Ars tremonia

Zechen gehen – der Geierabend bleibt bestehen

image_print

Der Bergbau im Ruhrgebiet ist Vergangenheit, der Geierabend aber ist als Institution geblieben. Das ist gut so. Trotz eines Wechsels am Regiepult und dem Ausscheiden von Hans Martin Eickmann zeigte das Ensemble in der Spielzeit 2019 ihre große Spielfreude. Das Ergebnis: Ein großartiger Abend am 10. Januar 2019 auf Zeche Zollern II.

Nix mit Akklimatisierungsschwierigkeiten. Andreas Obering (der „Obel“) spielte in seiner ersten Spielzeit mit den anderen „Geiern“ so selbstverständlich, als ob er schon immer mit dabei gewesen wäre. Seine Stimmungskanonen – eine aus dem Osten, eine aus Köln – waren allererste Sahne.

Neben altbekannten und bewährten Nummern wie die Geschichten aus dem Sauerland von Martin F. Risse gab es auch eine Premiere für ein neues Duo. Denn Eickmann war ein Teil der legendären „2 vonne Südtribüne“. Mit „Frauenrausch“ versuchen Franziska Mense-Moritz und Sandra Schmitz den schwarz-gelben Wahnsinn beim Geierabend weiterleben zu lassen. Durchaus mit Erfolg. Jetzt kann an einer neuen Legende weitergestrickt werden.

Bleiben wir bei Sandra Schmitz. Ihre Paraderolle als leicht prollige Mutter wie beim „Elternsprechtag“ konnte sie jetzt als Eiche aus dem Hambacher Forst erweitern. Hier nahm sie den Preis zum „Baum des Jahres“ nicht an. Ein kleiner Seitenhieb an die Baumschützer im Hambacher Forst, die dort um jeden Baum kämpfen, denen es aber anscheinend egal ist, wenn viel mehr Bäume wegen Windräder gefällt werden.

Das zeigt schon, der Geierabend ist nicht nur zum „geiern“ (lachen), sondern setzt auch politische Nadelstiche: Über die „Kaffeefahrt ins Braune“ über die Beziehung zwischen Macron und Merkel in „Liason dangereux“ bis hin zur Talkshowveräppelung „Brei mit Illner“ zeigt der Geierabend Flagge. Der Brexit wurde selbstredend ebenfalls thematisiert: Die „Euro-WG“ verliert ihren Mitbewohner Harry. „Political Correctness“ war wie immer nicht angesagt.

Auch gesanglich war der Geierabend auf der Höhe. Das Haldenquartett (v.l.n.r.):  Franziska Mense-Moritz, Murat Kayı, Roman Henri Marczewski und Andreas Ruhnke (Schlagzeuger der Geierabend-Band). Foto: © StandOut)
Auch gesanglich war der Geierabend auf der Höhe. Das Haldenquartett (v.l.n.r.): Franziska Mense-Moritz, Murat Kayı, Roman Henri Marczewski und Andreas Ruhnke (Schlagzeuger der Geierabend-Band). Foto: © StandOut)

Altbewährtes bleibt: da wäre an erster Stelle der Präsident (Roman Henri Marczewski) zu nennen sowie der Steiger (Martin Kaysh), der wie gewohnt lässig durchs Programm führte. Auch die „Bandscheibe“ (Franziska Mense-Moritz) zeigte sich wieder von ihrer netten, freundlichen Art. Nicht zu vergessen sind natürlich Murat Kayı und Hans-Peter Krüger. Krüger spielte in der großartigen Nummer „Nachspielzeit“. Kurz gesagt: Stellen Sie sich vor, ein klassischer Musiker würde nach einem Konzert so interviewt wie ein Sportler. Super Nummer.

Zwei Dinge dürfen beim Geierabend nicht fehlen: Der Pannekopporden und die Partnerstadt. Dieses Jahr ist es Schwerte und sie wurden von Kayı, Krüger, Schmitz und Marczinkowski hardrockmäßig eingeführt. Schwerter sind ja quasi auch Heavy Metal.

Beim Pannekopporden hatte das Publikum die Auswahl zwischen Armin Laschet („A40 ohne Stau“) und DB Netz für die „ungebremste Förderung der Stadt Herten“, die bis 2022 ohne Bahnhof bleibt.

Was bleibt mir noch zu erwähnen: Die Band des Geierabends rockte den Abend und ein ganz großes Lob an Anna Ignatieva für die wunderbaren Kostüme.

Wer Karten haben möchte, wendet sich an www.geierabend.de