnerung an 150 Jahre SPD von Rainald Grebe.

„Unsere Herzkammer“ ist kein fertiges Stück von Rainald Grebe. Es wurde mit den Schauspielern Andreas Beck, Christian Freund, Caroline Hanke, Marlena Keil, Uwe Schmieder, Anke Zillich und Ingeborg May gemeinsam entwickelt. Musikalisch unterstützt werden sie vom Tafel-Chor der Dortmunder Tafel und dem Männergesangverein „Harmonie“ der Zeche Viktoria in Lünen. Eine Band aus Multiinstrumentalisten wird ebenfalls dabei sein. Hier spielen Unmut Akkuşuş, Tobias Bülow, Markus Türk und Jens-Karsten Stoll.

Eine bunte, rasante Reise durch 150 Jahre Parteigeschichte erwartet uns. Die Gäste kommen aus der Vergangenheit und Gegenwart der Sozialdemokratie und vielleicht, ja vielleicht gibt es auch einen kleinen Blick in die Zukunft der Partei zu erhaschen.

Informationen und Karten gibt es unter 0231 502722 oder www.theaterdo.de

Elektra als Spinnenkönigin

Nebel auf der Bühne. Die Zuschauer können kaum etwas entdecken. Wie aus dem Nichts taucht von ganz hinten Elektra (Franziska Roth) auf. Langsam. Sie hängt an Schüren, die sich wie ein Netz formen. Die Spinnenkönigin in ihrem Netz. Und sie hat nur ein Ziel: Rache, blutige Rache. Ein Premierenbericht vom 22.03.2019 aus dem Theater im Depot.

Regisseur Remo Philipp nahm die Vorlage von Hugo von Hofmannsthal und bearbeitete sie für zwei Personen. Während Elektra alleine von Roth gespielt wurde, schlüpfte Rudolf Klein in die Rollen von Schwester Chrysothemis, Mutter Klytämnestra, Bruder Orest und Usurpator Ägisth.

Während die kleineren Rollen weggefallen sind, konzentriert sich Philipp auf die Monologe und Dialoge der Hauptpersonen.

Von Hofmannsthal, der die antiken Stoffe von Sophokles und Aischylos bearbeitete, stellte Elektras Wunsch nach Rache in den Mittelpunkt. Und ihre Rachegedanken wegen der Ermordung ihres Vaters Agamemnon sind durchaus blutig. In ihrem Anfangsmonolog wird dies besonders deutlich „und wir schlachten dir die Rosse, die im Hause sind, wir treiben sie vor dem Grab zusammen, und sie ahnen den Tod und wiehern in die Todesluft und sterben.“

Probenfoto von "Elektra": Elektra (Franziska Roth) im Spinnennetz. (Foto: © Remo Philipp)
Probenfoto von „Elektra“: Elektra (Franziska Roth) im Spinnennetz. (Foto: © Remo Philipp)

Elektra versucht ihre Schwester mit in ihre Rachewelt zu ziehen, doch vergeblich, denn ihre Schwester hat andere Pläne mit ihrem Leben. „Kinder will ich haben, bevor mein Leib verwelkt“. Später, als das Gerücht aufkommt, Orest sei tot, versucht Elektra ihre Schwester in ihr Spinnennetz zu ziehen, damit sie beide ihre Mutter und Ägisth töten.

Ihre Netze versucht Elektra auch gegen ihre Mutter auszuwerfen, die nach einem Opfertier fragt, um ihre bösen Träume loszuwerden. Erst spät dämmert ihr, dass sie mit dem Opfertier gemeint ist und verlässt fluchtartig den Raum.

Orest selbst stellt Philipp nicht auf die Bühne, sondern lässt ihn mit einer Darth-Vader-Stimme mit Elektra reden. Nach dem Orest angekommen ist, ist es auch Zeit für Elektra ihr Netz zu verlassen und aktiv zu werden, um so Ägisth ins Verderben zu treiben.

Philipp hat mit wenig Mitteln auf der Bühne eine effektive gruselige Atmosphäre geschaffen. Neben Nebel, wecken Puppen und alte Kinderwagen Assoziationen zu Gothik-Horror-Filmen und besonders effektvoll ist die Szene, bei der rotes Licht aus einem Kinderwagen scheint und Elektra sich quasi die Hände in Blut wäscht.

Roth überzeugt als rachsüchtige Spinnenkönigin Elektra, während Klein sich durch seine Verwandlungsfähigkeit auszeichnet. In knapp 50 Minuten erzählt Philipp mit Roth und Klein den Kern von „Elektra“ in einer beeindruckenden und dichten Art und Weise.

Die weiteren Termine im Theater im Depot sind am 11.05.2019 (um 20 Uhr) und 12.05.2019 (um 18 Uhr).

Trügerische Idylle

Es gibt wohl nichts, was so sehr romantisiert wird, wie der Wald und das Landleben. Ein Blick in die Zeitschriften-Auslagen zeigt es: Landlust, Landküche suggerieren dem gestressten Städter wie erquicklich das Leben auf dem Land sei. Für einen Bauern (vor allem in früherer Zeit) war das Leben sicherlich nicht so erfreulich. Tägliche harte Arbeit und immer die Angst, dass ein Unwetter große Teile der Ernte vernichtet. Im 7. Philharmonischen Konzert am 19. und 20. März setzen sich drei Komponisten mit dem Landleben auseinander, mal heiter, mal bittersüß.

Den Beginn machte ein englischer Komponist namens George Butterworth. Seine Rhapsodie „A Shropshire Lad“ weckt Erinnerungen an das englische Landleben. Doch in der romantischen Musik wird die Idylle von Todesahnungen überschattet. Das Stück ist sehr melancholisch. Eine Vorahnung, die den Komponisten selbst trifft. Geboren 1885 meldet sich Butterworth für die englische Armee im Ersten Weltkrieg und fällt 1916. Ein guter Einsteig für die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Julia Jones.

Midori spielte das Violinkonzert von Brahms in meisterlicher Weise. (Foto: © Timothy Greenfield-Sanders)
Midori spielte das Violinkonzert von Brahms in meisterlicher Weise. (Foto: © Timothy Greenfield-Sanders)

Eine Herausforderung für Geiger ist das Violinkonzert D-Dur von Johannes Brahms. Früher als fast unspielbar angesehen, gehört es mittlerweile ins Repertoire vieler großen Geigenvirtuosen. Beim 7. Philharmonischen Konzert spielte die Japanerin Midori die Solo-Violine und begeisterte das Publikum mit ihrer Virtuosität. Vor allem im sehr langen ersten Satz präsentierte sie die Kadenz in einer so wundervollen Weise, dass das Publikum nicht anders konnte, als am Ende des Satzes zu applaudieren.

Idyllisch wurde es beim zweiten „pastoralen“ Satz. Hier führt die Oboe als „Fast-Soloinstrument“ ins musikalische Geschehen ein, bis die Violine einsetzt. Mitori zeigte auch hier, dass sie neben ihrer Virtuosität auch eine lyrische Stimmung mit ihrem Instrument zaubern kann.

Der Schlussatz des Violinkonzertes gehörte dem ungarischen Temperament. Die folkloristischen Töne im schnellen Tempo erfordern immer wieder ein großes Können der Solo-Künstlerin Midori.

Nach einer Zugabe ging es in die Pause.

Nach der Pause erwartete das Publikum die „Mutter aller musikalischen Landpartien“, die 6. Sinfonie von Beethoven, auch „Pastorale“ genannt. Lustige Tänze, Vogelstimmen am Bach, Gewitter, an das alles lässt uns Beethoven in seiner Sinfonie teilhaben. Gerade die ersten beiden Sätze der Sinfonie sind ein Klangteppich voller Naturgeräusche.

Der dritte Satz ist einem ländlichen Fest nachempfunden. Hier imitiert das Orchester Dorfmusikanten, die zum tanz aufspielen. Doch die Idylle dauert nicht lange, denn mit großartiger Wucht lässt es Beethoven im vierten Satz Gewittern. Der Schlusssatz ist ebenfalls ungewöhnlich. Wer das triumphale Ende der 5. Sinfonie noch im Ohr hat, wird überrascht. Denn das Ende ist lyrisch und ruhig.

Start für Teilhabe-Projekt „Mein Dortmund“ des MKK

Das Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) sieht seinen Auftrag nicht nur darin, der Bevölkerung Kunst zu präsentieren und Geschichte der Stadt zu erzählen, sondern sich der Stadtgesellschaft weiter zu öffnen. Es geht darum, Prozesse darin aufzunehmen und zu moderieren. Menschen in ihrer Vielfalt sollen aktiv an „ihrem Museum“ teilhaben.

Partizipation und persönliche Perspektiven sind das wichtige bei dem neuen Stadtlabor-Projekt. Unter dem Titel „Eingetütet, ausgepackt und ausgestellt: Dortmunder Lieblingsstücke gesucht“ geht die Mitmach-Aktion jetzt los.

Bei der Pressekonferenz am 20.03.2019 verrieten die Kulturwissenschaftlerin und Projektleiterin Astrid Wegner und der Direktor des MKK Dr. Jens Stöcker genaueres über dieses spannende Experiment.

Wegner hat ähnliche Projekte in der Pfalz und in Wiesbaden schon erfolgreich initiiert und geleitet.

Das Museum sucht in der ganzen Stadt nach Leihgebern und Stiftern. Egal ob jung oder alt, Alteingesessen, Rückkehrer, Pendler, Mitarbeiter von Institutionen oder zugezogen. Alle sind angesprochen, ihr „Stück Dortmund“ einzutüten.

Projektleiterin Astrid Wegner und der Direktor des MKK, Dr. Jens Stöcker, hoffen auf eine rege Beteiligung der Stadtgesellschaft.
Projektleiterin Astrid Wegner und der Direktor des MKK, Dr. Jens Stöcker, hoffen auf eine rege Beteiligung der Stadtgesellschaft.

Im Zuge der Neuausrichtung des MKK wird auch die Migrationsgeschichte einbezogen. „Die Tüte ist unser Türöffner, um möglichst viele Menschen zu erreichen“, so Dr. Stöcker. An 30 Ausgabestellen in der Stadt, wie Museen, Kinos, der Sparkasse, DEW21, Quartiersmanagement Nordstadt, Tourist-Info, Stadt- und Landesbibliothek oder der VHS und vielen anderen Orten liegen ab sofort liebevoll mit mehrsprachigem Aufdruck „Mein Dortmund“ gestaltet große Papiertüten aus. Größere und schwerere Gegenstände, die nicht in die Tüte passen, können gegebenenfalls abgegeben werden oder werden abgeholt.

Was kommt in die Tüte?

Was bedeutet uns der Ort, an dem wir leben, lieben, lachen oder weinen, und was verbindet uns mit ihm und den Menschen? Gesucht werden Geschichten, persönliche Sichtweisen auf unsere Stadt oder Dinge, die mit ihr verbunden sind. Es können Objekte und Bilder sein, aber auch Texte, Gedanken, Gedichte, Ideen oder Lieder.

Die Leihgeber erhalten einen Leihvertrag und werden gebeten, einige Fragen zu beantworten:

Was verbinden sie mit der Leihgabe? Was ist ihr Lieblingsort in der Stadt, welche Plätze schätzen sie weniger? Wie sehen sie die Menschen in Dortmund?

Jeder darf selbst entscheiden, ob er mit der Nennung seines Namens in der Ausstellung sowie in allen anderen Medien einverstanden ist.

Ende Juni 2019 endet die erste Sammelphase. Erste Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr im MKK zu sehen sein.

Abgegeben können Sie die Tüten im Foyer des MKK (Hansastr. 3) mittwochs zwischen 13:30 und 16:00 Uhr, donnerstags von 17:00 bis 19:30 Uhr sowie freitags zwischen 10:00 und 12:00 Uhr sowie nach telefonischer Absprache.

Filme auf einem USB-Stick oder SD-Karten können jederzeit während der Museums-Öffnungszeiten auf einen im Foyer eingerichteten Rechner kopiert werden.

Wichtig!

Die Leihgeber sollten den Fragebogen abgeben, sollten diesen vorher kopieren, um ihre „Leihgabe“ später problemlos wieder zurückbekommen kann.

Ein spannendes Projekt, bei dem die Organisatoren noch nicht genau wissen, was sich daraus entwickelt. Es kommt auf die Beteiligung der Stadtgesellschaft an.

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.mkk.dortmund.de oder meindortmund@stadtdo.de.

Tel: 0231/ 50 22 053

Alexis Sorbas als musikalisch begleitetes Bühnenstück für einen Schauspieler

Im Schauspiel Dortmund konnte das Publikum am Samstag, den 16.03.2019 eine besondere Lesung als Bühnenstück erleben. Der nicht nur als Tatort-Kommissar bestens bekannte und geschätzte Schauspieler Miroslav Nemec las aus „Alexis Sorbas“ von Nikos Kazantzakis unter der Regie und der Textbearbeitung von Martin Mühleis.

Musikalisch sensibel begleitet wurde er vom Orchistra Laskarina mit Komale Akakpo an der Santouri, Jerome Goldschmidt (Percussion), Matthias Hautsch (Bouzouki/Gitarre) und Ana Helena Surgik am Cello. Für die Komposition (und Bass)war Christoph Dangelmaier verantwortlich. Birte Horst sorgte für das passende Lichtdesign.

Dieser Bühnen-Sorbas war aber keine „normale“Lesung, sondern wurde zu einem atmosphärisch lebendigen, durch-komponierten Bühnenstück für einen Schauspieler und Musikensemble.

Einigen Menschen ist „Alexis Sorbas“ aus dem berühmten Film mit Anthony Quinn (1964) noch in guter Erinnerung.

Der Schelmenroman beruht auf autobiografischen Erlebnissen des Autors. Es geht um einen intellektuellen Schriftsteller (Ich-Erzähler) mit analytischem Verstand, der von Selbstzweifeln geplagt ist.

Er möchte seinen Beruf aufgeben und das Leben der einfachen Leute teilen. Er trifft auf den Freigeist Alexis Sorbas, der vor allem seinen Instinkt folgt und den Augenblick genießen kann. Für den lebensfreudigen Sorbas entsteht die Welt jeden Tag neu. Freiheit bedeutet für ihn, das Leben mit seinen Freuden oder Katastrophen anzunehmen. Er soll als Vorarbeiter in einem geerbten Bergwerk des Ich-Erzählers arbeiten.

Miroslav Nemec entführte sein Publikum mit "Alexis Sorbas" nach Griechenland. (Foto: © Stefan Nimmesgern)
Miroslav Nemec entführte sein Publikum mit „Alexis Sorbas“ nach Griechenland. (Foto: © Stefan Nimmesgern)

Zwischen den beiden ungleichen Männern entwickelt sich eine außergewöhnliche Freundschaft, in der sie voneinander lernen. Im Umgang mit den intuitiven Sorbas findet der Ich-Erzähler die Antwort auf ungelöste philosophische Fragen.

Die Textsprache ist sehr Bildhaft und ausdrucksstark. Es war beeindruckend, wie Nemec die verschiedenen Charaktere und Personen mit Sprache, Mimik und Gesten lebendig werden ließ. Er brachte die wunderbare Ironie, kritische Haltung gegenüber Religion und menschlicher Heuchelei des Werkes in allen Facetten auf die Bühne. Dabei beherrschte er alle Nuancen von genussvoller Lebensfreude bis hin zu leiser melancholischer Trauer. Die archaische Gesellschaft sowie die sinnlichen Freuden des Lebens mit „Wein, Weib und Gesang“ und die Liebe zur Natur spielten dabei eine wesentliche Rolle. Ein kleiner Syrtaki-Tanz (wie im Film) durfte auch nicht fehlen.

Die beiden Protagonisten verkörpern unsere Sehnsüchte im Spannungsfeld zwischen planvoller Strukturiertheit und Emotionalität.

Der Plan, den die beiden Männer machen, steht sinnbildlich für das Leben. Er soll immer der Anfang von etwas Großem sein, scheitert dann aber grandios.

Nicht nur der Ich-Erzähler erfährt durch Sorbas, dass selbst dieses Scheitern ein Genuss sein kann und Krisen eine Chance zur Veränderung bieten.

So kann „Alexis Sorbas“ auch als eine europäische Parabel gesehen werden.