Paavo Järvi – das Prequel zur Zeitinsel Avro Pärt

Der estnische Dirigent Paavo Järvi präsentierte mit dem Estonian Festival Orchestra einen Vorgeschmack auf die kommende Zeitinsel für seinen estnischen Landsmann Arvo Pärt. Daneben gab es Musik des ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov und dem russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch zu genießen.

Den beginn machte Silvestrov mit seiner lyrischen „Abendserenade“. Seine Musik ist leise, behutsam und die Melodien sind sachte miteinander verwoben.

Die Sinfonie Nr.1 von Arvo Pärt, die danach erklang, verweist auf alte musikalische Traditionen. Titel wie Kanon, Präludium und Fuge könnten wir eigentlich von Johann Sebastian Bach und Zeitgenossen erwarten, aber nicht von einem Werk aus dem Jahre 1963. Die konstruktive Grundlage der Sinfonie ist die Notenreihe aus der Zwölftonmusik, die streng eingehalten wird. Die Kanons im ersten Satz verlaufen in Wellen, die gegen Ende am höchsten ansteigen. Ein Violinsolo zu Beginn des Präludiums scheint die Rolle eines langsamen Mittelsatzes zu spielen. Der eigentliche Höhepunkt der gesamten Komposition wird in der Fuge durch einen einzigen energiegeladenen dynamischen Aufstieg gebildet.

Danach stand „Summa“ von Pärt auf dem Programm. Es wurde erstmals 1977 unter dem Titel „Credo“ komponiert und später 1991 für Streichorchester unter dem Titel „Summa“ überarbeitet. In „Summa“ verwendet Pärt die Tintinnabuli-Technik, bei der zwei Stimmen, die Melodie und der Tintinnabuli (Glockenklang), miteinander verflochten sind. Die Melodie bewegt sich oft in Schritten, während die Tintinnabuli-Stimme einfache Dreiklänge spielt. Das Ergebnis ist eine ruhige und meditative Atmosphäre.

Nach der Pause erklang das „Cantus in Memory of Benjamin Britten“ von Pärt, dem es leider nicht vergönnt war, den britischen Komponisten persönlich kennenzulernen. Auch hier verwendet Pärt die Tintinnabuli-Technik, wobei im „Cantus“ die Glocke eine zentrale Rolle spielt. Die Wirkung von „Cantus“ liegt in seiner ruhigen Intensität und der Kombination von Traurigkeit und Schönheit. Es erzeugt eine eindringliche und meditative Stimmung.

Zum Schluss wurde auch die erste Sinfonie von Schostakowitsch gespielt. Hier zeigte der erst 19-jährige Komponist schon, was ihn später auszeichnete: Das Brechen mit traditionellen Formen sowie Ironie und Satire. Die Sinfonie Nr. 1 zeigt zwar Einflüsse von zeitgenössischen Komponisten wie Igor Strawinsky, Sergej Prokofjew und Alexander Skrjabin. Dennoch entwickelt Schostakowitsch bereits hier seinen eigenen, unverkennbaren Stil.

Paavo Järvi begeisterte mit seinen Musikern das Dortmunder Publikum, so dass er sogar eine Zugabe geben musste. Ein großartiger Start in die Zeitinsel Arvo Pärt.

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