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Liebe und Tod – berührendes Musiktheater bei Opus Love

Liebe und Tod gehören irgendwie zusammen, fand Rolf Dennemann von artscenico und entwickelte mit „Opus Love“ ein Musiktheater mit starken Gefühlen von Nähe, Verbundenheit, aber auch von Abschied und Verzweiflung. So facettenreich wie die Liebe eben. Ein Premierenbericht vom 16. Oktober 2020 im Theater im Depot.

Nähe ist etwas, was gerade unter Corona-Bedingungen extrem schwer ist. Das Theater im Depot konnte daher in seinem Theatersaal nur eine begrenzte Menge an Besuchern zulassen. Dennoch zeigten sich die Beteiligten auf der Bühne voller Spiellust.

Dazu gehörten vor allem die Musiker, die der musikalische Leiter Yoyo Röhm zusammen gestellt hatte. Es spielten Marie-Claire Schlameus (Cello), Achim Färber (Schlagzeug), Andreas Dormann (Saxophon, Klarinette) und Roman D. Metzner (Akkordeon). Für die Performance waren Elisa Marschall, Elisabeth Pleß, Sascha von Zambelly zuständig, es sang zudem noch der Tenor José Francisco Vieira.

Vieira kam als „Trauernde in Schwarz“ auf die Bühne komplett mit Schleier, während auch die anderen Akteure in Schwarz gekleidet waren. Kein Rot, keine anderen Farben.

Der erste Text wurde von Elisabeth Pleß vorgetragen, eine Liebeselegie aus „Gier“ von Sarah Kane. Pleß spielte diese Ode an die völlige Hingabe, an die bedingungslose Liebe mit einer ordentlichen Portion Körpersprache, ihre Arme unterstützten ihren Vortrag. Vorher sang Pleß das Lied „Komm in mein Boot“ von Rammstein, doch in einer ruhigen, fast chansonartigen Version. Die Band unterstrich ihren Monolog durch zumeist sanfte unterstützende Klänge. Das Ende der Liebeserklärung war deutlich: „Das muss aufhören“, wiederholte Pleß. Ein Hinweis vielleicht, dass eine Liebe, für die man sich aufgibt, in eine persönliche Sackgasse führen kann. Die Autorin Kane, die ein Jahr nach der Uraufführung Selbstmord beging, schrieb das Stück als sie nach eigenen Angaben ihren Glauben an die Liebe verloren hatte.

Elisabeth Pleß bei ihrem Vortrag von "Gier" von Sarah Kane. (Foto: © Guntram Walter)
Elisabeth Pleß bei ihrem Vortrag von „Gier“ von Sarah Kane. (Foto: © Guntram Walter)

Um Liebe und Tod ging es auch im zweiten Akt. Hier stand ein Text von André Gorz im Mittelpunkt. Das Besondere dabei: Der Text kam vom Band und Elisa Marshall hat dazu getanzt. Die Musik kam eher aus dem Blues/Jazz-Bereich, hatte durch das Akkordeon auch französischen Charakter. Gorz behandelt in seinem Text „Brief an D.“ seine Liebe zu seiner Frau, mit der er über Jahrzehnte verheiratet war. Sie wird kränker, aber er kann nicht ohne sie leben. Im Text schreibt Gorz „Ich möchte nicht bei deiner Einäscherung dabei sein“. Dazu kommt es auch nicht, beide scheiden gemeinsam aus dem Leben.

Im dritten Akt wird wieder Rammstein gespielt. „Ohne dich“, wieder gesungen von Elisabeth Pleß. Auch hier geht es um dem Tod, aber nicht um den eigenen. Denn Samuel Becketts Geschichte „Erste Liebe“ spielt auf einem Friedhof. Sascha von Zambelly präsentiert einen völlig kauzigen Erzähler, einen Sonderling, der scheinbar keine Empathie besitzt, sich aber über Grabinschriften köstlich amüsieren kann. Im dritten Akt hat auch José Francisco Vieira seinen großen Auftritt mit „When I am laid in earth“ von Henry Purcell.

Insgesamt drei bewegende Akte mit passender Musik und guten Performern. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Stück öfter gespielt wird. Ein Besuch würde sich auf jeden Fall lohnen.

Juckpulver und Hagebuttentee – mitten aus der echten Nordstadt

Das hätte sich Regisseur und Mastermind Rolf Dennemann nicht besser ausdenken könne. Während der Premiere von „Juckpulver und Hagebuttentee“ am 05. Mai 2018 im Hinterhof der Missundestraße 8-12, brach ein real existierender Nachbarstreit aus. Mit wüsten Beschimpfungen. Auf der Zuschauerbühne gab es zuerst einige Irritationen, ob denn das zum Stück gehörte. Aber es passte ideal in die Kulisse und das Stück.

Zum Inhalt: Deniz (Linus Ebner)kommt nach seinem Studium des „Manager of Communication“ wieder zurück in seine alte Heimat, die Dortmunder Nordstadt, und versucht den schlechten Ruf zu verbessern. Wie macht man das? Natürlich mit einem Casting für das Stück „Im Tal der fliegenden Messer“.

Somit ist den Besuchern klar: Der zweite Teil ist ein Prequel vom Vorgängerstück, das im vergangenen Jahr Premiere hatte. Mit dabei sind auch die skurrilen Typen aus der Nachbarschaft wie Walla (Thomas Kemper) und Kalla (Mathias Hecht). Hier erfährt der Besucher, warum sie im zweiten Teil zu Ommas werden.

Das aktuelle Stück beginnt dort, wo das letztjährige Stück endete: Bei den alten Garagen. Der überwiegende Teil des Ensembles von "Juckpulver und Hagebuttentee".
Das aktuelle Stück beginnt dort, wo das letztjährige Stück endete: Bei den alten Garagen. Der überwiegende Teil des Ensembles von „Juckpulver und Hagebuttentee“.

Wie beim Vorgängerstück zeigt Dennemann seine Liebe für die sonderlichen Typen, von denen es in der Nordstadt anscheinend viele gibt, aber bei „Juckpulver und Hagebuttentee“ gibt auch viele Szenen, die den Zusammenhalt der Nachbarschaft in der Nordstadt zeigen oder den täglichen Überlebenskampf der Menschen.

Musikalisch hatte das Stück einiges zu bieten: Cellist Daniel Brandl, der zuerst von Emmi (Elisabeth Pleß) entführt wurde, spielte einige schöne Passagen, wobei das auf deutsch gesungene „Bang bang (My baby shot me down) von Emmi für Gänsehautmomente sorgte. Doch auch Flöten und Trompetenklänge, gespielt von zwei Darstellern, bereicherten die Szenerie.

Wer sich in die Nordstadt traut, den erwarten bei „Juckpulver und Hagebuttentee“ ein engagiertes selbstironisch-humorvolles Spiel von Profi- und Laienschauspielern. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Für alle, die sich für die Fortsetzung „Im Tal der fliegenden Messer“ interessieren, gibt es zwei Termine.

Termine: 11. bis zum 13. Mai 2018, jeweils um 19:30 Uhr. Am 18. und 19. Mai 2018 gibt es eine Wiederaufnahme von „Tohuwabohu“, ebenfalls um 19:30 Uhr.

Die Eintrittspreise betragen 12 € / bzw. 7 € ermäßigt. Karten gibt es unter orga@artscenico.de oder unter der Telefonnummer 0176 63826162 oder 0231 8634113. Auch im Quartiersmanagement Nordstadt (Mallinckrodtstraße 56) sind Karten erhältlich.

Grenzerfahrungen und theatrale Versuche der Überwindung

Das Dortmunder Theater im Depot hatte am Samstag, den 28.04.2018 das Ensemble Drangwerk aus Köln mit dem interdisziplinären und performativen Stück „Grenze, Die – und ihr tragischer und erhellender Tod“ in einer Inszenierung von Elisabeth Pleß zu Gast.

In einem Zusammenwirken von Schauspiel, Tanz und Live-Musik geht es in einer Art Parabel auf die Menschheit um „Grenzen“ im weitesten Sinne. Die Grenzen sowohl in unserem Kopf, wie auch unsere nach außen, dem Unbekannten und Fremden gegenüber.

Schon beim Eintritt in den Theaterraum begann die Performance. Wegweiser führten die Eintretenden gezielt zu der in einer Hängematte liegenden „Grenze“ , personifiziert durch die Tänzerin Photini Meletiadis, geleitet und sie bekamen Sitzplatznummern zugewiesen. Schwarze Trennbänder zwischen den Gängen symbolisierten die Begrenzungen. Atmosphärisch eindrucksvoll begleitet vom Jazz- und Improvisationsmusiker Pablo Giw, trifft diese Grenze dann auf zwei Figuren diesseits (Raschid Daniel Sidgi) und jenseits (Annika Weitershagen) ihrer selbst. Beide werden von der Grenze im Spannungsverhältnis von Sicherheitswunsch und Freiheit, Privatsphäre und Überwachung, gezielt gegeneinander ausgespielt. Die beiden Schauspieler bewegen sich gekonnt in diesem Spannungsfeld. Vorsichtige Annäherungen wechseln mit fortschreitender Einengung und der ständigen Beobachtung. Das führt zur Entfremdung und verzweifelten Versuchen der Loslösung und Überschreitung der beengenden Grenzen. Mit viel – oft schmerzhaftem – Körpereinsatz lassen die Schauspieler das Publikum diesen Prozessen und furiosen Grenzkämpfen teilhaben. Die naheliegende Lösung ist: Die Grenze muss weg, und Grenzfreiheit ist das Ziel.

Jazz- und Improvisationsmusiker Pablo Giw sorgte für die passenden Klangwelten. (Foto: © Simon Howar)
Jazz- und Improvisationsmusiker Pablo Giw sorgte für die passenden Klangwelten. (Foto: © Simon Howar)

Die Todesfeier wird mit Marshmallows und Popcorn – auch für das Publikum – als „Happening“ zelebriert, und am Ende wird eine vorbereitete Grabrede gehalten.

Es bleiben aber offene Fragen. Wie schaffen wir es, grenzen zu überwinden? Was passiert danach? Und: Wo kam die Grenze überhaupt her? Ist sie nicht eine ständiger Begleiter in unserem Leben . Auf alle Fälle eine große Herausforderungen für die Menschen. Wir kommen nicht darum herum, uns immer wieder mutig und neugierig mit den inneren und äußeren Widerständen auseinander zu setzen und Grenzen zu überwinden. Es könnte sich lohnen!

Eine emotional aufwühlende Inszenierung mit ausdrucksstarken Schauspielern zu einem aktuellen und existenziellem Thema.

Deutschland Shorts – ein nachdenkliches Kurzdramenfestival

Mit bis zu fünfzehn-minütigen Kurzstücken zu Deutschland setzten sich zehn Produzenten in Eigenregie solo oder als Schauspielteam an zwei verschiedenen Theater-Orten und Tagen vom 09.11. bis zum 12.11.2017 auseinander. Das neue Format ist in Koproduktion des Rottstr5Theater (Bochum), dem Theater im Depot und artscenico (beide Dortmund). Die „Deutschland Shorts“ als Festival wurde am 09.11/10.11.2017 in Bochum im Rottstr5Theater und am 11.11/12.2017 im Theater im Depot in Dortmund. Ein spannendes Erlebnis, das gleiche Programm in zwei so unterschiedlichen Orten aufzuführen. An einem Abend wurden jeweils fünf der Produktionen aufgeführt. Die zehn Produzenten, mit mehr oder weniger Regie-Erfahrung, leben in unserem Land.Teilweise haben sie auch einen familiären Migrationshintergrund oder Bezug. Ars tremonia konnte leider nur beim zweiten Teil der „Deutschland Shorts“ am 12.11.2017 im Depot dabei sein.

Der erste Beitrag „Wenn Hände sprechen“ von Tänzerin, Choreografin und Tanzpädagogin Photini Meletiadis war eine witzige Auseinandersetzung mit Klischees über Deutschland.. Gegenüber gestellt ein Video-Interview mit verschiedenen ausländischen Tänzern in deren Landessprache. In choreographischen Sequenz wurden deren spezifische Gestik dabei heraus gefiltert. Interessant zu sehen, wie sich die Gesten bei einer Wiederholung in deutscher Sprache veränderte. Abwechselnd im Vergleich von Video und Live-Performance der Künstlerin bot sich dem Publikum eine Mischung von an Bewegung und Musik.

Der folgende nachdenkliche Beitrag „Und jetzt will ich nach Hause“ von Klaviersolistin und Regisseurin Ariane Kareev war eine Mischung aus Sprechtheater und Tanz-Performance. Es geht um den Verlust und die verzweifelte Suche nach „Heimat“. Der Tanz-Part wurde von Yun Ju Chen symbolisch stark als „Home“ ausgefüllt. Geprägt von Sanftmut, ihrer Allgegenwart und Zerbrechlichkeit.

Die Mutter Magda (Monika Bujinski) droht ihre Welt zu verlieren (Demenz). Sie weiß nicht, wo sie danach suchen soll, während ihr Sohn (Lukas Vogelsang) seinen Wunsch nach Heimat mit einer Doktrin der „nationalen Zugehörigkeit“ ausfüllt.

Freuen sich auf "Deutschland Shorts". (v.l.n.r. Hans Dreher (Leiter Rottstr5Theater), Bianca Künzel (Mitarbeiterin Produktion), Rolf Dennemann (artscenico), Berthold Meyer (Theater im Depot).
Die Organisatoren und Veranstalter von „Deutschland Shorts“. (v.l.n.r. Hans Dreher (Leiter Rottstr5Theater), Bianca Künzel (Mitarbeiterin Produktion), Rolf Dennemann (artscenico), Berthold Meyer (Theater im Depot).

Frei nach Heinrich Heine „Denk ich an Deutschland in der Nacht“ konfrontierte die Performerin Elisabeth Pleß das Publikum mit ihren „Hetzerträumen“. Auf einer ausgebreiteten weißen Plastikfolie führt sie in die düstere Filterbubble der „besorgten Bürger“. Dabei konfrontiert sie die im Grundgesetzes garantierten Rechte mit den fatalen Einschränkungen, die durch Einschränkungen, die durch „rechte Populisten“ propagiert werden.

Der Regisseur und Autor Carl-Herbert Braun weist mit seinem Beitrag „Geister“ (sie kommen aus dem Nebel auf die Bühne) auf die kulturellen (Spät)folgen des 1. Weltkrieges hin. Die von den Schauspielern Bernhard Bauer und Tonio Schneider vorgetragenen Texte von Vertretern jener Generation, wie etwa Ernst Toller u.a., haben von ihrer aktuellen Brisanz nichts verloren.

Der letzte Beitrag „Prometheus“ war ein Regie-Debüt von Simon Krämer.

Formal als klassischen Sprechtheaters stand er im Spannungsfeld von Widerstand (Rudolf Klein als Prometheus) Macht des Regimes in Person ihrer Diener und Vollstrecker (Leonard Meier als Kratos).

Deutschland Shorts – 10 Kurzdramen in zwei Theatern

In Kooperation mit dem Rottstr5Theater (Bochum) führt das Dortmunder Theater im Depot ein neues Festival-Format unter dem Titel „Deutschland Shorts“ (10 Kurzdramen zu unserem Land) durch.

Entwickelt wurde das Konzept zum Festival von Rolf Dennemann (Festivalleitung & artsenico), Hans Dreher (Festivalleitung & Leiter des Rottstr5Theaters) und weiteren Mitwirkenden.

Die Idee zu dem ungewöhnlichen Festival entwickelte sich, so Dennemann, in den letzten Jahren. So viele Ereignisse mit unvorhersehbarem Ausgang überschlagen sich, und die Verunsicherung ist groß. Was geht hier vor sich, wo steht unser Land? Unter dem Motto „Nachdenken über unser Land“, bringen zehn Künstler (alleine oder im kleinen Ensemble) ihre Haltung zu diesem Thema mit individuell unterschiedlichen Ausdrucksmitteln auf die Bühne. Die Bandbreite reicht vom klassischen Sprechtheater, oder kombiniert mit Tanz,Musik oder Video. Die Vielfalt an Performances entspricht dem diversen Hintergrund der beteiligten Personen. Sie bringen neben ihrem unterschiedlichen kulturellen und künstlerischen Background natürlich auch einen ganz persönlichen Blickwinkel auf Deutschland mit.

Die entstandenen Inszenierungen werden im Rahmen einer zweitägigen Veranstaltung sowohl im Rottstr5Theater in Bochum (9. und 10.11.2017) wie auch im Theater im Depot (11.11. und 12.112017) hier vor Ort gezeigt.

Mangels ausreichender Fördermitteln mussten sich die Organisatoren auf zehn Künstler, Künstlergruppen und Ensembles beschränken. Ihre Beiträge dürfen fünfzehn Minuten nicht überschreiten und die Performance muss sich auf Deutschland beziehen.

Am ersten Aufführungsabend kann das Publikum die ersten in Eigenregie von fünf Künstlern entwickelten Beiträge, am folgenden Tag dann die restlichen Fünf erleben.

Die Produzenten konnten ihr umfangreiches Netzwerk nutzen und Beiträge direkt aus den Reihen ihnen bekannter Künstler schaffen.

Am Samstag, den 11.11.2017 um 19:30 Uhr kann das Publikum im Dortmunder Theater im Depot die Statements zu unserem Land vom Pianisten, Theater-und Bühnenmusiker Christoph Iacono (Eröffnung), der deutsch-russische Tänzerin, Choreografin und Performerin Elena Leniger (Gelenkigkeit), des Schauspielers Matthias Hecht (Regie-Debüt: Zuhause), der freischaffenden Regisseurin Mizgin Bilmen mit einer Video-Performance) und Rolf Dennemann mit romantischem Leitmotiv (Mondnacht) erleben.

Freuen sich auf "Deutschland Shorts". (v.l.n.r. Hans Dreher (Leiter Rottstr5Theater), Beate Künzel (Mitarbeiterin Produktion), Rolf Dennemann (artscenico), Berthold Meyer (Theater im Depot).
Freuen sich auf „Deutschland Shorts“. (v.l.n.r. Hans Dreher (Leiter Rottstr5Theater), Bianca Künzel (Mitarbeiterin Produktion), Rolf Dennemann (artscenico), Berthold Meyer (Theater im Depot).

Am Sonntag, den 12.11.2017 um 19:00 Uhr lässt die Choreografin und Tänzerin Photini Meletiadis aus Köln „Hände sprechen“, weitere Statements gibt es von der Tänzerin und Regisseurin Adriane Kareev (und jetzt will ich nach Hause) und der bekannten Performerin Elisabeth Pleß (Um den Schlaf gebracht – Hetzerträume werden wahr). Einen historischen Blick auf unser Land wirft der freie Regisseur und Autor Carl-Herbert Braun und ein Sprechtheater-Beitrag als Regie-Debüt gibt es von Simon Krämer (Rottstr5Theater).

Weitere Informationen und Kartenreservierungen unter:

Theater im Depot: 0231/ 98 22 336 (AB) oder ticket@theaterimdepot.de

Assoziative Theater-Performance zur „dunklen Seite“

[fruitful_alert type=“alert-success“]Um die dunklen Seite des Menschen dreht sich das Stück „Böse“. (Foto: © Guntram Walter)[/fruitful_alert]

Rolf Dennemanns „artsenico“ konfrontiert uns mit seiner neuesten Kreation „Böse – Dark Side“ humorvoll-ironisch, aber gleichzeitig sensibel assoziativ mit der „dunklen Seite“ in uns. „Böse“ ist nach „Missing Links“ und „Die Messe“ Teil III einer Trilogie um Seelentiefe. Am 02. September 2017 hatte diese besondere Tanz-Theater-Performance Premiere im Theater im Depot. Ars tremonia war bei der zweiten Vorstellung am 03.09.2017 anwesend.

Seine Wirkung entfaltet dieses „Physical Theatre“ durch das wunderbare miteinander und zusammenwirken von Tanz (Paul Hess) , Performance (Elisabeth Pleß, Linus Ebner), den Einsatz von eindrucksvollen Gesichtsmasken und Puppen sowie effektvollem Licht und Geräuscheinsatz mit passendem Musik-Hintergrund. So werden atmosphärisch in die Tiefe gehende Stimmungen erzeugt

Zu Beginn wird das Publikum von einem schwungvoll-optimistischen tanzenden in weiß gekleideten Paul Hess empfangen. Die ebenfalls in weiß gekleideten Elisabeth Pleß und Linus Ebner verbreiten strahlend gut Stimmung. Sie vermitteln all die vielen Dinge, die im Leben „schön sind“. Dabei beziehen sie das Publikum offensiv mit ein. So wird zum Beispiel die Blume auf der Jacke einer Zuschauerin als schön erkannt.

Dann geht auf die zum Leben gehörende „dunkle Seite“ in uns, die genauso dazu gehört.

Böse Gedanken“, Wünsche, oft religiös verstärkte Schuldgefühle werden assoziativ und verfremdet und mit Hilfe von Masken oder Puppen und mit einem „Augenzwinkern“ vermittelt. So spielt Elisabeth Pleß in roten Pumps und die „dominante Frau“, die den „unterwürfigen“ Linus Ebner Befehle erteilt. Bewusst benutzen sie dabei eine Art Kunstsprache, bei der das Publikum nur einzelne (wichtige) Worte versteht. Das „Böse“ wird in einer verfremdeten, teils grotesk-komisch auf die Bühne gebracht.

Dabei wird politische Korrektheit und Humorlosigkeit genauso eine Todsünde wie etwa die aus der Bibel bekannten wie Völlerei oder Habgier gesehen.

Ein gleichsam unterhaltender wie nachwirkender Theaterabend mit wunderbaren Künstlern.

Gelegenheit, sich „Böse“ anzusehen besteht noch am Freitag, den 08. und Samstag, den 09. September 2017 um 20:00 – RÜ Bühne Essen und am Freitag, den 15. Und Samstag den 16. September – Rottstrasse 5 Theater! Bochum.

Das Leben findet im Hinterhof statt

[fruitful_alert type=“alert-success“]Gruppenbild der Laiendarsteller mit Gartenzwerg.[/fruitful_alert]

Die Nordstadt hat eine Vielzahl von interessanten Hinterhöfen mit alten Gebäuden, die seit Jahrzehnten darauf warten, wach geküsst zu werden. Für Rolf Dennemann, dem Kopf von artscenico, sind Hinterhöfe auch ein Ort der Kommunikation. In seinem Stück „Tal der fliegenden Messer (Tohuwabohu)“ präsentiert er mit Laien und Profi-Schauspielern im Hinterhof an der Missundestraße 10 das raue Leben. Ars tremonia war bei der Premiere am 06. Mai dabei.

Skurrile Typen gibt es in dem Stück genug und dennoch scheinen sie auf dem realen Leben der Nordstadt herausgegriffen zu sein. Die Oma, die Mitarbeiterin vom Pflegedienst, die Nachbarn, die neu Hinzugezogenen oder die Schnorrerin. Bei der hat die Inflation gnadenlos zugeschlagen, denn mit Kleingeld gibt sie nicht nicht zufrieden, ein Zehner sollte es schon sein.

Nicht nur die Typen sind skurril, auch die Geschichte, die uns Dennemann präsentiert, ist ein wenig „strange“. Kalla und Walla haben der Rentenkasse den Tod ihrer Mutter verheimlicht und kassieren ihre Rente. Natürlich wissen die Nachbarn Bescheid und verlangen Schweigegeld. Nachdem das zu viel wird, versucht sich Walla als erfolgloser Heiratsschwindler.

Daneben geht das Leben im Hinterhof seinen Gang, kleine Gärten werden gepflegt, der Grill wird an geschmissen und ein spanisches Paar hat es sich als Obdachlose auf einem Sofa bequem gemacht.

Das Stück lebt hauptsächlich von seiner sehr ungewohnten Freiluftatmosphäre. Das Setting in einem Hinterhof war zunächst ungewöhnlich, doch man gewöhnte sich daran. Auch dass Nachbarn ab und zu aus dem Fenster schauten, um zu erfahren, was los ist oder eine Katze sich vom Dach das Stück näher ansah.

Der zweite Teil spielte im hinteren Bereich des Hinterhofes, wo mehrere schöne alte Garagen auf den Besuch der Zuschauer warteten. Die Zeit wurde unterdessen genutzt, um vorne alles für die Gartenparty vorzubereiten, womit das Stück auch beendet wurde.

Das Stück ist ideal für alle diejenigen, die das Nordstadtflair lieben und gerne neue Orte entdecken. Dazu zeigt Dennemann ein Kaleidoskop an Nordstadt-Typen und Nordstadt-Leben, das sich deutlich vom Leben in einer Reihenhaus-Siedlung am Stadtrand unterscheidet. Hinzu kommt auch die gelungene Melange von Laien und Profis zu einem einheitlichen Stück.

Mit dabei sind unter anderem: Matthias Hecht, Thomas Kemper, Elisabeth Pleß, Linus Ebner, Denise Rech, Rezan Kanat, Anna Hauke und Jürgen Dilling, Cynthia Teresa Scholz-Tovar, Ismael José Monagas Caraballo, Baran Drbas, Heike Hundeiker, Uwe Lagoda, Taher Güliesstan, Gerlinde Albers, Hans Eckert, Werner Rosenberg.

Musiker gab es natürlich auch. Gregor Hengesbach und Volker Wendland spielten Gitarre.

Weitere Aufführungen gibt es am 13. und 14. Mai 2017 – jeweils ab 19.30 Uhr. Infos und Karten unter orga@artscenico.de. Eintritt 12,00/ermäßigt 7,00€

Messe mit Kuschelfaktor

Lim Huynijn bei der Stuhlperformance. (Foto: © Rolf Dennemann /artscenico)
Lim Huynijn bei der Stuhlperformance. (Foto: © Rolf Dennemann /artscenico)

Nein, „Die Messe“ von artscenico, die am 27. Mai 2016 im Theater im Depot abgehalten wurde, war keine katholische noch war sie sonst ein erkennbarer Gottesdienst. Aufbauend auf das Vorgängerstück „Missing Link“ rückte Rolf Dennemann, der kreative Kopf hinter artscenico, die besondere Form des Kultes in den Vordergrund von Schauspiel, Musik und Tanz.

„Im Kult betritt der Mensch eine Sphäre, die sich deutlich vom Alltagsleben abhebt“, so Wikipedia zum Stichwort „Kult“. Der Besucher wurde durch eine Kickboxerin (Virginia Gomez) empfangen, die inmitten des Publikums ihre Übungen absolvierte.

Zu den Inhalten eines sakralen oder auch säkularen Kultes gehören Dinge wie Rituale, Opfer, Mahlzeit und in der „Messe“ eine Form der Beichte. All das wurde in einer abstrahierten, aber dennoch erkennbaren Weise aufgeführt. Gebärden, Bewegungen waren wiederzuerkennen. Natürlich darf bei einer kultischen Handlung Musik und Tanz nicht fehlen. Die Musik kam entweder aus Lautsprechern oder wurde von Patricia Bailey live mit Chor gesungen, unter anderem „Kehr ein bei mir“ von Friedrich Rückert.

Im Mittelpunkt des Stückes standen aber Elisabeth Pleß (Performance) und Lim Hyunjin (Tanz). Die Verschmelzung zwischen Schauspiel und Tanz war ein wesentliches Element des Stückes. Hier ergänzte die Schauspielerin die Tänzerin und umgekehrt. Generell wurde nicht viel gesprochen, außer bei einer Art „Bekenntnis“ oder „Beichte“.

Schöne Idee: Um das Gemeinschaftsgefühl zu heben, wurden unter der Losung „Deutschland ist unterkuschelt“ Stofftiere ans Publikum verteilt, die unter der Aufforderung „Bitte kuscheln Sie jetzt“ benutzt werden sollten.

Insgesamt ist „Die Messe“ in keinster Weise irgendein Tabubruch und Gläubige, egal welcher Konfession, werden sich nicht daran stören. Anders formuliert: „Die Messe“ ist für Gläubige und Ungläubige gleichermaßen einen Besuch wert.

Einblicke in Urängste

Gruppenbild mit Stoffente: Elisabeth Pleß, Paul Hess, und Rolf Dennemann. (Foto: © artscenico)
Gruppenbild mit Stoffente: Elisabeth Pleß, Paul Hess, und Rolf Dennemann. (Foto: © artscenico)

Mit dem Stück „Missing Links“ von „artscenico“ zeigte das Theater im Depot kurz vor der Sommerpause ein tiefschwarzen Blick in die menschliche Seele. Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Tänzer Paul Hess zeigten am 26. und 27. Juni 2015 einen Parforceritt durch weitgehende dunkle Seelenzustände und Ängste.

Es war wohl die eindrucksvollste Szene des Stückes: Pleß klammert sich an Hess und wirkt somit wie ein Alp, den der arme Tänzer mit sich herumschleppen muss. Doch auch andere Szenen hatten viel Kraft, was vor allem an der exzellenten Leitung von Hess lag. Die tänzerischen Bilder, die er entwarf, waren eindringlich und berührend. In einigen Momenten wurde sein Rücken sogar zur Projektionsfläche von kurzen Videoeinspielungen.

Dennemann, der Kopf hinter „artscenico“, arbeitete sich durch die Urängste der Menschheit. Die Angst vor dem „Schwarzen Mann“ oder dem „Butzemann“, die vor allem Kinder plagt, wird aufgegriffen. Neben ziemlich grausamen Grimmschen Märchen wie „Das eigensinnige Kind“ oder „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ steht auch beispielsweise Edgar Allen Poes berühmtestes Gedicht „Der Rabe“ oder Kafkas „Verwandlung“ Mittelpunkt des Stückes.

Die Bühne war karg, bis auf den Lichtkreis, der sich nach bedarf hob und senkte. Musik, unter anderem Mozarts Requiem, unterstützte das Stück. Das Ende von „Missing Links“ war wie der Anfang. Am Ende „stirbt“ der Tänzer durch mehrere Schüsse. Ein neuer Kreislauf beginnt.

Modernes Tanztheater trifft auf Schauspiel trifft auf Musik und Video. Auch wenn man die Rollen von Pleß und Dennemann nicht unterbewerten sollte, aber die tänzerische Leistung von Paul Hess stach einfach heraus. Das Stück ist sicher nicht jedermanns/-fraus Sache, aber wer modernen Tanz liebt und einen Einblick in menschliche Ängste bekommen möchte, sollte auf jeden Fall nach den „Missing Links“ Ausschau halten.

Kaleidoskop des menschlichen Lebens

Bereit für die fehlenden Verbindungen: (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Paul Hess. (Foto: © artscenico)
Bereit für die fehlenden Verbindungen: (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Paul Hess. (Foto: © artscenico)

Die letzte Premiere in der laufenden Spielzeit im Theater im Depot trägt den Titel „Missing links“ und ist ein Tanztheater von artscenico. Rolf Dennemann als Kopf der Produktion steht mit der Schauspielerin Elisabeth Pleß auf der Bühne, während Paul Hess den tänzerischen Teil übernimmt. Die Uraufführung ist am Freitag, den 26. Juni um 20 Uhr, eine weitere Vorstellung findet am 27. Juni 2015 ebenfalls um 20 Uhr statt. Im August gibt es weitere Termine.

„Urängste, Naturgewalten und Kindheitserinnerungen. Was macht das mit den Menschen“, fragte sich Rolf Dennemann und stieg hinab in unser aller Seelenleben, das geprägt ist durch Geschichten, Märchen und Anekdoten, die auch mal ins Grausame abgleiten können.

Um ein passendes Setting für diese Art von Geschichtenerzählung zu schaffen, wird ein Lichtkreis im Zentrum der Bühne stehen. Wie in einem Kaleidoskop werden die Geschichten von Kafka, Poe und weiteren Autoren in Ausschnitten angeleuchtet. „Die Geschichten werden aber nicht aus erzählt“, so Dennemann.

Den tänzerischen Part übernimmt der Essener Tänzer Paul Hess, der bereits in früheren Produktionen von artscenico zu sehen war wie beispielsweise „Feedback“. Denn der Körper kann bestimmte Dinge ausdrücken, die der Sprache fremd bleiben. Auch wenn sich die beiden Schauspieler bewegen werden, gestaltet Hess die tänzerischen Bilder. Dabei will er sich einer Tanzsprache bedienen, die ein reduziertes Bildmaterial benutzt und natürliche Bewegungen fördert. „Es werden Bilder entstehen, die Spaß machen können, aber auch erschrecken“, ist sich Hess sicher.