Halbwache Geister – Stück über Demenz und den Kreislauf des Lebens

Der Dortmunder Sprechchor hat sich inzwischen als Ensemblemitglied des hiesigen Theaters gut etabliert. Regine Anacker (Sprechchor) hat nun unter der Regie von Ludwig Robert Jung und Ekkehard Freye ein besonderes Stück geschrieben, das sich mit der zunehmenden Alterung der Gesellschaft immer brisanter werdenden Thema Demenz sowie den Kreislauf des Lebens befasst. Sie spielt auch selbst als Psychologin darin eine Rolle.

Am 26.05.2023 hatte „Halbwache Geister – ein Abend im Heim“ seine Uraufführung im Studio des Schauspiels Dortmund.

Das Publikum wird zusammen mit einigen Bewohner*innen von der Psychologin (Gruppe) am Einlass abgeholt. Das Heimleben zwischen Langeweile und Hilferufe wird von einer Pflegerin geregelt. Fichte (Jörg Karweick) und Anna (Sylvia Reusse) werden der Ordnung und Ruhe halber gerne in die Ecke zur Fake-Bushaltestelle geschickt. Da wird gewartet.  Vielleicht auf einen Brief von den Liebsten oder die Rückfahrkarte nach Hause.

Der Sprechchor bei "Halbwache Geister" (Foto: (c) Florian Dürkopp
Der Sprechchor bei „Halbwache Geister“ (Foto: (c) Florian Dürkopp

Die Bewohner*innen des Heimes leisten sich Gesellschaft beim Vergessen und der von ein wenig Hoffnung getragenen Spurensuche im Trümmerhaufen der Erinnerungen. Das Erinnern geht tief in die evolutionäre Vergangenheit. Die alte Heimkatze, wunderbar performt von der Künstlerin Gudrun Kattke, nimmt die Erinnerungsspuren früher wahr als die anderen.

Der Sprechchor (51 Personen) spielt, spricht, singt und summt in diesem absurden, komisch-tragischen Theater in verschiedenen Konstellationen. Als Bewohner*innen, Pflegerin oder Psychologin (jeweils in kleinen Gruppen).

Musik und Sounddesign des Stückes hat Roman D. Metzner atmosphärisch passend übernommen und sich zudem live auf der Bühne unter die Bewohner*innen gemischt.

Eine spezielle Rolle kommt dabei auch den sich in Liebeserinnerungen verlierenden Herrn (Roland Schröter-Liederwald) und die Dame gegenüber (Sabine Bathe-Kruse) oder Waltraud (Waltraud Grohmann) im Rollstuhl zu. In lichten Momenten tun sie ausdrucksstark ihren Unmut und „Missbilligung“ kund. Am Ende bleibt der Wunsch, nach Hause zu kommen.

Eine Collage von bunten Textpassagen unterschiedlicher Autor*innen wird vom Sprechchor zielgenau eingesetzt.

Vergessen ist aber auch lebensnotwendig und nicht nur beängstigend.

Wir nehmen die Dinge selektiv wahr. Das ist für uns existenziell wichtig, um Raum zu schaffen für Neues, als einen produktiv-kreativen Prozess. Wir sortieren „wichtiges von nicht so wichtigem“.

Die Balance zwischen Erinnern und Vergessen hält dabei einiges aus – ehe das Vergessen überwiegt.

Ein berührender-nachdenklicher Theaterabend mit situativ komischen Momenten.

Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer über www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/50 27 222

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