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Klangvokal – Weihnachtskonzert mit barockem Flair

Mit einem Weihnachtskonzert am 22. Dezember 2019 um 17 Uhr im Reinoldisaal unter dem Titel „Von Engeln und Hirten“ präsentierte das Festival Klangvokal nochmals seine Kompetenz in Sachen Alte Musik. Tenor Daniel Behle, zur Zeit aktiv im Dortmunder „Lohengrin“, sang zusammen mit der Berliner Lautten Compagney von Wolfgang Katschner Weihnachtslieder aus verschiedenen Ländern.

Bei diesen Weihnachtsliedern waren keine bekannten „Mitsinglieder“ dabei wie „Oh du fröhliche“, sondern traditionelle Weisen aus Spanien, Frankreich oder England, deren Tradition teilweise bis in die Barockzeit zurückreicht. So stammt „Lieb Nachtigall wach auf“ aus dem Jahre 1670 und das französische „Entre le bœuf et l’âne gris“ („Zwischen Ochs und grauem Esel“) stammt aus dem 18. Jahrhundert, ebenso wie „Adeste fidelis“. Kamen die Weihnachtslieder vor der Pause eher aus dem spanischsprachigen Raum, ging es nach der Pause mit deutschen und englischen Liedern weiter.

Daniel Behle (in der Mittel) und Ensemblemitglieder der Lautten Compagney Berlin brachten weihnachtliche Stimmung in den Reinoldisaal. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Daniel Behle (in der Mittel) und Ensemblemitglieder der Lautten Compagney Berlin brachten weihnachtliche Stimmung in den Reinoldisaal. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Zwischen den gesungenen Liedern spielte die Lautten Compagney kleine Stücke aus der Renaissance- und Barockzeit. Von Michael Praetorius (1571-1621) über Andrea Falconierei (1585-1656) bis hin zu Henry Purcell (1659-1695) reichte das Programm an diesem Nachmittag.

Alle Beteiligten hatten sichtlich viel Spaß an dem Konzert. Daniel Behle führte auch durch das Konzert und erklärte, worum es in diesen Liedern ging. Die Musiker der Lautten Compagney waren ebenso engagiert bei der Sache. Einen Sonderapplaus bekam Percussionist Peter Bauer bei seinem Maultrommel-Solo.

Für Freundinnen und Freude alter Musik wird das Festival Klangvokal auch im kommenden Jahr 2020 wieder einige Highlights bieten.

Klangvokal 2019 – Tiefbewegende Chormusik

Einen großen Bogen von zeitgenössischer Chormusik bis hin zur Musik der russischen Romantik präsentierte der Chor des Lettischen Rundfunks unter der Leitung von Sigvards Kļava zum Abschluss des Klangvokal Festivals am 16. Juni 2019 in der Reinoldikirche.

Schon 2017 gab der Chor ein großes Konzert mit Rachmaninows „Abend- und Morgenlob“, 2019 präsentierte er wieder russische geistliche Musik kombiniert mit Stücken von Arvo Pärt, Ēriks Ešenwalds, Gustav Mahler und Peter Tschaikowsky.

Den Beginn machte Ešenwalds‘ Arbeit „A drop in the ocean“ von 2006. Moderne Chormusik vom feinsten. Man spürte beinahe den Wind rauschen und die sanfte spirituelle Arbeit des Komponisten wurde durch den Chor wunderbar umgesetzt.

Danach war es Zeit für die minimalistischen Klänge des Arvo Pärt. Seine “Sieben Magnifikat-Antiphonen“ wecken Erinnerungen an die gregorianische oder mittelalterliche Musik, werden aber durch die minimalistischen Strukturen zu einem gesanglichen Gesamtkunstwerk verwoben.

Präsentierte geistliche Musik der Sonderklasse: Der Chor des Lettischen Rundfunks. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Präsentierte geistliche Musik der Sonderklasse: Der Chor des Lettischen Rundfunks. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Zum Adagietto der 5. Sinfonie von Gustav Mahler gibt es auch Fassungen für Chor. Dieser Satz ist berühmt geworden durch den Film „Tod in Venedig“. Der Chor des Lettischen Rundfunks sang ein Arrangement von Gérard Pession mit dem Titel „Kein deutscher Himmel“.

Nach der Pause wurde es Zeit für den liturgischen Teil. Schließlich waren wir ja in einer Kirche, wenn auch nicht in einer russisch-orthodoxen. Doch das Gefühl stellte sich bereits bei den ersten gesungenen Worten der „Liturgie des Heiligen Chrysostomos“ von Peter Tschaikowsky ein. Tschaikowsky setzt hier ganz auf den Klang der orthodoxen Liturgie. Wie schon vor zwei Jahren überzeugt der Chor bei diesem Stück vollkommen.

Klangvokal 2019 – A capella zum mitmachen

Einen Glückgriff machte das Festival Klangvokal mit der Kölner Formation „Room One“. Das Konzert am 16. Juni 2019 im domicil in Zusammenarbeit mit SOUNDZZ war ein gelungenes Erlebnis für Jung und Alt.

Mit zwei neuen Leuten, viel Musik und noch mehr Spaß machte die A capella Band „Room One“ das ehrwürdige domicil zu einem Mitmachclub. Sie schafften es, alle Menschen zum Tanzen und Mitsingen zu animieren, selbst wenn der Text in der südafrikanischen Sprache Zulu ist.

Pop und Soul waren in dem einstündigen Konzert zu hören, dazu Jazz-Standards. Alles oft mit einer witzigen Choreografie verbunden. Doch es wurde nicht nur gesungen, es gab auch Beatboxing, so dass der Schlagzeugsound nicht fehlen musste. Natürlich musste ein Lied dabei sein, bei dem sich die Sängerinnen und Sänger verkleideten, schließlich kamen sie ja aus Köln.

Room One zeigte auch Mut zu Verkleidungen. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Eine witzige Aktion war es, dass alle sechs Mitglieder für einen Song von Kindern je nach Berührung „ein- und ausgeschaltet“ werden konnten. Zwei Kinder konnten es live ausprobieren und man spürte, dass es allen Beteiligten großen Spaß machte.

Nach zwei Zugaben war dann Schluss. Der große Applaus war nicht nur ein Verdienst der Künstlerinnen und Künstler, sondern belohnte auch deren offene Art.

Klangvokal 2019 – Georg Friedrich Händels starke „Heroinen“

Die imposante Maschinenhalle im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Bövinghausen bildete einen würdigen Rahmen für „Händels Heroinen“ am 14.06.2019 im Rahmen des Klangvokal Musikfestivals 2019.

„The King‘s Consort“ als erstklassiges britisches Ensemble unter der Leitung von Robert King, der auch am Cembalo spielte sowie die englische Sopranistin und Spezialistin auf dem Gebiet der Barockmusik Carolyn Sampson zogen das Publikum in die faszinierende Welt der Oratorien und Opernmusik von Georg Friedrich Händel ( (1685 – 1759).

Die Musik des Komponisten war von Frauen, darunter auch seiner Mutter, inspiriert. Egal ob als Königinnen, Prophetinnen, Zauberinnen, Dienerinnen oder rachsüchtige Intrigantinnen – Frauen spielten sie in seinem Vokalschaffen eine gewichtige Rolle mit starker Präsenz.

Los ging es mit den wunderbaren „Wassermusik“ und der Sarabande aus der Oper „Almira, Königin von Castilien“). Schon hier konnte sich der Solo-Trompeter Neil Brough in dem Ensemble-Gefüge auszeichnen.

Carolyn Sampson und "The Kings' Consort" präsentierten starke Frauen aus Händels Opern- und Oratorienschaffen. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Carolyn Sampson und „The Kings‘ Consort“ präsentierten starke Frauen aus Händels Opern- und Oratorienschaffen. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Im Folgenden wechselten sich instrumentale Passagen mit den von der Sopranistin Sampson mit klarer Stimme sensibel gesungenen Arien ab. Am Anfang lag der Schwerpunkt bei den Oratorien wie „Sememe“, „Theodora“ oder „Deborah“, später standen dann die Opernarien wie die der Cleopatra (Oper Giulio Cesare), die Arie der Teofane (Oper „Ottone, Re di Germania“). Die Arie der Ginevra (Oper „Ariodante“) oder etwa die der Melissa (Oper „Amadigi di Gaula“) im Mittelpunkt.

Die verschiedensten Emotionen, von traurig-melancholisch, rachsüchtig-temperamentvoll bis liebes- freudig wurden von der Sängerin in allen Schattierungen gekonnt dargebracht. Die oft feierlich bewegende Musik Händels kam in der Maschinenhalle gut zur Geltung. Als Zugabe gab es ein Stück aus dem dritten Akt des Oratoriums „Samson“.

Für alle Freunde des Komponisten und der Barockmusik ein großartiges Erlebnis.

Klangvokal 2019 – Mit dem Sollazzo Ensemble im musikalischen Liebesfieber

Das sechsköpfige Sollazzo Ensemble (Basel) unter der Leitung von Anna Danilevskaia existiert seit 2014 und gilt als Shootingstars im Bereich Alte Musik des Mittelalters und der Frührenaissance. Im Rahmen des Klangvokal Musikfestivals konnte es nun sein Können am 12.06.2019 in der Dortmunder St. Marienkirche unter dem Titel „Tag und Nacht – oder: Von der Liebestollheit in der Ars Nova“ unter Beweis stellen. Die „Ars Nova“ besingt mit einer expressivem Klangfarbe alle Schattierungen zwischen Liebesfreud und Liebesleid.

Mit dabei waren Perrine Devillers mit ihrem klaren Sopran, Vivien Simon als sensibler Tenor, und an den alten eindrucksvollen Instrumenten Franziska Fleischanderl (Psalter: mittelalterlicher Zither ohne Griffbrett), Sophia Danilevskaia (Fidel), Anna Danilevskaia (Fidel und Christoph Sommer (Laute).

Um (Liebes-) Gefühle in weltliche Gesangsformen zu transformieren, bildeten Balladen oder sogenannte „“Virelai“ (ein mittelalterliches Tanz- und Liebeslied) gerade in Frankreich und Italien die Grundlage.

Als ein Beispiel sei hier das von einem gewissen französischen Komponisten „Borlet“ (Trebol?) Anfang des 14. Jahrhunderts entstandene „ Hé, tres doulz roussignol joly“ genannt. Es gehört zu den musikalisch verspielten Virelais mit geschickt eingebauten Vogelimitationen. Man muss wissen, das Vögel, besonders die Schwalben als „Liebesboten“ galten.

Das Sollazzo Ensemble präsentierte Liebeslieder der Renaissance in der Marienkirche. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Das Sollazzo Ensemble präsentierte Liebeslieder der Renaissance in der Marienkirche. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Mit Madrigalen (Singgedichte, bei dem der Text nicht nur wiedergegeben, sondern durch Gesang wie Instrumentierung mit gedehnten lautmalerischen Effekten gestaltet) wie etwa „Quel sole che nutric‘al gentil fiore“, wird die Schönheit der Frauen und der Natur mit Tiefe und Intensität besungen.

Devillers und Simon beeindruckten vor allem durch ihre Harmonie, wenn sie zusammen sangen.

Das wunderbare Zusammenspiel der Instrumente sorgte zwischendurch immer wieder für atmosphärische Tiefe.

Im ersten Teil des Abends standen in französischer oder italienischer Sprache gesungenen Texten das Liebesleid, in der zweiten Hälfte schon mehr die Liebesfreude und Liebeslust im Zentrum.

Gespielt und gesungen wurde Lieder von Borlet, Vincenzo da Rimini (ca. 1350-1400), Bartolino da Padova (1365-1405), Niccolò da Perugia (, Matteo da Perugia , Jacob de Senlèche (ca. 1382-1395) oder Francesco Landini (ca. 1335-1397).

Das Abschlusslied des Programms „Or sus, vous dormés trop“ stammt von einem anonymen Komponisten und seine Noten finden sich im „Codex Ivrea“, der Bibliothek der piemontesischen Stadt Ivrea. Hier wird eine schöne Dame ausgelassen gefeiert, die zu lange schläft. Stattdessen soll sie lieber der Lerche, Amsel, Drossel oder dem Zeisig, aber nicht zuletzt dem Verehrer ihr Ohr und Herz schenken.

Klangvokal 2019 – 11. Fest der Chöre mit Teilnehmerrekord

Für viele Menschen ist das große Fest der Chöre am 15. Juni 2019 ein Höhepunkt des Klangvokal Musikfestivals Dortmund. Den Stellenwert und den Zuspruch für die Chormusik und das selber singen erkennt man in diesem Jahr auch wieder an den steigenden Teilnehmerzahlen. Als neuer Rekord vermeldete beim Pressegespräch Festivaldirektor Torsten Mosgraber in diesem Jahr den Rekord von 160 Chören mit 4.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Dortmund, NRW und darüber hinaus Deutschland weit. Sie präsentieren sich auf verschiedenen Bühnen, in Kirchen und anderen Orten unserer Stadt.

„Das bringt uns schon an die Kapazitäts-Grenzen,“ so Mosgraber. Es soll wieder ein facettenreiches und vielfältiges Programm von Volksmusik. Schlager, Shantys, Musical, Jazz , Barbershop, Klassik oder auch Pop-Musik geboten werden.

Das Fest der Chöre findet am Samstag, den 15.06.2019 von 10:00 bis 22:00 Uhr statt.

Inoffiziell geht es wieder im Dortmunder Rathaus mit der Eröffnung durch Kita-Chöre wie etwa „Eine Welt“, „Wilde Wiese“, Kinderchor Burgholzstraße und die Kita Worderfeld & Die Berliner Kids.

Das gemeinsame „Wir“ steht im Mittelpunkt.

Offiziell wird das Chorfest traditionell um 12.00 Uhr auf dem Alten Markt von Oberbürgermeister Ullrich Sierau und in diesem Jahr als besonderes „Bonbon“ mit dem Dortmunder Opernchor, auf der Bühne. Dieser begeisterte ja erst vor kurzem wieder einmal bei der Aufführung von „Echnaton“ (Philipp Glass).

Es wird wie immer mit verteilten Textheften zusammen gesungen. Neben dem Steigerlied-Anfang wird auch die bekannte Fußball-Hymne „You‘ll never walk alone“ gesungen. Es wäre schön, so die Organisatoren, wenn möglichst viele Menschen bunte Schals in allen Variationen als Zeichen von „Vielfalt“ und dem „Wir“ mitbringen würden. Natürlich sind auch BVB-Schals gerne gesehen.

Einen kleinen Vorgeschmack auf das Chorfest am 15. Juni 2019 gab der Chor "Trallafitti" beim Pressegespräch.
Einen kleinen Vorgeschmack auf das Chorfest am 15. Juni 2019 gab der Chor „Trallafitti“ beim Pressegespräch.

Es gibt wieder Mitmach-Aktionen für Kinder, sowie Mitsing-Möglichkeiten und verschiedene Singstationen für Groß und Klein. Viel zu hören sein wird auf den sieben Bühnen in unserer Stadt, den Kirchen oder vor dem Orchesterzentrum (Deutsch-türkische Chöre).

Anlässlich des anstehenden evangelischen Kirchentages haben sich gleich zwei Projektchöre des Dortmunder Kirchenkreises gegründet.

Der Kinder- und Jugendchor Quer-Beat Holzen hat extra für das Chorfest ein Kinder-Musical einstudiert und wird es um 14:30 Uhr auf der GUT-Bühne (am Platz von Netanya) vorstellen.

Zur besten Kaffee-Zeit um 15:50 Uhr auf der Bühne am Alten Markt sorgen als ein Highlight der Chor „Trallafitti“ mit einer Ruhrpott-Musical-Revue für gute Stimmung. Sie gaben schon beim Pressetermin eine kleine Kostprobe ihres Könnens mit „LA – International Airport“ und einer „Ruhrpott-Version“ von „Superjeilezick“ (Brings).

Als krönender Abschluss findet wie immer das Abendkonzert ab 20:00 Uhr auf dem Alten Markt statt. Geballte Barbershop-Frauenpower gibt es dann von den preisgekrönten Damen von „Ladies First“ zu hören. Danach sorgt der Chor „Hömma“ mit ihrem Gesang für einen humorvollen Blick auf das Ruhrgebiet. Zum Finale heizen dann „Sounding People“ (einer der aktuell erfolgreichsten Pop-Chöre im Westen) die Stimmung noch einmal an.

Genaueres über das umfangreiche Programm entnehmen sie den in der Stadt verteilten Programmheften und Flyern.

Klangvokal 2019 – Dresdner Kammerchor entführt in Himmelswelten

Ein interessantes Programm hatte der Dresdner Kammerchor unter der Leitung von Hans-Christoph Rademann mitgebracht. Am 09. Juni erklang in der Nicolaikirche geistliche Musik von Mahler, Brahms, Reger und Martin. Hinzu kam eine Komposition von John Cage.

Das Programm vor der Pause war den romantischen Komponisten Gustav Mahler, Johannes Brahms und Max Reger gewidmet. Mahlers „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ entfaltet dank der gut aufgelegten Sängerinnen und Sänger sofort seine Magie. Die Verzweiflung und der Trotz in den Worten von Friedrich Rückert wird von Mahler in emotionale Musik umgesetzt. Kein Wunder, dass dieses Stück als Zugabe am Ende des Konzertes wiederholt wird.

Das Lied „Warum ist das Licht gegeben den Mühseligen“ von Johannes Brahms ist eine musikalische Mischung aus barocken und romantischen Elementen. Zwar stellt die Motette die Frage nach dem „Warum“, gibt letztendlich aber auch keine Antworten oder Hinweise auf Jesus Christus. Ganz anders bei den „acht geistlichen Gesängen“ von Max Reger. Regers Chorwerk ist im homophonen Stil aufgebaut und erinnert an die Choräle von Bach.

Vor allem mit John Cage und der "Messe für Doppelchor" von Frank Martin begeisterte der Dresdner Kammerchor die Zuhörer in der Nicolaikirche. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Vor allem mit John Cage und der „Messe für Doppelchor“ von Frank Martin begeisterte der Dresdner Kammerchor die Zuhörer in der Nicolaikirche. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Nach der Pause ging es mit einem außergewöhnlichen Stück weiter. John Cage „Four²“ aus seinem Zyklus der Zahlenstücke war eine faszinierende Erfahrung. Die Gesamtdauer des Stückes steht fest: 7 Minuten. Die Zeiträume, in denen ein bestimmter Ton erklingen soll, hat Cage zwar beschrieben, aber innerhalb dieser Zeiträume darf ein Sänger frei entscheiden. So vermischt sich Festgelegtes und Individuelles zu einem Gesamtkonzept.

Jahrzehntelang lag die „Messe für Doppelchor“ von Frank Martin in der Schublade. In den 1920er Jahren begonnen, wurde sie erst 1963 aufgeführt. Es ist ein modernes Werk, voller subtiler Klangfarben und rhythmischen Strukturen. Eine Besonderheit ist, dass alle Teile der Messe etwa gleich lang sind, unabhängig der zu singenden Textmenge.

Ein außergewöhnliches Konzert mit einem harmonischen Chor, der die Himmelswelt von Romantik und Moderne erklingen ließ.

Klangvokal 2019 – Facettenreiche mediterrane Vokalmusik

Arabisch-französisch geprägte Musik des Trio NES (Valencia) erwartete das Publikum im Dortmunder domicil. Die Organisatoren des Klangvokal Musikfestivals bewiesen wieder einmal einen gutes Händchen für Vokalkünstler der besonderen Klasse.

Charismatische Frontfrau der Gruppe ist die französisch-algerische Sängerin und Cellistin Nesrine Belmokh. Sie ist in Frankreich geboren, und ihre Eltern stammen aus Algerien. Daraus entwickelte sich eine ganz besondere Melange aus arabischer Musik, Jazz, Chanson, Soul und Pop.

Die Sängerin hat nicht nur eine gute und wandlungsfähige Stimme, sondern kann auch einfühlsam auf ihrem schmalen E-Cello oder einer in Istanbul erstandenen Mandoline spielen. Eindrucksvoll kam ihre Alt-Stimme vor allem gerade bei den leisen Tönen zur Geltung.

Eine gelungene Fusion aus verschiedenen Musikstilen präsentierte die Band NES der Frontfrau Nesrine Belmokh. Mit ihr spielten David Gadeo (Percussion) und Cellist Matthieu Saglio. (Foto: © Anja Cord)
Eine gelungene Fusion aus verschiedenen Musikstilen präsentierte die Band NES der Frontfrau Nesrine Belmokh. Mit ihr spielten David Gadeo (Percussion) und Cellist Matthieu Saglio. (Foto: © Anja Cord)

Ihr zur Seite standen kongenial der französische Cellist Matthieu Saglio (nicht umsonst wird er „Cellist der 1000 Klangfarben“ genannt) und spanischen Perkussionisten David Gadeo. Sie ergänzten sich alle wunderbar und bewiesen auch Performance-Qualitäten.

In den vielseitigen Liedern, die hauptsächlich von der Sängerin stammen, geht es vor allen um Identität, Liebe und Schmerz oder vor allem um den Traum und die Hoffnung auf Frieden. Ihr Debütalbum „Ahlam“, aus dem die Frontfrau einige Songs sang, bedeutet im wörtlichen Sinn passend „Traum“. So heißt es in dem auf arabisch gesungenen Titelsong: „Ich träume von Frieden und Hoffnung in einem Garten der Liebe.“

Neben arabisch wurden die Lieder überwiegen in englischer Sprache oder auf französisch gesungen.

In „Laisse-Moi Entrer“ bittet die Franko-Algerierin beispielsweise um Einlass auf Französisch, in „The World is Blue“ beklagt sie sich dagegen temperamentvoll über einen Liebhaber.

NES ist ein gelungenes Beispiel dafür, was für eine Bereicherung multikulturelle Einflüsse auf die Musik haben können.

Zum Abschluss begeisterte NES das Publikum noch mit zwei wunderbaren Interpretationen von „Ain‘t No Sunshine“ (Bill Withers) und „La vie en rose“ (Edith Piaf).

Klangvokal 2019 – Soul-Pop aus dem Herzen

Es gibt sicherlich einige Sängerinnen, die sich um den Thron von Amy Winehouse bemühen und Sharon Kovacs gehört mit Sicherheit zu den heißen Kandidatinnen. Mit kurzgeschorenen Haaren erinnert die Niederländerin optisch an Sinead O‘Connor, musikalisch liegen die Wurzeln von Kovacs klar im Soul. Das Konzert am 06. Juni 2019 im FZW bewies ihre Qualitäten.

Gitarre, Bass, Schlagzeug, zwei Background-Sängerinnen, Keyboards, Trompete und natürlich die Hauptdarstellerin Sharon Kovacs. Das waren die Zutaten eines intensiven Konzert. Die Künstlerin sang Songs von ihrer neuen CD „Cheap Smell“ und ihrem Debut-Album „Shades of Black“. Anfang mit Hut bekleidet besaß Kovacs sofort eine enorme Bühnenpräsenz, die mit dem ersten Song die Menge zum Tanzen mitriss.

Perfekte Soulmusik mit autobiografischen Texten: Kovacs im Rahmen des Festivals Klangvokal im FZW. (Foto: © Anja Cord)
Perfekte Soulmusik mit autobiografischen Texten: Kovacs im Rahmen des Festivals Klangvokal im FZW. (Foto: © Anja Cord)

Ihre Texte berichteten nicht immer über erfreuliche Dinge aus ihrem Leben. So dreht sich „Mama & Papa“ über ihre Kindheit in einer Familie ohne Vater, „Adickted“ handelt über ihren drogenabhängigen Ex-Freund. Aber dennoch strahlt ihre Musik eine große Lebenslust aus, der Wunsch, das Leben einfach zu genießen. So treibt der große Rhythmus des Souls nicht nur die Sängerin an, sondern übertrug sich auch auf die Zuhörer im FZW.

Überhaupt: Man spürt sofort, diese Frau ist für die Bühne gemacht, ihre Stimme ist mitreißend. Neben den üblichen verdächtigen wie Amy Winehous oder Shirley Bassey hört man auch ihr Vorbild Grace Jones an einigen Stellen heraus. Musikalisch half ihr auch der Rückgriff auf die Basics im Konzert. Keine Streicherarrangements, keine überbordende Instrumentierung. Nur das, was zur Soulmusik gehört. Pur und echt.

Klangvokal 2019 – Chorkonzert mit skandinavischem Einschlag

Wer das Konzert des Jugendkonzertchores der Chorakademie Dortmund am 01. Juni in der Propsteikirche gehört hat, wird nicht verwundert sein, dass die jungen Sängerinnen und Sänger beim 10. Deutschen Chorwettbewerb 2018 in Freiburg den ersten Preis in der Kategorie „Gemischte Jugendchöre“ gewonnen haben. Eine gelungene Präsentation geistlicher Musik mit einem skandinavischen Schwerpunkt unter dem Titel „Im ewigen Licht“ begeisterte das Publikum.

Ob es an der Dunkelheit liegt oder an der weiten Landschaft? Die Lieder von skandinavischen Komponisten wie Jan Hakan Åberg oder Håkan Parkman hatten einen großen melancholischen Einschlag. Åbergs bekannte Hymne „I himmelen, i himmelen“ ließ seinen Ursprung in Volksliedern erkennen. Bei Jan Sandströms „Sanctus“ zeigte der Chor unter der Leitung von Felix Heitmann sein Können beim Wechsel zwischen leisen und sanften Passagen und dynamischeren Teilen. So klang es, als ob die Töne vom Zuhörer hin und her getragen wurden.

Der Jugendkonzertchor der Chorakademie Dortmund überzeugte bei seinem Konzert beim Festival Klangvokal. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Der Jugendkonzertchor der Chorakademie Dortmund überzeugte bei seinem Konzert beim Festival Klangvokal. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Doch nicht nur zeitgenössische Komponisten aus Skandinavien waren zu hören. Den Beginn machte der Renaissance-Komponist de Palestrina mit seinem getragenen weihevollen „Kyrie“. Daneben erklangen noch die Romantiker Mendelssohn-Bartholdy und Grieg.

Nach der Pause beeindruckte der Chor mit „Immortal Bach“ von Knut Nystedt. Hierfür verteilten sich die Mitglieder des Chores an den Seiten der Kirche. Das Besondere an dem Stück ist, dass jeder Sänger sein eigenes Tempo für den Choral wählt, sodass völlig neue Klangstrukturen entstehen, bis sich gegen Ende wieder alles zu einem Akkord vereint.

Ein faszinierendes Konzert des Jugendkonzertchores, melancholisch und zuweilen meditativ. Aber auch schön, dass der Chor zur zweiten Zugabe ein weltliches Liebeslied als a-capella Version sang: „One call away“ von Charlie Puth swingte durch die Hallen der Propsteikirche.