Siegfried mit Witz und Klasse

Nach der „Walküre“ in der vergangenen Spielzeit hatte am 20. Mai 2023 „Siegfried“ aus dem Ringzyklus von Richard Wagner einen großen Auftritt in der Oper Dortmund. Und wie schon in der „Walküre“ hat Peter Konwitschny wieder eine gelungene Inszenierung auf die Bühne gezaubert, dessen zweiter Akt sehr an der Humorschraube dreht.

Die Geschichte von „Siegfried“ ist schnell erzählt. Er ist das Kind der Zwillinge Siegmund und Sieglinde und der Enkel von Wotan. Die schwangere Sieglinde wird von der Walküre Brünhilde gerettet, was deren Verbannung nach sich zog (Das passierte in „Walküre“).

Siegfried wächst beim Zwerg Mime auf, der zwar Schmied ist, aber das zerbrochene Schwert Nothung nicht zusammenfügen kann. Siegfried, der genervt ist von seinem Ziehvater, schafft es alleine Nothung zu reparieren und tötet damit den „Wurm“ Fafner. Zur Belohnung bekommt Siegfried den Niebelungenhort, auf den Mime und sein Bruder Alberich (Morgan Moody) auch scharf ist. Mime wird von Siegfried getötet und unser Held begibt sich zu dem Ort, an dem Brünhilde hinter einem Riegel aus Feuer schläft und befreit sie.

„Siegfried“ zeichnet sich aus, dass es wenig weihevoll ist und die Handlung durchaus auch komödiantisch interpretiert werden kann. Konwitschny charakterisiert Siegfried (Daniel Frank) im ersten Akt als aufmüpfigen Jugendlichen, der die Autorität seines Ziehvaters Mime (Matthias Wohlbrecht) recht deutlich in Frage stellt. Siegfried, der aussieht wie eine Mischung zwischen Hippie und Jack Sparrow, möchte auch gar nicht die Zuneigung von Mime haben, die auch nur vorgetäuscht ist, wie wir später erfahren.

Im zweiten Akt wird es komödiantenhaft, alle Schwere von Wagners Bühnenfestspielen wird hinweggeblasen. Alleine dafür lohnt sich der Besuch von „Siegfried“. Hier ein paar Einfälle: Siegfried kann sein Horn nicht blasen, zur Unterstützung kommt Hornist Jan Golebiowski auf die Bühne,  die dunkle Höhle von Fafner entpuppt sich als goldener Raum mit Fafner (Denis Velev) in der Badewanne und der Waldvogel (Alina Wunderlin) hat ein wenig was von der Fee Tinkerbell.

Im dritten Akt hat Wotan alias Der dunkle Wanderer (Thomas Johannes Mayer) einen Auftritt mit der Göttin Erda (Aude Extrémo) hat, die er aus einer Art Tiefkühltruhe hervorzaubert. Ihre Warnung vor dem Ende von Göttern, Riesen und Zwergen bekommt Wotan bei einem Zusammentreffen mit seinem Enkel Siegfried selbst zu spüren. Das Ende gehört natürlich Brünnhilde (Stéphanie Müther) und Siegfried, der seine Wunschfrau trotz Rettung erstmal noch überzeugen muss. 

Da staunt Siegfried (Daniel Frank) nicht schlecht, was für Töne Hornist Jan Golebiowski aus seinem Instrument zaubert. (Foto: (C) Thomas M. Jauk)
Da staunt Siegfried (Daniel Frank) nicht schlecht, was für Töne Hornist Jan Golebiowski aus seinem Instrument zaubert. (Foto: (C) Thomas M. Jauk)

Die Inszenierung von „Siegfried“ zeigt wieder, warum Dortmund zur Oper des Jahres gewählt wurde. Tolle Stimmen bis in die kleinsten Nebenrollen, engagierte musikalische Begleitung durch die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz und eine frische, humorvolle Inszenierung von Peter Konwitschny. So verwandelt man die vier Stunden Musik in ein anspruchsvolles Seh- und Hörerlebnis. Kein Raum für überbordenden Pathos, keine Germanentümelei oder ähnliches.

Das Bühnenbild von Johannes Leiacker ist sehr reduziert. „Siegfried“ spielt größtenteils in Büro- oder Baucontainer, die man von großen Baustellen kennt, die aber effektiv als Wohnort eingerichtet wurden. Besonders die Höhle von Fafner war sehr fantasiereich ausgestaltet. Die Reduktion des Bühnenbildes ging zum Schluss noch weiter, denn Siegfried und Brünnhilde treffen sich auf der fast leeren Bühne.

Der Schlussapplaus für alle Beteiligten machte deutlich, dass in Dortmund ein zeitgemäßer und gleichzeitig qualitativ hochwertiger „Siegfried“ im Spielplan steht, der vom Publikum angenommen wird.

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