Im Zentrum des 3. Kammerkonzerts der Dortmunder Philharmoniker unter dem Titel „Sag niemals nie!“ am 30.01.2023 im hiesigen Orchesterzentrum stand mit dem Klarinettenquintett h-Moll op.115 von Johannes Brahms (1833 – 1897) nicht nur sein spätes Lebenswerk auf dem Programm.
Es stellt gleichzeitig auch das Ende einer Musikepoche (Romantik) dar. Die beiden Streichquartett-Kompositionen von Erwin Schulhoff (1894 – 1942) und Anton Webern (1883 – 1945, Österreich) verdeutlichen, was danach kam. In chronologisch umgekehrter zeitlicher Reihenfolge wurden Werke der drei Komponisten von den fünf Musikern*innen der Dortmunder Philharmoniker dargeboten. Zwischen ihnen liegt eine Zeitspanne von gut 30 Jahren.
Es spielten Bianca Adamek (Violine), Sanjar Sapaev (Violine), Dahee Kwon (Viola), Andrei Simion (Violoncello) sowie beim Klarinettenquintett von Brahms Alina Heinl (Klarinette).
Der Abend begann mit „5 Stücke für Streichquartett“ von Erwin Schulhoff. Schulhoff, ein Angehöriger der deutschsprachigen jüdischen Minderheit in Prag und Kommunist, hatte das Werk im Jahr 1923 beendet. (Er wurde kurz vor seiner Flucht vor den Nationalsozialisten 1941 von ihnen gefasst und starb 1942 an Tuberkulose).
Die aufregenden 20-iger Jahre des letzten Jahrhunderts verlangten nach neuen musikalischen Formen und Gehalten. Die fünf witzig-ironischen Tanzminiaturen (etwa Walzer, Tango und eine aufgeregte Tarantella) entsprachen der distanzierten, spielerischen Grundhaltung und von der Faszination für Mechanik und Technik in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Der Neoklassizismus löste die Ernsthaftigkeit der Romantik ab. Die Individualität der Instrumentensprache und das gute gemeinsam Zusammenspiel kamen zur Geltung.
Es folgte Anton Weberns „Langsame Satz für Streichquartett“ (1905).
Diese erste Studienarbeit des jungen Schülers von Arnold Schönberg war noch von der Spätromantik beeinflusst und von einer speziellen musikalischen Wärme erfüllt. Gleichzeitig weist es mit seiner konzentrierten, verästelten, differenzenziert-sparsamen Schreibweise schon auf sein späteres Schaffen des Komponisten hin.
Wie bei Mozart spielte bei Johannes Brahms auch die Klarinette eine besondere Rolle.
Das großzügig angelegte Klarinettenquintett h-Mol op. 115 war quasi sein letztes Wort im Bereich der Kammermusik. Die vier Sätze beinhalten noch einmal zahlreiche Gestaltungsvorlieben (Volksliedton im dritten Satz, ebenso wie die Integration von schnellen Scherzo-Abschnitten in einem langsamen Umfeld, Variationsform). Am Ende schließt sich der Kreis und das Werk nimmt Bezug zu einem Anfang.
Das Kammerkonzert bot nicht nur hervorragende Musiker*innen an ihren Instrumenten, sondern zudem noch ein informativ-interessantes Programm.