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Ausklang mit großen Gefühlen

Charles Castronovo und Maria Agresta begeisterten das Publikum an der Seebühne. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Charles Castronovo und Maria Agresta begeisterten das Publikum an der Seebühne. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Das Festival Klangvokal ging am 28. Juni 2015 mit der Italienischen Operngala im Westfalenpark zu Ende. Charles Castronovo und Maria Agresta sangen unter musikalischer Begleitung des WDR Funkorchesters Köln unter der Leitung von Alexander Joel. Moderiert wurde die Veranstaltung von Daniel Finkernagel.

Wenn es um große Gefühle und Oper geht, dann haben die Italiener des 19. Jahrhunderts klar die Nase vorn. Vor allem Verdi und Pucchini haben wundervolle Arien geschrieben, die die Menschen mitreißen oder vor Rührung zum Taschentuch greifen lassen.

Mit Verdis „Macbeth“ fing es an. Die Trauerklage Macduffs „O figli, o figli miei“ um seine toten Kinder und seine tote Frau lässt das Konzert dramatisch beginnen. Etwas freundlicher wirkte die Cavatine der Amelia „Come in quest’ora bruna“ aus Verdis „Simone Boccanegra“.

Agresta konnte ihren dramatischen Sopran bei Verdis „La traviata“ nach dem Roman „Die Kameliendame“ unter Beweis stellen. Vor allem ihr Gesang bei „E strano“ war bewegend.

Nicht so bekannt wie Puccini oder Verdi ist Ruggero Leoncavallo. Aber die Arie der Nedda „Qual fiamma avea nel guardo“ wurde wiederum meisterhaft dargebracht von Maria Agresta. Danach wurde es wieder dramatisch. „La Bohème“ von Puccini stand auf dem Programm. Die tragische Geschichte um Dichter Rodolfo und die Blumenstickerin Mimì gehört zu seinen Meisterwerken. Zu hören waren „D’onde lieta usci“ aus dem 3. Bild und die Geschichte des Kennenlernens der beiden Protogonisten: „Che gelida manina“, „Mi chiamano Mimì“ und „O soave fanciulla“.

Selbstredend gaben Castronovo und Agresta noch Zugaben, wobei Castronovo ein sizilianisches Volkslied sang und sich dabei gekonnt mit der Gitarre begleitete.

Ein furioses Feuerwerk beendete den gelungenen Abend.

Voll Intensität und Leidenschaft

 Das „Quartet Hawniyaz“ : (v.l.n.r.)  Jazz-Pianist Salman Gambarov, Sängerin Aynur Doğan, Kamancheh-Legende Kayhan Kalhor (Iran) sowie dem kurdischen Tambur-Spieler Cemil Qocgiri. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Das „Quartet Hawniyaz“ : (v.l.n.r.) Jazz-Pianist Salman Gambarov, Sängerin Aynur Doğan, Kamancheh-Legende Kayhan Kalhor (Iran) sowie dem kurdischen Tambur-Spieler Cemil Qocgiri. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Am vorletzten Tag des Klangvokal Festivals bekam das Publikum mit „Songs of Kurdistan“ am 27. Juni 2015 im prall gefülltem Veranstaltungsraum im Dortmunder Jazz-Club Domicil einen besonderen Einblick in die für westliche Hörgewohnheiten ungewöhnliche kurdisch-arabische Weltmusik. Das „Quartet Hawniyaz“ mit der in der kurdischen Musiklandschaft bekannten Sängerin Aynur Doğan, Kamancheh-Legende Kayhan Kalhor (Iran), dem Jazz-Pianisten Salman Gambarov (Aserbaidschan) sowie dem kurdischen Tambur-Spieler Cemil Qocgiri führten die Zuhörerinnen und Zuhörer durch das kulturelle Erbe ihrer Heimatländer.

Erwartungsgemäß lockte das Programm viele Menschen aus der kurdischen Gemeinschaft ins domicil. Das zeigt die große Bekanntheit der Gruppe. Aber auch für die Besucher aus Dortmund, die nicht aus diesem Kulturkreis stammen, lohnte es sich, auf das musikalische Abenteuer einzulassen. Aynur Doğan bot mit ihrer starken Stimme Lieder voller Intensität, Leidenschaft und oft mit einer Portion Melancholie. Es war ein Klagegesang voller Schmerz.

Ihre drei exzellenten instrumentalen Begleiter zogen das Publikum mit in eine fremde Welt. Die Stücke hatten fast schon einen meditativen Sog und gingen fließend ineinander über. Interessant war es für das Publikum, Instrumente kennen zu lernen und akustisch zu erleben, die nicht aus unserem mitteleuropäischen Kulturkreis stammen. So zum Beispiel die Kamancheh, eine Stachelgeige in der iranischen Musik. Kayhan Kalhor spielte mit viel Gefühl auf der Stachelfidel mit einem kleinen einfachen Resonanzkörper und langem dünnen Hals. Wunderbare orientalische Klänge zaubert die von Cemil Qocgiri gespielte und im Orient verbreitete , seit zweitausend Jahren bekannte gezupfte Langhalslaute Tambur. Die Begleitung durch sich wiederholende Klavierklänge des Jazz-Pianisten Salman Gambarov passten gut in das künstlerische Gesamtgefüge.

Als Zugabe für das begeisterte Publikum gab es am Ende noch einen bei vielen kurdischen Gästen bekannten Song zum mitklatschen und mitsingen.

Traumhafte Melancholie

Das Ensemble "Concerto Italiano" spielte ind er Bonifatiuskirche Madrigale von Monteverdi und Zeitgenossen. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Das Ensemble „Concerto Italiano“ spielte ind er Bonifatiuskirche Madrigale von Monteverdi und Zeitgenossen. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Am 26. Juni 2015 war das Ensemble „Concerto Italiano“ unter der Leitung von Rinaldo Alessandrini im Rahmen des Festivals Klangvokal zu Gast in der Bonifatiuskirche. Sie spielten hauptsächlich Madrigale nach Texten von Battista Guarinis „Il pastor fido“ von Monteverdi und Zeitgenossen.

Neben der Liebe hat wohl kein Gefühl die Künstler so stimuliert wie die Melancholie. In England hat es beispielsweise der Barockkomponist John Dowland zur Perfektion gebracht, aber auch in anderen Ländern hat dieses Gefühl unendlich viel Literatur und Musik hervorgebracht. Im Mittelpunkt von „Il pastor fido“, der treue Hirte, steht eine Unterform der Melancholie: die des unglücklich Verliebtseins.

Die Tragikomödie „Il pastor fido“ von Guarini wurde Ende des 16. Jahrhunderts veröffentlicht und inspirierte viele Komponisten Madrigale zu komponieren. Neben Monteverdi auch Zeitgenossen wie Luca Marenzio, Marsillo Casentini, Sigismondo d’India, Antonio Cifra, Benedetto Pallavicino oder Giaches de Wert. Alle Komponisten fanden einen unterschiedlichen Zugang zu den Texten. Daher wurde es den Zuhörern in der vollen Bonifatiuskirche auch nicht langweilig, das gleiche Madrigal siebenmal zu hören. So war die Version von de Wert beispielsweise schneller, prononcierter als seine Kollegen.

Sie sechs Sängerinnen und Sänger zeigten eine hervorragende Leistung. Vor allem der Bass Marco Bellotto und der Countertenor Andrea Arrivabene, der den Alt-Part sang, überzeugten. Das Lob kann man getrost auch den Musikern übertragen. Vor allem die beiden Theorbe-Spielern Craig Marchetelli und Ugo di Giovanni, die ungewohnter Weise mit dem Rücken zum Publikum saßen, sorgten mit ihrem Basso continuo für einen vollen Klang.

Erneut zeigte das Festival Klangvokal, dass ihr die Pflege der Alten Musik am Herzen liegt. Vokalmusik aus der Renaissance und dem Barock versetzen die Zuhörer dank erstklassiger Interpreten mehrere Jahrhunderte in die Zeit zurück. Die Kirchen boten eine ideale Spielstätte, wobei glücklicherweise auch der weltlichen Vokalmusik gehuldigt werden konnte.

Temperamentvolle spanische Barockmusik in der Marienkirche

Al Ayre Español mit Sängerin Raquel Andueza. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Al Ayre Español mit Sängerin Raquel Andueza. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Spanische Barockmusik fristet hierzulande noch ein stiefmütterliches Dasein. Ja, die Italiener, Franzosen, Deutschen oder Engländer – einige Barockkomponisten aus diesen Ländern fallen einem sofort ein, aber Spanien? Doch auch Spanien hatte seine Barockmusik und -komponisten. Einen, mit dem Namen José de Torres (1670-1738) hat Dirigent und Cembalist Eduardo López Banzo wiederentdeckt und mit seinem Ensemble „Al Ayre Español“ aufgeführt. Zu hören waren sie am Konzert am 21. Juni 2015 in der Marienkirche im Rahmen des Festivals Klangvokal.

Spanische Barockmusik war ein Exportschlager. Zumindest in den spanischen Kolonien Mittel- und Südamerikas wurde die Musik aufgeführt. Glücklicherweise, denn bei einem Brand des Königlichen Archivs in Madrid ist auch das gedruckte Werk von de Torres den Flammen zum Opfer gefallen, aber in Guatemala-Stadt wieder entdeckt worden. Daher konnte Banzo mit seinem Ensemble und der Sopranistin Raquel Andueza einige Werke des spanischen Komponisten zu Gehör bringen.

Spanische Barockmusik bringt viel Temperament mit, ist volkstümlich und hat viel Leidenschaft. Dafür war Andueza die richtige Sängerin. Sie stand nicht stocksteif da und sang, sondern ihre Mimik und ihre Körperbewegungen lebten die Musik mit. Doch neben der Vokalmusik überzeugten die Musiker auch bei den Instrumentalstücken wie dem „Pasacallas“ eines unbekannten Komponisten, der „Sonata da Chiesa Nr. 12“ von Arcangelo Corelli, in der vor allem die beiden Violinen ihr Können zeigten, und der „Sonata Nr. 5“ von Georg Friedrich Händel.

Besonders berührend war das „Ay que favor. Cantata a Nuestra Señora“ von de Torres. Der Bittgesang für Maria wurde nur von Banzo am Cembalo begleitet und bot Andueza die Möglichkeit ihre Stimme dem zarten Spiel des Instrumentes anzupassen.

Erst nach zwei Zugaben durften die Musiker die Bühne verlassen. Das Konzert bot eine exzellente Möglichkeit, eine bisher vernachlässigte Erscheinungsform der Barockmusik kennenzulernen. Es bleibt zu hoffen, dass die kleine Renaissance(!) der spanischen Barockmusik durch „Al Ayre Español“ und anderen Musikern weiter anhält. Es gibt hier noch viel zu entdecken.

Barocker Zauber in der Reinoldikirche

Ann Hallenberg (weißes Kleid) und Lydia Teuscher (blaues Kleid) gaben ein gefeiertes Konzert zusammen mit den Musikern der Accademia Bizantina mit ihrem Dirigenten Ottavio Dantone (ganz rechts). Foto: © Bülent Kirschbaum
Ann Hallenberg (weißes Kleid) und Lydia Teuscher (blaues Kleid) gaben ein gefeiertes Konzert zusammen mit den Musikern der Accademia Bizantina mit ihrem Dirigenten Ottavio Dantone (ganz rechts). Foto: © Bülent Kirschbaum

Im römischen Palast von Fürst Francesco Maria Ruspoli gaben sich im Jahr 1707 zur Uraufführung von Alessandro Scalattis „Il giardino di Rose“ namhafte barocke Komponisten und Musiker ein Stelldichein. Darunter auch der damals erst 22-jährige Sachse Georg Friedrich Händel. Er wollte das römische Publikum zum Staunen bringen. Damals waren in Italien Opern verboten, und sinnliche, leidenschaftliche (geistliche) Oratorien, die weltliche und klerikale Themen verbanden, beim Publikum beliebt. Händel, obwohl selbst kein Katholik, bediente gekonnt die emotionalen und rituellen religiösen Bedürfnisse.

Im Rahmen des Klangvokal Festivals 2015 brachte Ottavio Dantone (Musikalische Leitung) und sein Ensemble Accademia Bizantina mit Unterstützung der renommierten Schwedin Ann Hallenberg (Mezzosopran) und der jungen Sopranistin Lydia Teschner barocken Zauber in die Reinoldikirche. Ein passender Rahmen mit exzellenter Akustik. Die Vorbereitungen für dieses Konzert waren schon Dienstag gestartet, denn die Musiker, die Sängerinnen und der Dirigent kamen aus unterschiedlichen Orten nach Dortmund.

Die Musiker spielten auf Originalinstrumenten. In der Mitte spielte Dantone auf der Orgel und dem Cembalo. Das Konzert begann mit der bewegenden Marienverehrung von Scarlattis Sinfonie „Il Giardino di Rose“ mit den Arien der Hoffnung, der Buße der Barmherzigkeit. Abwechselnd mit starker Stimme und Emotion von Teschner und Hallenberg. Der Teil schloss mit einem Duett der Barmherzigkeit und Buße der beiden Sängerinnen.

Es folgte als emotionaler Höhepunkt noch Giovanni Ferrandinis „Il pianto di Maria“ mit abwechselnden Rezitativen und sanften, weniger leidenschaftlichen Cavatinen, eine schlichtere Form der Arie. Ann Hallenberg machte die Leiden der Gottesmutter Maria mit ihrer hochemotionalen Gesangs-und Gestaltungskunst für das Publikum spürbar.

Nach einer kurzen Pause ging es mit Georg Friedrich Händels Salve Regina g-Moll HWV 241, Domenico Scarlettis Salve regina A-Dur. Die bewegende Huldigung der „Jungfrau und Königin Maria“ fand einen Höhepunkt mit „Haec est Regina virginum HWV 235 (Dies ist die Königin der Jungfrauen).

Am Ende begeisterten Teschner und Hallenberg mit dem Duett „Dolci chiodi, amate spine“ zwischen Magdalena und Kleophas aus „La Resurrezione“ (Die Auferstehung). Hier ist Magdalena keine reuige Sünderin, sondern mutige Zeugin der Auferstehung Jesu.

Ein gelungener Abend für Freunde der Barockmusik auf hohem Niveau, starken Stimmen und stimmungsvollem Ambiente, der erst nach zwei Zugaben zu Ende ging. Es zeigt sich erneut, dass das Festival Klangvokal ein absolutes Muss für Liebhaber alter Musik ist. Wer Renaissance- und Barockmusik auf hohem Niveau schätzt, kommt an Klangvokal nicht vorbei.

Julia Biel – Eine faszinierende Stimme erobert das domicil

Neben Klavier und Gitarre überzeugte Julia Biel vor allem durch ihre Stimme. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Neben Klavier und Gitarre überzeugte Julia Biel vor allem durch ihre Stimme. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Wie schaffen das die Briten eigentlich? Musikalische Stilrichtungen wie Jazz, Blues oder Soul werden in den USA erfunden, veredelt werden sie aber im Vereinigten Königreich. Ebenso werden in Großbritannien immer mal wieder Frauenstimmen entdeckt, die zu den ganz großen der Welt gehören wie Adele oder Amy Winehouse. In diese Liga gehört auf alle Fälle auch Julia Biel, die aber wie eine Mischung zwischen Billy Holliday (ihrem Vorbild) und der isländischen Sängerin Björk klingt. Biel brachte am 18. Juni 2015 im domicil Liebesbriefe und andere Geschosse mit.

Biels Songs waren überwiegend angenehme ruhige Jazz/Pop-Lieder, die die Sängerin entweder auf dem Klavier oder der Gitarre begleitete. Zwei weitere Musiker standen ebenfalls auf der Bühne, ihre Mitmusiker Idris Rahman (Bass) und Saleem Raman (Schlagzeug) überzeugten ebenfalls. Rahman spielte nicht den typischen Jazz-Bass, der sich mit Läufen und Skalen auszeichnete, sondern überwiegend auf den Punkt genauen Rock-Pop-Bass. Raman zeigte am Schlagzeug durch sein brillantes Spiel mehr Jazzanklänge.

Biel schaffte es von Anfang an, das Publikum im domicil auf ihre Seite zu bekommen trotz (oder gerade wegen) der sanften Jazz-Pop-Melange. Nur einmal wurde es etwas wilder, als Biel ihren „Sex, Drugs and Rock’n‘ Roll“-Song „Out if control“ sang. Ein famoses Konzert einer famosen Stimme.

Mit Alben lässt die Julia Biel anscheind Zeit: Zehn Jahre lagen zwischen der Veröffentlichung ihres Albums „not alone“ und dem aktuellen Werk „Love letters and other missiles“, aus dem sie die meisten Lieder sang.

Großes Chorfest in der Dortmunder Innenstadt

Mit "Sounding People" ist auch ein ganz junger Chor beim "Fest der Chöre" dabei. (Foto: © Sounding People/ Klangvokal)
Mit „Sounding People“ ist auch ein ganz junger Chor beim „Fest der Chöre“ dabei. (Foto: © Sounding People/ Klangvokal)

Zum siebten Mal findet am Samstag, den 20. Juni, in der Dortmunder Innenstadt das große „Fest der Chöre“ statt. Über 130 Chöre und Vokalensembles aus Dortmund und Umgebung sind auf 14 Bühnen zu erleben. Die Veranstaltungsorte können nicht unterschiedlicher sein: unter freiem Himmel, in Kirchen, in Geschäften und sogar in der U-Bahn.

Traditionell wird der Oberbürgermeister Ullrich Sierau das Fest der Chöre um 12 Uhr auf dem Alten Markt eröffnen. Gemeinsam mit dem Publikum und dem Dortmunder Bachchor unter der Leitung von Klaus Eldert Müller wird er das Steigerlied anstimmen. Von 12.30 Uhr bis 19.30 Uhr können die Besucherinnen und Besucher sich dann auf vielen Bühnen von den Dortmunder Chören und der Vielfalt ihres Repertoires überraschen lassen. Die Darbietungen auf der DEW-Kinderbühne hinter dem Rathaus beginnen sogar schon um 10.00 Uhr.

Jürgen Kleinschmidt lädt gemeinsam mit den Chören Coriander, Dementi und Cantastrophe um 17 Uhr unter dem Motto „Chormusik bringt Menschen zusammen“ zum offenen Singen ein. Unter der Beteiligung von Demenz-Patienten steht die Freude am gemeinsamen Singen im Mittelpunkt. Auf dem Programm stehen Volkslieder, Schlager oder Evergreens.

Erstmalig ist die Dortmunder Tafel nicht nur mit einem Stand, sondern auch mit einem Chor an diesem Tag dabei. Wer also nicht nur Snacks und Getränke für den guten Zweck kaufen möchte, hat um 13.25 Uhr die Gelegenheit, den neuen Chor unter der Leitung von Linde Geisen auf der Mercedes-Benz-Bühne in der Kleppingstraße zu erleben. Wieder dabei ist auch das Straßenmagazin bodo e.V. mit einem Bücherstand an der DEW21-Kinderbühne am Rathaus.

Weitere Infos und den genauen Zeitplan gibt es unter www.klangvokal.de

Tunesien trifft Frankreich

Hamdani überzeugte mit ihrer Mischung aus arabischer Musik und französischen Chansons. (Foto: © Bülent Kirschbaum).
Hamdani überzeugte mit ihrer Mischung aus arabischer Musik und französischen Chansons. (Foto: © Bülent Kirschbaum).

Im Rahmen des Musikfestivals „Klangvokal“ bot die tunesische Sängerin und Musikwissenschaftlerin Dorsaf Hamdani im Orchesterzentrum Dortmund am 14. Juni 2015 einen Chansonabend der besonderen Art.

Sie sang Lieder der berühmten Sängerin Fairuz (geb. 1934), auch als „Stimme Libanons“ bekannt, und der französischen Chansonette Barbara. Barbara, 1930 als Monique Serf in Paris geboren und als Jüdin während des Vichy-Regimes verfolgt, setzte sich nach dem Krieg für die Völkerverständigung zwischen Frankreich und Deutschland ein. Mit ihrer Komposition „Göttingen“ (1964) schrieb sie in diesem Sinn ein Stück Musikgeschichte. 1997 stab sie in Neuilly-sur-Seine. Fast selbstverständlich trifft hier Okzident auf Orient. Das Programm ist zugleich eine Hommage an die beiden Künstlerinnen.

Hamdani schaffte es fast ohne merkbare Übergänge, von arabischen hin zum französischen Chanson zu wechseln. Sie bot den Raum für eine imaginäres Treffen der beiden großen Persönlichkeiten des Chansons. Mit ihrer vollen und warmen Stimme und starker Gestik brachte sie auf einer emotionalen Ebene einiges von den Texten rüber, auch wenn man des Arabischen oder der französischen Sprache nicht mächtig war.

Mal eindringlich und geheimnisvoll, dann wieder romantisch und melancholisch. Die Lieder erzählten vom Frühling, der Liebe, aber auch von Verlust. Stimmungsmäßig wechselte auch die Beleuchtung von gelb, grün bis rot.

Für den gelungenen Auftritt waren jedoch auch ihre vier fantastischen musikalischen Begleiter von Bedeutung. Daniel Mille (Akkordeon, Leitung), Lucien Zerrad an der Gitarre und der alten, dickbauchigen arabischen Kurzhalslaute Oud, Zied Zouari (Bratsche, Oud) sowie Yousef Zaved (Percussions) sorgten auch mit einigen Solis für eine orientalische Atmosphäre.

Das begeisterte Publikum dankte mit Standing Ovations, Hamdani und ihre Musiker kamen natürlich nicht um zwei Zugaben herum

Zwei Enden der Seidenstraße

Die Musiker von Sedaa hatten keine Berührungsängste, die ganz Kleinen konnten das Konzert von ganz nah erleben. (Foto: © Bülent Kirschbaum).
Die Musiker von Sedaa hatten keine Berührungsängste, die ganz Kleinen konnten das Konzert von ganz nah erleben. (Foto: © Bülent Kirschbaum).

Zwei Iraner und zwei Mongolen bilden die Musikgruppe „Sedaa“ und ihre Mischung aus iranischen und mongolischen Instrumenten bildet das Fundament einer interessanten Fusion. Zu hören alles am 14. Juni 2015 um 11 Uhr im domicil im Rahmen des soundzz Familienkonzertes und des Festivals Klangvokal.

Die ersten Lieder, die die vier Musiker auf ihren Instrumenten spielten, klangen sehr rhythmisch, fast westlich. Sie erinnerten ganz leicht an eine mongolische Folk-Metal-Band, die auf akustischen Instrumenten spielte. Dazu passte der typische Oberton- und Untertongesang, der an das typische „Growling“ erinnerte, den es ebenfalls in manchen Spielarten des Metal gibt.

Aber der Rezensent war nicht in Wacken und Sedaa spielten ja auch eher eine Mischung aus den beiden Kulturen Iran und Mongolei. Mit Gitarre und Hackbrett kam ein starker iranischer Einschlag in die Musik.

Besonders spannend, besonders für die kleinen Besucher waren die mongolischen Instrumente. Die beiden mongolischen Musiker Nasaa Nasanjargal und Naraa Naranbaatar spielten die Pferdekopfgeige, wobei Naranbaatar eine mit der Kontrabaßgeige eine besondere Form spielte. Hinzu kam die Bischgur, die mongolische Oboe. Omid Bahadori spielte Gitarre und Percussion, während der iranische Gastmusiker am Hackbrett musizierte. Natürlich waren auch die monglischen Gesangstechniken, mit der ein Mensch zwei Töne gleichzeitig singen kann, faszinierend.

Insgesamt kam die Mischung aus iranischen und mongolischen Liedern bei den Besuchern sehr gut an. Die Musiker konnten die Zuhörer sogar begeistern, bei zwei Liedern mitzusingen. Ein sehr gutes Konzert, sogar für Menschen, die vielleicht Weltmusik aus ganz fernen Ländern eher abschreckend finden. Sedaa ist ein hervorragender Botschafter für Weltmusik.

Orient trifft Korsika

A Filetta mit  Fadia Tomb El-Hage vermischten Orient und Okzident. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
A Filetta mit Fadia Tomb El-Hage vermischten Orient und Okzident. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Das korsische Vokalensemble „A filetta“ bot zusammen mit der libanesischen Sängerin Fadia Tomb El-Hage einen besonderen musikalischen Brückenschlag: Korsika trifft den Orient und verbindet sich zu einer interessanten musikalischen Melange. Gesungen am 12. Juni 2015 in der Marienkirche im Rahmen des Festivals Klangvokal wurden sakrale und weltliche Lieder auf korsisch, arabisch und syrisch.

„A filetta“ ist ein Phänomen. Sechs Sänger erzeugen ein fast schon archaisch anmutendes Gefühl, wenn ihre Stimmen zu einer verschmelzen. So muss es schon vor tausenden von Jahren auf der Geburtsinsel Napoleons bei Festlichkeiten geklungen haben. Die ersten drei Lieder sang „A filetta“ alleine. Es war ein großes Erlebnis, den Stimmführer Jean-Claude Acquaviva zu erleben, der mit seiner ausdrucksstarken Mimik ein wenig an den verstorbenen Joe Cocker erinnerte.

Zusammen mit Fadia Tomb El-Hage, die lange Zeit in Deutschland gelebt hat, wurde der Klang noch reicher. Typische arabische Verzierungen ergänzten den tiefen Klang des Chores und bildeten eine eigenen Klangkosmos, in dem man sich verlieren konnte. Beeindruckend war auch das Schlaflied „Nani“, das El-Hage alleine sang. Sie benutzte das Lied, um ihre kleine Tochter in den Schlaf zu singen, als die beide im Keller vor den Bomben in dem Bürgerkriegsland geflüchtet waren.

Es gab also nicht nur sakrale Musik zu hören, auch weltliche Musik wurde intoniert. Mit „Treblinka“ erinnerten die Sänger auch an das Schicksal der vielen Menschen, die an diesem Ort umgebracht wurden.

Vor begeisternden Zuhören konnten „A filetta“ und El-Hage ihr Konzert nach zwei Zugaben beenden.