Was wollen und brauchen wir wirklich?

Im Dortmunder Schauspielhaus hatte die Inszenierung von Paul Spittler nach William Shakespeares Komödie „Was ihr wollt“ am 14.11.2023 seine Premiere.

Dieses Spiel um das hartnäckige und  Werben des selbstverliebten Herzog Orsino von Illyrien um die Liebe der Gräfin Olivia, eines getrennten Zwillingspaare, Geschlechterrollenwechsel, Machtausübung, Täuschungen und scheinbar unmöglichen Beziehungen bietet viel Stoff für unsere heutige Zeit.

Was ihr wollt: Sarah Quarshie, Linda Elsner, Viet Anh Alexander Tran, Raphael Westermeier und Antje Prust. (Foto: (c) Birgit Hupfeld)
Was ihr wollt: Sarah Quarshie, Linda Elsner, Viet Anh Alexander Tran, Raphael Westermeier und Antje Prust. (Foto: (c) Birgit Hupfeld)

Der Regisseur versucht die Verbindung zum 21. Jahrhundert vor allem durch die spezielle Rolle des Narren (Antje Prust), der hier keine nur von außen erklärend-kommentiere Funktion hat. Der Narr ist mitten drin in einer bunten karnevalesken Spaßgesellschafft. Diese möchte generell eigentlich nicht nachdenken außer über Rausch, Flirten, einem zotigen Gag, die persönliche Beförderung, oder einer kleinen Intrige etwa gegen den herablassenden Haushofmeister Malvolio.

Der Herzog Orsino (Raphael Westermeier) und die (um ihren verstorbenen Bruder trauernde) Gräfin Olivia leben selbstgefällig mit Macht oder Reichtum im Hintergrund. Leider nutzt ihnen das in vermeintlichen Liebesdingen wenig. Der arrogante Haushofmeister Malvolio (Ekkehard Freye) im Dienst der Gräfin sieht auf die anderen Bewohner, wie die lustige Zofe Maria (Sarah Quarshie) oder ständig betrunkenen Onkel Toby Rülps (Nika Mišković). Der etwas tumbe, für die Gräfin schwärmende Ritter Sir Andrew Leichenwang (Adi Hrustemović) wird gerne für ihre Intrige gegen den Malvolio einspannen.

Die schiffsbrüchige Viola (gerettet von einem Kapitän), von ihrem Zwillingsbruder Sebastian getrennt, dient verkleidet als Cesario dem Herzog und verliebt sich in ihn. Währenddessen wird der Zwillingsbruder von dem unglücklich in ihn verliebten Antonio (Alexander Darkhoff, auch als Kapitän) gerettet. Die Doppelrolle Viola/Sebastian wurde von Ensemble-Neuzugang Viet Anh Alexander Tran verkörpert. Narr Feste versucht verzweifelt (und vergeblich) in dem Chaos auf das Wesentliche hinzuweisen. Alle suchen doch hinter ihrer Maskerade nach Zugehörigkeit, Wertschätzung, Respekt, Soziale Gerechtigkeit, Freiheit, egal welches Geschlecht oder sexuellen Orientierung, gläubig oder nicht gläubig, und der „wahren Liebe“. Keiner will richtig zuhören. Ablenken ist angesagt.

Bei den heutigen Krisen und Problemen, Klimawandel, Flüchtlingsproblematik, Kriege, soziale Ungerechtigkeit, Armut und Wohnungsnot, Hungersnöte in der Welt, Umweltkatastrophen, Vereinsamung usw. geht es vielen Menschen ähnlich. Aber das ist keine Lösung für die Probleme.

Die frisch-frechen und neuen Texte für den Narren von Laura Naumann brachten einen besonderen Bezug zur Jetzt-Zeit mit einem kritisch-ironischen Blick auf Geschlechterrollen, Machtstrukturen und Spaßgesellschaft.

Optisch, vielleicht ein wenig dick aufgetragen, zog die Inszenierung alle Register. Abgefahrene Kostüme, Männer in Frauenkleidung und umgekehrt. Über alle Geschlechtergrenzen hinweg tobten sich die Schauspieler*innen mit viel Spielfreude auf der Bühne aus. Eine schwierige Balance zwischen Klamauk und ernsthaften Hintergrund.

Häufiger Wechsel des Bühnenbildes (Drehbühne), Video-Einspielung oder witzige Song oder Tanz-Passagen wurden geschickt eingesetzt.

Wer sich selber ein Urteil bilden möchte: Infos zu weiteren Aufführungsterminen finden Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder 0231/55 27 222

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