Was haben Sarah Kane, André Gorz und Samuel Beckett gemeinsam? Ihre Texte stehen im Mittelpunkt des Musiktheaters von artscenico namens „Opus Love“, das am 16.10.2020 seine Premiere im Theater im Depot feiert.
In „Gier“ von Sarah Kane geht es unter anderem auch um eine eine Liebesbeziehung, die im Stück „Opus Love“ von Elisabeth Pleß vorgetragen wird. Der zweite Text von André Gorz ist „Brief an D. Geschichte einer Liebe“. Hier schreibt der Autor mit über 80 Jahren einen Liebesbrief an seine ebenso alte Frau. Kurze Zeit später nehmen sich beide das Leben. Der dritte Text von Beckett „Erste Liebe“ handelt von Einsamkeit und die Angst vor Gefühlen.
Mit dabei ist die Schauspielerin Elisabeth Pleß, die bereits in vielen artscenico-Produktionen mitspielte und Sascha von Zambelly. Ein Teil wird nicht vorgetragen, sondern sogar getanzt von Elisa Marschall.
Wie es sich für ein Musiktheater gehört, gibt es auch Musik. Dafür hat sich Regisseur Rolf Dennemann die Unterstützung von Yoyo Röhm versichert, mit dem er bereits bei verschiedenen Produktionen zusammengearbeitet hat.
Röhm hat verschiedene Musiker für sein kleines kammermusikalisches Theaterorchester gefunden. Mit dabei ist der Schlagzeuger Achim Färber, Cellistin Marie Claire Schlameus und Andreas Dohrmann, der neben Klarinette auch Bassklarinette und Bassflöte spielt. Alle Musiker haben langjährige Erfahrung in unterschiedlichsten Bands und Theaterprojekten sammeln können. Zur Musik verriet Yoyo Röhm nur soviel: Es werden langsame und leise Töne angeschlagen. Die Musik sei eklektizistisch.
Allen Beteiligten ist anzumerken, dass es für sie ein Privileg ist, nach dem Lockdown wieder arbeiten zu dürfen. Die Zuschauer können sich also auf 70 Minuten Musiktheater im Theater im Depot freuen.
Am Freitag, den 20.03.2020 um 20:00 Uhr sollte die Premiere „Blutmond“ (About fear and fun, love and loss) von artscenico e.V. im Dortmunder Theater im Depot unter der Regie von Rolf Dennemann „normal“ mit Publikum stattfinden. Der Coronavirus macht einen Strich durch die Rechnung.
Beim Pressegespräch verkündeten die Organisatoren nun, dass die Premiere wie geplant zum Termin unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden soll.
Vorgesehen sind eine Videoaufzeichnung und eventuell ein Streaming in den sozialen Medien.
Blutmond (Blue Moon) ist im englischen Sprachgebrauch die Bezeichnung für einen zweiten Vollmond innerhalb eines Monats im gregorianischen Kalender und ein seltenes Ereignis. Eine Metapher für Sehnsüchte. Die Performance spielt assoziativ mit den Themen Angst, Verlust, Unsicherheit aber auch mit Liebe und Spaß. Es geht um Transformationen, Träume und das Leben. Es sollen kleine Bilder im Kopf der Zuschauenden entstehen.
Die „organisch surreal“ anmutenden Inszenierungen von artscenico passen gut in diese Zeit. Unsere Realität wirkt gerade jetzt surreal unwirklich. Die Inszenierung enthält Elemente aus Tanz, Performance, Video und Musik und fügt sie zu einem Gesamtkonzept zusammen.
Beteiligt sind drei Performerinnen (Elsa Marschall, Elisabeth Pleß, Joanna Scanecka) eine Live-Band (2 Gitarren, Kontrabass, Sängerin) mit Swing und Gypsy-Sol Musik (zum Beispiel „Fly me to the moon). Dazwischen wird es als Kontrast auch brachiale Musik und kurze Texte (etwa von Stanislaw Lem) eingebaut.
Zu spüren ist die Unsicherheit der Situation für alle Beteiligten. Genaue Planungen sind nicht möglich. Positiv ist das Gefühl des Zusammenhalts der Künstler*innen, sowie der Wille von allen, die Widrigkeiten zu meistern und ihre Arbeit zu einem guten Ende zu führen.
Achten Sie auf aktuelle Informationen in den (sozialen) Medien!
Traditionell lud „artscenico“ unter der Leitung von Rolf Dennemann und seine langjährigen Mitstreiter Matthias Hecht, Elisabeth Pleß, Thomas Kemper, Joanna Stanecka, Chino Monagas, Cynthia Scholz am 28.01.2020 zum diesjährigen Meeting in das Dortmunder Theater im Depot ein.
In diesem Jahr stand das besondere Treffen von Künstlern und Publikum unter dem Motto „Check dein Weltbild“. Sie positionieren sich damit deutlich gegen Hass, rechte Propaganda und Terror. Heimat ist hier kein Kampfbegriff.
Der Musik-Leistungskurs des Max-Planck-Gymnasiums überraschte das Publikum mit ihrer eigenen Interpretation von Franz Schuberts „Der Lindenbaum“ (Winterreisezyklus)
Es wurde in der Folge öfter nachdenklich und besinnlich. Rolf Dennemann las „Das Phänomen“ (1981) von Hanns Dieter Hüsch als eindrucksvolles Statement geben Ausgrenzung.
Wie gewohnt wurde zunächst auf die Produktionen des letzten Jahres wie die „Hinterhof-Trilogie in der Missundestraße (Raum vor Ort), „Choose your Granny“, „Silent City“ oder „Konstellation H2“ (ein Abend über Wohin und Hier) zurück geblickt. Johanna Stanecka und Thomas Kemper boten live eine Kostprobe aus „Konstellation H“.
Einen Ausblick auf die (sicherlich wieder humorvoll-skurrilen) Produktionen 2020 gab es natürlich auch. So kann sich das Publikum am 20./21. März diesen Jahres auf „Blutmond – About fear and fu, love and loss“ mit Live-Band freuen.
Ende Mai gibt es das Projekt „artscenico quasel 2020“ (moderierte Filmübersicht).
Spannend wird die für den Oktober 2020 vorgesehenen Produktion „Peer Gynt“ (Henrik Ibsen). Sie wird „Open Air“ in einem Park aufgeführt werden. Musik spielte im weiteren Verlauf eine nicht unbedeutende Rolle.
Direkt vor der Pause gab es als Einspieler „Griechischer Wein“ (Udo Jürgens) mit Text auf der Leinwand. Der zweiten Teil der Performance an diesem Abend brachte mit dem ausgezeichneten Countertenor Etienne Walch, begleitet von Roman D. Metzner am Akkordeon ein großes musikalisches Highlight.
Das Trio Ansambal NAj mit der Sängerin Manuela Weichenrieder, Serge Corteyn (Gitarre, Elektronics) sowie Ludger Schmidt (Cello) sorgten mit ihren jazzig-jiddischen Liedern für Gänsehautmomente.
Eindringlich vorgetragen von Schauspielerin Elisabeth Pleß wurden Kurt Tucholskys bitteres und starkes politisches Gedicht „Rosen auf den Weg gestreut“.
Zum Abschluss gab es noch eine ironisch-witzige „Belobigung“ von artscenico für das ökologisch und politisch sicher vorbildliche Verhalten des Publikums.
Nach Bochum kam die „Silent City“, die neue Produktion von
artscenico, nach Dortmund ins Theater im Depot. Die Besucher hatten
am 06. und 07. September die Gelegenheit, eine Tour durch die
unterschiedlichen Ausformungen von Stille zu bekommen und unbekannte
Orte des Depots in der nördlichen Innenstadt Dortmunds zu erkunden.
Letztlich war nicht alle Still, denn Stille hat unterschiedliche
Ausprägungen.
Zu Stille passte
nicht eine große laute Menschenmenge, daher bildeten maximal sechs
Personen eine Gruppe, die dank eines Führers durch die
unterschiedlichen Räume und Situationen geleitet werden.
Der Barraum des
Theaters war der Startpunkt und die Gruppen wurden stündlich
durchgeführt. Im ersten Raum konnten wir eine Miniaturstadt
bewundern, deren Häuser aus Zubehör für Modelleisenbahnen kamen.
Stille war angesagt, ebenso wie beim Zeichner Joāo Garcia Miguel,
dem unsere Gruppe schweigend bei seiner Arbeit zusah.
Durch einen der
beiden regulären Eingänge des Theaters kamen wir zum „Labyrinth“
von Rita Costa. Wohl basierend auf einer Geschichte über eine
unsichtbaren Stadt, dessen Bewohner ihre Beziehungen mit einem roten
Faden markieren, bis es zu unübersichtlich wird und sie die Stadt
verlassen.
Auch die Künstlerin
spann sich in einem roten Faden ein und befreite sich indem sie ihre
Oberbekleidung auszog.
Danach ging es mit
ungewöhnlichen Erfahrungen weiter, denn nicht die Lautlosigkeit
stand im Mittelpunkt, sondern die Blindheit. Wie eine Gruppe Blinde
im Mittelalter wurden wir vom Depot zum nebenliegenden Bunker
geführt. Die Räumlichkeiten gehören sicher zu den eindrucksvollen
orten. Die Sprüche, noch aus dem Zweiten Weltkrieg, lassen erahnen,
welche Schrecken die Menschen damals in den Bombennächten erleiden
mussten. Dazu passte die Performance „Burkas to the West“ (Rute
Alegria). „Mein Blut ist kein Abfall“ stand auf Slipeinlagen und
„Mein Körper ist rein“ war bei arabischer Musik zu lesen.
Frauen, die ihre Tage haben, gelten in verschiedenen Religionen als
„unrein“. Alegria präsentierte ein beeindruckendes Plädoyer
gegen diese Missachtung von Frauen.
Nach einem weiteren
Raum im Bunker kamen wir wieder ins Theater zurück und kamen zu
einem raum mit einem Waschbecken in der Mitte. Dort spielte Elisabeth
Pleß ihren Monolog „Gib’s auf!“ über eine Person, die
langsam, aber sicher in den Wahnsinn zu driften scheint. Am Ende
öffnete sie die Tür für die Performance von Roger Madueira „Not
even in your mother womb“.
Die Reise in den
gegenüberliegenden Gebäudeteil begann mit einer Tanzperformance von
Greta Garcia und Laura Morales. Die beiden spanischsprachigen
Künstlerinnen überzeugten nicht nur mit ihrer Darbietung, sondern
auch durch ihre Mimik und ihren Gesang.
Nachdem wir einen
Raum mit „toten Instrumenten“ durchquert haben. Gelangten wir an
einen länglichen mit Brotkrumen bedeckten Tisch. Hier fand
„Dinnervoice“ statt (Anna Hauke, Jose Francisco Veira). Viera
sang zu einem Gedicht einer österreichischen Autorei mit einer
selbsterarbeiteten Melodie, die an Kunstlieder von Schubert oder
Brahms erinnerte.
Danach gelangten wir
in den „Garten des emotionalen Gleichgewichts“. Hier begegneten
wir Cynthia Scholz, Rodolfo und Salma Parra sowie Chino Monagas. In
verschiedenen Rollen. Waren Rodolfo und Salma Parra die Hüter des
Zen-Gartens und der rituellen Handwaschung, v erzauberten Cynthia
Scholz als Voodoo-Priesterin und Chino Monegas als Indio-Schamane.
Der Abschluss war
bedrückend. Beim „Bettsitzer“ (Hans Eckert, Jürgen Dilling) saß
man einzeln am Bett eines Sterbenden. Eine sehr emotionale Begegnung
mit dem Tod als „endgültige Stille“.
Insgesamt war die
Tour durch die „stille Stadt“ eine beeindruckende Erfahrung. Vor
allem die stillen Momente im Bunker waren teilweise sehr berührend
und verstörend zugleich. Stille muss man aushalten können, jeder
muss selbst nach dem eigenen „Sound of silence“ forschen.
Aber auch die
Stationen mit „Ton“ waren beeindruckend. Es ist nahezu unmöglich,
irgendjemand herauszuheben, da alle Künstlerinnen und Künstler
wirklich klasse Leistungen gezeigt haben. Mir persönlich haben Rute
Alegria im Bunker und Hans Eckert, Jürgen Dilling einen Tick besser
gefallen, da es sehr emotional war. Die eine mit einem
gesellschaftlichen Statement, die anderen mit der Begebung mit einem
Sterbenden.
Die Welt um uns herum wird immer hektischer, lauter und
schnelllebiger. Wenig Zeit und Muße zum Innehalten und sich auf die
Stille mit all ihren erhellenden, anheimelnden oder manchmal auch
bedrückend wirkenden Aspekten einzulassen und dann sie auszuhalten.
Mit einer neuen
erweiterten Koproduktion „Silent City“ möchte artscenico unter
künstlerischen Leitung von Rolf Dennemann, Hans Dreher (Prinz
Regenten Theater) und João
Garcia Miguel (Teatro
Ibérico/Lissabon)
mit einem internationalem
Künstlerensemble die BesucherInnen auf eine Expeditionsreise durch
inszenierte Räume (25 Stationen) in verschiedenen Versionen
(Theater, Tanz, Installation, Projektion, Bilder) rund um das Theater
im Depot führen. Das
Projekt ist außerdem
eine Kooperation mit
„Parzelle im Depot“
und dem Depot e.V. Unterstützt
wird „Silent City“ unter anderem vom Kulturverband Ruhr und NRW
Kultur International.
Nach
Version I im Bochumer Prinz Regenten Theater, finden die Premieren
der Version II im Dortmunder Depot am 06.09.2019 ( Freitag) und am
07.09.219 (Samstag) statt.
Wie
Rolf Dennemann beim Pressegespräch verriet, gab es die Idee zum
Projekt schon länger und sie bot sich als Kooperationsprojekt mit
Gleichgesinnten an. Wichtig ist dabei eine intime Atmosphäre.
Nur
für jeweils 6 Personen, jeweils zur vollen Stunde, ist der Zugang
möglich.
Der
Einlass ist stündlich ab 17:00 bis 21:00 Uhr.
Es
wird der gesamte Gebäudekomplex (Depot) für eine Betrachtung des
Themas „Stille“ in all seinen dramatischen Zuständen mit
verschiedenen künstlerischen Mittel
genutzt.
Die
BesucherInnen treffen auf Schauspieler, Tänzer, Musiker und
Performer, welche stille,
theatrale Situationen herstellen, oder aber eine menschenleere
Rauminstallation, die fremd gewordene Stille intensiv verkörpert.
Die Spanne reicht von geschlossenen Geschichten mit einem Anfang und
Ende, bis hin zu abstrakten sowie meditativen Bildern, Tanz oder kaum
vernehmbare Musik.
Auf
alle Fälle wird es ein individuelles, von jeder Person anders
empfundenes Abenteuer für den, der sich darauf einlässt.
Ausgangspunkt ist der der Eingangsbereich zum Theater im Depot (Bar).
Achtung: Eine Voranmeldung ist dringend notwendig!
Der dritte Teil der Nordstadtsaga um den Hinterhof in der
Missundestraße 10 trägt den schönen Titel „Soda und Gomera“.
Nach „Juckpulver und Hagebuttentee“ (2018) und „Im Tal der
fliegenden Messer“ (2017) geht es diesmal mit der Produktion von
artscenico in die Zukunft. Hier ist die Nordstadt das hippe Viertel
der Republik und die Mietwilligen stehen Schlange. Eine schwere
Entscheidung für den Vermieter, der sich als König geriert. Zudem:
The Return of the Omas. Ein Premierenbericht vom 13. Juni 2019.
Zurück in die
Zukunft – wo andere einen Fluxkompensator brauchen, um in die
Vergangenheit zu reisen, reichen Rolf Dennemann, der Kopf hinter
artscenico, nur ein paar Papptafeln um von 2017 und 2018 in die
Zukunft und wieder zurück zu reisen.
Die altbekannten
Gesichter sind wieder dabei: Emmi (Elisabeth Pleß) ist die Frau vom
Vermieter (Linus Ebner) und Walla (Thomas Kemper), der als Oma einen
mobilen Kiosk mit dem schönen Namen „Wallahalla“ betreibt.
Logischerweise gibt es dort Eierlikör in rauen Mengen.
Die Hauptgeschichte
spielt im Jahre 2022: Der junge Hausbesitzer weiß nicht, an wen er
eine seiner Wohnungen vermieten soll. Die Nordstadt ist so attraktiv
geworden, dass die Kandidaten Schlange stehen und an einem
„Mietmarathon“ teilnehmen müssen. Walla ist mit seinem mobilen
Kietz-Kiosk unterwegs als er seinen alten Kumpel Kalla wiedertrifft,
der jahrelang als Maskenverleiher auf Gomera sein karges Leben
fristete.
Rolf Dennemann hat
hier wieder das aktuelle Thema „Wohnungsnot“ in gewohnt
skurril-amüsanter Form aufbereitet. Auch wenn die Nordstadt noch
weit weg ist von der Gentrifizierung, in anderen Städten müssen die
Mietkandidaten sich quasi nackt machen vor dem „Vermieter-Gebieter“.
Schon die kleinste Verfehlung kann das Aus bedeuten. Schwierig ist es
auch für einen unerfahrenen Vermieter, der das Haus vererbt bekommt,
den oder die richtige Kandidatin zu finden. Es hat ja auch etwas mit
Vertrauen zu tun, wem man seine Wohnung vermietet.
Wer es am Ende sein
wird, verrate ich nicht, denn das können die Besucher am 21. und 22.
Juni 2019 noch selbst herausfinden. Wer also etwas Abstand vom
Kirchentag haben möchte und Lust hat sich intelligent und
hintergründig zu unterhalten, der sollte gegen 19:30 Uhr nicht an
der Missundestraße 10 vorbei gehen. 90 Minuten echte
Nordstädter-Hinterhofatmospähre mit überdachter Tribüne.
Irgendwann in der Zukunft – also 2022 – verwandelt sich die
Nordstadt in ein beliebtes Hipsterviertel, bei dem sogar der
Prenzlauer Berg vor Neid erblasst. Das ist zumindest die Ausgangslage
von „Soda und Gomera“, dem dritten Stück von Rolf Dennemann, dem
Kopf von artscenico, das im Hinterhof der Missundestraße 10
stattfindet. Die Premiere ist am 13. Juni 2019.
Das Stück „Soda
und Gomera“ ist im Prinzip der dritte Teil von „Tohuwabohu“ und
„Juckpulver und Hagebuttentee“. Nicht nur der Ort ist derselbe,
sondern auch die gleichen Hauptakteure machen wieder die Nordstadt
unsicher.
Handlungsort:
Hinterhof in der Dortmunder Nordstadt. Thema: „Wohnung zu
vermieten“- die Reaktionen auf seine Anzeige stürzt den jungen
Hausbesitzer in seiner Ambition, menschlich und „politisch
korrekt“ zu handeln, geradewegs in die Abgründe seiner
Vorurteile und zwingt zur Konfrontation mit sich selbst und der Frage
nach Vertrauen. Die Nordstadt ist 2022 zum Hipsterviertel geworden
und Menschen aus aller Welt wollen dort hinziehen. Er hat Wohnungen
zu vermieten und es melden sich zahlreiche Interessenten mit
unterschiedlichsten Hintergründen. Wem kann man vertrauen? Er ringt
mit sich und seinen menschlichen Vorstellungen von Zusammenleben.
Eine Stimme sagt ihm immer wieder „Achtung! Hier stimmt was nicht!“
Es entsteht Chaos und Verwirrung. Die Wohnungssuchenden werden mit
Prüfungen konfrontiert und versuchen mit allen möglichen Tricks,
den Zuschlag zu bekommen. Wie schwer wiegt hier Vertrauen und wie
wird Vertrauen aufgebaut?
Dennemann hat also
ein aktuelles Thema auf die Bühne bzw. den Hinterhof gebracht: Der
alltägliche kampf um das Wohnen. Wen darf ich was vermieten und wie
finde ich den richtigen Mieter? Es beginnt für jeden potentiellen
Mieter ein „Miet-Marathon“ durch verschiedene Räume, bei dem
bald alles aus dem Ruder läuft. „Das Wort Chaos wäre eine
Untertreibung“, beschreibt Dennemann die Situationen.
Altbekannte Figuren
wie Kalla und Walla treten wieder auf und es gibt Rückblicke auf die
Vorgängerstücke. Mit dabei sind unter anderem Thomas Kemper,
Matthias Hecht, Elisabeth Pleß, Linus Ebner, Asta Nechajute.
Sichern Sie sich Ihren Platz durch Voranmeldung, die Tickets liegen an an der Abendkasse:
Am 30. April 2019
feiert die nächste Produktion von artscenico Premiere im Theater im
Depot: „Choose Your Granny“. Eine ganz besondere Castingshow, um
die Wahl der „richtigen“ Großmutter. Dass bei Stücken von
Mastermind Rolf Dennemann nicht alles glatt über die Bühne geht,
sollte regelmäßigen Besuchern von artscenico Produktionen nicht
überraschen.
Castingshows sind
beliebt. „Deutschland sucht den Superstar“, „Germany‘s next
Topmodel“ oder auch simpel „Der Bachelor“, überall wird der
oder die ideale Kandidat(in) gesucht. Warum also nicht die ideale
Großmutter? Die Zutaten für diesen Abend sind ein Alleinunterhalter
(Guido Schlösser), ein junger Moderator (Rodolfo Parra) und einige
Grannys, also Großmütter. Die Großmütter stellen sich vor und
zeigen ihre Vorzüge. Doch auch Opas haben sich unter die
Kandidatinnen gemischt.
Es wäre sicherlich
ein langweiliger Abend, wenn nicht einiges aus dem Ruder laufen
würde, verspricht Beate Conze, die Produktionsleiterin. Es passieren
Sachen, mit denen man nicht rechnet. Daher ist das Stück nicht bis
in alle Einzelheiten „durchkomponiert“, es ist eher ein optisches
Konzert und bietet viel Platz für freie Assoziationen. Dennoch
stehen die Figuren im Mittelpunkt und aus den assoziativen Texten
entwickelt sich eine traurige Poesie,
Ebenso für
artscenico typisch ist die Mischung zwischen Profischauspielern und
Laiendarstellern. Mit an Bord ist die Familie um die venezolanische
Schauspielerin Cynthia Scholz. Ihr Mann, ihr Sohn und ihre Tochter
sind an dieser Produktion beteiligt. Ansonsten stehen Laiendarsteller
auf der Bühne, die sich selbst präsentieren.
Das Stück ist sehr
musikalisch, nicht nur durch das klassische Bild des
Alleinunterhalters, der mit Samba und Schlagern für Stimmung sorgt,
sondern auch die Omas selber präsentieren ihre musikalische Seite
mit Saxophon oder Blockflöte. Selbstverständlich darf „Oma so
lieb“ von Heintje nicht fehlen.
Wer jetzt denkt, die
Idee mit der idealen Großmutter ist ja völlig aus der Luft
gegriffen, in Dortmund existiert die Initiative „Dortmunder
Wunschgroßeltern“. Hier werden Familien mit jungen Kindern und
Seniorinnen und Senioren zusammengeführt, sodass vor allem die
Kinder die Rolle des Opas oder der Oma kennenlernen können. Denn es
kann durchaus passieren, dass die „echten“ Großeltern weiter weg
wohnen und ihre Enkel nicht regelmäßig besuchen können. Die
Organisatorin der „Wunschgroßeltern“ ist Rosemarie Sauer, die
artscenico nicht nur beratend zur Seite stand, sondern auch ins Stück
integriert wurde.
Neben der Premiere
am 30. April 2019 um 20 Uhr gibt es weitere Vorstellungen am 01. Mai
und AM 30. Juni 2019 jeweils um 18 Uhr im Theater im Depot statt.
Tickets gibt es
unter ticket@theaterimdepot.de
oder 0231/9822336 (AB).
Vom 23. Februar bis
zum 12. April 2019 zeigt der Kunstraum in Langen August an der
Braunschweiger Straße Fotos von Guntram Walter und Rolf Dennemann
unter dem Titel „Laue Luft kommt blau geflossen“.
Der Titel der
Ausstellung stammt zwar aus einem Gedicht von Joseph von Eichendorff,
doch die Fotografien, die beinahe jede Nische des Kunstraums
ausfüllen, spiegeln die jüngeren Projekte von artscenico wider.
Seit 2010 begleitet der Fotograf Guntram Walter artscenico und hält
eindrucksvolle Impressionen der Inszenierungen fest. Dabei gehen die
ausgewählten Fotografien über reine Erinnerungen und Dokumentation
hinaus, daher sind sie auch nicht chronologisch aufgehängt. Für
etwa 75 Prozent der Bilder ist Walter verantwortlich, die anderen 25
Prozent stammen von Dennemann.
Wer die Produktion
von Rolf Dennemann, dem Kopf hinter artscenico verfolgt hat, wird
häufig ein Déjà-vu-Erlebnis bekommen. Dennemann und
Wagner haben sich bis auf eine Ausnahme auf „Outdoor-Produktionen“
konzentriert, daher sind beispielsweise Bilder aus Litauen, der
Nordstadt („Juckpulver und Hagebuttentee“) oder dem Hauptfriedhof
(„Rehe auf der Lichtung“) zu sehen. Eine Ausnahme ich ein Foto
aus der Inszenierung „50 Menschen“, die im Depot stattfand.
Die größte Schwierigkeit bestand sicherlich aus der Auswahl der etwa 5.000 bis 6.000 Fotos. „Das Problem war die Befangenheit vor dem eigenen Spiegel“, formulierte Dennemann das Dilemma. Fotos, die man vor Monaten noch toll fand, fielen plötzlich in der Gunst weit nach hinten. Doch ein Foto hat einen besonderen Platz. Es stammt aus der Produktion „Juckpulver und Hagebuttentee“ und die abgebildeten Personen schauen den eintretenden Besucher an.
Auch wenn es Bilder
sind, die Aktionen „draußen“ zeigen, für die Ausstellung wurde
ein intimer Raum gesucht, der nicht so flüchtig ist. Da bot sich der
Kunstraum idealerweise an. Möglicherweise wird die Ausstellung auch
nach Lissabon und/oder Kaunas wandern.
Passend zur
Ausstellung gibt es noch ein kleines Rahmenprogramm. So werden Rolf
Dennemann und Elisabeth Pleß eine kleine Lesung mit Musik unter dem
Titel „Laute und leise Laute mit Gesicht“ geben. Sie findet am
06. April 2019 um 20 Uhr im Kunstraum statt.
Das Theater im Depot zeigte am Sonntag, den 25.11.2018 die zweite Premiere von Rolf Dennemanns artscenico zum Heimatbegriff, Heimatverlust sowie Flucht oder Verbannung unter dem Titel „El ojo de Hamlet – Nirgendwo“. Regisseurin des Stückes, Cynthia Scholz und der Schauspieler Chino Monagas als Auswanderer aus Venezuela, zeigten, was das bedeutet.
In ihrer Aufführung,zwischen analogem Schauspiel und moderner ironisch-deutlicher Videoprojektion, widmen sie sich teils in deutscher, teils in spanischer Sprache dem Thema Exil in Person des Prinzen Hamlet (Shakespeare) und in zusätzlicher Anlehnung an die „Hamletmaschine“ von Heiner Müller.
Hamlet steht sozusagen stellvertretend für alle Migranten und Flüchtlinge, die unter Schuldgefühlen gegenüber den in ihrer Heimat bleibenden Menschen, einen schwierigen Anpassungsprozess an eine fremde Kultur schaffen müssen. Ein schmerzvoller Prozess. Es bleibt die Hilflosigkeit, seine Wurzeln und Liebsten daheim verlassen zu haben. Die mussten bleiben und konnten nichts dagegen tun.
Symbolisch sitzt „Hamlet“ in einem selbst gebastelten Rollstuhl mit Holzlehne und Rollen von einem Einkaufswagen. In der Hand hält er eine Spieluhr, die eine träumerische Melodie spielt,
Schon zu Beginn fällt sinngemäß der enttäuschte Satz eines frustrierten Menschen: „Das Leben und die Geschichte folgen immer den gleichen Mechanismus. Alles wiederholt sich.“
In verschiedenen Episoden verdeutlichen die eindrucksvollen Videoprojektion die Problem der Migranten. Die analoge Welt verschmilzt mit der Projektion. Wenn etwa die Schauspielerin Cynthia Scholz als Ophelia verzweifelt in dem virtuellen Fluss scheinbar versinkt, oder als virtuelle Ophelia Hamlet Vorwürfe macht, sie verlassen und verraten zu haben.
Der Übergang von der deutschen zur spanischen Sprache geht oft fließend und zeugt von der Zerrissenheit zwischen den Kulturen. Bilder und Gesten, sowie der Ausdruck der Sprache sorgten für Verständnis.
Gerade der deutliche Gegensatz von analoger, fast poetischer Welt und interessanter eindringlicher Bildsprache in Verbindung mit den starken Videoprojektionen machen den Reiz der Aufführung aus.
Die Verzweiflung der Zuflucht suchenden Menschen vor Verfolgung, Krieg und bitterer Armut oder anderen Bedrohungen, wird für das Publikum lebendig vor Augen geführt. Auch die Enttäuschung von den nicht eingehaltenen Versprechungen des „Sozialismus“, etwa in Venezuela, ist unüberhörbar.
Trotz eines gewissen Defätismus hören die Menschen nicht auf, wie im Stück gesagt wird, von einer „besseren Welt zu träumen.
Rezensionen und Berichte über Dortmunder Kunst und Kultur
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