Wann endet die Zeit? Laut der Relativitätstheorie bilden Raum und Zeit eine Einheit. Die Raumzeit kann entweder durch eine starke Expansion des Universums oder durch dessen Kollaps enden. Doch der Komponist Olivier Messiaen, ein gläubiger Katholik, hatte eine ganz andere Vorstellung vom Ende der Zeit: die Apokalypse, wie sie in der Offenbarung des Johannes beschrieben wird. Diese Vision hat er in seinem berühmten Werk „Quatuor pour la fin du temps“ („Quartett für das Ende der Zeit“) musikalisch umgesetzt. Das Stück wurde im Rahmen des 3. Kammerkonzertes am 23.01.2025 im domicil aufgeführt.
Die Entstehung des „Quatuor pour la fin du temps“
Das „Quatuor pour la fin du temps“ entstand 1941 unter außergewöhnlich schwierigen Umständen. Messiaen komponierte es während seiner Gefangenschaft im deutschen Kriegsgefangenenlager Stalag VIII-A in Görlitz (heute Zgorzelec, Polen). Die Uraufführung fand ebenfalls im Lager statt, mit Musiker:innen , die wie Messiaen Kriegsgefangene waren. Die zur Verfügung stehenden Instrumente waren rudimentär, was die Aufführung zusätzlich erschwerte. Im domicil interpretierten Bianca Adamek (Violine), Andrei Simion (Cello), Ailina Heinl (Klarinette) und Çağdaş Özkan (Klavier) das Werk mit großer Hingabe.

Messiaens Kompositionsstil ist geprägt durch den Einsatz von modalen Skalen, rhythmischer Freiheit und seiner Faszination für Vogelgesänge. Viele Sätze des „Quatuor pour la fin du temps“ besitzen eine meditative und zeitlose Qualität, die durch langsame Tempi und schwebende Harmonien verstärkt wird. Diese Elemente verleihen dem Werk eine einzigartige Tiefe und Spiritualität.
Messiaens Botschaft: Zeit und Spiritualität
Obwohl Messiaen das Stück aus seiner tiefen religiösen Überzeugung heraus schuf, spricht es auch nicht-religiöse Menschen an. Das „Quatuor pour la fin du temps“ lädt dazu ein, über das Konzept der Zeit jenseits von religiösen Vorstellungen nachzudenken. Messiaen löst die Musik in vielen Sätzen von der klassischen linearen Zeitstruktur – durch langsame, schwebende Melodien und rhythmisierte Formen, die zyklisch statt zielgerichtet wirken.
Die Entstehungsgeschichte des Werks unterstreicht zudem, wie Kunst selbst unter den widrigsten Umständen – wie in einem Kriegsgefangenenlager – eine Quelle der Hoffnung, des Widerstands und der Menschlichkeit sein kann. Das „Quatuor pour la fin du temps“ ist nicht nur ein musikalisches Meisterwerk, sondern auch ein Triumph des menschlichen Geistes über Leid und Zerstörung.
Durch die Verbindung von Spiritualität, zeitloser Schönheit und historischer Bedeutung bleibt Messiaens Werk ein faszinierendes Thema für Musikliebhaber:innen und ein wertvoller Beitrag zur klassischen Musik. Das Stück ist ein Muss für alle, die sich für das Thema Massiaen und seine einzigartige musikalische Vision interessieren.