Zeitinsel Gubaidulina – Zwischen Bach und Bajan

Der 04. Februar 2023, samstagfrüh um 11 Uhr. Die richtige Zeit für das nächste Konzert der Zeitinsel Gubaidulina. Dieses Mal standen Werke von Johann Sebastian Bach und eben Sofia Gubaidulina auf dem Programm. Daneben stand ein ungewöhnliches Instrument im Mittelpunkt: das Bajan. Das russische Instrument Bajan ist eine Art Akkordeon. Es ist ein handgefertigtes Instrument mit Tasten und Bassknöpfen, das einen warmen und voluminösen Klang hat. Aber es kann auch anders: Grollen, Fauchen und Atmen.

Die drei Stücke von Bach wurden vom Cellisten Narek Hakhnazaryan sehr gefühlvoll gespielt. Dabei waren Besucher und Musiker gleichzeitig auf der Bühne, so dass es ein intimes Konzert wurde. Der Kontrast zur Musik von Gubaidulina war sehr stark, aber ich denke, jeder Besucher konnte die spirituellen Gemeinsamkeiten zwischen dem Barockmeister und der Komponistin zeitgenössischer Kammermusik spüren.

Die Akteure des Samstagvormittagskonzerts (v.l.n.r.) kathrin Rabus, Elsbeth Moser, Narek Hakhnazaryan und Li Chang. (Foto: (c) Petra Coddington)
Die Akteure des Samstagvormittagskonzerts (v.l.n.r.) kathrin Rabus, Elsbeth Moser, Narek Hakhnazaryan und Li Chang. (Foto: (c) Petra Coddington)

„Silenzio“ ist ein Stück, das 1991 komponiert wurde. Es ist ein besonderes Beispiel für Gubaidulinas Verwendung von Stille und Raum in ihrer Musik, um tiefgreifende spirituelle und emotionale Ausdrucksformen zu schaffen. Hier spielen Violine, Violoncello und eben das Bajan eine wichtige Rolle. Der extrem leise Beginn auf der Violine (Kathrin Rabus) sorgt dafür, dass die Aufmerksamkeit der Besucher geschärft wird. Man hört sogar das Umblättern der Seiten. Das entscheidende ist aber der Einsatz des Bajans, gespielt von Elsbeth Moser. Von zärtlichem Wispern bis hin zu wütendem Grollen entlockt sie dem Instrument ungeahnte Lebendigkeit.

In der Bearbeitung für Violoncello und Bajan erklang „In croce“. Es verwendet eine starke kontrapunktische Struktur, um eine dichte, atmosphärische Klangwelt zu schaffen. Zusätzlich zu den komplexen polyphonen Strukturen enthält das Stück auch meditative Passagen, die das Thema „Kreuz“ aufnehmen, Auch hier fängt das Bajan langsam an, fast suchend, bis es im späteren Verlauf im komplexer und intensivere Klangstrukturen bildet.

Beim letzten Stück „De profundis“ musste Elsbeth Moser aus gesundheitlichen Gründen passen, ihr Schüler Li Chang übernahm ihren Part. „De profundis“ verwendet eine Vielzahl von Klängen und Farben, um eine dichte und atmosphärische Klangwelt zu schaffen. Das Stück ist geprägt von seiner starken rhythmischen Struktur und den kontrastreichen Passagen, die von leisen, meditativen Abschnitten zu lauten und explosiven Ausbrüchen wechseln. Hier kann man spüren, dass das Bajan atmet.

Print Friendly, PDF & Email