Frankreich in den 70er Jahren. Abtreibung war verboten, Frauen, die sich in einer verzweifelten Situation befanden und es trotzdem machen wollten, mussten nach Holland oder zu sogenannten Engelmacherinnen. Die Engelmacherinnen boten Frauen oft unsichere und schmerzhafte Methoden an, um ungewollte Schwangerschaften zu beenden, wie zum Beispiel das Einführen von gefährlichen Substanzen oder Werkzeugen in die Gebärmutter. Diese illegalen Praktiken waren mit einem hohen Risiko für die Gesundheit und das Leben der Frauen verbunden. In dieser Zeit spielt „Angry Annie“ von Blandine Lenoir, eines der acht Wettbewerbsfilme des diesjährigen Frauenfilmfestivals.
Annie (LaureCalamy) ist eine Arbeiterin in einer Matratzenfabrik und wird ungewollt schwanger. Sie nimmt Kontakt mit einer MLAC (Mouvement pour la liberté de l’avortement et de la contraception)-Gruppe auf. „MLAC“ steht für Bewegung für die Freiheit zum Abtreiben und für Empfängnisverhütung. Schritt für Schritt politisiert sie sich und wird immer aktiver im Kampf der Frauen auf Wahlfreiheit.
Dank der exzellenten Hauptdarstellerin funktioniert der Film auf mehreren Erzählebenen. Im Mittelpunkt steht natürlich die langsame Politisierung von Annie, auch hervorgerufen durch den Tod ihrer Nachbarin, die durch die Behandlung einer Engelmacherin stirbt. Anfangs noch schüchtern bei den treffen der MALC, engagiert sie sich mehr und mehr. Das hat auf der weiteren Ebene, der Familie, Konsequenzen. Die Zeit, die sie für ihr Engagement aufbringt, fehlt der Familie. Sie entfremdet sich von ihrem Mann, findet aber Kontakt zu ihrer Tochter. Letztlich findet Annie auch ihre berufliche Bestimmung.
Der Film macht aber auch wütend. Wütend auf die Staaten, in denen Frauen immer noch keine Wahlmöglichkeiten haben. Wütend auf Länder wie die USA und andere (ja, auch in Deutschland gibt es eine kleine laute Minderheit), die die Uhr zurückdrehen wollen und für die Frauen nur Gebärmaschinen sind, natürlich im Namen ihrer Religion oder was sie dafür halten.
Deshalb muss der Kampf für die sexuelle Selbstbestimmung der Frau unbedingt weitergehen. Bleiben wir wütend wie Annie.