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Eine informativ musikalisch-visuelle Reise

Das 2. Konzert für junge Leute unter dem Motto „Travel Concert Sea to Sky“ am 13.03.2023 im Dortmunder Konzerthaus schickte das Publikum auf eine ganz besondere Zeitreise durch die Entwicklung und Zukunft einer zerbrechlichen Welt. Sie führt von Mexiko (Pazifik) bis zur Arktis (Spitzbergen). Das fragile Ökosystem und das Klima dort (und nicht nur dort) werden stark vom Golfstrom beeinflusst.

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Eine musikalische Reise zum Mittleren Osten

Das 2. Konzert für junge Leute entführte das Publikum am 22.1.2021 im Konzerthaus Dortmund unter dem Titel „Traveling through the Middle East“ in die Kultur des Mittleren Ostens.

Die Dortmunder Philharmoniker begab sich gemeinsam mit sieben Solist*innen des Babylon ORCHESTRA Berlin, der palästinensischen Sängerin und Komponistin Rasha Nahas sowie den Reiseblogger*innen Carolin Steig und Martin Merten (WE TRAVEL THE WORLD) in die arabischen Emirate, genauer gesagt: Dubai und Ras Al Khaimah.

Zunächst einmal trafen hier europäische zeitgenössische Musik und der des (urbanen) Nahen und Mittleren Ostens zusammen.

Wüstenromantik trifft auf knallharte Moderne: Dubai (Foto: © M.Hermsdorf / pixelio.de)
Wüstenromantik trifft auf knallharte Moderne: Dubai (Foto: © M.Hermsdorf / pixelio.de)

Dem aus insgesamt 15 Personen bestehenden Babylon ORCHESTRA aus verschiedenen Ländern (Syrien, Irak. Iran, Armenien, Frankreich, Italien u. a.) setzt sich für den Austausch zwischen den unterschiedlichen musikalischen Kulturen ein und damit für ein besseres Verständnis füreinander ein. Als „Reiseführerin“ und Moderatorin des Abends fungierte die Musikvermittlerin Andrea Hoever.

Der künstlerische Leiter und Arrangeur des Babylon ORCHESTRA Mischa Tangian brachte dem Publikum deren anders gestimmten Instrumente (iranische Violine, spezielle Zitter u. a.) näher und auf der großen Leinwand wurden zur Musik passende Bilder projiziert.

Rasha Nahhas überzeugte mit ihrer warmen und voluminösen Stimme. Die Songs musikalisch zwischen Rockabilly, Freejazz und Chanson drehen sich oft um den Konflikt in ihrem Heimatland und deren Folgen für die Menschen.

Die Dortmunder Philharmoniker trug klassisches mit Nikolai Rimski-Korsakows 1. Largo e maestoso aus der „Scheherazade op. 35 oder einen Auszug aus der Maurischen Rhapsodie (Engelbert Humperdinck) bei.

Ein starkes Zusammenspiel boten beide Orchester am Ende mit Isaac Albéniz (Arr. Mischa Tangian) aus der Suite espaňola op. 47 (Nr. 5 „Asturias“).

Die Reiseblogger Carolin und Martin erzählten zunächst etwas über sich und ihre Reisen nach Dubai und Ras Al Khaimah. Es folgte ein musikalisch begleiteter, auf Leinwand projizierter, Videoclip.

Es zeigte den Kontrast zwischen der grandiosen Wüsten, Gebirge mit ihrer Tierwelt und dem urban-glitzernden, auf immer mehr Luxus und Erlebnis-Touristen eingerichtetem Leben in Dubai. Dort zählen nur Superlativen wie zum Beispiel das größte Riesenrad, die längste Wasserrutsche und mehr.

Da bleiben zwiespältige Gefühle. Wie steht es in den Vereinigten Arabischen Emiraten zum Beispiel aus mit den Frauenrechten oder den Rechten für Homosexuelle? Auch bei der Behandlung von Arbeitsmigranten sieht es – ähnlich wie im benachbarten Katar – problematisch aus.

Musikalisch jedoch bot der Abend ein interessantes Zusammentreffen der unterschiedlichen Kulturen auf hohem Niveau.

Viktorianischer Flair im Dortmunder Konzerthaus

Unter dem Titel „Hollywood Hits – Enchanting.indeed!“ am 20.09.2021 erlebte das Publikum ein in der Tat zauberhaftes 1. Konzert für Leute in diesem Jahr.

Im Mittelpunkt standen hier die aus Streaming Diensten wie Netflix oder Kino-Filmen bekannten und auch beim jüngeren Menschen beliebte Serien wie etwa „Bridgerton“ und ähnliche, bei der die gesellschaftliche Situation im Viktorianischen Zeitalter (1837 -1901) thematisiert werden. Da wurden junge heiratswillige adelige Damen in die Society eingeführt, um entsprechende Männer kennenzulernen.

Romantisch ging es zu beim 1. Konzert für junge Leute. (Foto: © Michelle Piras)

Eine solche Veranstaltung wurde nun kurzerhand in den feierlich mit Kerzenständern und Kronleuchtern geschmückten Konzertsaal in unserer Stadt verortet.

Das Konzert war eine Mischung aus Musik, Tanz und Schauspiel. Die bestens aufgelegte Dortmunder Philharmoniker trat größtenteils stilecht mit Perücken auf. Selbst Dirigent Generalmusikdirektor Gabriel Feltz machte da keine Ausnahme.

Auf der erhobenen Chortribüne thronte als „Gastgeberin“ im feinen Reifrock Lady Whistleton (Andrea Hoever), die das geschehen auch per „Society Paper“ der geneigten Leserschaft feierlich und leicht ironisch näher brachte.

Sarah Honnen und Kokebnesh Lemma machten zu Anfang eine tänzerische Einführung. Zwischen der von ihrer adeligen Familie erwarteten standesgemäßen Heirat und Sehnsucht nach der „wahren Liebe“.

Es traten in ihren pastellfarbenen Ballkleidern an: Zwei unterschiedliche Schwestern: Die extrovertierte Susan (Nadja Karasjew) und die schon zum zweiten antretende Charlotte (Sabine Krack). Die schöne und kluge Jane (Gabriele Burkhardt) als starke Frau. Der angesehenste Junggeselle Austin, der neue Duke of Hastings (Alexander Sasanowitsch), der zunächst eigentlich gar nicht vorhat zu heiraten, muss erst nach und nach von Jane überzeugt werden.

Musikalisch begleitet wird das Geschehen einfühlsam von der Dortmunder Philharmoniker und ihrem Dirigenten. Ob zur Einführung klassisch mit der Sonate 10 in G-Dur, Andante von Jean Baptiste Barrière, Barock Henry Purcell (Rondeau aus Abdelazer Suite), den dramatisch oder sentimentalen Film und Serien-Musik etwa Benjamin Brittons (Four Sea Interludes from Peter Grimes – 2. Sunday Morning), Themen aus Stolz und Vorurteil, Downtown Abby, Bridgerton oder die bekannte Titanic-Suite. Eindrucksvoll war ein Violinensolo aus Tschaikowskys Schwanensee.

Voll Inbrunst wurde „Land of Hope and Glory“ (Edgar Elgar) intoniert und von Austen gesungen. Das Ganze auch mit einem kleinen ironischen Augenzwinkern.

Die Sängerin Bonita Niessen, eingeführt als letztjährige Ballkönigin, begeisterte das Publikum mit ihrer kraftvollen starken Stimme mit „Never Enough“ aus The greatest Showman 2017) und als Zugabe „Let it be love“ (Lady Antebellum).

Ein musikalisch und konzeptionell gelungener Abend, an dem die Dortmunder Philharmoniker samt Dirigent mit Einwürfen Humor bewiesen.

Groove Symphony in vier Jahreszeiten

Beim ersten Konzert für junge Leute erwarteten die Besucher die „Four seasons reloaded“ aus der Reihe der Groove Symphony. Ein Remix des beliebten Klassikers von Antonio Vivaldi nach einer Bearbeitung von Max Richter.

Die Dortmunder Philharmoniker dirigiert von Christoph JK Müller, das Live-Elektronik Duo Cylvester und Poetry Slammerin Jule Weber beschäftigten sich mit den Folgen des Klimawandels und daraus resultierenden drängenden Fragen unsere Zukunft.

Das zyklisch Wiederkehrende der Jahreszeiten wird dadurch verstärkt, dass die Musiker und auch Yule Weber sich in ihren Vorträgen an die Abfolge von Frühling, Herbst, Sommer und Winter halten. Jeder beschäftigt sich auf seine Art mit der jeweiligen Jahreszeit und der Interpretation dazu. Das ist im Herbst etwas langatmig, da sich der Wiederholungseffekt etwas abschleift. Die Poetry Slammerin Yule Weber bildet mit ihren Texten die Klammer zwischen den musikalischen Stücken. Poetisch, wortgewandt, lyrisch, politisch steht sie bildlich gesehen an ihrem Fenster, beobachtet den Wandel der Jahreszeiten beschreibt ihre Gedanken dazu.

Eines der letzten Veranstaltungen im Konzerthaus vor dem Lockdown im November war das "Konzert für junge Leute". (Foto: © Anja Cord)
Eines der letzten Veranstaltungen im Konzerthaus vor dem Lockdown im November war das „Konzert für junge Leute“. (Foto: © Anja Cord)

Das Kölner Elektronik Duo, bestehend aus den Künstlern Max Schweder und Tobias Hartmann ist hinter den Philharmonikern unter einer großen Videoleinwand platziert. Dort sind sie die Herren über Sampler, Synthesizer und Sequenzer. Die reaktive Performance der Musiker wurde an der Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund entwickelt. Reaktiv bedeutet, dass Bilder auf Rhythmus, Klänge und Bewegung der Musiker reagieren.

In drei von vier Tracks, G5, Sun, Frank und Foto verarbeitet Cylvester die Eindrücke der diesjährigen Jahreszeiten in extra überzeichneten Bildern, um die Besonderheiten herauszustellen. Einen euphorischen Frühling mit impressionistisch verlaufenden Landschaftsbildern, der hitzeflirrende Sommer zeigt eine gefährliche Grimasse und ein Herbst der wie eine Atempause gebremst auf den Winter wartet. Der vierte Track „Foto“ ist extra für das gemeinsame Spiel mit den Philharmonikern komponiert. Die dicht verwobene gemeinsame Musik wird bildgewaltig auf der Leinwand verstärkt. Kraftvolle Bilder mit kosmischen Motiven leiten den Blick in die Zukunft, die gemeinsam und nachhaltig gestaltet werden sollte. Unterstrichen werden die Darbietungen durch die rhythmisch blinkende, farbig abgestimmte Saalbeleuchtung. Im dramatischen Sommer gesteigert bis ins Stakkato, so dass man sich beinah auf der Tanzfläche eines Clubs wähnt. Die Visuellen Effekte, Bilder und Videos entwickelte Visual Jockey Alexander Rechberg. Das Konzertdesign gestaltete Andrea Hoever, die Theaterpädagogin der Philharmonie.

Die vielfältigen Eindrücke fordern den ganzen Zuschauer. Alle Sinne sind beansprucht um dem Vortrag zu folgen.Zwischendurch war es ganz entspannend kurz die Augen zu schließen und nur der Musik zu lauschen.

Die Vier Jahreszeiten von Max Richter klingen an vielen Stellen stark zurückgenommen. Man erlebt die typischen Jahreszeiten in jeweils drei Sätze eingeteilt. Vögel zwitschern, Wasser plätschert, Sturm weht, allerdings fehlt an manchen Stellen die Dynamik, die den Zuhörer empathisch in die Stimmung der Jahreszeit eintauchen lässt.

Akustisch-visuelle Reise in das unendliche Universum

Im Dortmunder Konzerthaus fand im Rahmen des 1. Konzert für junge Leute „Poetry Slam Concert: Endlich Unendlich“ ein akustisch sowie visuelles Fest der Sinne statt. Beteiligt waren mehrere Akteure. Zunächst einmal die starke Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung vom 1. Kapellmeister Motonori Kobayashi, die den musikalischen Hintergrund boten.

Die Sopranistin Angela Davis sorgte mit ihrer klaren Stimme einfühlsam bei Antonin Dvořáks „Russalka- Das Lied an den Mond“ zusätzlich für Unterstützung.

Moderiert wurde das Konzert wieder einmal von Sebastian23 (Poetry Slam). Ein hochkarätige Poetry Slam Gruppe mit Bas Böttcher, David Friedrich und Jule Weber bereicherten die eindrucksvolle Musik mit witzigen, nachdenklichen, kritischen und gereimten Texten, passend zur jeweiligen Musik.

Als besonderer visueller Genuss verband Live Painter Artur Fast (wie schon beim Peer Gynt Konzert für junge Leute) die Inhalte mit feinen Variationen computerunterstützte Live-Zeichnungen, die auf eine Leinwand im Hintergrund projiziert wurden. Diese wurden den je nach Musik oder Text sensibel verändert.

Motonori Kobayashi führte mit den Dortmunder Philharmonikern durch das musikalische Programm. (Foto: © Anke Sundermeier)
Motonori Kobayashi führte mit den Dortmunder Philharmonikern durch das musikalische Programm. (Foto: © Anke Sundermeier)

Los ging es mit Richard Strauss hymnischen „Also sprach Zarathustra Op.30“. Nun wurde das Publikum musikalisch in das Weltall katapultiert. Als erste begegnete man natürlich dem Mond mit „Das Lied an den Mond“ (Antonin Dvořák) und einem feinsinnigen Poetry-Slam Text.

Nach „Spiegel im Spiegel“ (Arvo Pärt) ging die Reise mit Gustav Holst ( Die Planeten – Jupiter) zum größten Planeten des Sonnensystems (fünfter Planet von der Sonne aus gesehen), der im vorgetragenen Text wie auch optisch auf der Leinwand eine eindringliche Wirkung entfaltete.

Als Höhepunkt wurde das zumeist junge Publikum in die unendliche Welten von Star Wars geführt. Live wirkt die Musik von John Williams noch imposanter.

In vier Abschnitten wurde der Bogen vom berühmten Hauptthema (Main Title), über „Princess Leia‘s Theme“, über „The Imperial March (Darth Vader‘s Theme)“ bis zum „Throne Room & End Title“ gespannt.

Während der erfahrene Bas Böttcher sich der ambivalenten Person des Darth Vader in seinem Text zuwandte, berührte David Friedrich zuvor mit seinem Text über seine kleine Nichte Leia (nach der Star Wars-Prinzessin benannt), die er als Hoffnungsträgerin in unserer Zeit mit all seinen Brandherden bezeichnet.

Es trifft sich gut, dass gerade jetzt der neu „Star Wars“-Film anläuft und sich schon eine große Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.

Auf alle Fälle hatten das junge (oder auch nicht mehr so junge) Publikum ein großes Crossover Konzerterlebnis. Hoffentlich wirkt es für das spätere Leben gerade der jüngeren Menschen nach.

Soundtrack Krieg

3. Konzert für junge Leute und jung gebliebene Klassikfans im Konzerthaus

Krieg und Frieden sind seit jeher Zustände, zwischen denen sich unterschiedlichste Länder befinden. Zustände die einmal, wie der Frieden, als selbstverständlich und unverrücklich hingenommen und erwartet werden. Dem steht der Krieg mit all seinen Schrecken und das Leben verneinende entgegen. Der Krieg aber wird heroisiert. Der Mord am Gegenüber gesellschaftlich sanktioniert, geduldet oder erwartet. Krieg? Heroisch? Nein! Eine humane Katastrophe, die die Menschheit immer wieder in den Abgrund schauen lässt.

Genau in dem Spannungsfeld von Frieden und Krieg liegt das 3. Konzert für junge Leute in der Philharmonie Dortmund. Einerseits dem Hin und Her der Politiker, Vertragsbrüchigen Falken, in ihren eigenen Standpunkt nationalistisch verliebte Herren(menschen) ohne Verantwortungsbewusstsein, dem Kräftefeld der eigenen und alleinig „selig machenden“ eigenen Meinung und der anderen „verdammenswerten“ Meinung, Ansicht oder Glauben. Andererseits sind die „Weicheier“, die Angsthasen, die „Gutmenschen“, die um die Katastrophe wissen und sie mit allen Mitteln zu verhindern suchen.

Zwischen dem „Damals“ und „Heute“, was war, und was kommen könnte, wie es vielleicht besser bleiben sollte, ist das Spannungsfeld des 3. Konzertes für junge Leute angesiedelt. Die Dortmunder Philharmoniker haben es sich mit der Auswahl der Musik nicht leicht gemacht.

Mit „Slava! A Political Overture“ von Leonard Bernstein beginnt der Abend. Die Komposition von Bernstein ist sehr amerikanisch und Hollywood-esque. Sie ist eindringlich, fast heiter und glänzend von den Philharmoikern interpretiert. Fast möchte man mitgehen.

Wer die „West Side Story“ kennt, ahnt was als nächstes kommen könnte, schaut man in das Programm des Abends – es ist der „Prologue“ … Das Stück kennend oder nicht, kündigt sich der Streit, dann Kampf der Jets gegen die Sharks an und die „Romeo und Julia“ Liebe erscheint irgendwo im Hinterkopf.

Ein eindrucksvolles Programm bot das 3. Konzert für junge Leute im Dortmunder Konzerthaus. (Foto: © Anneliese Schürer)
Ein eindrucksvolles Programm bot das 3. Konzert für junge Leute im Dortmunder Konzerthaus. (Foto: © Anneliese Schürer)

Die Textpassagen aus „Die Nashörner“, von Eugène Ionesco bringen mit Worten und Darstellung das Auditorium sichtbar zum Nachdenken. Menschen hinter Gittern, denen die Freiheit versprochen wird, wenn … ja wenn sie Nashörner würden. Ausgerechnet Nashörner! Das geliebte Maskottchen der Dortmunder. Aber diese sich vermehrenden Nashörner, in die sich die Gefangenen verwandeln, machen sie wirklich frei? Der klassisch Interessierte könnte sich in diesem Moment den Chor der Gefangenen aus Nabucco vorstellen … Aber die Nashörner, die uniformierten, im Gleichschritt durch das Auditorium, seltsam rhythmisch humpelnd, lassen keinen Raum. Humpeln sie, weil ihnen die Individualität genommen und nur eine vermeintliche Freiheit gegeben wurde? Die der „blauen“ Propheten? Weil die Ideologie des Gleichschritts in sich hinkt?

Das Humpeln der Nashörner, was zeigt es uns? Im Gleichschritt in der vermeintlichen Freiheit fehlt es an der realen Freiheit des Einzelnen. Und wie diese Nashörner im „Humpel-Gleichschritt“ durch den Raum „reisen“ ahnt man, das was kommen muss – die Katastrophe. Die unwiederbringlich aus Geichklang im Zwang folgen wird. Poetry Slammer Sebastian 23 macht die Einführung zum kommenden Stück. Die „Leningrader“, die 7. Symphonie von Dimitri Schostakovitsch. Schostakovitsch begann die Arbeit an diesem Stück noch während der Belagerung von Leningrad (heute wieder Sankt Petersburg). Er wurde ausgeflogen, auch um die Symphonie zu Ende zu komponieren, und Stalin ließ sie zu Propagandazwecken über Lautsprecher über die Truppen der Belagerer schallen.

Die „Leningrader“. Aufwühlend, erschreckend und die Sinnlosigkeit von Krieg musikalisch darstellend, ergreift sie jeden im Auditorium der Philharmonie. Motonori Kobayashi dirigiert das Stakkato der Dystopie perfekt, irgendwie als sei er der Herr des Chaos. Man muss nicht die Filmdokumente des Grauens und kalkulierten Todes kennen, gesehen haben, um nicht das Entsetzen, das Grauen, den Hunger, das Verhungern und Erfrieren der Menschen und dennoch ihren verzweifelten Überlebenswillen im Todeskampf zu spüren. Dachte Stalin nur an die Propaganda, so erkannte er nicht auch die Anklage gegen ihn, wegen des von ihm kaltblütig kalkulierten Opfertodes von über einer Millionen Leningrader und der Zerstörung der Stadt.

Wie findet man nach diesem dystopischen Element des Abends wieder in die Normalität des Friedens zurück – nur sehr schwer. Vielleicht mit dem Vorspiel zur Apokalypse des Grauens … Die Ausschnitte aus dem 1. Satz der Leningrader könnte vielleicht helfen, zurückführen aus dem Irrsinn menschlichen Wahnsinns. Bernstein, mit seinem unnachahmlichen und für die Staaten typischen Pragmatismus könnte das Auditorium aus dem Entsetzen wieder in unsere bedrohte, aber friedliche, zufriedene (selbstzufriedene?) Welt zurückbringen.

Die Ausschnitte aus der „Candide Suite“ – „We build our own garden“ könnte helfen … Das Auditorium zeigte seine Begeisterung über die Darbietung der Philharmonie lange applaudierend … Kann man eine Verlängerung des musikalischen Abends erwarten, eine Zugabe geben? Welche? Was würde passen? Wohl nichts … so gab es auch keine Zugabe, auch wenn nicht wenige der Zuhörer sich das gewünscht haben mögen. Aber ist der Abschluss nicht auch wieder ein Anklage gegen die eigene Bequemlichkeit, die Selbstzufriedenheit? Der kritische Gast des Abends kann sich diesem Gedanken nicht wirklich entziehen.

Das Konzert für junge Leute wollte bewusst darstellen, wie falsch es ist einfach nur dem zu folgen, was alle anderen tun. Jeder muss mit seiner eigenen Individualität seinen Weg, immer wieder sich selbst reflektierend – das schwerste Unterfangen im Leben überhaupt – hinterfragend finden. Es ist gelungen! Sowohl in Noten, als auch in und mit der Darstellung durch die Theaterpartisanen und Studi-Improgruppe. Die Moderation von Sebastian 23 tat ihr übriges zur Intensivierung des erlebten an diesem Abend. Kobayashi, der Dirigent nahm den Applaus mit einer Dankbarkeit und Gelassenheit entgegen, wie sie nur einem Japaner eigen sein kann.

Hollywood Hits: War and Peace im Dortmunder Konzerthaus

Das große Thema der Dortmunder Philharmoniker in dieser Spielzeit ist „Krieg und Frieden“.

Darum ging es auch beim 1. Konzert für junge (und jung gebliebene) Leute am Montag, den 15.10.2018 im hiesigen Konzerthaus.

Bekannte Filmmusik aus verschiedenen Jahrzehnten wurden emotional für das Publikum von den Dortmunder Philharmonikern (und gelegentlicher Chor-Unterstützung) unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz lebendig gemacht. Die Bandbreite reichte vom großen Heldenpos bis zu berühmten Liebesgeschichten.

Moderiert wurde der Abend humorvoll von Sebastian 23 (im letzten Konzert für junge Leute noch mit seiner Lesebühne LMBN am Start). Er ließ es sich nicht nehmen, auch einen kritisch-aktuellen Poetry-Slam-Beitrag um einen „Besorgten Bürger“ zum Besten zu geben.

Das Musik-Programm zeichnete sich durch Vielfältigkeit und seine Genre-Breite aus. Mal dramatisch temperamentvoll, öfter auch pathetisch, dann wieder sensibel melancholisch und intensiv in den leisen Tönen. Die Philharmoniker konnte mit ihrem Dirigenten zusammen ihr Können und gutes Zusammenspiel unter Beweis stellen.

Die Dortmunder Philharmoniker spielen Filmmusik aus berühmten Filmen von "Das Boot" bis zu "La La Land". (Foto: © Anneliese Schürer)
Die Dortmunder Philharmoniker spielen Filmmusik aus berühmten Filmen von „Das Boot“ bis zu „La La Land“. (Foto: © Anneliese Schürer)

Das breite Spektrum reichte von Filmmusik aus „Das Boot“ (Klaus Doldinger) , „Gladiator“ (Hans Zimmer), den „Walkürenritt“ (Richard Wagner) aus „Apocalypse Now“, „Der Soldat James Ryan“ (John Williams), Maurice Ravels Klavierkonzert G-Dur, (Adagio assai aus „Biutiful“), bewegend von Tatjana Prushinskaya am Piano interpretiert, natürlich „Krieg und Frieden“ (Nino Roto) „Vom Winde verweht“ ( Max Steiner) bis zu „The Monuments Men – Opening Titles“ (Alexandre Desplat) sowie als friedlicher Abschluss und Liebe zum Finale hin „La La Land (Concert Suite)“ von Justin Hurwitz.

Für das begeisterte Publikum gab es selbstverständlich mit der „Star Wars“-Titelmusik danach noch eine starke Zugabe.