Störschrank präsentiert starke Frauen

Das Atelier21 in der Zimmerstraße im Dortmunder Norden startet am 26. April mit seiner neuen Lesereihe „starke Frauen“. Im Rahmen der Reihe präsentiert die Künstlerin und Autorin Marika Bergmann drei Autorinnen. Mit dabei ist wieder der „Störschrank“. Der Störschrank? Im Interview mit Ars tremonia verriet uns Marika Bergmann, woher der Name des Schrankes kommt, welche Autorinnen lesen und welche Funktion der Störschrank bei einer Lesung haben kann.

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Das genaue Programm:

»Schürfwunden«
Sa., 26. April 20:00 Uhr bis 21:30 Uhr, Autorin: Anja Wedershoven

»Hömma, dat Buch is für dich«
am Sa., 05. Juli 17:00 Uhr bis 18:30 Uhr, Autorin: Bruni Braun

»Das vermisste Mädchen«
Sa., 23. August 17:30 Uhr bis 19:00 Uhr, Autorin: Bettina Lausen

(Eintritt zu den Lesungen 5 Euro)

www.atelier21-dortmund.de
Atelier21, Zimmerstraße 21, 44141 Dortmund

Was bewegt Jugendliche bei Mode und Musik?

Die selbst gestaltete Bushaltestelle ist der Mittelpunkt der Ausstellung.
Die selbst gestaltete Bushaltestelle ist der Mittelpunkt der Ausstellung.

Vom 18. April bis zum 10. Juni ist die Etage U2_Kulturelle Bildung im Dortmunder U in Bewegung, denn dann ist dort die Ausstellung „Urban Movement – Stadt in Szene Mode und Musik“. Wobei Ausstellung zu kurz greift, es finden noch Mitmachaktionen und Workshops statt.

Schon 2012 startete die erste Urban Movement Veranstaltung, damals noch zu den Themen Streetart und Urban Sport. 2014 dreht sich alles um Mode und Musik. „Wir wollen von den Jugendlichen wissen, wo sind eure Netzwerke“, erklärte Mechthild Eickhoff, die Leiterin U2_Kulturelle Bildung. „Was macht Jugendkultur aus, wo findet sie statt. Dabei haben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit.“ Das Ziel sei es, die Lebendigkeit und Kreativität der Jugendlichen aus Dortmund und der Region sichtbar zu machen.

In der Ausstellung werden Clips, Fotos, Platten und sogenannte Cosplay-Kostüme gezeigt. „Eine Bühne, die Open Stage, kann von den Jugendlichen im Rahmen von Lesungen oder kleinen Konzerten bespielt werden,“ so Susanne Henning, die Kuratorin der Ausstellung. Junge Kreative aus dem benachbarten Union-Quartier beteiligen sich mit Werken.

Zentraler Punkt der Ausstellung ist eine von Jugendlichen gestaltete Bushaltestelle. Eine Bushaltestelle hat für Jugendliche, die kein Auto fahren, natürlich eine andere Bedeutung als für Erwachsene. Die Haltestelle ist Treffpunkt, eine Art sozialer Raum. Die Künstlerin Dagmar Lippok unterstützte die Jugendlichen, doch ließ ihnen freie Hand für eigene Ideen. So wird die Bushaltestelle mit Sprayfarben, Zeichnungen und Stencils verschönert, manche Dinge wurden sogar vorher angezündet.

Während der Ausstellung finden vier Workshops statt, zu denen sich die Jugendlichen anmelden können. Sie können lernen, wie man Popsongs schreibt, Rappen lernen, eine Einführung ins Beatboxen bekommen oder in der Textilfabrik eigene Styles und Logos entwickeln.

Kleine Auswahl aus der Ausstellung:

Workshops und Kurse während der Ausstellung:

Liedermacher – Arbeitsladen
Eigene Pop-Hits schreiben und vertonen mit Marco Rudolph, Alter: 10-14 Jahre, ab 30.4.- 4.6.2014, mittwochs 15-18 Uhr.

Rappen
Texte schreiben, Rappen lernen und vertonen mit Schlakks, Alter: 14-18 Jahre. An den Wochenenden 2.5.- 4.5.und 9.5.-11.5. jeweils Fr: 15-18 Uhr, Sa: 11-17 Uhr, So: 10-13 Uhr.

Beatboxing – Schnupperkurs
Einführung in die Grundtechniken des Beatboxing mit Kevin 0’Neal, Alter: 10 – 18 Jahre, am 31.5., und zum Familiensonntag am 1.6. jeweils von 14 -16 Uhr.

Textilfabrik
Eigene Styles und Logos entwerfen und sie auf T-Shirts drucken, Alter: 6 – 18 Jahre, Offenes Angebot am Sonntag, 18.05. von 12 -17 Uhr.

Anmeldung ist möglich unter u2@dortmund.de oder telefonisch 0231 50 23843.

Spanische Gemäldekunst mit sozialem Engagement kombiniert

Hoffen auf eine gelungene Vernissage: (v.l.n.r.) Xin Peng Wang (Ballettdirektor), Tobias Ehinger (Ballettmanager), Sebastian Kehl (Spieler von Borussia Dortmund), Prohejtleiterin Maria de las Mercedes Abad Lázaro und Axel Schroeder (Vorsitzender City-Ring).
Hoffen auf eine gelungene Vernissage: (v.l.n.r.) Xin Peng Wang (Ballettdirektor), Tobias Ehinger (Ballettmanager), Sebastian Kehl (Spieler von Borussia Dortmund), Prohejtleiterin Maria de las Mercedes Abad Lázaro und Axel Schroeder (Vorsitzender City-Ring).

Am 9. Mai 2014 findet ab 19 Uhr unter dem Titel „Esperanza (Hoffnung)“ im Ballettzentrum im Westfalenpark eine besondere Vernissage für geladene Gäste statt. Im Mittelpunkt stehen nämlich nicht nur die 60 Ölgemälde der international renommierten spanischen Künstler Andrés Mérida und seiner aufstrebenden Kollegin Nicoletta Tomas, sondern auch ein guter Zweck. Passend zum Thema „Hoffnung“ sollen 20% der Verkaufseinnamen des Abends der Stiftung roterkeil.net zugute kommen. Diese Stiftung setzt sich für missbrauchte Kinder ein. Unterstützter sind unter anderem auch BVB-Spieler wie Roman Weidenfeller oder Sebastian Kehl.

Beim Pressegespräch erklärte Kehl, der schon zehn Jahre die gute Sache unterstützt: „Von den Einnahmen der Stiftung werden Kinderheime, Schul- und Gesundheitszentren gebaut und viele andere wichtige Dinge gebaut und gemacht. Wir wollen den Kindern Hoffnung geben und die Menschen berühren.“

Die Kuratorin der Ausstellung Maria de las Mercedes Abad Lázaro verriet zum Abluf der Vernissage: „Die Ausstellung wird von Bürgermeister Manfred Sauer eröffnet. Andrés Mérida, Sebastian Kehl und Roman Weidenfeller werden ebenfalls anwesend sein. Neben den Verkauf der Gemälde und Spenden für den guten Zweck werden als Höhepunkte des Abends vier Tänzer des Dortmunder Ballett-Ensembles live tanzen und Mérida ein Bild malen. Das Ergebnis wird dann direkt bei einer Versteigerung unter der Leitung von Manfred Sauer meistbietend veräußert.

Sebastian Kehl unterstützt den "Roten Keil" schon seit zehn jahren.
Sebastian Kehl unterstützt die Organisation roterkeil.net schon seit zehn Jahren.

„Danach sind die Gemälde noch einen Monat für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich und zu bewundern“, so Tobias Ehinger, Manager des Dortmunder Balletts.
Die Ausstellung läuft bis zum 9. Juni 2014, die Öffnungszeiten sind Dienstag-Freitag 10-18, Samstag 12-18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Zwischen Virtualität und Körperlichkeit

Schauspieldirektor Kay Voges freut sich auf das Theatertreffen 2014. Im vergangenen Jahr gewann er mit seiner Inszenierung von "Das Fest" beim Theatertreffen 2013.
Schauspieldirektor Kay Voges freut sich auf das Theatertreffen 2014. Im vergangenen Jahr gewann er mit seiner Inszenierung von „Das Fest“ beim Theatertreffen 2013.

Vom 13. bis zum 20. Juni 2014 wird Dortmund zur offiziellen Theaterhauptstadt in NRW. Beim NRW Theatertreffen haben die Besucher die Möglichkeit, zehn Theaterstücke aus ganz NRW zu sehen, daneben Filme, Diskussionspanels, Performances, Workshops und Konzerte. Spielorte sind neben dem Schauspielhaus, dem Studio und dem Institut noch die Junge Oper, das Opernhaus und der Theatervorplatz.

 

Im Mittelpunkt des Theatertreffens stehen die zehn Wettbewerbsbeiträge. Begonnen wird am Freitag, den 13. Juni mit der Bochumer Produktion „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“. Am Samstag, den 14. Juni ist der ostwestfälische Tag, denn da wird „Wohnen. Unter glas“ vom Theater Paderborn sowie „Minna von Barnheim oder das Soldatenglück“ vom Theater Bielefeld gezeigt. Sonntag, den 15. Juni präsentiert das Schauspiel Essen „Der Prozess“ und am Montag, den 16. Juni die Wuppertaler Bühnen „JR“. „Kasimir und Karoline“ vom Düsseldorfer Schauspielhaus wird am Dienstag, den 17. Juni gezeigt. Bertolt Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ vom Schauspiel Köln wird am Mittwoch, den 18. Juni präsentiert. Donnerstag, den 19. Juni stehen zwei Stücke auf dem Programm. Zuerst spielt das Theater Münster „Die deutsche Ayşe. Türkische Lebensbäume.“, danach fährt das Theatertreffen zu einem Auswärtsspiel nach Oberhausen: Per Shuttlebus ab 19:30 Uhr geht es auf die Reise zum Stück „Die Orestie“ des Theaters Oberhausen. Aus technischen gründen kann das Stück nicht in Dortmund gespielt werden.Den Schlusspunkt setzt am Freitag, den 20. Juni „Das Himbeerreich“ vom Theater Aachen.

Für die teilnehmenden Stücke gibt es drei Preise zu gewinnen: Den Preis der Fachjury, den Preis der Jugendjury und den Publikumspreis. Die Preisverleihung findet am Freitag, den 20. Juni um 20:30 Uhr statt.

 

Dramaturg Thomas Bihegue stellte das Programm zum Theatertreffen 2014 vor.
Dramaturg Thomas Bihegue stellte das Programm zum Theatertreffen 2014 vor.

Das Theater ist ein Ort, an dem Reales und Virtuelles, Analoges und Virtuelles aufeinandertreffen. Dazu bieten sechs Diskussionspanels die Möglichkeit, verschiedene Themen zu beleuchten. Mit dabei sind unter anderem Autor Dietmar Dath bei „Sterben: Online und Offline“ oder Paul Wallfisch, musikalischer Leiter des Schauspielhauses, in „Theatermusik – autonome Kunst im Sprechtheater“.

 

Musik ist ein gutes Stichwort: Es gibt einige Konzerte. So spielen unter anderem PeterLicht, The Tiger Lilies oder Thomas Truax.

 

In Brasilien findet ja zeitgleich ein weiteres großes Ereignis statt, die Fußball-WM. Das Institut wird sich auch als WM-Studio präsentieren.

 

Tickets:

Stücke (Schauspielhaus & Opernhaus) 19,- Euro / 12,- Euro (erm.)

(Studio) 15,- Euro / 10,- Euro (erm.)

Westwind-Stücke 10,- Euro / 5,- Euro (Kinder)

Konzerte (Schauspielhaus) 20,- Euro

(Junge Oper) 10,- Euro

(Junge Oper, 23 Uhr) 5,- Euro

Kino (Institut) 5,- Euro

 

 

Hotline 0231/50 27222

Online www.theaterdo.de

 

 

 

Weitere Infos, Programm und Festival-Blog:

www.nrw-theatertreffen.de

www.facebook.com/nrwtheatertreffen

www.twitter.com/nrwtt

 

Ein Chronist des Jedermann

Zufall? Nachdem Ars tremonia kurz zuvor den Roman „Menschenfischer“ von Markus Veith rezensiert hat (Rezension hier), geht es mit seinem Bühnenstück über Wilhelm Busch weiter. Eines muss man Veith lassen, als er mit seinem Wilhelm-Busch-Programm „Ein jeder Narr tut, was er will“ am 13. April 2014 die Bühne im Depot betrat, erleben die Zuschauer eine Metamorphose: Veith wird zu Busch und lässt für knapp zwei Stunden den humoristischen Dichter und Zeichner wieder auferstehen.

 

Wilhelm Busch (1832-1908) vorzustellen, ist wie Eulen nach Athen zu tragen. Fast jeder kennt „Max und Moritz“, „Die fromme Helene“ oder Redensarten wie „Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr“, die in den Alltagsgebrauch übergegangen sind.

Veith erzählt in seinem Programm zwei große Geschichten von Busch, vor der Pause „Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter“ aus dem Jahre 1883. Vielleicht hat sich Busch mit einer gehörigen Portion Selbstironie auch als Baluin Bälamm gesehen. Obwohl Busch mit seinen humoristischen Werken einen großen Erfolg hatte, sein ernster Gedichtband „Kritik des Herzens“ war zu beginn kein Erfolg beschieden und eine zahllosen Gemälde fand er persönlich nicht gut genug. Nach der Pause war es Zeit für „Maler Klecksel“, auch hier steckt vermutlich etwas Busch in der Hauptfigur.

 

Veith porträtiert Busch als einen durchaus grimmigen Einsiedler, der Junggeselle geblieben ist und dem Trank und Tabak frönt. Doch zwischen den gereimten Zeilen blitzt auch etwas Ernstes auf, wenn Busch über seine Malerei spricht oder in einem kurzen Moment seine Einsamkeit Bahn bricht. Seine Kleidung, sein Gestus wirken lebensnah und echt und so hat der Zuschauer dann und wann fast die Vorstellung, einer Wiedergeburt von Busch. Zumal Veith sein Programm ausschließlich in Reimform absolvierte.

 

Eine wichtige Seite von Wilhelm Busch wurde in Veiths Programm ausgespart: Als Protestant erzogen, stand Busch im Kulturkampf auf der preußischen Seite, wie seine deutlich antiklerikalen Werke „Die fromme Helene“ oder „Der heilige Antionius von Padua“ zeigen.

 

Markus Veith kann das Reinem nicht lassen: Dem interessanten und humorvollen „Wilhelm Busch-Nachmittag“ folgt am 15. Juni 2014 im Depot ein Bühnenstück mit dem Titel “Eulenspiegels Enkel“.

Emotionale Lesung für NSU-Opfer

Esther Dischereit bei der Lesung am Samstag im Studio des Schauspielhauses Dortmund.
Esther Dischereit bei der Lesung am Samstag im Studio des Schauspielhauses Dortmund.

Über acht Jahre ist es her, dass die Terrorzelle der NSU auch in Dortmund einen Menschen ermordet hat: Mehmet Kubaşık. Insgesamt ermordete die rechtsextreme Terrorzelle neun Menschen. Esther Dischereit hat in ihrem Buch „Blumen für Otello“ Klagelieder für die Opfer geschrieben. Denn diese Menschen wurden aus dem Kreis ihrer Familie und Freunde gerissen. Es bleibt die Erkenntnis, wie es Herbert Grönemeyer in seinem Lied „Mensch“ singt: Du fehlst. Am 12. April 2014 las Dischereit begleitet von der DJane Ipek im Studio des Schauspielhauses.

 

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als Esther Dischereit und DJ Ipek aus „Blumen für Otello“ las. Der Text war in drei Teile unterteilt und den beginn machte die schiere Aufzählung von Daten und Fakten. Allein das Vorlesen der Namen und das Alter der Opfer oder das Berichten der Taten der Terrorzelle in Telegrammstil klangen wie Peitschenhiebe: Datum, Name der Bank, Höhe der geraubten Summe. Fassungslosigkeit. Ist es wirklich so einfach, eine Bank zu überfallen? Wie kann es sein, dass diese Menge an Taten, die Morde, Bombenanschläge und Banküberfälle nicht auf eine verwertbare Spur geführt haben?

 

Der zweite Teil war der emotionalste Teil, denn hier standen die Opfer im Mittelpunkt beziehungsweise die Hinterbliebenen. Jedes Mordopfer hinterlässt Lücken, jeder Hinterbliebene hat damit zu kämpfen, dass seine Bezugsperson Vater, Bruder, Sohn, Ehemann nicht mehr da ist. Dischereit gab diesen Hinterbliebenen eine Stimme. Ihre Texte waren sehr poetisch, zärtlich, aber auch voller Bitterkeit über den Verlust des geliebten Menschen. Besonders beeindruckend, als vorgelesen wird, wie die Tochter eines der Opfer sich wünscht, das ihr ermordeter Vater doch miterleben könnte, dass sie inzwischen ihr Studium beendet und Examen bestanden hat.

 

DJ Ipek unterstützte Esther Dischereit bei ihrer Lesung mit Musik und türkischer Übersetzung.
DJ Ipek unterstützte Esther Dischereit bei ihrer Lesung mit Musik und türkischer Übersetzung.

Am Ende gab es noch ein Gespräch zwischen der Shakespeare-Figur Otello und dem Blumenhändler. Dischereit spielt hier auf das erste Mordopfer Enver Şimşek an, der ein Blumen-Großhändler war und am 09. September 2000 angeschossen wurde und zwei Jahre später starb. Otello wird ebenso wie der Blumenhändler ein Opfer des Rassismus.

 

Die Lesung war hauptsächlich auf Deutsch, wobei DJane Ipek einige Textstellen auf Türkisch las und die Lesung mit ein wenig Soundklängen bereicherte.

Aphorismen, Goethe und Menschenfischer

Wenn ein Interview komplett aus dem Ruder läuft: "Menschenfischer" von Markus Veith. (Cover: © OCM-Verlag)
Wenn ein Interview komplett aus dem Ruder läuft: „Menschenfischer“ von Markus Veith. (Cover: © OCM-Verlag)

Nach seinem Roman „Eulenspiegels Enkel“, das in Versform erschien, wagte sich Markus Veith an einen Thriller mit dem Titel „Menschenfischer“. In 328 Seiten geht es um eine merkwürdige Organisation von Außenseitern, den Menschenfischern, die hinter einem Anschlag an Rosenmontag stecken sollen. Das Buch spielt zwar nicht explizit in Dortmund, doch vieles deutet darauf hin.

 

Eins muss man Veith lassen. Er überrascht gerne, sein Roman in Versform war außergewöhnlich, und außergewöhnliche Ideen hat er auch in „Menschenfischer“ eingebaut. So teilt er seinen Thriller nicht in einfache Kapitel, sondern sie heißen „Gründonnerstag“, „Karfreitag“, „Karsamstag“ und „Ostersonntag“. Hier wird klar, wann die Handlung spielt.

Der „Gründonnerstag“ gleich zu Beginn nimmt fast die Hälfte des Buches ein. Veith findet einen interessanten Kniff, indem er den Zeitungsvolontär und Nachwuchsschriftsteller Patric ein Interview führen lässt, das plötzlich immer weiter ausufert. Das ist ein kleines Manko, denn wir werden mit Informationen bombardiert, mit Nebenstorys und plötzlichen Ortswechseln, dass ich mich gefragt habe: Wieso macht das eine Volontär wie Patric rund acht Stunden mit? Kein Anruf aus der Redaktion? Kein Melden bei der Redaktion? Kein: Bleiben wir mal beim Thema? Es kann ja sein, dass ein Interview mit einer Künstlerin Eindruck auf einen Praktikanten macht, aber dafür seinen Job riskieren? Jedenfalls fühlt sich der Leser nach dem Kapitel ähnlich wie Patric: Voll mit unverarbeiteten Informationen.

 

Nachdem man sich durch das erste Kapitel durchgebissen hat, nimmt der Thriller langsam, aber sicher Fahrt auf. Veith führt hier die Ausbildungsredakteurin Britta und vor allem den Chefredakteur Brinkmann ein, die der Geschichte auf den Zahn fühlen. Die Geschichte gewinnt an Dynamik und Zug. Den Spuren wird nachgegangen, die Geschichte auf Unstimmigkeiten überprüft.

 

In „Menschenfischer“ wird Veiths Vorliebe für den Dichterfürst (Volontär Patric hat im Schultheater den Faust gespielt) deutlich sichtbar. Ein anderer Schriftsteller, der eine wichtige Rolle im Buch spielt ist Stanislaw Jerzy Lec. Wer Aphorismen liebt, wird im Buch fündig.

 

Für mich war es ein Manko, dass ich nicht mit einer Figur „mitleiden“ konnte. Patric, der im ersten Teil, die Hauptfigur ist, agiert zu passiv, lässt sich mitschleifen und seine Psychose(n) machen es auch nicht einfacher. Zudem wird er im Laufe der weiteren Teile immer mehr zur Nebenfigur. Britta und Brechtmann spielen einfach nicht die wichtige Rolle, um mit ihnen mitzufiebern.

 

Wer Goethe liebt, vor allem den „Faust“, und auf Aphorismen steht, sollte durchaus mal einen Blick riskieren.

 

Markus Veith

Menschenfischer

OCM-Verlag

ISBN 978-3-9426272-19-1

15,90 €

Fließend und Fest

Susanne Thiemann, "PINKCLOUD", 2011, Kunststoffschlauch zweifarbig geflochten, 200 x 50 x 50 cm
Susanne Thiemann, „PINKCLOUD“, 2011, Kunststoffschlauch zweifarbig geflochten, 200 x 50 x 50 cm

Bei den Flechtarbeiten von Susanne Thiemann hat der Betrachter den Eindruck: Gerade eben ist etwas fließendes erstarrt. Wie Lava oder ein gefrorener Wasserfall wirken die Kunstwerke, die vom 11. April bis zum 18. Mai 2014 in der Galerie Dieter Fischer im Depot Dortmund zu sehen sind.

 

Der Titel der Ausstellung „Flechtworks“ spielt auf das Material und die Arbeitsweise an, das Thiemann für ihre Skulpturen benutzt: Die Künstlerin flechtet Kunststoffschläuche zu Kunstwerken. Gelernt ist gelernt, denn Thiemann ist gelernte Korbflechterin. Doch wie Körbe oder Tasche wirken ihre Arbeiten überhaupt nicht. Hier muss sich der Betrachter eigene Gedanken machen. Weitere Arbeiten sind auch begleitend zur Ausstellung „anybody can have an idea“ im Museum Ostwall im Dortmunder U zu sehen (wir berichteten).

 

In der Ausstellung sind neben den Skulpturen auch zwei Frottagen zu sehen. Was sind Frottagen? Bei der Frottage wird die Oberflächenstruktur eines Gegenstandes durch Abreiben auf Papier übertragen. Bei Thiemanns Frottagen erahnt man schon die Strukturen ihrer späteren Skulpturen.

 

Die Öffnungszeiten der Galerie Dieter Fischer ist donnerstags von 16 bis 20 Uhr. Und nach Vereinbarung.

 

Galerie Dieter Fischer

im Depot Dortmund

Immermannstraße 29

44147 Dortmund

www.galerie-dieter-fischer.de

Vulgär sein als politisches Statement

Bunny Love während ihrer "Southern Belle" Nummer. (Foto: © Ande Whyland)
Bunny Love während ihrer „Southern Belle“ Nummer. (Foto: © Ande Whyland)

Einen Einblick in die Szene der „Neo-Burlesque“ in New York bot der Film „Exposed“, der im Beisein von Regisseurin Beth B. am 10. April 2014 im Schauspielhaus gezeigt wurde. Vor und nach dem Film gab Tänzerin Bunny Love eine Kostprobe.

Burlesque hatte ihre Hochzeit in den USA in den 30er bis 50er Jahren. Der Unterschied zwischen Striptease besteht im wesentlichen darin, dass die Tänzerinnen und Tänzer eine ausgefeilte Bühnenshow hinlegen, statt sich einfach nur auszuziehen.

In Beth B.’s Film wurde eine besondere Komponente des Neo-Burlesque beleuchtet: Die Regisseurin begleitete acht Tänzerinnen und Tänzer über mehrere Jahre auf ihrer Reise durch die Szene. Dabei wurde deutlich, dass der Mut, sich auf der Bühne auszuziehen, obwohl man oder frau nicht über das Schönheitsideal verfügt, ist auch eine Form der politischen Aussage: „Seht her, ich bin körperlich behindert, ich lege trotzdem eine Burlesque-Show auf die Bühne, ziehe mich aus und ihr feiert mich.“ Dadurch entsteht eine Form von persönlicher Freiheit, die auch raus auf der Opferecke führt. Man beginnt, sich selbst zu lieben. Ein Antwort, die öfter im Film auftaucht.

 

Der Film ist keinesfalls eine Freak-Show, er zeigt vielmehr den Kampf von Individuen durch Vulgarität der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten, infrage zu stellen, was „Normal“ ist. Dabei dekonstruieren sie auch gängige Rollenmodelle wie beispielsweise Bunny Love es live vor Filmbeginn tat. Sie trat als „Southern Belle“, der klassischen Südstaatenschönheit auf, die im Laufe der Vorführung immer mehr von ihrer Hysterie und ihren Ängsten übermannt wird, bis sie als Finale völlig nackt sich ein Messer in die Vagina rammt.

 

Link zum Film: www.exposedmovie.com

Klagelieder für NSU-Opfer

 

Esther Dischereit liest aus ihrem neuen Roman "Blumen für Otello". (Foto: © Bettina Straub)
Esther Dischereit liest aus ihrem neuen Roman „Blumen für Otello“. (Foto: © Bettina Straub)

Acht Jahre ist es her, dass die rechtsextremistische NSU auch in Dortmund gemordet hat. Über zehn Jahre konnten die Mitglieder der Terrorzelle ungehindert zahlreiche Morde bedienen. Die offensichtlichen Ermittlungspannen und -fehler wurden in den Sitzungen des Vermittlungsausschusses diskutiert. Mit dabei als Besucherinnen war die Autorin Esther Dischereit, die aus dem Stoff zunächst ein Libretto für eine Oper machen wollte, aus der dann der Roman „Blumen für Otello“ entstand. Am Samstag, den 12. April um 18:00 Uhr im Studio des Schauspielhauses Dortmund wird die Autorin neben der DJane Ipek aus dem Buch lesen. Organisiert wird die Lesung vom Schauspiel Dortmund dem dem Verein „Vision Interkultur“.

 

„In dem Buch stellt sich die Autorin die Frage, was ist mit den Opfern“, so Michael Eickhoff Chefdramaturg des Schauspiels Dortmund. “ Dischereit macht dies auf eine poetisch und einfühlsame Art und Weise.“ Doch den Text wird es nicht nur auf Deutsch geben. DJane Ipek wird Auszüge daraus auch auf Türkisch lesen. Dischereit stößt sich an den sprachlichen Ungenauigkeiten und Diffamierungen, die die Poizei und die Medien benutzt haben. So war am Anfang der Ermittlungen ständig von „Döner-Modern“ zu lesen und ein Opfer wird als Blumenhändler bezeichnet, obwohl er eigentlich ein Blumen-Großhändler ist.

 

Unterstützt wird die Veranstaltung materiell und ideell von unterschiedlichen Organisationen.Neben dem Kulturbüro unterstützt das Kommunale Integrationszentrum und die Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie die Lesung mit jeweils 500 €, Klaus Wegener von der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund, versprach ebenfalls einen ähnlich hohen Betrag, falls noch Restkosten entstehen würden. Mehr ideell, aber mit einem großen Netzwerk im Rücken, unterstützt VMDO, ein Dachverband von 40 Migrantenorganisationen mit verschiedenen Migrationshintergründen, die Veranstaltung.

 

Karten für die Veranstaltung kosten 10 €, ermäßigt 5 €. Mehr unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.