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Musikalische Schicksalsbewältigung im Konzerthaus

Unter dem Titel „schicksals_mächte“ lud die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung des renommierten Dirigenten Andreas Spering am 23. und 24.01.2018 in das hiesige Konzerthaus. Ars tremonia war am 23.01.2018 mit dabei.

Es wurden nicht nur Werke bekannter Komponisten wie das Klavierkonzert c-Moll KV 491 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) und die berühmte 5. Sinfonie c-Moll op. 67 von Ludwig van Beethoven (1770-1827) gespielt. Mit der Auftragskomposition „Le suicide beau“, ein Poem für Orchester nach Stéphane Mallarmé gab es noch eine Uraufführung des Komponisten Frank Zabel (*1968).

Die Poesie des bedeutenden französischen Dichters kann neben Charles Baudelaire oder Arthur Rimbaud als Wegbereiter der modernen Lyrik im 19. Jahrhundert gesehen werden. Dem Stil des Symbolismus verhaftet, spielt das Werk mit Andeutungen und bewussten Unklarheiten. Kurz zum Inhalt: das lyrische Ich Mallarmés, der sich das Leben genommen hat und liegt in den Armen seiner Geliebten. Erinnerungen aus seinem Leben tauchen in musikalischen Bildern auf. Sie werden mit dem Selbst-Spott des Gescheiterten bereichert. Kämpfe, Leid und Schmerzen, aber auch Liebe, spiegeln sich in den Dissonanzen des Stückes wieder.

Für die Ohren einiger Liebhaber der klassischen Musik waren die Klänge des modernen zeitgenössischen Stückes wohl ungewohnt. Dank für den Mut, dieses durchaus passende Werk am Anfang zu präsentieren.

Alexej Gortlach interpretierte Mozart auf sehr gefühlvolle Weise. (Foto: © Kaupo Kikkas)
Alexej Gortlach interpretierte Mozart auf sehr gefühlvolle Weise. (Foto: © Kaupo Kikkas)

Für das folgende Klavierkonzert c-Moll KV 491, eines der beiden Konzerte in dieser Tonart von Wolfgang Amadeus Mozart, konnte mit Alexej Gorlatch ein Ausnahme-Pianist und Mozart-Kenner gewonnen werden. Seinen größten errang er wohl 2011 mit seinem Sieg beim Internationalen ARD-Musikwettbewerb in München. Gorlatch beeindruckte durch sein virtuoses Spiel und seiner gefühlvollen Interpretation des Klavierkonzertes. Der ernsten und melancholisch-düstere Beginn des ersten Satzes im ¾ Takt führt etwas schwermütig in eine dunkle Welt hinein. Das Klavier setzt zögernd und zunächst verloren wie eine Art Hilferuf ein. Es folgt eine Art Gespräch zwischen dem großen Orchester und Piano. Ein wenig vorläufige Ruhe kommt erst im zweiten Satz mit Es-Dur hinein, um dann wieder ins traurigere c-Moll zu versinken. Die verschiedenen Stimmungen werden im wunderbar im Wechselbad herüber gebracht. Der dritte an Variationen reiche und vielschichtige dritte Satz endet ohne Erlösung in Moll. Sein grandioses Können zeigte der Pianist dem begeisterten Publikum bei einer rasanten Chopin-Zugabe.

Nach der Pause folgte die als sogenannte „Schicksals-Sinfonie“ bekannte 5. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Vier Noten und ein prägnanter pochender Rhythmus. Überall auf der Welt erkennt man dieses Motiv. Im weiteren Verlauf steigert sich das Geschehen zu einer wuchtigen und kraftvollen Kampf mit dem Schicksal. Im zweiten Satz geht es mit einem sanften Thema und schwungvollen, fast hymnische Melodien als Kontrast weiter. Beethoven baut immer wieder gekonnt Spannungen auf und spielt immer wieder mit musikalischen Gegensätzen.

Der dritte Satz ist eigentlich kein eigenständiger Satz sondern führt als musikalischer Weg vom dunklen c-Moll hin zum hellen c-Dur hin zu einem furiosen Finale.

Ungarische Heimatklänge im Konzerthaus

Am 10. und 11. Januar 2017 luden die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung John Axelrod das Publikum zum 4. Philharmonischen Konzert unter dem Titel „heimat_klänge“ in das hiesige Konzerthaus. Im Mittelpunkt stand dabei vor allem die durch Zigeunerkapellen beeinflusste Volksmusik.

Die „Tänze aus Galanta“ von Zoltan Kodály (1882-1967) bildeten den Anfang dieser musikalischen Reise. Hauptbestandteil war der Tanz „Verbunkos“. Der häufige Wechsel von langsamen und schnell Passagen ist kennzeichnend für Kodálys Suite. Nach einer langsamen Einleitung nimmt die Tanzsuite musikalisch gehörig an fahrt auf und verlangt dem Orchester alles ab. Interessant ist aber auch ein orientalisch anmutender kleiner Zwischenpart,

Ein Höhepunkt des Abends war das folgende Oboenkonzert Nr. 1 von Frigyes Hidas (1928-2007). In zahlreichen Solokadenzen konnte der ausgezeichnete Albrecht Mayer mit der Oboe begeistern und dem Publikum die musikalische Vielfalt dieses Instruments näher bringen. Eine große Sensibilität zeigte er mit seiner Oboe im langsamen Mittelsatz im schönen Zusammenklang insbesondere mit den Harfen.

Nur mit zwei Zugaben wurde er von der Bühne entlassen.

Nach der Pause ging es mit der bekannten „Ungarischen Rhapsodie Nr. 2“ von Franz Liszt weiter. Inspiration auch hier wieder die „Verbunkos“ der Zigeunerkapellen.

Die oft heiter-pompöse Musik ist durch Tempowechsel und Motiv-Variationen gekennzeichnet.

Den Abschluss bildete Béla Bartóks „Konzert für Orchester“. Die heitere Unbeschwertheit fehlt hier bis auf die kleine Episode im zweiten Satz. Nach einer strengen, ernsten Einleitung geht die Stimmung im dritten Satz zu einer schwermütigen Totenklage (Elegie) über. Das musikalisch lebensbejahende Finale hat da schon eine befreiende Wirkung, mit der das Publikum in den Rest-Abend entlassen wird.

Verpasste Beziehungen

Eigentlich sollte Pianist Andreas Boyde beim 4. Philharmonischen Konzert am 08. und 09. Dezember 2015 die Klavierkonzerte von Clara und Robert Schuhmann spielen. Doch leider wurde er krank. So musste Clara zurückstehen, denn Martina Filjak spielte nur das Klavierkonzert von Robert. So verpasste das Publikum zwar die musikalische Beziehung zwischen den beiden Ehepartnern, aber die lernten mit Filjak eine Pianistin kennen, deren zartes, aber farbenfrohes Klavierspiel die Besucher begeisterte.

Die Philharmoniker unter der Leitung des Gastdirigenten Sebastian Lang-Lessing begannen mit dem „Ersatzstück“ der „Tragischen Ouvertüre“ von Brahms. Das Werk stand schon vor knapp drei Jahren auf dem Programm eines Philharmonischen Konzertes. Brahms passt thematisch ideal zu denn Schumanns, denn seine Zuneigung zu Clara wird in mehreren Briefen deutlich. Ob es zu mehr gekommen ist, bleibt aber Spekulation. In dem kurzen Stück von Brahms wird der Klang durch Posaunen und Tuba geprägt und gibt ihm einen dunklen, schweren Charakter.

Das Klavierkonzert in a-moll von Robert Schumann ist sicher ein Meilenstein in der Klaviermusik. Und wenn man Martina Fijak spielen hört, weiß man auch warum. Das Konzert verbindet das solistische Klavier wunderbar mit dem Orchester. Filjak spielt sanft, fast zärtlich, hat aber auch die nötige Power, um die energischen Stellen des Konzertes zu bewältigen. Ein souveräne Leistung der Pianistin, die erst nach zwei Zugaben die Bühne verlassen durfte.

Die 3. Sinfonie von Brahms fällt in den „Richtungsstreit“ zwischen der „Neudeutschen Schule“, vertreten durch Bruckner und Wagner und den „Traditionalisten“, zu denen Brahms gehörte. Zu den Besonderheiten der Sinfonie gehört der vierte Satz, das „Allegro“. Am Ende scheint die Sinfonie langsam zu verklingen. Es ertönt zwar noch das Hauptthema des ersten Satzes, doch nur noch wie ein schwacher Widerhall. Ein sehr beeindruckendes Ende für ein insgesamt sehr ansprechendes Konzert. Schade, dass wir nicht Clara Schumanns Klavierkonzert hören konnten. Wir wurden zwar mit dem betörenden Klavierspiel Filjaks entschädigt, andererseits gibt es nicht häufig die Gelegenheit, Musik von Komponistinnen im Konzertsaal zu erleben.

Russische Melancholie im Konzerthaus

Rachmaninow und Tschaikowsky – mehr russische Romantik geht wohl nicht. Unter dem passenden Titel „gefühls_welten“ ging es beim 4. Philharmonischen Konzert am 09. und 10. Dezember 2014 der Dortmunder Philharmoniker tief in die russische Seele hinein.

Mit dem Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 in d-Moll begann das Konzert. Am Klavier saß der Ukrainer Alexander Romanovsky, der den „K2 für Pianisten“ mit einer bemerkenswerten Eleganz und Energie spielte. Am Dirigentenpult stand Nicolas Milton, der bereits zum fünften Male Gastdirigent bei den Philharmonikern war.

Schon der erste Teil des Klavierkonzertes von Rachmaninow verlangt dem Pianisten viele Fähigkeiten ab. Bereits das russische Thema zu Beginn des ersten Satzes entwickelt sich zu einer anspruchsvollen pianistischen Herausforderung, die Romanovsky mit Bravour meistert. Das Orchester eröffnet den langsamen zweiten Satz, der aus einer Reihe von Variationen um einen romantische Melodie besteht. Im dritten Satz wird das Tempo wieder schneller und kräftiger. Hier zeigt sich Rachmaninow als Rhythmiker. Zudem beginnt der Satz in d-Moll, er wird aber in der Tonart des Triumphs, D-Dur, beendet. Gegen Ende des Konzert gab es riesigen Applaus für Romanovsky, der erst nach zwei Zugaben die Bühne verlassen konnte.

Nach der Pause wurde die 6. Sinfonie in h-moll von Peter Tschaikowsky gespielt. Die Sinfonie ist auch unter dem Titel „Pathétique“ bekannt, doch das ist ein Titel, den ihr der Komponist nicht selber gab. Es wird darüber diskutiert, ob Tschaikowsky in der 6. Sinfonie seine Homosexualität, seine Religiosität oder seinen Tod thematisiert hat, der Komponist wählte für seine Sinfonie die einsame und traurige Tonart h-moll. Auch beendet Tschaikowsky seine Sechste nicht schwungvoll und dynamisch, sondern eher mit einem verebbenden Seufzer. Schon im ersten Satz ist der tragische Kampf des Menschen oder um im Spielzeitmotto zu bleiben, des Helden, deutlich in der Musik zu hören durch das melancholische Solo-Fagott. Der zweite Satz scheint, trotz der düsteren Atmosphäre, dem Zauber des Lebens gewidmet. Auch noch im dritten Satz ist unser Held sicher, die Widrigkeiten des Schicksals durch Willen und Entschlossenheit entgegenzutreten. Letztendlich vergebens: Das Schicksal holt den Helden im vierten Satz unerbittlich ein. Die Sinfonie setzt vielleicht musikalisch die Geschichte eines Menschen um, der erfährt, dass er unheilbar krank ist, sich gegen die Diagnose wehrt, dann aber zum Schluss dennoch unterliegt.

Ein sehr bewegender Abend für alle Beteiligten.

Ausflug in die russische und finnische Natur

Mit dem programmatischen Titel „reine_natur“ entführte Generalmusikdirektor Gabriel Feltz die Zuhörer im Konzerthaus Dortmund am 03. und 04. Dezember die Steppen Mittelasiens, nach Russland und Finnland. Ars tremonia lauschte dem 04. Philharmonischen Konzert am 04. Dezember. Ausflug in die russische und finnische Natur weiterlesen