Zeichnen in Zeiten von Corona

Seit dem 01. März 2020 präsentiert das Hoesch-Museum die Ausstellung „LIVE UND IN FARBE. Urban Sketchers zeichnen Dortmunder Industriekultur“. Das war kurz bevor Corona das Leben lahmlegte. Ab dem 26. Juli geht die Ausstellung mit einer Ergänzung weiter. Die 16 Zeichnerinnen und Zeichner präsentieren ihre Werke, die sie während des Lockdowns gemacht haben. Denn „Zeichnen geht immer“, so das Motto der Zusatzarbeiten.

Urban Sketching ist eine Bewegung, die 2007 in Seattle gegründet wurde. Mittlerweile gibt es verschiedene regionale Gemeinschaften, natürlich auch seit 2016 in Dortmund. Es können Menschen mit unterschiedlichsten zeichnerischen Fähigkeiten mitmachen. Es entsteht eine Art visueller Journalismus, der oft tagebuchartig in Skizzenbücher festgehalten wird. „Die Zeichnungen orientieren sich an der Realität“, erklärt Birgit Encke von den Dortmunder Urban Sketchers. Häufig gibt es auch sogenannte „Challenges“, eine Art Aufgabe, bei dem ein Thema vorgegeben wird.

Während der heißen Phase des Lockdown konnten die wöchentlichen Treffen der Gruppe nicht wie gewohnt im realen Leben stattfinden, sondern verlagerte sich in den virtuellen Raum. Doch auch in dieser Zeit wurde gemeinsame Aufgaben bearbeitet wie „Blick aus dem Fenster“ oder Selbstportrait mit Maske“.

Typisches Bild zu Corona-Zeiten: Menschen, die mit Masken und Einkaufswagen vor einem Supermarkt stehen. Gezeichnet von Birgit Encke.
Typisches Bild zu Corona-Zeiten: Menschen, die mit Masken und Einkaufswagen vor einem Supermarkt stehen. Gezeichnet von Birgit Encke.

Die „Corona Bilder“ zeigen sehr unterschiedliche Arbeiten. Teilweise sind sie von Comic oder Cartoons inspiriert, manche Bilder sind sehr detailliert, manche zeigen gröbere Umrisse. Einen Seitenhieb auf die Klopapierknappheit darf natürlich auch nicht fehlen. Alle Zeichnungen sind aber aus einer sehr persönlichen Sichtweise entstanden.

Die Ergänzung der Sonderausstellung besteht aus Reproduktionen, da die Originale in den Skizzenbüchern wegen den räumlichen Gegebenheiten nicht gezeigt werden können. Signierte Exemplare der Reproduktionen können käuflich erworben werden.

Wer Lust am Zeichnen hat, kann sich der Urban Sketching Gruppe anschließen. Sie trifft sich jeden Donnerstag um 18 Uhr im Museum für Kunst und Kulturgeschichte. Wer noch keine große Erfahrung mit dem Zeichnen, braucht sich keine Sorgen zu machen. „Hier hilft man sich gegenseitig“ erklärt Guido Wessel von den Urban Sketchers Dortmund.

Besonderes Kunstexperiment im Kunstbonbon

Unter dem Motto „Das Spiel muss weiter gehen“ ist im kleinen, aber feinen Kunstbonbon (Chemnitzer Str.11) in Dortmund eine ganz spezielle Gruppenausstellung von 8 Künstlerinnen zu sehen. Die Vernissage findet am 01.08.2020 um 15:00 Uhr statt. Der Ausstellungstitel hat in diesen Corona-Zeiten einen doppeldeutigen Klang.

Sie ist in mehrfacher Hinsicht ein „Fifty-Fifty-Experiment“, denn: Die Hälfte der 50 x 50 großen Exponate wurden wurden von zwei Künstlerinnen nacheinander gestaltet.

Die spannende Idee und Aufgabe war: Zwei 50 x 50 Malgründe relativ identisch vorzubereiten und dabei einige Details zu bestimmen, die bei beiden Exemplaren auch nach Fertigstellung noch zu erkennen sein müssen. Danach wurden die vorbereiteten Bilder fotografiert. Eins blieb bei der „Urheberin“ (in ihrer ganz eigenen Art und Weise erstellt) und das zweite per Los der einer anderen Teilnehmerin zugeteilt. Deren schwierige Aufgabe war es, mit den vorgegebenen Anfängen weiter zu arbeiten, ihre eigene künstlerische Persönlichkeit einzubringen und dabei die festgelegten Details zu erhalten.

Der Flyer zur Ausstellung "Das Spiel muss weiter gehen" im Kunstbonbon.
Der Flyer zur Ausstellung „Das Spiel muss weiter gehen“ im Kunstbonbon.

Es war nicht nur ein künstlerisches, sondern gleichzeitig ein soziales Experiment, das sich mit „abgeben“ und „annehmen“ beschäftigt. Die Künstlerinnen musste sich auf die Andersartigkeit einlassen und dabei eine eigene „Sprache“ entwickeln.

Präsentiert werden alle 16 Werke paarweise. Die Besucher*innen sehen sowohl das „Original“, das von der selben Künstlerin und daneben das Gemeinschaftswerk, das von einer anderen Teilnehmerin beendet wurde. Darunter sind auch die Fotos zu sehen, die das Anfangsstadium zeigen, bevor die Vorlagen ausgetauscht bzw. weiter bearbeitet wurden.

Da bei den acht Teilnehmerinnen acht „eigene“ Bilder entstehen, aber auch acht Gemeinschaftswerke bei denen es keine klare Eigentums-oder Urheberrechte gibt, wurde folgendes beschlossen: Die Gemeinschaftsarbeiten werden bei einer Finissage am 05.09.2020 um 15:00 Uhr im Kunstbonbon für einen guten Zweck zur Versteigerung angeboten. Mit dem Erlös soll der Kinderhospizdienst Löwenzahn unterstützt werden.

Beteiligte Künstlerinnen: Claudia Dröge, Michaela Düllberg, Gudrun Kettke, Claudia König, Ingrid Lacher, Virginia Novarin, Karin Schmidt und Eva Zimnoch.

Da das Kunstbonbon recht klein ist, bitten die Veranstalter um Erscheinen mit Mund-Nasen-Schutz und je nach Besucherandrang ggf. um etwas Geduld.

Der Eintritt ist wie immer frei.

250 Jahre Lokaljournalismus in Dortmund

Die aktuelle Ausgabe der „Heimat Dortmund“ beschäftigt sich mit dem Lokaljournalismus in dieser Stadt von 1769 bis heute. Der Lokaljournalismus begann holperig, hatte eine starke Phase und befindet sich momentan in einer Krise.

Im Jahre 1769 begann es. An diesem Datum erschien zum ersten mal eine gedruckte Zeitung in Dortmund. Die „Dortmundischen Vermischten Zeitungen“ wurden herausgegeben vom Stadtdrucker Gottschalk Diedrich Baedecker. Moment, Baedecker kommt dem einen oder anderen bekannt vor. Richtig, das war der Großvater des berühmten Karl Baedecker, der die Reisebücher herausgab.

Warum erst so spät? Dortmund war nach dem 30-jährigen Krieg zu einem kleinen Ackerbürgerstädtchen herabgesunken mit rund 8.800 Einwohnern. Da gab es keinen großen Bedarf für Zeitungen.

Präsentierten die neue Ausgabe von "Heimat Dortmund" (v.l.n.r.) Autorin Astrid Blome  (Institut für Zeitungsforschung), Dr. Stefan Mühlhofer (Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund) und Adolf Miksch, der Vorsitzender des Historischen Vereins für Dortmund und die Grafschaft Mark e.V..
Präsentierten die neue Ausgabe von „Heimat Dortmund“ (v.l.n.r.) Autorin Astrid Blome (Institut für Zeitungsforschung), Dr. Stefan Mühlhofer (Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund) und Adolf Miksch, der Vorsitzender des Historischen Vereins für Dortmund und die Grafschaft Mark e.V..

Das Ende des 19. Jahrhunderts und der Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Hochzeiten der Lokalpresse. Durch die Industrialisierung wuchs Dortmund sehr stark und das Offsetdruckverfahren machte Zeitungen für die Masse erschwinglich. Vor allem der „General-Anzeiger“ war eine der auflagenstärksten Zeitungen in ganz Deutschland. Die Presse war in dieser Zeit noch weltanschaulich und parteipolitisch stark getrennt, so dass jeder nach seiner politischen Meinung die entsprechende Zeitung lesen konnte. Das änderte sich mit der Machtergreifung der Nazis.

Doch wie sieht es heute aus? Drei Artikel beschäftigen sich mit der Frage, wie der Lokaljournalismus im 21. Jahrhundert weiterentwickelt werden kann. Sind staatliche Stiftungen die Lösung oder übernehmen Blogs wie die Nordstadtblogger oder auch in bescheideneren Rahmen ars temonia die Funktion? Und da sind wie wieder am Anfang im Jahre 1769. Baedecker und später Arnold Mallinckrodt (Westfälischer Anzeiger) aus Eigeninitiative Zeitungen herausgebracht. Als Baedecker starb, starb auch seine Zeitung und Mallinckrodt hatte irgendwann die Kämpfe mit der Zensur satt. Auch viele Blogs, die lokaljournalistisch unterwegs sind, leben durch die Eigeninitiative ihrer Macher. Es bleibt zu hoffen, dass es für manche ein Zukunftskonzept gibt.

Das Heft ist übrigens das letzte, das im Klartextverlag erscheint, die kommenden Hefte erscheinen im Aschendorff-Verlag. Der Preis für diese Ausgabe beträgt 5 €.

Ausstellung zum DEW21 Kunstpreis 2020 im Dortmunder U

Auf der 6.Etage des Dortmunder U ist vom 14. Juli bis 04. Oktober 2020 die Ausstellung zum DEW21 Kunstpreis 2020 zu sehen.Schon zum fünfzehnten Mal wird dieser Preis für bildende Künstler*innen aus Deutschland mit Ruhrgebiet Bezug und professionellem Hintergrund von einer Fachjury und Vertreter*innen des Unternehmens unter einer Vielzahl von Bewerber*innen für den Wettbewerb ausgewählt.

In diesem Jahr wurden aus 200 Bewerbungen 14 Kunstschaffende für den DEW21 Kunstpreis 2020 nominiert. Die glücklichen Nominierten waren diesmal: Mohamed Altoum, Christoph Knecht, Malte Frey, Andreas Drewer, Denise Ritter, Helena Biermann, Nicola Gördes, Stella Rossié, Kai Richters, Beate Gördes, Christian Gode, Katrin Esser, Nina Nowak, Jens Kothe sowie Jana Kerima und Lex Rütten. Eine Altersbegrenzung gab für die Teilnahme nicht.

Die Kandidat*innen des DEW21 Kunstpreis 2020 präsentieren sich bis zum 04. Oktober im Dortmunder U. Für die optimale Präsentation sorgen u.a. (v.l.n.r.) Antje Hassinger (Kuratorin), Sybille Hassinger (Kuratorin), Xenia von Poser (Leiterin Marketing und Kommunikation DEW21), Jannis Kötting (Projektleitung) und Jürgen Spiler (Kurator).
Die Kandidat*innen des DEW21 Kunstpreis 2020 präsentieren sich bis zum 04. Oktober im Dortmunder U. Für die optimale Präsentation sorgen u.a. (v.l.n.r.) Antje Hassinger (Kuratorin), Sybille Hassinger (Kuratorin), Xenia von Poser (Leiterin Marketing und Kommunikation DEW21), Jannis Kötting (Projektleitung) und Jürgen Spiler (Kurator).

Die eingereichten Beiträge überzeugten wieder durch ihre Vielfalt. Das Spektrum reichte über Fotografie, Installationen, Videobeiträge, Klangskulpturen, Malerei bis hin zur Bildhauerei.

Die Werke setzten sich sowohl mit aktuellen Problematiken kreativ auseinander wie etwa das ambivalente Verhältnis von digitaler Welt und realem Leben, Umwelt und Flüchtlinge, Europa und anderem.

Der Kunstpreis wird im September vergeben und ist mit insgesamt 10.000 Euro (einschließlich Einzelausstellung und Katalog) dotiert. Außerdem wird auch ein Förderpreis (Altersbegrenzung) mit 2.500 Euro vergeben.

Joel Roters, der DEW21 Kunstpreisträger aus dem Jahr 2019, hat in den Räumlichkeiten rechts auf der sechsten Etage Platz für seine Einzelausstellung erhalten. Er zeigt 130 neue kleinformatige Arbeiten. Thematisch geht es um Oberfläche und Material, Form und Textur sowie Figur und Grund. Aus verschiedenen, einfachen Baumaterialien erarbeitet der Künstler divers labyrinthartige Geflechte, Kippfiguren und rhythmische Zeichenformen.

Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

Museum Ostwall erwirbt die „Liegende“ von Max Beckmann

Das Museum Ostwall (MO) im Dortmunder U freut sich über den Ankauf der Zeichenstudie „Liegende“ von Max Beckmann (1884 – 1950) für ihren Fundus der Grafik-Sammlung.

Der herausragende und eigenwillige Künstler hatte das ebenfalls im Museum zu bewundernde Gemälde „Afternoon“ noch während seiner Amsterdam Exilzeit 1946 geschaffen.

Nun ist auch die vorausgegangene Formstudie die „Liegende“ für die nächsten Monate zusammen mit dem Gemälde auf der Ebene 5 (Dortmunder U) zu sehen.

Regina Selter (stellvertretende Direktorin des Museum Ostwalls) und Stefan Mühlhofer (Stefan Mühlhofer, Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe) vor der Zeichnung und dem Bild der "Liegenden" von Max Beckmann.
Regina Selter (stellvertretende Direktorin des Museum Ostwalls) und Stefan Mühlhofer (Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe) vor der Zeichnung und dem Bild der „Liegenden“ von Max Beckmann.

Wie die stellvertretende Direktorin des MO, Regina Selter, beim Pressegespräch verriet, bieten sich durch die Zeichenstudie (Bleistift und Kohleradierung) nicht nur Einblicke in den formalen Entstehungsprozesses, sondern es eröffnen sich den Betrachtern immer neue Ebenen und Aspekte. Das spannende Forschen nach dem bildnerischen Entstehungsprozess erweitert den Blickwinkel und das Verständnis für den historischen Hintergrund.

Ein im Bild angedeuteter Vorhang eröffnet einen Blick auf eine verstörend wirkende übergriffige Situation. Ein frivol gekleidetes junges Mädchen wird von einer dunklen zwitterartigen Gestalt sexuell bedrängt. Ambivalent ist der Gegensatz von erotischer Verlockung (symbolhaft durch eine farbenfrohe Pflanze in Form einer weiblichen Vulva) und der Brutalität des Übergriffs.

Der größte Gegensatz zeigt das Entsetzen und die Angst in den Augen der Frau einerseits, und deren erotisch-leichter Bekleidung.

Es spielen nicht allein Fantasien (etwa eines alternden Künstlers) mit hinein, sondern sicherlich auch die grausamen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieges.

Im Zuge der aktuell „MeToo“ Debatte werden viele Menschen das Werk mit einem besonderen Blick betrachten.