Archiv der Kategorie: Darstellende Kunst

Der Krieg als großer Entscheider

Pierre (Mark Radjapov) ist angesichts der Toten (Alysson da Rocha Alves) und Verwundeten verzweifelt. (Foto: ©Bettina Stöß / Stage Picture)
Pierre (Mark Radjapov) ist angesichts der Toten (Alysson da Rocha Alves) und Verwundeten verzweifelt. (Foto: ©Bettina Stöß / Stage Picture)

Ist es Zufall, dass die Neuauflage des Balletts „Krieg und Frieden“ von Xin Peng Wang gerade zur 100-jährigen Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkrieges aufgeführt wird? Denn genauso wie in Tolstois Meisterwerk waren die Menschen 1914 zunächst euphorisch, bis sie dann die Schrecken des Krieges am eigenen Leib erfahren mussten. Auch bei den vier Protagonisten Natascha, Lisa, Andreji und Pierre wird der Krieg zum Entscheider über ihr weiteres Schicksal. Ars tremonia war bei der Premiere der Neufassung am 04. April im Opernhaus Dortmund dabei.

 

Mit Monica Fotescu-Uta als Natascha und Mark Radjapov als Andreji waren zwei Akteure dabei, die schon vor sechs Jahren mitgetanzt haben. Damals war das Handlungsballett „Krieg und Frieden“ etwas unerhört Neues auf der Dortmunder Ballettbühne und bedeutete gleichzeitig die Eigenständigkeit des Balletts als eigene Sparte.

 

Das Ballett beginnt mit einem Fest und endet mit einem Totentanz. Auch hier sind Parallelen zu 1914 und 1918 erkennbar. Das „Fin de siècle“ endete in Revolutionen und Chaos. Xin Peng Wang zeigt in seinen Choreografien sehr eindrucksvoll die Schrecken des Krieges und die Verzweiflung der zurückgebliebenen Frauen. Gleich zu Beginn des zweiten Teils tanzen Natascha und Lisa (Jelena-Ana Stupar) ein ergreifendes Duo. Beide Verlassene, dadurch sie sind sich doch sehr ähnlich. Das wird in der Choreographie deutlich. Unterstützt wird das Duo durch die Ergreifende Filmmusik zu „Odna“ (Allein) von Dimitri Schostakowitsch.

 

Drastisch erzählt Xin Peng Wang das Schicksal der Soldaten. Militärischer Zwang, Gewalt und am Ende die Schlacht und der Tod. Pierre (Alysson da Rocha Alves) überlebt zwar, aber mit Schäden an Körper und Seele.

 

Da Rocha Alves tanzt einen Pierre mit all seinen Facetten. Von Hurrapatriotismus bis zum verzweifelten Opfer der Kriegsmaschinerie. Mark Radjapov tanzt den zerrissenen Andreji, der zwischen zwei Frauen steht. Einerseits mit Lisa verheiratet, liebt er eigentlich Natascha. Hier nimmt ihm der Krieg die Entscheidung ab, er fällt.

 

Fotescu-Uta tanzte die erst unbeschwerte Natascha mit kecker Fröhlichkeit, doch wird sie schon bald den Ernst des Lebens kennenlernen. Ergreifend die Abschiedsszene, als sie zusammen mit Lisa (Stupar) Pierre und Andreji in eine ungewissen Zukunft verabschieden müssen.

 

Beim Bühnenbild waren das Auffälligste eine Vielzahl von Haken, an denen Körbe befestigt waren. So entstand ab und zu der Eindruck einer Waschkaue. Sehr effektvoll wurden sie beim erwähnten Duo der beiden Frauen eingesetzt. Zunächst schienen sie wie eine Art von Grenzziehung und Distanz, doch mit der Zeit verschwanden die Körbe und Natascha und Lisa tanzten gemeinsam.

Ein weiteres gelungenes Element bei der Aufführung war das Licht. Als das Corps de Ballett als Soldaten aufmarschiert, scheint es durch die Schattenwirkung, als ob hunderte weitere Menschen mitmarschieren.

 

Die Musik zum Ballett stammt von Dimitri Schostakowitsch. Dabei wurde darauf geachtet, nicht nur die populären Stücke des Komponisten zu nehmen wie beispielsweise die 7. Sinfonie, sondern auch eher unbekannte Werke wie die Filmmusik zu „Odna“. Die Dortmunder Philharmoniker unter Philipp Armbruster zeigten ebenso wie die Tänzer ein souveräne Leistung.

 

„Krieg und Frieden“ ist ein Handlungsballett mit starken Emotionen. Für alle Beteiligten gab es vom Publikum Standing Ovations zum Schluss.

 

Weitere Termine: 13.04.14, 19.04.14, 16.05.14, 28.05.14 und 19.06.14

 

Karten sind noch erhältlich unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

 

Kassandras zeitlose Tragik

Kassandra (Bettina Lieder) als Zerrbild ihrer selbst. (Foto: © Birgit Hupfeld).
Die Spiegel zeigen die Zerissenheit von Kassandra (Bettina Lieder). (Foto: © Birgit Hupfeld).

Die 2011 gestorbene Schriftstellerin Christa Wolf schrieb ihre Erzählung „Kassandra“ unter dem Einfluss des nuklearen Wettrüsten in West und Ost am Anfang der 80-iger Jahre des letzten Jahrhunderts. Als verschlüsselte Fabel und Mahnung vor der Bedrohung spielt ihre Erzählung in der Antike zur Zeit des Trojanischen Krieges zwischen dem Königreich Troja und Griechenland. Griechenland war zu der Zeit auch mit Sparta und Mykene verbunden. Kassandra hat viele Dimensionen, neben der Politischen auch eine Feministische.

 

Am Freitag, dem 4. April 2014 hatte „Kassandra“ in der Inszenierung und Bearbeitung von Lena Biresch und Dirk Baumann Premiere im Studio des Schauspiels Dortmund. Die politisch zeitlose Dimension steht bei ihnen im Mittelpunkt.

 

Zentrum der Aufführung ist die trojanische Königstochter, Priesterin und Seherin Kassandra. Kurz vor ihrer Ermordung blickt Kassandra, eindrucksvoll von Bettina Lieder gespielt, schonungslos reflektierend auf ihr Leben zurück.

Sie beginnt mit ihrer Kindheit als „Lieblingstochter“ ihres Vaters Priamos, dem König von Troja und ihrer strengen Mutter Hekabe, und von ihrem sehnlichsten Wunsch, Priesterin zu werden.

Im Traum wurde ihr die „Seher-Fähigkeit“ vom Gott Apollon verliehen. Als sie sich ihm nicht hingeben will, versieht er Kassandra mit einem Fluch. Sie soll zwar die Gabe zu Sehen weiter behalten, aber niemand wird ihr glauben.

Kassandra ist nun zerrieben zwischen der Verbundenheit zum König und Volk und ihrem zunehmende Ekel vor Täuschung, Betrug und Selbstbetrug, und rechthaberischer Feindseligkeit gegenüber der „Gegenpartei“ zum Machterhalt. Sie fleht ihren Vater an, doch Alternativen zu suchen und zu verhandeln. Sie sieht den Untergang Trojas voraus und muss die Ermordung von ihren Brüdern Troilos und Hektor durch „Achill, das Vieh“ verkraften, ohne etwas verhindern zu können. Darüber wird sie zeitweise krank und von ihren Geschwistern für wahnsinnig gehalten. Kraft geben ihr der Geliebte Aineias und Arisbe, die Mutter des Aisakos.

Kassandra kann letztendlich nicht gegen ihre Überzeugung handeln. Aineias will sie überreden, mit ihm aus besetzten Festung Troja zu fliehen und woanders etwas neues aufzubauen. Kassandra will aber aber nicht mitkommen, da er dann wohl ein Held werden müsse und sie keinen Helden lieben könne…

 

Die Bühne war minimalistisch, nur mit einer spiegelnden Folie im Hintergrund, eingerichtet. Zum einen sollte ja Kassandra im Mittelpunkt stehen und ihr eine Stimme gegeben werden, zum anderen unterstützte die Spiegelfolie gut die Selbstreflexion der Kassandra. Bettina Lieder stellte sich so mal mit dem Rücken zum Publikum, mal drehte sie sich um und sprach die Zuschauer/innen direkt offen an. Musik gab es keine, außer bei ihrer Erzählung aus der Kriegszeit. Hier hörten die Zuschauer leise Hintergrundgeräusche wie beispielsweise Kriegstrommeln.

 

Es war schon beachtlich, wie die junge Schauspielerin nicht nur den schwierigen, komplexen Text beherrschte, sondern mit ihrer starken Präsenz und Ausdruckskraft das Publikum in ihren Bann zog. Jede Geste und Wechsel in der Stimme zeigten die Gefühlswelt der Kassandra. Sei es Verzweiflung, Schuldgefühle, weil sie zunächst den Betrug mit der angeblich von den Griechen zurückeroberten „verschleierten Helena“ nicht sofort öffentlich gemacht hat, Ekel ob der Gewalt des Krieges oder die liebevollen Gefühle für Aineias.

Einer der Höhepunkte des Abends war sicherlich, als Kassandra sagt: „Wann ein Krieg beginnt, lässt sich zeitlich gut Terminieren. Aber wann beginnt die Vorkriegszeit?“ Oder als sie am Ende betont: „Eine Welt die Helden braucht, ist dem Untergang geweiht.“

Das ließ viel im Publikum wohl auch an gegenwärtige Konflikte wie im Augenblick in der Ukraine denken.

Ein nachdenklicher Abend, aber mit dem Wissen, dass sich die Welt im ständigen Wandel befindet, was durch auch als Quelle möglicher Hoffnung auf positive Veränderungen sein sollte.

Eine gelungene Inszenierung mit einer starken schauspielerischen Leistung wurde mit viel Beifall belohnt.

Karten gibt es noch für die Vorstellungen am 09. und 25. April sowie für den 23. Mai 2014. Karten und Infos unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

 

Kein Gehör für Kassandra

Hätte Kassandra (Bettina Lieder) sich anders entscheiden können? (Foto: © Edi Szekely)
Hätte Kassandra (Bettina Lieder) sich anders entscheiden können? (Foto: © Edi Szekely)

Am Freitag, den 4. April ist um 20:00 Uhr Premiere für „Kassandra“ nach Christa Wolf (1929 -2011) in einer Fassung von Regisseurin Lena Biresch und Dramaturg Dirk Baumann im Studio des Dortmunder Schauspielhauses. Im Zentrum der Erzählung steht die Zeit der „Trojanische Krieg“ zwischen Troja und Griechenland im Verbund mit Mykene und Sparta.

 

Die trojanische Königstochter und Priesterin Kassandra ist vom Gott Apollon in die Kunst der Wahrsagung eingeweiht worden. Da sie sich einer Liebesbeziehung mit Apollon verweigert, verflucht dieser sie. Keiner soll ihren seherischen Fähigkeiten glauben schenken. So bleiben auch ihre Warnungen vor den drohenden zehnjährigen Trojanischen Krieg ungehört. Verzweifelt und vergeblich versucht sie, den „unvermeidbaren Untergang“ noch zu verhindern. Von den Siegern wird Kassandra als Sklavin verschleppt, demütigt und am Ende ermordet…

 

Der Ausgangspunkt des Stückes ist der Zeitraum kurz vor Kassandras Ermordung. Sie erzählt Erinnerungen an ihre Erlebnisse in der Kindheit, wie sie Seherin wurde und wie sich ihr politisches Bewusstsein entwickelt hat. Wolfs „Kassandra“ hat viele Dimensionen. Vor allem eine Politische – geschrieben wurde die Erzählung Anfang der 80iger Jahre des letzten Jahrhunderts zum Höhepunkt der nuklearen Aufrüstung in West und Ost mit seinem Bedrohungsszenario. Zudem hat sie natürlich auch eine starke feministische Aussage.

 

„Bei unserer Inszenierung steht Kassandra als eine Person, die letztendlich nur ihre Überzeugung verpflichtet fühlt im Mittelpunkt. Sie steht dem politischen System und seinen Mechanismen kritisch gegenüber und will die Fehler der Regierung aufzeigen. Gleichzeit zeigt sie andere, friedliche Wege der Konfliktbewältigung auf. Sie findet aber kein Gehör“, so Baumann. „Wir wollen dieser Frau wie es auch Christa Wolf wollte, eine besondere Stimme verleihen. Schwierig war, das 350-seitige wortgewaltige Werk so zu bearbeiten und zu kürzen, dass wir dem Publikum in 80 Minuten ein interessantes und eindrucksvolles Theatererlebnis mit der spezifischen interessanten politischen Dimension bieten können“, ergänzte Biresch.

 

In ihrer ersten Solo-Rolle als Schauspielerin wird Bettina Lieder vom Ensemble des Dortmunder Schauspielhaus die Kassandra spielen.„Wir gebrauchen bei dieser Aufführung wird eine minimalistische Formsprache sein. Die Figur der Kassandra steht im Zentrum des Geschehens und die Geschichte lebt von der Präsenz der Schauspielerin. Das ist eine große Herausforderung“, erklärte die Regisseurin. „Auch das Publikum wird in den Prozess des Erkennens und Sehens einbezogen“, ergänzte Baumann. Assoziationen zu Konflikten der Gegenwart wie etwa in der Ukraine werden da nicht rein zufällig aufkommen.

 

„Das Bühnenbild ist ebenfalls minimalistisch und eher abstrakt gehalten,, um nicht von der Hauptperson abzulenken“, verriet die für die Ausstattung verantwortliche Mareike Richter.

 

Die Premiere am 04. April 2014 ist bereits ausverkauft, aber Karten gibt es noch für die Vorstellungen am 09. und 25. April sowie für den 23. Mai 2014. Karten und Infos unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

Was geht hinter den Kulissen ab?

Das Ensemble des "Nackten Wahnsinns". (Foto: © Birgit Hupfeld)
Das Ensemble des „Nackten Wahnsinns“. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Am 05. April 2014 um 19:30 Uhr hat die Boulevard-Komödie „Der nackte Wahnsinn“ Premiere im Schauspielhaus. Regie führen Peter Jordan und Leonhard Koppelmann, die schon „Arsen und Spitzenhäubchen“ nach Dortmund gebracht haben. Im dem Stück probt ein Schauspielensemble verzweifelt ein Stück, denn der Tag der Premiere naht. Sowohl auf der Bühne wie auch Backstage dahinter brodelt das Chaos mit einem Gemisch aus Neid, Geltungsdrang und Liebesverwirrungen.

 

Das Stück von Michael Frayn ist eine Komödie, die alle Elemente einer typischen Boulevard-Komödie enthält. Sie ist absurd, spritzig – turbulent mit Tempo und voll von Missverständnissen.

 

Regisseur Peter Jordan verriet: „Das Stück gehört zur Königsklasse der Komödie. Alles was es bei uns zu sehen gibt, steht schon darin. Da bleibt kein Platz für Änderungen. Es verlangt allen Schauspielern ein großes Maß an Disziplin und exaktem Timing ab. Das Publikum bekommt einen Einblick der interessanten Geschehnisse hinter den Kulissen. Wir verarbeiten ein wenig die Zeit der 80-iger Jahre des letzten Jahrhunderts, wo zum Beispiel die Requisiten noch eine wesentlich größere Rolle gespielt haben, und der Abend soll auch ein Fest für das Auge werden.“

 

Ob sie den Regisseur, Regieassistent, Inspizient und Bühnenmeister oder die Schauspielerin und den Schauspieler in dieser Komödie spielen. Die neun Darsteller aus dem Dortmunder Ensemble kennen die Situation sicherlich aus der Realität. Morgen ist Premiere, da muss alles klappen!

„Am Ende hat hat man eher Mitleid mit den Kollegen“, so Jordan.

 

Die Premiere ist am 5. April 2014, weitere Vorstellungen: 9., 19., 25., 27. April und 8. Mai. Infos und Karten gibt es unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

 

Was macht der Krieg mit Menschen?

Das Dortmunder Corps de ballet. (Foto: ©Enrico Nawrath)
Das Dortmunder Corps de ballet. (Foto: ©Enrico Nawrath)

Am 04. April 2014 hat die Neufassung des Balletts „Krieg und Frieden“ von Xin Peng Wang Premiere. Vor sechs Jahren wurde es zum ersten Mal aufgeführt und sorgte gleich für internationale Aufmerksamkeit. 2008 wurde das Ballett eine eigene Sparte und löste sich von der Oper. Mit dieser Produktion begann Xin Peng Wangs neuer und eigener Weg als Ballettdirektor.

 

Das Werk von Leo Tolstoi kann man getrost einen Klassiker nennen. Seine Kriegsberichterstattung auf rund 1.600 Seiten bahnte den Naturalismus in der russischen Literatur einen Weg. Doch wie kann man diesen Roman mit seinen unzähligen Haupt- und Nebenfiguren überhaupt umsetzen und dann noch als Tanz?

 

„Wir haben bei der Umsetzung auf die Polarisierung geachtet“, erklärte Chefdramaturg Christian Baier. Im Mittelpunkt stehen die vier Personen Natascha, Lisa, Andreij und Pierre. Der napoleonische Feldzug nach Russland 1812 hat eine entscheidende Rolle. „Der Krieg nimmt die Entscheidung ab, er stellt die Weichen“, so Baier und fragt: „Welche Atmosphäre muss herrschen, damit die Menschen den Krieg befürworten.“

 

Ähnlich war die Situation vor 100 Jahren. Die Menschen waren vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges begeistert. Männer haben sich freiwillig gemeldet, nicht nur aus Patriotismus, sondern auch „um etwas zu erleben“ oder heraus zu kommen aus dem täglichen Einerlei. Das Motto: Ich will ein Held sein, findet man auch bei Tolstoi.

 

Doch die Protagonisten von „Krieg und Frieden“ müssen auch mit den Folgen leben. Was macht der Krieg aus einem Menschen? „Hoffnung finden wir nur ins uns selber“, erklärte Baier. „Nur wer sein eigenes Gewaltpotential kennt, weiß, was Frieden ist.“

 

Die Musik stammt von Dimitri Schostakowitsch, ein Komponist, der hin- und hergerissen war, zwischen Staatskomponist und seinen eigenen, freieren Werken, die erst nach Stalins Tod aufgeführt werden konnten.

 

Es gab auch einige choreografische Änderungen wie Ballettmanager Tobias Ehinger erzählt. „In der Mitte des ersten Aktes geht es um Kriegstreiberei und Kriegsvorbereitung. War es vor sechs Jahren noch ein Solotänzer, sind es jetzt 40 Tänzer, um zu zeigen, wie die Kriegsbegeisterung wie ein Virus die Masse erfasst.“ Auch gibt es eine Abschiedsszene komplett ohne Musik. „Der Blickwinkel ändert sich beim Menschen. Das Überdenken ist ein sehr wichtiges Element“, so Ehinger.

 

Nach sechs Jahren hat sich auch einiges im Ballettensemble getan. Bei den Hauptfiguren waren Monica Fostecu-Uta (Natascha) und Mark Radjapov (Andreij) schon vor sechs Jahren dabei, neu sind Jelena-Ana Stupar (Lisa) und Alysson de Rocha Alves (Pierre).

 

Die Premiere der Neufasung ist am 04.04.14 um 19:30 Uhr, weitere Termine sind 13.04.14, 19.04.14, 16.05.14, 28.05.14 und 19.06.14

 

Karten sind noch erhältlich unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

Drama um Liebe, Hass und Leidenschaft

Im Banne der Leidenschaft. Pauline Steinmeyer (Carmen) und Steffen Happel (José). (Foto: © Birigt Hupfeld)
Im Banne der Leidenschaft. Pauline Steinmeyer (Carmen) und Steffen Happel (José). (Foto: © Birigt Hupfeld)

Das Publikum erlebte bei der Premiere des Musik-Theaterprojekts „Außer Kontrolle: Carmen“ nach Georges Bizets Oper „Carmen“ (ab 14 Jahren) eine spannende und interessante Mischung aus Schauspiel, Oper und Rap. Nach „Glaube, Liebe, Holländer“ ist es die zweite Koproduktion des KJT Dortmund mit der jungen Oper Dortmund.

Die Regisseurin Brigitta Gillessen transformiert und verändert die Handlung der Oper in die Gegenwart. Die Hauptpersonen treffen hier auf engen Raum in einer Art Arena, inmitten des Publikums, aufeinander. Das Besondere ist, das José und Zuniga von Schauspielern verkörpert werden, Carmen, Micaela und Escamillo aber junge Opernsänger sind.

Carmen ist die Besitzerin des Clubs „La corrida“. Als ihr der junge Polizist José begegnet, verfällt er ihr sofort und ist bereit, seine Karriere und die Liebe zu seiner Verlobten Micaela, die ein Kind von ihm erwartet, aufs Spiel zu setzten. Als bei einer Razzia mit seinem korrupten Vorgesetzten Zuniga im Club Drogen gefunden werden, hilft er Carmen, die mit ihrer Mädchengang mit Drogen handelt, den Stoff verschwinden zu lassen. Da die Liebe wie ein wilder Vogel“ ist, verliebt sich Carmen bald unsterblich in den Superstar und Motorrad-Rennfahrer Escamillo vom Team „Toreador“. Das Chaos der Gefühle nimmt seinen Lauf und die Geschichte gerät außer Kontrolle….

 

Gillessen hat in ihrer Inszenierung die Figur der Micaela gegenüber der Oper aufgewertet.

Sie steht der starken, verruchten und verführerische Carmen, die für Freiheitsliebe, Unabhängigkeit und Abenteuer steht, als Gegenpol gegenüber. Sie eine Frau, für die Geborgenheit, Familie und Beständigkeit wichtig sind. José, der sich selbst nicht in der Gewalt hat und schon einmal suspendiert wurde, muss sich zwischen ihnen entscheiden. Das führt zu einem tragischem Ende.

 

Das Drama wird von außen vor allem für auch jüngere Zuhörer/innen ansprechend von den beiden Rappern „Der Wolf“ (Jens Albert) und Tim Gilenberg begleitet und kommentiert. Dabei übernimmt“Der Wolf“ den Part des „Teufelchen“, der José von den Vorzug einer Beziehung mir Carmen überzeugen will. Gilenberg als das „Engelchen“ warnt ihn dagegen vor ihr und den Folgen.

Hinter der Bar unterstreicht eine 13-köpfigers Kammerorchester unter der Leitung von Michael Hönes mit den bekannten „Musikhits“ aus der Oper mit einstudierten leichten Veränderungen. Nötig waren die vor allem bei der ergreifenden Arie von Micaela, als sie besingt, dass ihr das ungeborene Kind am Wichtigste ist und sie Stark macht. Stark auch die sensible Begleitung durch das Orchester im Hintergrund der Handlung.

Die drei jungen Sängerinnen und Sänger von der Folkwang-Hochschule Essen, Paulina Steinmeyer (Carmen), Engjellshe Duka (Micaela) und Christian Henneberg(Escamillo) boten sowohl vom gesanglichem Können wie auch im Schauspiel eine eindrucksvolle Leistung.

Besonders die beiden Frauen überzeugten in ihren Rollen als verführerische, stark Carmen, die weiß was sie will, und der für ihre kleine Familie und ihr Glück aufopfernd kämpfende Micaela.

Die beiden Schauspieler vom KJT, Steffen Happel (José) und Andreas Ksienzyk (Zuniga) als gut in das Spiel um Leidenschaft, Liebe und Gewalt ein. Happel spielte den José zunächst hin und hergerissen zwischen den beiden Frauen, dann als Mann, der sich nicht mehr unter Kontrolle hat überzeugend. Ksienzyk mimte den auf seinen Vorteil bedachten korrupten Zuniga merklich mit viel Vergnügen.

Das Bühnenbild bot einiges zum Sehen. Wie eine Arena aufgebaut, konnten die Zuschauer das Spiel von drei Seiten erleben. An einem Ende befand sich das „Wohnzimmer“ von José und Micaela, am anderen Ende Carmens Club „La corrida“. So war es möglich beide weiblichen Hauptfiguren parallel zu erleben.

 

Eine bemerkenswerte Spielfreude zeigten auch die Mädchengang „Karincas“. Die Jugendlichen wurden aus einem der Projekte des Kulturrucksacks NRW ausgewählt.

 

So wird die Oper den Jugendlichen „schmackhaft“ gemacht. Mehr davon!

Weitere Termine am 30. März, 11., 12., 28., 29., 30. April, 02., 13., 14., 15. und 18. Mai 2014.

Karten und weitere Informationen unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

La Cenerentola – Ein bunter Abend voller Regieeinfälle

Aschenputtel soll nicht mit zum Ball. (v.l.n.r.) John Zuckerman (Don Ramiro), Ileana Mateescu (Angelina), Gerardo Garciacano (Dandini), Eugenio Leggiadri Gallani (Don Magnifico). (Foto: ©Björn Hickmann / Stage Picture)
Aschenputtel soll nicht mit zum Ball. (v.l.n.r.) John Zuckerman (Don Ramiro), Ileana Mateescu (Angelina), Gerardo Garciacano (Dandini), Eugenio Leggiadri Gallani (Don Magnifico). (Foto: ©Björn Hickmann / Stage Picture)

Doppelte Premiere am Samstag. Nicht nur Rossinis Oper „Aschenputtel“ (La cenerentola), sondern auch für Erik Petersen war es die erste Produktion auf dem Regiestuhl. Am Ende konnte man feststellen: Das Publikum war begeistert. Das lag nicht nur an den Sängern und den Musikern, sondern auch an den vielen kleinen Regieeinfällen von Petersen.

 

Es war nicht nur der Abend von Petersen, sondern auch von Eugenio Leggaiadri Gallani, der italienische Gastsänger spielte den Don Magnifico, den Vater von Clorinda und Tisbe sowie der Stieftochter Angelina, dem Aschenputtel, mit Bravour. Als Italiener war er natürlich in einer Rossini-Oper in seinem Element und konnte sein komödiantisches Talent voll ausleben. Gallani fühlte sich in der Rolle des „komischen Alten“ sehr wohl und hatte großartige Szenen. Beispielsweise als er davon träumt, dass er als angeheirateter Teil des Königshauses natürlich über Einfluss verfügt, der natürlich in barer Münze oder als Geschenk vergütet werden muss. Mit „Giocato ho un ambo e vincerò l’eletto“ wurde Korruption wohl noch nie so schön besungen.

 

Kommen wir nun zum Aschenputtel. Nach „Carmen“ die zweite große Rolle für Ileana Mateescu kurz hintereinander. Eben noch als Carmen eine stolze, selbstbewusste Frau, singt und spielt Mateescu eine Person, die an den Rand gedrängt wird, kaum über Selbstbewusstsein verfügt, aber dennoch an die Güte glaubt. Die Besucher leiden fast mit, wenn die beiden hochnäsigen Halbschwestern Clorinda und Tisbe sie piesackten und zusätzliche Arbeit verursachen. Mateescu zeigt bei den doch recht anspruchsvollen Koloraturen eine sehr gute gesangliche Leistung, und bringt den Wandel von der gedemütigten und geduckten jungen Frau hin zur strahlend-großmütigen Braut glaubhaft auf die Bühne. Julia Amos als Clorinda und Inga Schäfer als Tisbe hatten sichtlich Spaß in den Rollen der, boshaften und neidisch-arroganten Geschwister.

John Zuckerman und Gerardo Garciacano spielten und sangen den Prinzen Don Ramiro sowie Dandini, seinen Diener. In dieser Oper „Aschenputtel“ gibt es natürlich auch ein Element der Verkleidung. Don Ramiro (Zuckerman) verkleidet sich als Diener Dandini, während der eigentliche Dandini (Garciacano) als Prinz Ramiro den Frauen auf den Zahn fühlt. Das sorgt für Komik, den beide auch leidenschaftlich ausleben.

Publikumsliebling Christian Sist spielten den weisen Strippenzieher und Lehrer des Prinzen Don Ramiro mit Charisma und Humor. Dabei ist schon seine große Gestalt beeindruckend.

 

Das Bühnenbild weckte den Eindruck eines alten verfallenden Städtchens, aufgrund der Architektur der Giebel (Staffel- und Schweifgiebel) könnte man Deutschland vermuten, aber das Stück spielt in keiner bestimmt Zeit und an keinem bestimmten Ort. Daher waren auch die Kostüme zeitlos, aber fanstasievoll. Aschenputtel trug meist eine schmutzige Schürze, während ihre Halbschwestern in hübschen roten Kleidern auftraten. Der Herrenchor des Theaters Dortmund gab ebenfalls ein herrliches Bild ab: Alle Sänger trugen einheitliche Butler-Kleidung inklusive Melone und Schnurrbart.

 

Petersen präsentierte „Aschenputtel“ als funkensprühende komische Oper. Toll waren Einfälle, wie beispielsweise der Schlafplatz von Don Magnifico, der wie eine Schublade ein- und ausgezogen werden konnte. Kleine witzige Details wie der Gang von Don Ramiro über Koffer, der kleine Hocker, damit der kleine Ramiro (Zuckerman) überhaupt das große Aschenputtel am Ende küssen konnte und die fliegenden Bestechungsgeschenke für Don Magnifico machten „Aschenputtel“ zum Hingucker. Die große Spielfreude, die alle Beteiligten an den Tag legten, sorgten nach drei Stunden mit der Musik von Rossini für einen gelungenen Abend mit „Standing Ovations“ zum Schluss.

 

Die Musik von Rossini mit ihren Koloraturen war sicher kleine leichte Übung für die Musiker der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi noch für die Sängerinnen und Sänger. Bei der Premiere kam es bei den Tempi noch zur einen oder anderen kleinen Unsicherheit, aber ich denke, es wird sich bei den nächsten Aufführungen eingespielt haben.

 

Die Gelegenheit, „Aschenputtel“ zu sehen, haben Sie am: So, 30. März 2014, So, 06. April 2014, Fr, 11. April 2014, Mi, 30. April 2014, Do, 22. Mai 2014, So, 01. Juni 2014, Fr, 06. Juni 2014, So, 15. Juni 2014 und Do, 03. Juli 2014.

Karten und Infos unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

Mit Fado in den Untergang

Das Opern-Libretto „Zusammenstoss“ von Kurt Schwitters scheint besonders für Jugend- und Schülertheatergruppen einen besonderen Reiz auszuüben. Am 21. März fand im Theater im Depot die Premiere von „Peng!“ statt, ein Stück, dass sich an Schwitters‘ Libretto anlehnte. Getanzt, gesungen und gespielt wurde es von Teilnehmern der Theaterwerkstatt Westfalenkolleg. Mit dabei waren: Elikem Anyigba, Suzan Demir, Victoria Ebel, Laura Gebauer, Manuel Mesa Mendoza, Florina Mesa Mendoza, Mathis Pollmann, Anna-Carina Rysi. Gesamtleitung hatten Mechtild Janssen und Klaus Pfeiffer.

 

Kurt Schwitters (1887-1946) war Maler, Dichter und Werbegrafiker. Er lernte früh den Dadaismus in Zürich und Berlin kennen, emanzipierte sich aber mit seinem eigenen „MERZ-Gesamtkunstbild“. Sein Libretto „Zusammenstoss“ ist ein Stoff, der manchem bekannt vorkommt: Ein Komet wird die Erde treffen. Wie regiert die Bevölkerung angesichts des zu erwartenden Endes?

 

Natürlich kommen einem Hollywoodstreifen wie „Deep Impact“ oder „Armageddon“ in den Sinn, doch Schwitters Libretto untersucht, wie grotesk wir Menschen angesichts einer nahenden Katastrophe handeln. Angefangen mit der Entdeckung, dem ersten Unglauben bis hin zum Finale.

 

Zu einen der besten Szenen des Stückes gehörte auf jeden Fall die „Krisensitzung“. Nachdem klar war, der Stern kracht auf die Erde, musste etwas getan werden. Und die Gruppe zeigte, wie es auf solchen Sitzungen zugeht. „Ismen“ wie der Kommunismus und „Alen“ wie die „Liberalen“ sprachen und zerstritten sich, um aber auf dem abschließenden Fioto einträchtig nebeneinander zu stehen. Nichts erreicht, aber schön war’s. Realistischer, aber auch zynischer war das „gekrönte Haupt“, das winkend und mit lieblicher Stimme erklärte „Liebes Volk! Wir werden alle sterben“.

 

Auch die Ignoranz der Bevölkerung wurde sehr schön auf den Punkt gebracht. Was passiert, wenn die Katastrophe auf dem Bildschirm auftaucht? „Ich zappte weg und gut war“, so die Reaktion. Zur Not wird die Katastrophe auch über den Balkon gekippt.

 

Die TV-Moderation entpuppte sich als moderne Kassandra, eine doppelte und gefakte. „Ich hab so meine Quelle“, sagt sie, doch Glauben schenkten ihr die Menschen nicht. Bei den Interviews zu den Weltuntergangsfeiern, bekam sie nur unverständliche Antworten.

 

Eine kleine Sonderrolle hatte „Oswald, der Feuerwehrmann“, der öfters als Unterbrecher auftrat und aus seinem bizarrem Leben erzählte.

 

Mit „Major Tom“ von David Bowie begann ein weiteres Highlight. Vier Akteure simulierten Astronauten, die wie im erwähnten Film „Armageddon“ auf dem Kometen landen. Zum Schluss der Szene gelang noch eine schöne Persiflage auf das berühmte Foto, auf dem Soldaten im Zweiten Weltkrieg auf der Insel Iwo Jima eine amerikanische Fahne aufstellen.

 

Kommen wir zur Musik. Sie spielte eine besondere Rolle in dem Stück. Neben David Bowie erklang auch das lakonische Durchhaltelied „Davon geht die Welt nicht unter“ bekannt geworden durch Zarah Leander. Aber auch moderne Sachen wie der Rap am Anfang oder das Lied „Sie mögen sich“ von Shaban & Käptn Peng(!) gehörten zum Repertoire wie der Fado zum Schluss.

 

Jedenfalls machte das Stück „Peng!“ den Zuschauern mächtig viel Spaß. Der Funke sprang von den Darstellern auf das Publikum über.

 

Am 23. und 24. Mai 2014 um 20Uhr hat man noch die Chance, das Stück im Theater im Depot zu erleben. Infos unter ticket@theaterimdepot.de

 

Carmen als modernes Musiktheater

Carmen verzaubert die Männer in ihrem Club. (v.l.n.r.) Andreas Ksienzyk, Steffen Happel und Paulina Steinmeyer. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Carmen verzaubert die Männer in ihrem Club. (v.l.n.r.) Andreas Ksienzyk, Steffen Happel und Paulina Steinmeyer. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Am 28.03.2014 ist im Dortmunder Kinder-und Jugendtheater um 19.30 Uhr Premiere für das Musik-Theaterprojekt „ Außer Kontrolle: Carmen“, (ab 14 Jahren) nach Georges Bizets Carmen von Brigitta Gillessen (Regisseurin) und Michael Hönes (Musikalischer Leiter der Jungen Oper).

Es ist nach „Glaube, Liebe-Holländer“ die zweite Koproduktion zwischen dem KJT und der Jungen Oper Dortmund.

 

Regisseurin Gillessen verriet vorab: „Wir adaptieren die bekannte „Carmen“ nicht nur in die Gegenwart, sondern verbinden mit einem Genre-übergreifenden Cross-ver-Projekt Klassik, Rap und Theater. Die beiden Rapper „Der Wolf“ (Jens Albert) und Timo Gilenberg haben aus Bizets Musik Raps komponiert und die Geschichte in eine heutige musikalische Sprache transformiert. Daneben spielen Mitglieder der Dortmunder Philharmoniker nur leicht veränderte Musikstücke aus der Oper Carmen.“

Michael Hönes ergänzte: „Wir kommen dieses Mal mit einem mittelgroßem Kammerorchester von 13 Musikern und spielen die berühmtesten Zwischenspiele aus Carmen. Wir wollen auch die jungen Zuschauer begeistern.“

„Der Wolf“ erläuterte: „Das ist eine interessante und zeitlose Geschichte um Liebe und Leidenschaft. Ich habe festgestellt: Hip-Pop geht auf Klassik. Über einen Prozess, der um mehrere Ecken ging, haben wir zusammen gefunden. Der Rap macht die Geschichte auch für ein jüngeres Publikum noch greifbarer.“

„Das besondere an unserer Version ist unter anderem, dass José und Zuniga von Schauspielern verkörpert werden – Carmen, Micaela und Escamillo aber junge Opernsänger sind“, so Gillissen.

Im Mittelpunkt der Inszenierung steht die ungeschönte Sicht auf die Realität – der auch gewalttätigen-Liebe und großen Leidenschaft.

Änderungen im Vergleich zur Oper „Carmen“ bei dieser Aufführung: Carmen ist hier die Besitzerin des Clubs „la corrida“. José ist nicht wie „Don José“ ein Soldat, sondern ein Polizist, Micaela seine Frau und Escamillo ein „Superheld“. Außerdem steht Carmen eine junge Mädchengang zur Seite, die in dem Stück von Laiendarstellern gespielt wird.

 

Zum Inhalt: José verliebt sich in die starke Club-Besitzerin Carmen und greift für sie Partei, als sie wegen Drogen mit der Polizei in Konflikt gerät. Er lässt das Beweismaterial verschwinden. Doch Carmen hat sich inzwischen in den „Superhelden“ Escamillo verguckt und findet José nur noch lästig. Da gerät die Situation außer Kontrolle…

 

„ Die Hauptpersonen treffen wie bei einem Kammerspiel aufeinander. Bei uns steht die in Bizets Oper „brave Micaela“ nicht im Schatten von Carmen sondern ist ihr gleichgestellt und aufgewertet. Sie ist ein Gegenpart zu Carmen und José muss sich zwischen diesen Frauen entscheiden, die ihm beide etwas bedeuten“, erklärte Gillessen.

 

Ute Lindenbeck, verantwortlich für Ausstattung, erläuterte: „ Die Bühne wird zu einer in zwei Bereichen geteilten Arena, bei der das Publikum ganz nah am geschehen sitzt. Vorne befindet sich zum einen sozusagen das „Wohnzimmer“, die Club-Bar mit den Rappern und das Orchester als sind im Hintergrund zu sehen.“

 

Die Inszenierung möchte dem jungen Publikum einen Einstieg geben, um ein Gefühl für die Faszination des Musiktheaters zu bekommen, und so eventuell auch einen Zugang zur Oper zu finden.

 

Die Aufführung dauert ungefähr 90 Minuten.

Neben der Premiere am 28.03. 2014 gibt es noch weitere Termine am 30. März, 11., 12., 28., 29., 30. April, 02., 13., 14., 15. und 18. Mai 2014.

Karten und weitere Informationen unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

Vom WIR zum ICH

Zum Ende werden die Individuen vernetzt. (Foto: ©Hannah Bünemann)
Zum Ende werden die Individuen vernetzt. (Foto: ©Hannah Bünemann)

In der neuen Produktion der Theaterpartisanen „Radikal wirklich“ zeigen die Jugendlichen welche Schwierigkeiten auf dem Weg zum Erwachsenwerden liegen. Liebe und Leid liegen oft eng beieinander. Ars tremonia war auf der Premiere am 16. März 2014 im Studio des Schauspielhauses.

 

Zunächst ist da das WIR, die Gruppe. Alle verstehen sich, alle sind gut drauf, doch zunächst bricht einer aus der Reihe, dann immer mehr. Jeder betont seine Individualität, plötzlich ist es nicht mehr eine Gruppe, sondern eine Ansammlung von Individualisten. So hat jeder eigene Charakteristika, die auch mal in „Ich bin radikal blond“ kumulieren können.

Die Bühne hat etwas von einem Camp, ein Tarnnetz, eine Fahne der Theaterpartisanen, Gymnastikbälle in verschiedenen Farben und Größen dienen als ultimative Requisite. So können sie beispielsweise auch ein Handy sein. Handys und Facebook sind sowieso stets präsent. Beispielsweise wird direkt gefragt: „Dein Status auf Facebook hat sich geändert“.

 

Im Stück, immer wieder unterbrochen von pantomimischen Darstellungen von alltäglichen Handlungen wie beispielsweise Zähneputzen, stehen Probleme um die (erste) Liebe im Zentrum. Sei es, dass jemand auf seinen Märchenprinzen wartet oder ob jemand Probleme mit Frauen hat. Die Jugendlichen spielen einige Szenen wie das Ende einer Beziehung durch ein missglücktes gemeinsames Essen, das Finden einer neuen Liebe oder der dadurch entstandene Trennungsschmerz.

 

Ein wesentliches Element in „Radikal wirklich“ ist ein etwa 10-minütiger Film, der etwas nach zwei Drittel des Stückes gezeigt wird. Hier wird eine fantasievolle, leicht surrealistische Welt geschaffen, mit einigen Elementen aus Shakespeares „Sommernachtstraum“. So wird ein Trank gebraut, mit ganz merkwürdigen Effekten, so taucht beispielsweise ein Einhorn auf. Das erinnert so ein wenig an die Situation, wenn eine Party plötzlich alkoholbedingt aus dem Ruder läuft. Plötzlich hat sich ein Pärchen im Arm, die nach dem aufwachen nichts mehr davon wissen will. „Da ist nichts passiert. Kann auch gar nicht sein.“

 

Zum Schluss werden alle Beteiligten wieder mittels Klebeband in eine Gruppe vereinigt. Jeder ist zwar ein Individuum, hat sich aber mit den anderen vernetzt. Es ist wie ein Spinnengeflecht.

 

Zu der gelungen Aufführung gehörte eine gute Portion Musik, die auf der akustischen Gitarre dargeboten wurden. Von „Folsom Prison Blues“ von Johnny Cash bis hin zu „Little Talks“ von „Of monsters of men“ reichte die musikalische Bandbreite. Dazu passte auch die „Frusthymne“ Ficken und Bier“, die dem Verlassenen zum Trost gesungen wurde.

 

Ein wunderschöner, fast beschwingter Abend mit tollen Darstellerinnen und Darstellern, die von der Regisseurin und Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak hervorragend eingestellt wurden: Mit dabei waren Frauke Becker, Mariana Bittermann, Helena Demantowsky, Jost Grünastel, Lisa Heinrich, Nadine Hövelmann, Maximilian Kurth, Finnja Loddenkemper, Merlin Mölders, Rebekka Pattison, Elena Schembecker und Alina Vogt.

 

Es lohnt sich auf den Fall, den Theaterpartisanen zuzusehen. Weitere Möglichkeiten dazu gibt es am 19. und 30. März, 30. April und 11. Mai 2014.

Karten unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.