Ins Licht geholt – Komponistinnen im Fokus

Die Welt der Musik ist eine Welt der Männer. Auch heute noch. Dabei gab es schon im Barock Frauen, die komponierten. Barbara Strozzi oder Antonia Bemba wurden vor nicht allzu langer Zeit beim Festival klangvokal mit einem Konzert geehrt. Wir berichteten darüber.

Dennoch werden Frauen als Komponistinnen nach wie vor marginalisiert. Sie sollten ihre musikalischen Fähigkeiten als „Hobby“ ausleben und sich um Haus und Familie kümmern. Das Konzert „Am Rande des Lichts: Komponistinnen gestern und heute“ am 27. Januar 2023 im Konzerthaus Dortmund präsentierte Musik von Frauen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Auch wenn die hämischen Kommentare und hanebüchenen „Argumente“ männlicher Musiker über Komponistinnen nachgelassen haben, so scheint es doch doppelt schwer zu sein, dass Musik von Frauen wahrgenommen wird.
Das WDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Miguel Pérez Iñesta spielte an diesem Abend Werke von neun Komponistinnen, wobei das „Konzert für Klavier und Orchester a-Moll“ von Clara Schumann im Mittelpunkt stand.
So unterschiedlich wie die Komponistinnen war auch die Musik, die vom Impressionismus über den Neoklassizismus bis zur Romantik reichte.
Den Anfang machte Maria Bach, die nicht nur als Komponistin, sondern auch als Malerin tätig war. Sie schrieb 400 Lieder, und im Konzert erklangen die „Préludes des cloches“, ein kleines impressionistisches Stück.
Die rhythmisch-dynamische „Ouvertüre“ von Grażyna Bacewicz begeisterte das Publikum auf Anhieb. Die polnische Komponistin erhielt leider nicht die Aufmerksamkeit wie ihre männlichen Kollegen, z.B. Penderecki.

Augusta Holmès wurde eine „glorreiche Karriere“ vorausgesagt, doch viele ihrer Werke sind noch unentdeckt. Auch hier muss man sagen: leider, denn das träumerisch-lyrische „La nuit et l’amour“ ist von bezaubernder Schönheit.
Elizabeth Maconchy wird gerne auf ihre 13 Streichquartette reduziert. Dabei hat sie viel mehr Musik komponiert, die leider nur selten auf den Spielplänen der Konzerthäuser zu finden ist. Dass sich das ändern sollte, zeigte das gespielte „Allegro molto“ aus der „Sinfonie für Doppelstreichorchester“.
Neoklassizistisch kam die „Petite Suite“ von Germaine Tailleferre daher. Die eingängigen, verspielten Melodien wirkten beruhigend. Einige Musiker waren auf den oberen Rängen verteilt, was ein interessantes Klangbild ergab.
Danach erklang das „Konzert für Klavier und Orchester in a-Moll“ von Clara Schumann. Am Klavier saß Nathalia Milstein, die das Stück einfühlsam interpretierte. Ein ganz besonderes Erlebnis war das Zusammenspiel zwischen der Cellistin und der Pianistin zwischen dem ersten und dem zweiten Satz. Ein wunderbares Stück Musik von einer 16-Jährigen.

Etwas düsterer wird es in Rebecca Clarkes „Poem“ für Streichquartett. Das expressive Stück aus dem Jahr 1926 wirkt wie ein Suchender. Hin und wieder meint man einen Herzschlag zu hören.
Wer romantische Musik mag, kam bei „Dreaming“ von Amy Beach auf seine Kosten. Wie viele andere Komponistinnen vor ihr wurde auch sie nach ihrer Heirat von ihrem Mann gezwungen, ihre Konzerttätigkeit aufzugeben bzw. in ihrem Fall auf ein Konzert pro Jahr zu reduzieren. In „Dreaming“ gefällt besonders das Zusammenspiel von Cello und Klavier.
Das Finale ist Fanny Hensel, der Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy, gewidmet. Das „Andante soave“ aus den „Sechs Melodien für Klavier“ strömt wie in Wellen auf die Zuhörenden zu und umspült sie. Ein Juwel der romantischen Musik.
Aber das Konzert war ja „Am Rande des Lichts“ überschrieben. Behutsam wurden Lichtelemente des Künstlers Iñigo Giner Miranda in den Konzertsaal integriert und rückten die Frauen vom Rand des Lichts in den Mittelpunkt. Es war effektvoll, lenkte aber nicht von der Musik ab.
Generell ist zu wünschen, dass mehr Komponistinnen auf den Spielplänen der Konzerthäuser stehen, es gibt viel zu entdecken.

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