Nebensachen, aber keine Bagatellen

Heike Kollakowski vor ihren Aarbeiten "Gottesanbeterin" und "Ameise".
Heike Kollakowski vor ihren Aarbeiten „Gottesanbeterin“ und „Ameise“.

Die Galerie Dieter Fischer im Depot zeigt vom 01. bis zum 17. April Atelierarbeiten von Heike Kollakowski. Die Grafik- und Webdesignerin stellt eine Auswahl ihrer Werke aus, die sie ohne Zwang eines Auftraggebers „zur Entspannung“ malt, zeichnet, kalligrafiert oder drucken lässt.

Während Webdesign ja überwiegend am PC entsteht, tobt die Künstlerin sich in ihren freien Arbeiten aus. Ein Themenschwerpunkt ist der Rabe. Gezeichnet, getuscht, als Linolschnitt – mit völlig unterschiedlichen Techniken und Materialien geht Kollakowski ans Werk. Von eher naturalistischen bis hin zu abstrakten reicht ihr Spektrum.

Neben den Raben und Krähen sind Insekten ein Schwerpunkt in ihren Arbeiten. Doch in den Gemälden steht eher die Farbgebung im Vordergrund als die Wiedergabe nach der Natur. Dennoch kann man die Insekten wie Gottesanbeterin oder Ameise auf Anhieb erkennen.

An zwei Wänden findet der Betrachter ein Potpourri an Arbeiten von Kollakowski. Hier erkennt man schnell, dass die Künstlerin vom Grafikdesign kommt. Grafische Arbeiten wie Kalligrafien oder Spielereien mit Schrift sind zu sehen, ebenso wie Werke, die als Vorstufe zu Logoentwicklungen dienen könnten.

Die Vielzahl an Arbeiten zeigt die große Bandbreite, die Kollakowski in ihren Arbeitsformen und Themen besitzt. Der Betrachter kann auf den vielen unterschiedlich großen Werken vieles entdecken.

Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag 17 bis 20 Uhr.

Ist die Zeit relativ?

Das Ensemble bei der Probe zu "Einstein". Foto: © Oskar Neubauer.
Das Ensemble bei der Probe zu „Einstein“. Foto: © Oskar Neubauer.

Ein Theaterstück über Albert Einstein und die Relativitätstheorie? Keine Angst, es wird keine Physikvorlesung, sondern die Theatermacher wollen herausfinden, wie die Relativitätstheorie das Miteinander berührt. Geschaffen wurde das Stück „Einstein“ vom Künstlerkollektiv „I can be your translator“ und produziert von InTakt e.V. Die Premiere ist am 02.April um 20 Uhr im Studio des Schauspielhauses Dortmund.

Die Relativitätstheorie hat mit unserem täglichen Leben erst einmal kaum Berührungspunkte. Für uns Menschen ist die subjektiv erlebte Zeit zunächst wichtiger als die „objektive“ Zeit oder die Raumzeit. Zeit ebenso wie der Begriff der Geschwindigkeit spielen nichtsdestotrotz eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. Alles muss schnell gehen und möglichst effizient.

Das Stück „Einstein“ ist eine Mischung aus Darstellung, Performance und Abstraktion. Wie in einem Tutorial sollen die Berührungspunkte zwischen Theorie und Praxis aufgezeigt werden. Dafür haben die Theatermacher sich mich dem Dortmunder Physiker Metin Tolan getroffen und ihn interviewt. Seine Antworten sind ein wichtiger Teil des Stückes. Aber auch die Schauspieler haben eigene Texte geschrieben.

Dazu gibt es Musik von Einsteins Lieblingskomponisten Johann Sebastian Bach und Minimal Musik von Steve Reich und Philipp Glass.

Das Kollektiv „I can be your translator“ war bereits in der vergangenen Spielzeit im Schauspielhaus zu Gast. Hier spielte man das Stück „Displace Marilyn Monroe“ mit Szenen aus ihrer Biografie und ihren Liedern.

Weitere Termine: 30. April, 19. und 26. Mai 2016. mehr Infos unter www.theaterdo.de

Wenn die Realität abgedrehter ist als die Fiktion

Der dritte Fall des "blauen" Kommissars im schwarz-gelben Dortmund. (Cover: © grafit-Verlag)
Der dritte Fall des „blauen“ Kommissars im schwarz-gelben Dortmund. (Cover: © grafit-Verlag)

Wenn es um aktuelle Probleme des Ruhrgebiets geht, hat Thomas Schweres die Nase vorn. In seinem dritten Ruhrgebiets-Kriminalroman mit Zentrum Dortmund „Die Abdreher“ nach „Die Abtaucher“(2014) und „Die Abräumer“ (2015) schreibt der Autor und Journalist über die momentan Herausforderungen der Städte im Ruhrpott.

In „Die Abdreher“ kämpfen Mafia, Neonazis wie IS-Terroristen um lukrative Geldquellen. Neben Drogen oder Diebstahl stehen da besonders Immobilien im Blickpunkt der Interessen. So verwundert es nicht, dass es schnell Tote gibt, wie zum Beispiel in einem Haus über einer Apotheke in der Dortmunder Nordstadt. Der Apotheker ist auch Eigentümer der Wohnungen und steht unter Druck „interessierten Gruppen“.

Die Hauptrolle spielt wieder der erste Kriminalkommissar Georg Schüppe, der für eine Stadt wie Dortmund einen schweren Makel hat: Er ist Schalke-Fan und hat im Dortmunder Polizeipräsidium einen schweren Stand. Dazu ist er immer noch durch eine Knieverletzung gehandicapt und ischluckt Schmerztabletten. Nun muss er sich nicht nur mit den grausamen Morden in der Nordstadt befassen. Sein ehemaliger Stellvertreter Holger Krokowski, offiziell im Knast, ist als „Undercover Agent“ bei den Rechten eingesetzt. Härter trifft es ihn aber noch, dass er den freundschaftlich mit ihm verbundenen Polizeireporter und Redaktionsleiter von Broadfacts.TV Tom Balzack, als Lockvogel für eine gnadenlose Auftragskillerin, unter anderem für radikale Islamisten, ausnutzen muss. Die Frau war Balzack unter anderem Namen aus einem früheren Fall bekannt und er ihr gefühlsmäßig zugetan. Was hat es mit dem Brandanschlag in ihrer ehemaligen Wohnung in Essen und ihrem Verschwinden auf sich? Fragen über Fragen. Schüppe stellt sich die Frage. Wieso wurde ein Mann aus der rechten Szene erschossen, obwohl Krokowski das Ziel war? Oder welche Rolle spielt ein dubioser Schönheitschirurg aus dem Libanon? Aus Gründen der Sicherheitsinteressen des Landes ist größte Geheimhaltung geboten und die Vertrauensbasis wird auf eine harte Probe gestellt…

Es ist durchaus von Vorteil, aber nicht Voraussetzung, wenn die potentiellen Leser die beiden ersten Krimis von Schweres gelesen haben. Alte Bekannte aus den ersten Krimis kommen in dem neuen Roman vor. Aber es gibt in „Die Abdreher“ kurze Erläuterungen, die auch den unbedarften Leser das Verständnis erleichtern. Schweres entwickelt ein spannendes Gestrüpp aus dem privaten Leben der Protagonisten und ihren Verwicklungen und der politischen Gefahrenlage um sie herum. Dabei kommen auch dunkle Geheimnisse von Schweres Kollegin an das Tageslicht.

Die Handlungsstränge fügen sich bis zum spannenden Showdown nach und nach zu einem Gesamtbild zusammen. Die Verbindung von Salafisten und Rechten, Bedrohung von kritischen Journalisten, Korruption und Vetternwirtschaft, Attentatsdrohung bei einem Fußballspiel, alles ist hier Thema.

Die Charaktere werden sensibel dargestellt und mit einer Prise trockenem Humor die düstere und bedrückende Thematik aufgelockert. Eine spannende und Auseinandersetzung mit der Realität.

Der Krimi zeigt, dass dies durchaus unterhaltsam möglich ist.

Der Krimi ist als Taschenbuch im grafit-Verlag erschienen.

ISBN 978-3-89425-473-5

11.00 (D)

280 Seiten

Russische und böhmische Vollendung

Mit Dvořák, Prokofjew und Schostakowitsch bekam das 7. Philharmonische Konzert am 15. und 16. einen slawischen Touch. Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gastdirigent Oleg Caetani und die Solistin Caroline Goulding sorgten für für einen vollendeten Abend. Ein Bericht vom Konzert am 15. März 2016.

Hinter Dvořáks „Othello“-Ouvertüre op.93 steht keine Oper, wie man vielleicht vermuten könnte. Der böhmische Komponist schrieb die drei Konzertouvertüren „In der Natur“, Karneval“ und eben „Othello“ zwischen 1891 und 1892 um verschiedene Aspekte des menschlichen Lebens in musikalische Form zu bringen. Bei „Othello“ geht es um die Liebe. Sehr eindringlich geht es in dem kurzen Stück um die Daseinsformen eines Liebenden, von der Leidenschaft über die Eifersucht bis hin zur Missgunst. Die Musiker der Dortmunder Philharmoniker schafften es die unterschiedlichen Empfindungen musikalisch umzusetzen. Ab und an erklingen einige Takte, die wie ein Vorgriff auf Dvořáks berühmte 9. Sinfonie „Aus der neuen Welt“ klingen.

Danach stand das Konzerthaus ganz im Bann der jungen Violinistin Caroline Goulding. Die Amerikanerin spielte das 2. Violinkonzert von Sergej Prokofjew. Das Konzert schrieb der russische Komponist kurz vor seiner Rückkehr in die Sowjetunion. Der heitere Charalter des Stückes täuscht, denn das dreisätzige Violinkonzert ist für den Solisten sehr fordernd. Doch die technischen Herausforderung meisterte Goulding souverän.

Nach der Pause ging es mit der 15. Sinfonie von Dimitri Schostakowitsch weiter. In der modernen Musik würde man so etwas „sampeln“ nennen, was der Komponist in seiner Sinfonie verarbeitet hat. Zunächst ist im ersten Satz die „Reitmusik“ aus Rossini Ouvertüre zu „Guillaume Tell“ prominent zu hören. Im vierten Satz zitiert Schostakowitsch neben Wagners „Walküre“ auch sich selbst. Die gewaltige Sinfonie ist eine Art Zusammenfassung eines Lebens. Es beginnt sinnbildlich mit Uhrenschlägen und endet auch damit. Die 15. Sinfonie ist vielleicht nicht so bekannt wie Schostkowitschs 7. Sinfonie (Leningrader), aber sie ist ein schönes Beispiel seiner Kompositionskunst in den letzten Jahren seines Lebens.

Der Friedensplatz wird zum Konzertsaal

Hoffen auf gutes Wetter: für die vier Konzerte (v.l.n.r.) Sabine Gliniewicz (Sparkasse Dortmund) Dirk Rutenhofer (Cityring), Ashley Thouret (Sängerin Oper Dortmund), Generalsmusikdirektor Gabriel Feltz (Dortmunder Philharmoniker) und Frank Schulz (City Marketing Dortmund)
Hoffen auf gutes Wetter: für die vier Konzerte (v.l.n.r.) Sabine Gliniewicz (Sparkasse Dortmund) Dirk Rutenhofer (Cityring), Ashley
Thouret (Sängerin Oper Dortmund), Generalsmusikdirektor Gabriel Feltz
(Dortmunder Philharmoniker) und Frank Schulz (City Marketing Dortmund)

Oper, Musical, Familienkonzert und Elektro meets Classic. Der Sommer wird heiß auf dem Friedensplatz zwischen dem 26. und 28. August 2016. Denn erstmals finden dort die Cityring-Konzerte statt. Im Mittelpunkt stehen die Dortmunder Philharmoniker.

Die Auftaktveranstaltung gehört der Oper. Am 26. August heißt es ab 20:30 Uhr „Sempre libera!“ und es erklingen viele bekannte Opernmelodie wie dem „Zigeunerchor“ oder der Arie „Sempre libera!“ aus „La Traviata“. Neben dem Dortmunder Opernchor werden auch einige Solisten dabei sein wie Emily Newton, Ileana Mateescu und Karl-Heinz Lehner.

Am Samstag, dem 27. August um 20:30 Uhr vereinigen sich Orchesterklang mit Elektronischer Musik. Moonbootica feat. MIKI wollen mit den Dortmunder Philharmonikern einen Mix aus Soul, Elektro und HipHop zaubern.

Olympisch wird der Friedensplatz am 28. August um 11 Uhr. Denn dann erscheinen die Musiker des Orchesters nicht wie gewohnt im Anzug, sondern wie es sich bei Olympischen Spielen gehört, im Trainingsanzug und zeigen, zu welchen Leistungen sie in der Lage sind.

Der 28. August wird um 20 Uhr mit einer Musical-Night beendet. „A Night full of stars“ lautet der Titel und neben Alexander Klaws und Patricia Meeden steht auch das Dortmunder Ensemblemitglied Morgan Moody auf der Bühne. Die Besucher erleben dann eine Entdeckungsreise durch die Welt des Musicals von den Anfängen bis zu den Hits der Gegenwart.

Karten sind ab sofort erhältlich unter der Internetadresse: https://www.etix.com/ticket/v/11626/cityring-konzerte-friedensplatz-dortmund?cobrand=Cityring

Wenn Buchstaben zu Bildern werden

Buchstaben verschmelzen zu einer Implosion. (Emmett Williams, o.T., o.J. Gummistempelung auf Papier).
Buchstaben verschmelzen zu einer Implosion. (Emmett Williams, o.T., o.J. Gummistempelung auf Papier).

Emmett Williams (1925-2007) gehört zu den Begründern der Kunstrichtung „Fluxus“. Der Künstler hat sich in seinen grafischen Arbeiten aber auch mit visueller und konkreter Poesie beschäftigt. Das Museum Ostwall zeigt vom 15. März bis zum 11. September 2016 unter dem Titel „Emmett Williams: Visuelle und Konkrete Poesie“ 18 Arbeiten im Grafikkabinett in der 5. Etage.

Die gezeigten Arbeiten aus den 50er und 60er Jahren präsentierten eine fortwährende Auseinandersetzung mit Text und Sprache. Häufig benutzt Williams Stempel oder die gute alte Schreibmaschine. Im Bild „like attracts like“ (gleich und gleich gesellt sich gern) laufen zwei „likes“ trichterförmig in ein „attracts“ hinein. Wie gekonnt Williams mit den Möglichkeiten der Schreibmaschine arbeitete, sieht man deutlich an „Meditation No 1“. Hier sind Buchstaben und Leerzeichen so geschickt angeordnet, dass es aussieht, als wären dort Schraffuren zu sehen. Doch es sind „nur“ die Buchstaben von a bis z, die Williams in einer Raute angeordnet hat.

Mit verschiedenen Stempeln hat sich Williams dem Satz von Gertrude Stein „when this you see remember me“ genähert. Die Worte werden mit sechs farblich unterschiedlichen Stempeln zunächst in separaten Clustern platziert, die sich auf den weiteren Blättern immer stärker annähern und ein Wollknäuel aus Worten und Farben werden.

In der Tradition von John Cage und Fluxus-Kollege George Brecht steht die Arbeit „archaeological poem“. Brecht hatte gesagt, dass wir ständig Musik hören, wenn wir akzeptieren, dass jedes Geräusch ein Klang ist und jeder Klang die Grundlage von Musik ist. Williams „Archäologisches Gedicht“ ist eines ohne Worte oder Text, sondern es besteht nur aus den Altersspuren auf dem Papier, die für sich ein konkretes Gedicht formen.

Der Zufall erfährt beim „Fluxus“ eine gewisse Wertschätzung. In der Ausstellung zeigt das MO ein Blatt, auf dem man Umrisse von Fischen sieht, die einen Buchstaben auf dem Rücken tragen. Die Arbeit geht auf Williams „Fischgedicht“ von 1970 zurück, hier hat der Künstler Karpfen mit Buchstaben auf dem Rücken versehen und die zufällig entstehende Kombination notiert.

Williams ist zwar in den USA geboren, kam aber schon 1949 nach Europa, zunächst nach paris. Ende der 50er Jahre bewegte er sich im „Darmstädter Kreis“ zusammen mit Diether Roth, Claus Bremer und Daniel Spoerri.

Meister der Klangfarben

Auch wenn George Benjamin der Lieblingsschüler von Olivier Messiaen gewesen ist, ein französischer Komponist ist er dennoch nicht werden. Das wäre für den 1960 in London geborenen Komponisten, Dirigenten und Pianisten auch ziemlich ungewöhnlich. Das Konzerthaus Dortmund präsentierte Benjamin von 10. bis zum 12. März 2016 in einer dreitägigen Zeitinsel. Die Besucher erlebten in den drei Tagen aufregende neue Musik mit einer ganzen Fülle von unterschiedlichen Klangfarben.

Der erste Tag der Zeitinsel begann mit einem schönen Beispiel von Benjamins Klangmagie. In Purcells „Fantasia Nr. 7“ baute er eine Klarinette und eine Celesta ein. Vor allem der glockenartige Klang der Celesta sorgte für eine sphärische Klangfarbe in dem Werk aus der Barockzeit.

Danach wurden auch werke von Benjamin gespielt. „Flight“ aus dem Jahre 1979 machte die Flöte zu einem besonderen Soloinstrument. Benjamin schafft es in dem kleinen Werk der Flöte neben Dramatik auch einen Hauch von Mehrstimmigkeit zu verleihen. Ein großes Lob gebührt Julia Gallego für ihre Darbietung.
Die Viola oder Bratsche ist ein wenig das Stiefkind des Orchesters. Daher hat Benjamin mit „Viola, Viola“ (1997) ein mitreißendes Werk für dieses Instrument komponiert. Sehr schön gespielt von Méatrice Muthelet und Anna Puig Torné.

Zwischen den Stücken war Zeit für ein Gespräch. Marie Luise Maintz, die an den drei Tagen auch die Einführung gab, sprach mit Benjamin über seine Musik. Eine sehr informative Sache, zumal Benjamin auch über eine gute Portion britischen Humors verfügte.

Am zweiten Tag konnten die Besucher Benjamin zum ersten Mal auch als Dirigenten bewundern. Bachs Kanon und Fuge aus „Die Kunst der Fuge“ sowie Arnold Schönbergs „Verklärte Nacht“ standen vor der Pause auf dem Programm. Der Höhepunkt des Abends war die konzertante Aufführung von „Into the Little Hill“, eine lyrische Erzählung in zwei Teilen aus dem Jahre 2006. Inhaltlich bezieht sich die Erzählung aus die Rattenfänger-Saga. Zu der Besonderheit, die Benjamin für sein Werk auszeichnet, gehört, dass die Erzählung von der Kontraaltistin Hilary Summers sowie von der Sopranistin Anu Komsi gesungen werden. Die beiden übernehmen natürlich unterschiedliche Rollen. Auch für sein 45-minütiges Werk benutzt Benjamin ungewöhnliche musikalische Klangfarben wie dem ungarischen Hackbrett, dem Zymbal.

Der dritte Tag gehörte der großen Oper von Benjamin „Written on Skin“, die er 2012 komponierte. Die halbszenische Aufführung über die Sage des Troubadours Guillaume de Cabestanh riss die Besucher am Samstagabend zu Begeisterungstürmen hin. In der Legende verführt de Cabestanh die Frau eines anderen Adligen. Dieser tötet de Cabestanh und gibt dessen Herz seiner Frau zu essen. Die wiederum stürzt sich zu Tode.

Bei Benjamins Librettisten Martin Crimp ist der Troubadour ein junger Maler, der dem Landesherrn, dem Protektor, ein Buch malen soll, in dem er und seine Frau Agnès als gütiges Herrscherpaar eine positive Rolle spielen sollen. Doch es stellt sich schnell heraus, dass der Protektor ein grausamer Mensch ist und Agnès, jung verheiratet, sich nach Liebe sehnt. So nimmt das Schicksal wie in der Sage ihren Lauf.

Ein großes Lob verdienten sich neben den Musikern des Mahler Chamber Orchestra sich die Sängerinnen und Sänger. Vor allem die drei Hauptfiguren Agnès (Barbara Hannigan), der Protector (Christopher Purves) und vor allem Countertenor TimMead (Junge).

Die Zeitinsel über George Benjamin war eine großartige Entdeckungsreise in die Welt der neuen Musik.

Zirkus des Lebens

Werden wir eigentlich nicht alle dressiert? (v.l.n.r.) Frauke Becker, Maximilian Kurth, Marlene Unterfenger und Savannah Sonntag. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Werden wir eigentlich nicht alle dressiert? (v.r.n.l.) Frauke Becker, Maximilian Kurth, Marlene Unterfenger und Savannah Sonntag. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Bei der Premiere von „Watch me!“ am 12.03.2016 von und mit dem Jugendclub „Theaterpartisanen 16+“ im Studio des Schauspiel Dortmund wurde schon schon das Eingangsfoyer des Schauspielhauses mit in die Inszenierung einbezogen. Da wurde schon ein wenig jongliert, Spenden für den Zirkus gesammelt und der Boden vor dem Kassenbereich gescheuert.

Beteiligt an der Stück-Entwicklung waren unter der erfahrenen Leitung von Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak und Dramaturg Thorsten Bihegue sieben weibliche und zwei männliche Theaterpartisanen im Alter zwischen 16 und 19 Jahren. Es spielten: Frauke Becker, Tolga Güçlü, Nadine Hövelmann, Rabea Kern, Maximilian Kurth, Savannah Sonntag, Marlene Unterfenger, Alina Vogt und Esther Wegelin.

Musikalisch begleitet wurde das Programm von einer besonderen, extra für diesen Zirkusabend engagierten Combo vom Gesamtkunstwerk e.V. / inklusive Projekte. Wie bei einem richtigen Zirkus durften Tusch und Trommelwirbel natürlich nicht fehlen. Die drei Bandmitglieder unterstützten die Vorstellung beherzt und engagiert in ihrer schwarzen Kleidung und leuchten roten Jacketts. Stichwort Kostüme: Die Kostüme und Masken für die Schauspieler/innen waren mit Bedacht und fantasievoll ausgewählt.

In dem Stück setzten sich die jungen Theaterpartisanen mit existenziellen Fragen und Problemen in fünfzehn Nummern sowohl verbal, gesanglich und mit Zauberei auseinander. Konkurrenzdruck, Zickenkrieg zwischen den Trapezkünstlerinnen, falsche Sehnsüchte, ein unzufriedenes (wg. ihrer schweren Kindheit) verhätscheltes Ensemblemitglied und ein Zirkusdirektor, der den Laden im Angesicht der prekären finanziellen Situation am Laufen halten will. Die jungen Darsteller mussten dabei auch in verschiedene Tierrollen schlüpfen, bei denen es auch nicht nur harmonisch zu ging. Immer zwischen Dressur, Konkurrenz und Teamgeist.

Eine Zentrale Frage war der Wert des Geldes in unserer Gesellschaft. Wie weit sind wir bereit, für Geld zu gehen? So fragt eine der Beteiligten sich, ob sie wohl für 10.000 Euro nackt durch die Nordstadt laufen würde.

Schon bei der ersten „Schlangen-Nummer“ zeigte sich, dass die jungen Leute bei ihrem Zirkus-Workshop im Vorfeld einiges gelernt hatten. Dem Publikum wurde ein gelungener Bauchtanz geboten, wobei am Ende die dominante Haltung gegenüber den dressierten „Schlangen“ (als „Würmer“ am Boden betrachtet) deutlich wurde. Das Programm bot eine gute Mischung aus tragikomischen Clowns-Nummern, Akrobatik, Musikeinlagen und nachdenklich-philosophischen Überlegungen der Jugendlichen.

Humorvoll wurden die Tücken der modernen Welt zum Beispiel bei der Suche nach einem klingelnden Handy, oder aber bei der verzweifelten Versuch, mit fünf verschieden gestellten Weckern, die das zu spät kommen verhindern sollen, dargestellt.

Auch das Publikum wurde in das Geschehen aktiv einbezogen. Ob als Beteiligte einer Wette oder einem Schokokuss-Wettessen. Ernsthafter und provozierend sollte gegen Ende das Publikum mit ihrem Applaus entscheiden, wer von den sieben Zirkus-Angestellten wegen der prekären Situation als entbehrlich entlassen werden sollte. Zum Schluss, so viel sei verraten, siegt der Teamgeist.

Die gelungene Gesamtleistung aller Beteiligten von „Watch me“ macht neugierig auf das nächste Jugendclub-Projekt. Weitere Termine unter www.theaterdo.de.

Retrospektive aus 45 Jahren

Druckgrafiken, Zeichnungen und Objekte zeigt Irmhild Koeniger-Rosenlecher vom 13. März bis zum 03. April 2016 im Torhaus Rombergpark. Von den abstrakten Anfängen aus ihrer Studienzeit bis hin zu den gegenständlichen Arbeiten zeigt die Künstlerin ihr breites Spektrum unter dem Titel „Körper & andere Landschaften“.

Die Titanen haben es Koeniger-Rosenlecher besonders angetan. Sisiyphos und Tantalus sind gleich zweimal abgebildet. In ihren frühen Zeichnungen aus dem Jahre 1977 wirken sie, als ob sie mit der Landschaft verwachsen sind. Dagegen sind die beiden in den Arbeiten von 2003 ein wenig autonomer geworden und haben sich von der Landschaft emanzipiert. Sie sind zu einer handelnden Figur geworden.

Die Künstlerin arbeitet mit unterschiedlichsten Techniken, beispielsweise mit Silberstiften aus Barytpapier, einem Photopapier. Durch diese aufwändige Techniken entstehen filigrane Werke wie bei der „Lärche“ (1980) und den „Birken“ (1978) deutlich zu sehen ist.

Koeniger-Rosenlecher setzt sich neben Landschaftsbilder und mythologischen Figuren auch mit Personen aus der Zeitgeschichte auseinander. So wurde „Elisabeth II“ und ihre Tasche Thema einer Arbeit ebenso wie Justin Bieber. Auch Fußballfans (eigentlich logisch in Dortmund) wurden von der Künstlerin in dem Werk „Zeitgenossen: Fußballfans nach der Niederlage“ aus dem Jahre 1982 porträtiert.

Zu den Schwerpunkten der Künstlerin gehört auch die politische Grafik. Davon ist jedoch nichts in der Ausstellung zu sehen, sieht man vom Objekt „Die stille Frau – Kokoschkas Amla Puppe“ von 2013 ab. Hier steht die Frau als Betrachtungsobjekt im Mittelpunkt.

Die Öffnungszeiten der Galerie Torhaus Rombergpark:

dienstags bis samstags 14 bis 18 Uhr
sonntags und feiertags 10 bis 18 Uhr

Die Manege des Lebens ist geöffnet

Die Dressiernummer scheint zu klappen. Der Zirkusdirektor ist zufrieden. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Die Dressiernummer scheint zu klappen. Der Zirkusdirektor ist zufrieden. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Am 12. März 2016 um 20 Uhr findet im Studio des Schauspielhauses die Premiere des neuen Jugendclubstücks „Watch me!“ statt. Alles wird sich um den Zirkus drehen. Die positiven Aspekte werden gezeigt wie den Glamour, aber auch die negativen Seiten wie Konkurrenzdruck.

Die sechste Produktion des Jugendclubs entstand unter der bewährten Begleitung der Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak und es freien Theatermachers Thorsten Bihegue. In den vergangenen Herbstferien haben sich die Jugendlichen in einer Schreibwerkstatt zusammengesetzt und an einen Stück gearbeitet. Schnell kam die Idee „Zirkus“ auf und weitere Themenbereiche wurden erarbeitet. „Geld“ oder „was würde ich für Geld tun“ ist eines der Bereiche ebenso wie Jugend- und Tierschutz oder die „Selbstdarstellung“.

Zu einem Zirkus gehört natürlich auch ein Clown und so gab es für die Theaterpartisanen 16+ einen Clownsworkshop, um die verschiedenen Clownstypen kennenzulernen. Tiere spielen in den klassischen Zirkussen auch eine Rolle und so hat jeder der neun Spieler ein Alternativtier.

Die handelnden Figuren stammen natürlich aus der Zirkuswelt: Zirkusdirektor, Clown, zwei Trapezkünstlerinnen, die sich nicht grün sind, und die Assistentin des Direktors. Die Rollen sind klar verteilt: Der Zirkusdirektor möchte den Laden am Laufen bringen, während der Konkurrenzkampf zwischen den beiden Trapezkünstlerinnen für schlechte Stimmung sorgt und die Assistentin des Direktors hat auch nicht immer Lust auf gute Laune. Geht es den Bach runter oder hält man zusammen, denn schließlich ist man ja ein Team, oder? Dieser Kampf zwischen dem eigenen Dressiert werden und dem Zusammenhalten ist ein Thema in dem Stück.

Wie in einem Zirkus üblich, gibt es ungefähr 15 Nummern. Davon sind einige dabei, die man in einem Zirkus erwarten würde, manche sind eher aus dem Alltag, beispielsweise wenn das Handy klingelt und man es verzweifelt sucht.

Die Bühne und Kostüme Clara Hedwig und Vanessa Rust lassen die Welt des Zirkus aufleben, es ist bunt und glamourös und die Band trägt Uniformen ähnlich wie die Beatles bei „Sgt. Pepper“. Die Band ist die Zirkuscombo des inklusiven Projektes „gesamtkunstwerk e.v.“. Zu hören ist typische Zirkusmusik, aber auch Pop und Rap.

Weitere Termine sind am 13. März, 20. April, 18. Mai und 02. Juni 2016. karten und Infos unter www.theaterdo.de