Der Brexit hat uns alle betroffen gemacht und wird uns wohl noch sehr lange beschäftigen. Vor allem die Briten. Die Folgen sind jetzt schon verheerend … und der Bestand des Restempires ist wohl gezählt. Der den Briten nachgesagte ökonomische Verstand hat in Brexit Kampagne aus Xenophobie versagt … ein Vorgeschmack für die Gefahr einer Braunaue*rinnen Regierung.
Trotz allem gibt es Gründe genug einen musikalischen Ausflug über den trennenden Ärmelkanal zu machen. Wobei sich die Briten gerne kontinentaleuropäische Musiker an den Hof holten … bis wir den Beatles Britpop erleben durften. Oder … da war was davor.
Eröffnet wurde das Konzert am 09. Oktober 2023 von Beethovens Variationen zu „God Save the King“ für ein Solo Klavier. Dem Hannoveraner George und der mecklenburgisch-portugiesischen Charlotte mit afrikanischen Wurzeln würde es gefallen haben. Wundervoll gespielt vom Dirigat Christian Zacharias.
Die Londonreise von Beethoven mit seinem Lehrer Haydn zerschlug sich, aber sein Faible für England blieb bestehen. Und er war auf der Insel dann auch kein Unbekannter geblieben. Seine Stücke erschienen auf der Insel im Druck. Auf dem Kontinent baute er immer wieder Elemente mit klarem Bezug zur Insel ein.
Es folgten unsere Brexiteers: Edgar Elgar und Benjamin Britton.
Zuerst spielten die Dortmunder Philharmoniker die Serenade für Streicher e-Moll op. 20 von Edgar Elgar und anschließend Les Illuminations op. 18 von Benjamin Britton. Die Texte stammen von Arthur Rimbaud, die hervorragend von Rinnat Moriah gesungen wurden … unter einer infernalischen Belastung nach dem Überfall der Hamas am vorhergehenden Samstag dieses Oktobers.
Elgar, der, im Gegensatz zu Britton, nie einen Kompositionsunterricht erhielt, kann man ein Naturtalent nennen. Elgar ist mit dem Empire wie kein anderer verbunden, was auch seine Komposition „Land of Hope and Glory“ als inoffizielle Hymne zeigt. Er ist aber nicht zwingend der staatstragende Komponist, da er im klassenbetonten England von der Oberschicht nie anerkannt wurde. Das dreisätzige, 12-minütige Stück, einfühlsam intoniert und dirigiert, zeigt entfernte Echos von Felix Mendelsohn Bartholdy … gefesselt wird der Hörer aber schon mit den ersten Tönen der Serenade, die sich im dritten Satz echogleich wiederholen. Es wiederholt sich nicht einfach, sondern rundet die Serenade wunderbar ab.
Britton … sorry nicht mein Bier, ABER: Britton hatte eine seriöse Komponistenausbildung und wurde einer der Vertreter der Moderne. Britton, ein überzeugter Sozialist und Pazifist ging 1939 in die USA, segelte aber über den Teich zurück, da wohl doch zu tief dort verwurzelt. Die USA waren damals schon alles andere als sozialfreundlich oder pazifistisch … Nach Pearl Harbour kann man für uns nur sagen: Gott sei Dank.
Der von den Dortmunder Philharmonikern nun gespielte und von Moriah gesungene Orchesterlied-Zyklus Les Illustrations ist „strange“ und begeisterte Britton Fans zu Recht. Ich selber hatte weniger Freude daran, auch ein wenig wegen Rimbaud, der auch nicht mein Fall ist … Man kann nicht alles haben! Aber trotzdem eine fantastische Darbietung von Moriah und unseren Philharmonikern.
Von der verlassenen Insel geht der Bogen wieder zurück auf den Kontinent, nach Wien und zu Wolfgang Amadeus Mozart und seiner beschwingten 18. Jahrhundert Popmusik … Britpop heute, Wienpop damals. Die Philharmoniker intonierten die Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550, 1. Fassung. So seine eigene 2. Fassung mit zwei Klarinettenstimmen.
Die Sinfonie KV 550 gehört zu den bekanntesten Werken Mozarts. Bereits um 1800 war sie beim Publikum hochgeschätzt, was sich auch in einer Vielzahl von Bearbeitungen ausdrückte. In der Popmusik wurden mehrfach Teile der g-Moll-Sinfonie adaptiert und bearbeitet. 1971 wurde der erste Satz als Popversion von Waldo de los Ríos zu einem Singlehit in Großbritannien und Deutschland. Ich hatte damals die LP und liebte dieses Crossover. Aber auch in der TV Werbung ertönte diese Sinfonie, so die Telekom, ein Kaffeeröster und andere andere. Die Sinfonie bildet eine Trias mit No. 39 und 41. Diese drei Sinfonien wurden aber erst nach seinem Tod erst gedruckt.
Beschwingt spielten die Dortmunder Philharmoniker unter dem Dirigat von Zacharias die Sinfonie … und mit geschlossenen Augen hätte man sich in ein Konzert am Ende des 18. Jhdt. versetzen können. Die Intensität der von Mozart beabsichtigten Ausdruckskraft wurde gekonnt und ausbalanciert wie die Sinfonie selber durch die Philharmoniker gespielt und ließ mitreißen … so sehr, dass das Publikum mit seinem Applaus nicht sparte … Also nicht nur wegen Mozart, aber die Sinfonie trug ihren Anteil an der Begeisterung.