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Die Magd Zerline – und aufwühlender Seelenlärm

Am Donnerstag den 19.04.2018 hatte das Solo-Stück „Zerline“ nach dem Roman „Die Schuldlosen“ von Hermann Broch unter der Regie von Matthias Rippert im Studio des Dortmunder Schauspiels . Im Gegensatz zu früheren Inszenierungen erzählte hier eine junge Frau, die Schauspielerin Marlena Keil vom Schauspiel-Ensemble eindrucksvoll im Rückblich die Lebens-beichte der alten Magd Zerline“. Diese war lange Jahre als Dienstmädchen bei einer Baronin, deren Mann samt Tochter Hildegard angestellt. Sie erzählt die Geschichte an einem Sommernachmittag einem sich (fiktiv) im Raum befindenden Mieter Herr A. (Andreas).

Im Hintergrund des Studios ist nur eine marode Wand mit einem großen Elch-Geweih zu sehen. Symbolisch steht das Bühnenbild für einen bedeutenden Ort in der Geschichte.

Es ist der Ort, wo sowohl die Baronin und andere Geliebte, auch Zerline ein Verhältnis mit dem Herrn von Juna. Dieser ist auch der leibliche Vater von Hildegard.

Nach dem Prolog geht für kurze Zeit das Licht.

Aus einem auf die Bühne gebrachten alten riesigen Koffer steigt langsam die „alte Zerline“ langsam schlürfend und gebückt mit altem Mantel und Hut aus ihren Erinnerungen heraus. Eine dramaturgisch starke Idee in dieser Inszenierung.

Die neunzig Jahre alte Zerline wird auf der Bühne durch ihren Erinnerung wieder als junge Frau lebendig. Die Zuschauer werden sozusagen in ihre Lebensgeschichte hineingezogen.

Zerline (Marlena Keil) berichtet über ihr unerfülltes Liebesleben. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Zerline (Marlena Keil) berichtet über ihr unerfülltes Liebesleben. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Es ist eine Geschichte voll Sehnsucht nach einer erfüllten Liebe, Begehren und Schmerz, Neid, Stolz und Heimtücke. Es ist eine große Liebesgeschichte der Magd Zerline. Sie begehrte von Juna, war aber vor allem in tiefer Liebe dem Baron zugetan. Das Stück bietet aber auch einen Einblick in die politisch-gesellschaftliche Befindlichkeit in der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Auf eindringliche Weise zeugt die Erzählung von der Individualisierung, Vereinsamung und Verunsicherung der Menschen. Das zeigt etwa die „Entscheidungs-Schüchternheit“ des Herrn von Juna, der sich wie viele andere, passiv „vom Schicksal“ treiben lässt. So werden sie „schuldlos schuldig“. An dieser Stelle hat die Aufführung einen aktuell Bezug zu unserer gegenwärtigen Situation.

Marlena Keil bringt die Zerline mit jeder Geste lebendig und ausdrucksstark für das Publikum auf die Bühne. Alle Facetten der Persönlichkeit in ihrem Stolz und Verletzlichkeit werden von ihr einfühlsam dargestellt. Mal schüchtern und tragikomisch, dann wieder in ihrer Wut laut und deutlich. Das Wort „Seelenlärm“ spielt in der Erzählung von Broch eine bedeutende Rolle. Es steht für die Sublimierung der Sexualität und wird von Zerline oft etwas verächtlich verwendet.

Die schöne und etwas verquere Sprache von Hermann Broch hat eine bildhafte Kraft. Die erotischen Passagen der finden in den sinnlichen Gesten der Schauspielerin einen starken Ausdrucksform. Eine Paraderolle für die junge Schauspielerin, die mit ihrer starken Präsenz das Publikum beeindruckte.

Weitere Vorstellungstermine: 03.05.2018 und 30.05.2018 jeweils um 20:00 Uhr

Informationen erhalten sie wie immer unter 0231/ 50 27 222 oder www.theaterdo.de

Zerline – eine Geschichte um Liebe und Lebenslügen

Mit „Zerline“ nach dem Roman „Die Schuldlosen“ von Hermann Broch bringt das Schauspiel Dortmund in seinem Studio am Donnerstag, den 19.04.2018 um 20:00 Uhr ein altes Traditionsstück unter der Regie des jungen Regisseurs Matthias Rippert auf die Bühne.

Die beliebte Schauspielerin Uta Herrmann spielte im reiferen Alter vor über zwanzig Jahren lange die „Magd Zerline“ im Schauspielhaus unserer Stadt. Nun wird die Rückschau der Magd (Stubenmädchen) Zerline auf ihr Leben im Dienst einer Baronin von der jungen Schauspielerin Marlena Keil des aktuellem Ensembles erzählt. Während des Erzählens und der Erinnerungen wird Zerline somit wieder jung.

Es trifft sich gut, dass gerade diese Erzählung auch Teil der Diplomarbeit (Abschlussarbeit) von Marlena Keil am Max-Reinhardt-Seminar 2014 in Wien war. Keil ist seit drei Jahren festes Ensemble-Mitglied im Schauspiel Dortmund und spielte unter anderem die Tochter Jean in Tracy Letts‘ „Eine Familie“ (Regie Sascha Hawemann). Zuletzt war sie als Hauptfigur Orlando in der Regie von Laura N. Junghans im Studio und auf der großen Schauspielhausbühne in Claudia Bauers „Schöpfung“ zu sehen. Nun ihr erstes Solo-Stück.

Zerline (Marlena Keil) berichtet aus ihrem Leben. (Foto: Christian Mair)
Zerline (Marlena Keil) berichtet aus ihrem Leben. (Foto: Christian Mair)

Die Inszenierung beginnt mit dem Prolog des ominösen Herrn A. an einem heißen Sommernachmittag. Die Magd Zerline hält Rückschau auf ihr Leben bei der Baronin und deren Tochter. Es ist eine Lebensbeichte voller Sehnsucht, Begehren und Schmerz, gepaart mit Neid, Stolz und Heimtücke. Zerline ist tief in das Leben der Herrschaft verstrickt. Zuletzt gipfelt der Nachmittag im Anzetteln eines Mordprozesses.

Nach Hannah Arendt ist es eine der größten Liebesgeschichten. Die Erzählungen umfassten den Zeitraum zwischen 1913 und 1933. Zwischen den Kriegen fand ähnlich wie heute eine Vereinsamung, Individualisierung und Entpolitisierung der verunsicherten Menschen statt.

Wie von einem „Schicksal“ getrieben, passieren die Geschehnisse den Menschen, die schwach in ihren Entscheidungsfindungen sind.

Das Stück wird, so Keil, von Brochs schönen und verqueren Sprache und von gezielt eingesetzter Musik getragen.

Neben der Premiere sind am 03.05.2018 und am 30.05.2018 jeweils um 20:00 Uhr weitere Aufführungen des Stücks vorgesehen.

Informationen und Karten unter: 0231/ 50 27 222 oder www.theaterdo.de