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Einblicke in Urängste

Gruppenbild mit Stoffente: Elisabeth Pleß, Paul Hess, und Rolf Dennemann. (Foto: © artscenico)
Gruppenbild mit Stoffente: Elisabeth Pleß, Paul Hess, und Rolf Dennemann. (Foto: © artscenico)

Mit dem Stück „Missing Links“ von „artscenico“ zeigte das Theater im Depot kurz vor der Sommerpause ein tiefschwarzen Blick in die menschliche Seele. Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Tänzer Paul Hess zeigten am 26. und 27. Juni 2015 einen Parforceritt durch weitgehende dunkle Seelenzustände und Ängste.

Es war wohl die eindrucksvollste Szene des Stückes: Pleß klammert sich an Hess und wirkt somit wie ein Alp, den der arme Tänzer mit sich herumschleppen muss. Doch auch andere Szenen hatten viel Kraft, was vor allem an der exzellenten Leitung von Hess lag. Die tänzerischen Bilder, die er entwarf, waren eindringlich und berührend. In einigen Momenten wurde sein Rücken sogar zur Projektionsfläche von kurzen Videoeinspielungen.

Dennemann, der Kopf hinter „artscenico“, arbeitete sich durch die Urängste der Menschheit. Die Angst vor dem „Schwarzen Mann“ oder dem „Butzemann“, die vor allem Kinder plagt, wird aufgegriffen. Neben ziemlich grausamen Grimmschen Märchen wie „Das eigensinnige Kind“ oder „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ steht auch beispielsweise Edgar Allen Poes berühmtestes Gedicht „Der Rabe“ oder Kafkas „Verwandlung“ Mittelpunkt des Stückes.

Die Bühne war karg, bis auf den Lichtkreis, der sich nach bedarf hob und senkte. Musik, unter anderem Mozarts Requiem, unterstützte das Stück. Das Ende von „Missing Links“ war wie der Anfang. Am Ende „stirbt“ der Tänzer durch mehrere Schüsse. Ein neuer Kreislauf beginnt.

Modernes Tanztheater trifft auf Schauspiel trifft auf Musik und Video. Auch wenn man die Rollen von Pleß und Dennemann nicht unterbewerten sollte, aber die tänzerische Leistung von Paul Hess stach einfach heraus. Das Stück ist sicher nicht jedermanns/-fraus Sache, aber wer modernen Tanz liebt und einen Einblick in menschliche Ängste bekommen möchte, sollte auf jeden Fall nach den „Missing Links“ Ausschau halten.

Kaleidoskop des menschlichen Lebens

Bereit für die fehlenden Verbindungen: (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Paul Hess. (Foto: © artscenico)
Bereit für die fehlenden Verbindungen: (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Paul Hess. (Foto: © artscenico)

Die letzte Premiere in der laufenden Spielzeit im Theater im Depot trägt den Titel „Missing links“ und ist ein Tanztheater von artscenico. Rolf Dennemann als Kopf der Produktion steht mit der Schauspielerin Elisabeth Pleß auf der Bühne, während Paul Hess den tänzerischen Teil übernimmt. Die Uraufführung ist am Freitag, den 26. Juni um 20 Uhr, eine weitere Vorstellung findet am 27. Juni 2015 ebenfalls um 20 Uhr statt. Im August gibt es weitere Termine.

„Urängste, Naturgewalten und Kindheitserinnerungen. Was macht das mit den Menschen“, fragte sich Rolf Dennemann und stieg hinab in unser aller Seelenleben, das geprägt ist durch Geschichten, Märchen und Anekdoten, die auch mal ins Grausame abgleiten können.

Um ein passendes Setting für diese Art von Geschichtenerzählung zu schaffen, wird ein Lichtkreis im Zentrum der Bühne stehen. Wie in einem Kaleidoskop werden die Geschichten von Kafka, Poe und weiteren Autoren in Ausschnitten angeleuchtet. „Die Geschichten werden aber nicht aus erzählt“, so Dennemann.

Den tänzerischen Part übernimmt der Essener Tänzer Paul Hess, der bereits in früheren Produktionen von artscenico zu sehen war wie beispielsweise „Feedback“. Denn der Körper kann bestimmte Dinge ausdrücken, die der Sprache fremd bleiben. Auch wenn sich die beiden Schauspieler bewegen werden, gestaltet Hess die tänzerischen Bilder. Dabei will er sich einer Tanzsprache bedienen, die ein reduziertes Bildmaterial benutzt und natürliche Bewegungen fördert. „Es werden Bilder entstehen, die Spaß machen können, aber auch erschrecken“, ist sich Hess sicher.

Rückmeldungen aus Robotermund

Paul Hess zeigte eine grandiose tänzerische Leistung. (Foto: © Guntram Walter)
Paul Hess zeigte eine grandiose tänzerische Leistung. (Foto: © Guntram Walter)

„Wir sind die Roboter“, sagen bereits Kraftwerk in den 70er Jahren und die Robotertechnik scheint ja immer weiter voranzuschreiten. Rolf Dennemann hat nach seinem „Rosinenblues“ mit „Feed back“ ein Stück auf die Bühne des Theaters im Depot gebracht, das Tanz und Schauspiel miteinander verbindet. Ars tremonia war in der Vorstellung am Sonntag.

 

„Feedback“. Das ist (unter anderem) eine verbalisierte Rückmeldung an eine Person über ihr Verhalten. Vier Schauspieler, ein Tänzer. Video und Musik sorgten für viele Rückmeldungen. Ein Abend für alle Sinne.

 

Die Rahmenhandlung spielte in einem „Institut für angewandte Manipulation“. Die Probanden spielten vier Robotor, die in unterschiedlichen Dienstleistungsuniformen wie Müllwerker, Krankenhausmitarbeiter, Security Dienste oder Kellner. Ein kleiner Seitenhieb darauf, dass in der Zukunft vielleicht die Straße von einem Roboter gefegt oder die Pflege im Altenheim automatisiert wird. Horror-Vorstellung oder lieber Roboter-Pflege als gar keine Pflege?

 

Kleine Besonderheit des Stückes: Über einen Knopf im Ohr bekamen die Schauspieler Texte vorgesprochen, die sie sofort wiedergeben mussten. Daraus entfiel natürlich die sprachliche Bearbeitung.

Bei den Müllmännern (und -frauen) stand die Debatte um den „Freien Willen“ im Mittelpunkt. Der „Security-Dienst“ beschäftigte sich beispielsweise mit dem Thema „Kunst“. Dabei wurden keine Theatertexte vorgelesen, sondern wissenschaftliche Statements, politische Aussagen oder Zitate von Personen aus Kunst und Gesellschaft. Klingt merkwürdig, funktioniert aber.

 

Eingerahmt wurde diese Veranstaltung durch die wirklich virtuosen Tanzdarbietungen von Paul Hess, der allein den Besuch des Stückes wert ist. Der Höhepunkt war die äußerst witzige Adaption eines Dressurritts mit Passagen und Piaffen und allem, was dazugehört.

 

Matthias Hecht, Thomas Kemper, Elisabeth Pleß und Nicole Janze spielen ihre roboterhaften Gegenstücke fast perfekt. Mit den typischen ruckartigen Bewegungen und den Irritationen, wenn die Sensoren nicht genau wissen, was sie nun zu tun haben. Aber bei allem stammen diese Roboter wohl weder aus den Terminator-Filmen noch aus „Westworld“. Dafür haben sie alle noch ihre kleinen Macken.

 

Das Problem bei den Texten: Redet mehr als ein Schauspieler, wird es schwierig, sich zu entscheiden, wem man folgt. Doch das passiert glücklicherweise nicht zu oft. Ansonsten merkt man, wie grotesk es manchmal ist, was Politiker so von sich geben. Ein gutes Beispiel ist Bundespräsident Gauck, der die Bankenkritik „unsäglich“ nannte.

 

Ein Abend, der mehr Zuschauer verdient hätte. Denn – wie erwähnt – die Tanzeinlagen von Paul Hess waren große Klasse. Auch die Leistung der vier Schauspielerinnen und Schauspieler konnte überzeugen.

Feedback der besonderen Art

Science-fiction oder Spiel mit dem Theater? (v.l.n.r.) Paul Hess (Tanz, Choreographie), Nicole Janze (Schauspielerin), Rolf Dennemann (künstlerischer Leiter), Thomas Kemper (Schauspieler) und Elisabeth Pleß (Schauspielerin).
Science-fiction oder Spiel mit dem Theater? (v.l.n.r.) Paul Hess (Tanz, Choreographie), Nicole Janze (Schauspielerin), Rolf Dennemann (künstlerischer Leiter), Thomas Kemper (Schauspieler) und Elisabeth Pleß (Schauspielerin).

Der berühmte Mann im Ohr spielt eine wichtige Rolle im Tanz- und Theaterabend „Feedback“ nach einer Kreation von Rolf Dennemann. Die Premiere ist am 09. Mai um 20 Uhr im Theater in Depot.

 

Worum geht es? Einerseits geht es um die Frage, ob wir eigentlich noch alles begreifen können, weil die Informationsflut so riesig ist, dass wir resignieren und uns damit abfinden. Andererseits dreht sich in der Rahmenhandlung von „Feedback“ alles um das Thema Robotik. Es spielt im „Institut für angewandte Manipulation“. Dass alle vier Schauspieler in Kleidung von Servicekräften auf der Bühne stehen, ist kein Zufall. Denn Dennemann geht es um die Dienstleistungsgesellschaft und ihre Zukunft. „In Japan experimentieren sie bereits mit Pflegerobotern“,so Dennemann. Werden wir also von Robotern gepflegt und ist das besser oder schlechter als möglicherweise überhaupt nicht mehr gepflegt zu werden? Diese Wahl wird den Zuschauern nicht abgenommen, sie müssen selber eine Antwort finden.

 

Für das Stück „Feedback“ hat Dennemann dafür als kleinen Kniff den „Mann im Ohr“ reaktiviert. Die Schauspieler lernen keinen Text auswendig, sondern müssen den Text wiedergeben, der ihnen ins Ohr geflüstert wird. Damit ist eines der wesentlichen Merkmale eines Schauspielers negiert: Das besondere Betonen des Textes, denn dafür ist er viel zu beschäftigt. „Durch den Verlust an Interpretation gewinnt der Text eine neue Dimension“, erklärt Dennemann. Die Texte sind keine Theatertexte. Zitate von Angela Merkel, Gregor Gysi, aber auch von Jenny Elvers und anderen Personen aus Politik und Talk werden benutzt. Für die vier Schauspieler wirkt es ein wenig wie eine Simultanübersetzung.

 

Auf der Bühne wird es eine Mischung zwischen Tanz, Schauspiel, Ton, Bild und Video geben. Für Ton und Tanz ist der Tänzer und Choreograph Paul Hess zuständig, spielen werden Matthias Hecht, Thomas Kemper, Elisabeth Pleß und Nicole Janze.

 

Neben der Premiere am Freitag um 20 Uhr gibt es eine weitere Vorstellung am Sonntag um 19 Uhr.

Der Eintrittspreis beträgt im Vorverkauf 13 € (ermäßigt 8 €) und an der Abendkasse 15 € (ermäßigt 10 €).

Das Theater im Depot befindet sich in der Immermannstraße 29 in 44147 Dortmund.