Ars tremonia

Zerrieben zwischen Selbstverwirklichung und Mutterschaft

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Mit ihrem neuesten Wettbewerbsfilm Salve Maria präsentierte die katalanische Filmemacherin Mar Coll (*1981) am 06.04.2025 im Rahmen des IFFF Dortmund (Schauburg) einen Psychothriller der besonderen Art.
Im Zentrum steht eines der größten gesellschaftlichen Tabus: die Vorstellung, dass nicht jede Frau zur Mutterschaft geboren ist.

Basierend auf Katixa Agirres Roman Mothers Don’t erzählt der Film von der Schriftstellerin Maria, die zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen an ihre Rolle als junge Mutter, als funktionierende Ehefrau und ihrem Wunsch nach beruflicher Selbstverwirklichung hin- und hergerissen ist.

Die Rolle der Maria wird eindrucksvoll von der Schauspielerin Laura Weissmahr verkörpert, deren ausdrucksstarke Mimik die innere Zerrissenheit und die Schuldgefühle der Figur greifbar macht. Der Mythos der „liebenden, aufopferungsvollen Mutter“ wird dabei besonders durch das religiös geprägte Bild der „Gottesmutter Maria“ in Frage gestellt.

Wenn Realität und Wahn ineinander übergehen

Als Maria von einer aufsehenerregenden Kindstötung liest, gerät ihr eigenes Leben zunehmend aus dem Gleichgewicht. Aus ihren persönlichen Selbstzweifeln heraus steigert sie sich obsessiv in den Mordfall hinein.
Unterlegt mit einer atmosphärischen Musik und psychologischen Elementen, die an Alfred Hitchcock erinnern, gewinnt der Film zunehmend an Spannung. Realität und Imagination beginnen zu verschwimmen.

Mar Coll bleibt dabei ihrer filmischen Handschrift treu: Schon in ihren früheren Arbeiten wie Tres dies amb la família (2009) und Tots volem el millor per a ella (2013) setzte sie sich intensiv mit familiären Konflikten, sozialen Erwartungen und der inneren Zerrissenheit ihrer Figuren auseinander. In Salve Maria geht sie noch einen Schritt weiter – und wagt sich in die psychologischen Abgründe moderner Mutterschaft, ohne jemals ins Klischeehafte oder Überzeichnete abzurutschen.

Am Ende steht die Suche nach einem Ausweg aus dem inneren und äußeren Dilemma. Gemeinsam wird eine Möglichkeit gefunden, Beruf und Mutterrolle auf eine Weise zu vereinen, die allen Beteiligten gerecht wird.

Salve Maria ist ein stiller, mutiger Film, der mit Tabus bricht – unbequem, notwendig, bewegend. Ein Werk, das nicht nur die Mutterrolle, sondern auch unser Bild von weiblicher Identität und Selbstbestimmung eindrucksvoll hinterfragt – und lange nachhallt.