Gismondo – Barockoper voll emotionaler Virtuosität

Im Rahmen des Klangvokal Musikfestival wurde am 03.10.2021 im Konzerthaus Dortmund mit der konzertanten Oper „Gismondo, Re di Polonia“ von Leonardo Vinci (Libretto Francesco Briani) ein Juwel aus dieser Zeitepoche aufgeführt.

Internationale Gesangsstars und das mit dieser Musik erfahrene Orkiestra Historyczna (Kattowitz) unter der musikalischen Leitung von Martyna Pastuszka sorgten für hohe künstlerische Qualität.

Die Sänger*innen mit dem Orkiestra Historyczna bei der konzertanten Aufführung von "Gismondo" (Foto: © Bidzina Gogiberidza)
Die Sänger*innen mit dem Orkiestra Historyczna bei der konzertanten Aufführung von „Gismondo“ (Foto: © Bidzina Gogiberidza)

Freunde von Countertenören kamen hier voll auf ihre Kosten. Gleich vier davon standen mit Max Emanuel Cencic (Gismondo), Yuriy Mynenko (Ottone), Jake Arditti (Ernesto) und Nicholas Tamagna (Ermanno) auf der Bühne vertreten. Dazu kamen in einer Männerrolle die Koloratursopranistin Aleksandra Kubas-Kruk (Primislao), sowie Hasnas Bennani (Giuditta) und Sophie Junker (Cunegonda) als Sopranistinnen. Sie alle überzeugten mit ihren klaren, warmen Stimmen bei ihren diversen Arien und den Rezitativen.

Das Orchester begleitete das dramatische Geschehen musikalisch der Situation jeweils angepasst mit ihren (barocken) Instrumenten. Eine Oper voll Emotionen und Virtuosität. Das „Dramma per musica“ bot neben den viel Liebeswirren auch eine politische Ebene, die zu Loyalitätskonflikten bei den handelnden Personen führt.

Die Oper stellt zwei Kontrastbeispiele guter und schlechter Herrschaft gegenüber.

König Gismondo von Polen handelt nach dem Gesetz der Vernunft, konsequent und ist sowohl berechenbar wie auch mutig. Er erscheint milde, möchte ein friedliches Zusammenleben mit den verbündeten Fürsten- und Herzogtümern.

Herzog Primislao von Litauen dagegen ist in allem das Gegenbild. Sein Denken ist ein Spielball seiner Gefühle. Er ist labil, jähzornig und eher grausam. Sein Handeln ist von übersteigerter Ehrsucht und Geltungsbedürfnis geprägt.

Sein Stolz und Ehrgefühl macht es ihm auch schwer, als Herzog von Litauen den Lehnseid gegenüber dem polnischen König zu leisten.

Das labile Bündnis soll eigentlich durch die Hochzeit von Primislaos Tochter Cunegonda mit Gismondos Sohn Ottone gefestigt werden. So bietet Gismondo Primislao den Kompromiss eines nicht öffentlichen Lehnseides an.

Die beiden Fürsten Ermanno von Mähren und Ernesto von Livland rivalisieren derweil um die Gunst von Giuditta, die wiederum Primislao liebt.

Es kommt zum Konflikt, als während des nicht öffentlichen Lehnseid von das königliche Zelt zusammenbricht. Primislao fühlt sich gedemütigt und die Zeichen stehen auf Krieg.

Die liebenden Personen werden in einen großen Konflikt zwischen Liebe und Loyalität zu Land und ihren Vätern gestürzt.

Erst zum Schluss löst sich alles auf, und Vernunft-Herrschaft assistiert vom Eros siegt.

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