La Juive – Wenn Hass auf eine Minderheit zur Katastrophe führt

Opernpremiere mit Hindernissen. Eigentlich sollte die Premiere von „La Juive“ am 06. November 2022 schon um 18 Uhr beginnen, doch nachdem ein Sänger kurzfristig erkrankt war, musste sein Ersatz Denis Velev aus Paris nach Dortmund kommen. Die Autofahrt schaffte er in guter Zeit, so dass er 19:15 Uhr in Dortmund ankam und die Oper um 19:45 Uhr anfangen konnte. Nach so viel Aufregung konnten sich die Zuschauer*innen auf die Musik und die ebenso aufregende Oper „La Juive“ konzentrieren.  

Die Oper, uraufgeführt am 23. Februar 1835, hat leider immer noch ein aktuelles Hauptthema: Den Antisemitismus. Es spielt in Konstanz, zu Beginn des Konstanzer Konzils (1414). Der Juwelier Éléazar und seine Tochter Rachel geraten als Juden in den Fokus der judenhassenden Gesellschaft des Spätmittelalters. Éléazar arbeitet an einem christlichen Feiertag und seine Tochter Rachel will sich mit dem Christen Léopold verheiraten. Léopold fällt aber kurz vorher noch ein, dass er eigentlich mit Prinzessin Eudoxie, der Nichte von Kaiser Sigismund, verbandelt ist. Eine Verbindung zwischen Juden und Christen ist in der damaligen Zeit mit dem Tod bedroht. Eine weitere Rolle spielt der Kardinal de Brogni, der nachdem er Frau und Tochter verloren hat, sein Leben der Kirche gewidmet hat. Der Kardinal hat allerdings die beiden Söhne von Éléazar auf dem Gewissen, dafür will sich der Juwelier rächen. Denn die Tochter von de Brogni lebt und wer Opern kennt, wird vielleicht schon ahnen, wer seine Tochter ist.

Der Komponist Fromental Halévy war selbst Jude und zeigt in seiner bekanntesten Oper (er hat etwa 40 Opern komponiert) „La Juive“ die hässliche Fratze des Antisemitismus, die auch zu seinen Lebzeiten (1799-1862) nicht ausgerottet war und auch heute leider immer noch präsent ist.

Musikalisch ist „La Juive“ ein Meilenstein der Grand Opera und wurde zurecht von Gustav Mahler oder Richard Wagner hoch gelobt. In den dreieinhalb Stunden schwelgt die Musik, wird dramatisch und hat wundervolle Arien. Damit können die Sänger*innen glänzen wie Barbara Senator (Rachel), Mirko Roschkowski (Éléazar), Sungho Kim (Léopold) und natürlich Denis Velev (de Brogni). Unterstützt wurden die Akteure auf der Bühne von den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Philipp Armbruster.

Der Regisseur Sybrand van der Werf inszenierte „La Juive“ in einem zeitgenössischen Setting, es gab also keine mittelalterlichen Kostüme, die auch besser auf dem Dortmunder Hansemarkt gepasst hätten. Die moderne Inszenierung sollte wohl auch darlegen, dass Antisemitismus kein historisches Phänomen ist, sondern immer noch in der heutigen Gesellschaft präsent ist.

Etwas historisch wurde es dennoch, als „Kampfszenen“ als schwarz-weiß Film auf die Leinwand projiziert wurden, der Film hatte etwas von „als die Bilder laufen lernten“.

Auch die Bühne war zweckmäßig modern, schön war die Szene im Garten der kaiserlichen Residenz, bei der die Bühne wie eine Gartenparty gestylt war, geschmückt mit einem riesigen Ball aus Blumen. „La Juive“ stand ja bis zur Zeit des Nationalsozialismus in München und Wien öfter auf dem Spielplan. John Dew hat die Oper 1994 bereits nach Dortmund gebracht. Vielleicht wird sie an dem Ort, wo sich früher die Alte Synagoge befand, öfters gespielt. Ein Besuch der aktuellen Inszenierung lohnt sich auf jeden Fall.  

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