Am 22. Februar präsentierte der Philharmonische Chor unter der Leitung von Granville Walker das Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Begleitet wurden sie dabei von den Dortmunder Philharmonikern sowie den Solist:innen Kristin Ebner, Sinja Lorenz, Natasha Valentin, Aljoscha Lennert und Daniel Carison. Das Konzert fand in der Reinoldikirche statt.
Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium „Elias“ (op. 70), uraufgeführt 1846 in Birmingham, verbindet musikalisch und inhaltlich die dramatische Kraft barocker Vorbilder wie Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel mit der lyrischen Sensibilität und harmonischen Fülle der Romantik. In den Chorälen ist deutlich Bachs Einfluss zu hören, während Mendelssohn Bartholdy von Händel die kraftvollen, eindrucksvollen Chorsätze übernommen hat. Besonders hier zeigte der Philharmonische Chor seine Stärke: Die Chöre spielen eine zentrale Rolle und demonstrieren eine beeindruckende stilistische Bandbreite. Gewaltige, majestätische Chöre wie „Aber der Herr sieht es nicht“ unterstreichen die Erhabenheit Gottes. Volksnahe, klagende Passagen spiegeln das Leid und die Unsicherheit des Volkes wider. Dramatisch aufgeladene Turba-Chöre (Massenchöre), etwa beim Duell zwischen Elias und den Baalspropheten, verstärken die theatralische Wirkung.
Facettenreiche Charakterzeichnung in Musik und Text
Auch die Solopartien sind musikalisch vielschichtig gestaltet. Elias (Bass-Bariton) tritt kraftvoll und autoritär auf, offenbart jedoch zugleich menschliche Zweifel. Der Sopran übernimmt häufig die Rolle von Engeln oder Trostfiguren, deren Gesang sich durch lichtvolle, sanfte Linien auszeichnet. Diese kontrastreiche musikalische Gestaltung trägt zur emotionalen Tiefe des Oratoriums bei.

Im Zentrum des Werks steht die biblische Figur des Elias. Für die einen ist er eine inspirierende, aber auch radikale Persönlichkeit – ein unbeugsamer Mahner gegen Unrecht und ein Verteidiger spiritueller Werte. Für andere, zu denen ich mich ebenfalls zähle, erscheint Elias hingegen als fanatischer Eiferer. Sein kompromissloses Vorgehen gegenüber Andersgläubigen und die Anwendung von Gewalt werfen aus heutiger Perspektive ethische und gesellschaftliche Fragen auf – insbesondere im Hinblick auf religiöse Toleranz, Machtmissbrauch und den Umgang mit Vielfalt. In einer pluralistischen Gesellschaft hat eine Figur wie Elias keinen Platz.
Mit seiner dramatischen Ausdruckskraft und der vielschichtigen musikalischen Gestaltung hinterließ das Konzert in der Reinoldikirche einen nachhaltigen Eindruck. Der Philharmonische Chor, die Solist:innen und die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Granville Walker überzeugten mit einer packenden Darbietung, die die zeitlose Relevanz und die künstlerische Größe von Mendelssohn Bartholdys Meisterwerk eindrucksvoll zur Geltung brachte.