Ars tremonia

Theatrale Annäherung an ein schwieriges Erbe

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Am 20. und 21. März 2025 hatte eine neu formierte Gruppe Kulturschaffender aus Leipzig – mit Ahnen im globalen Süden und Norden – ihr Gastspiel mit Elfenbein – Annäherung an ein fleischloses Erbe im Theater im Depot in Dortmund. Allgemein geht es darum, welche sichtbaren und unsichtbaren Vermächtnisse wir als Erbe mit uns herumtragen. Wie gehen wir damit um?

Ein spezielles Augenmerk dieses performativen Theatererlebnisses liegt auf dem schwierigen Erbe eines ein Meter großen Elefantenstoßzahns, der nun am Küchenschrank des Vaters lehnt. Der Großvater hatte diesen 1971 auf einer Safari geschossen und als „stolzes Erbe“ hinterlassen. Die Erbin fragt sich, was sie nun mit diesem Erbstück tun soll.

Eine künstlerische Spurensuche

Aus diesem Anlass begeben sich die drei Performerinnen Aziza Bouizedkane, Aisha Konaté und Svenja Wolff mit verschiedenen künstlerischen Ausdrucksmitteln auf die Suche nach einem Umgang mit solch kolonialem Erbe. Zum gelungenen Gesamtkonzept gehörten außerdem die Medienkünstlerin Vanesa Opoku, die Lichtdesignerin Iana Boitcova, die Dramaturgin Jasmin Jerat und die Provenienzforscherin Isabelle Reimann.

Die Performer:innen in Aktion Foto: André Wirsig
Die Performer:innen in Aktion Foto: André Wirsig

Mit starkem Gesang, Tanz, Lesung, der Einspielung originaler historischer Kommentare und Video-Projektionen gehen sie der Frage nach gesellschaftlicher Verantwortung nach. Kolonialer Kunstraub und menschliche Kopftrophäen schlummern bis heute in Museen und Kellern. Behutsam, aber direkt nähern sich die drei Performerinnen der Dekolonisierung. Es wird eine Haltung für alle gesucht sowie ein besonderer Blick auf den Zahn und seine Zeit geworfen.

Dabei wurde unter anderem eine helle Tuchplane mit drei Löchern fantasievoll genutzt, aus denen die Köpfe der Darstellerinnen langsam und mutig hervorlugten. Die Künstlerinnen machen mit sinnlich-emotionalen Darstellungen und ironischen Zwischentönen das fleischlose Erbe zwischen Trauerritualen, familiärer Spurensuche und spekulativer Science-Fiction (be)greifbar. Auch das Publikum wurde direkt angesprochen.

Wir tragen nicht nur körperliche Merkmale unserer Vorfahren in uns, sondern auch ihre dunklen Vermächtnisse. Es ist wichtig, sich ehrlich und kritisch mit dieser Vergangenheit auseinanderzusetzen – und nicht zu verdrängen.