Europa verschwindet – eine theatrale Installation

Der Mythos von Europa war das Thema von „europa verschwindet“ einem Theaterstück oder einer Installation im Theater – je nach Ansichtssache. Denn es traten im engeren Sinne keine Schauspieler auf, sondern im Mittelpunkt stand ein Diorama, gestaltet von der Bühnenbildnerin Nicole Marianna Wytyczak. Text bekamen die Zuschauer*innen über Kopfhörer serviert. Ein Premierenbericht vom 02. Oktober 2021.

Europa und der Stier. Laut dem Mythos entführte der Gott Zeus die phönizische Königstocher Europa in Gestalt eines Stieres. Doch welche weiteren Mythen hat Europa? In künstlerischer Hinsicht sicherlich das Eurovision Song Contest, der ein gesamteuropäisches Event ist und mittlerweile sogar Australien als Teilnehmer hat.

Das Diorama von Nicole Marianna Wytyczak. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Das Diorama von Nicole Marianna Wytyczak. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Aber zurück zum Stück. Das Diorama zeigt eine Meereslandschaft, daneben Wald und Wasserfälle. Steine und Gräser bilden sind außerhalb des Bildes, ebenso wie ein grüner Steg, der ins Bild hineinführt.

Die Texte stammen von unterschiedlichen Autor*innen wie Marlena Keil, Tucké Royale, isabella Sedlak, Rebecca Solnit, Miroslava Svolikova und Raphael Westermeyer, der auch einen Live-Auftritt als Museumsbesucher hat.

Die Kernfrage nach der Identität von Europa bleibt ungeklärt. Europa hat einiges in der Welt verursacht. Weltkriege, Kolonialisierung, um nur zwei zu nennen, die die Welt nachhaltig verändert haben. Aber trotzdem bleibt Europa immer noch ein Sehnsuchtsort für Menschen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als dass ein Stier sie über das Mittelmeer trägt.

Ein weiteres Thema in dem 50-minütigem Stück war der Eurovision Song Contest, kurz ESC. Eine schweizerische Erfindung, um die Völker nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zusammenzubringen, zumindest musikalisch. Nicht ganz zu Unrecht wurde das Spektakel bei „europa verschwindet“ karikiert und als durchkommerzialisiert beschrieben.

Sehr schön fand ich das Ende, als Raphael Westermeyer als Museumsbesucher durch das – mittlerweile bewusst demolierte – Diorama geht und wir über Kopfhörer die Beschreibung eines Kunsthistorikers zu dem zum Kunstwerk gewordenen Bühnenbild hören. Da auch die Zuschauer als Teil der Installation bezeichnet werden, ist die nächste Metaebene erreicht.

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