Eine musikalische Perle des Frühbarocks

Im Rahmen des Klagvokal Musikfestivals Dortmund wurde am 02.10.2023 im hiesigen Reinoldihaus mit Emilio de Cavalieris (1550-1602) „Rappresentatione di Anima, et di Corpo“ (1600) die erste erst vollständig erhaltene Oper konzertant aufgeführt. Das Spiel um Seele und Körper in drei Akten hatte seine Uraufführung im Betsaal der Kirche Santa Maria in Vallicella (Rom).

Mit dieser geistlichen Oper markierte der vielseitig begabte italienische Komponist als ein wesentlicher Impulsgeber den Beginn der frühen Barockzeit mit Monodie (solistischer Gesang mit akkordischer Instrumentalbegleitung) und Generalbass.

Das Ensemble und die beiden Solisten entführten das Reinoldihaus in die Zeit des Frühbarocks. (Foto: (c) Bülent Kirschbaum)
Das Ensemble und die beiden Solisten entführten das Reinoldihaus in die Zeit des Frühbarocks. (Foto: (c) Bülent Kirschbaum)

Im Wesentlichen geht es in der Oper um die damals für den Menschen entscheidende Frage: Genieße ich das irdische Leben in vollen Zügen, ungeachtet der Folgen? Oder richtet man schon jetzt den Blick auf das, was nach dem Tod (laut religiöser Verheißung) folgen wird?

Die (musikalische) Zwiesprache zwischen „Seele“ und „Körper“ mit widersprüchlichen Gefühlen, den Versuchungen und Verunsicherungen. Bildet das Zentrum der Oper. Die weiteren handelnden Figuren (Welt, Rat, Vergnügen, Geist, Weisheit, Vernunft, Schutzengel…) sind vorrangig Allegorien. Nur bei den „Titelfiguren“ (Seele und Körper) handelt es sich um echte Menschen.

Die niederländische Mezzosopranistin Sophia Faltas (Seele) und der Tenor Raffaele Giordati (Körper) gaben den inneren Konflikten zwischen Seele und Körper eine starke eindringliche Stimme.

Der 2004 gegründete belgische Vokalensemble für Musik der Renaissance und Barock begeisterte als Chor, mit ihren einzelnen Stimmen für die weiteren handelnden Figuren aber vor allem auch mit dem ausdruckstarken Zusammenspiel unterschiedlichster Instrumente (Harfe, Viola, Violine, imposanter Posaune, Gitarre, Cembalo, Truhenorgel, Gamba und Theorbe).

Eine Musik voll Anmut und Intensität, mit emotionalen Lamenti, glanzvollem Chor und Einflüssen traditioneller Volksmusik. Sie fand danach bei Claudia Monteverdi ihren Meister.

In der Gegenwart ist die Frage nach den Folgen unseres Handelns (für Umwelt und Gesellschaft) durchaus aktuell. Der religiöse Kontext ist für viele Menschen heutzutage befremdlich. Auch ohne die Hoffnung auf eine „himmlische Belohnung“ nach dem Tod für ein “gottgefälliges“ Leben gibt es genug humanistische Gründe, sich über Gedanken über ein achtsames Verhalten gegenüber uns selbst, anderen Menschen oder der Umwelt im Diesseits zu machen.

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