Wie viele Zähne hat eine Schnecke?
Aber halt – geht es nicht um Ameisen? Sagt ja schon der Titel des Theaterstücks, das am Sonntag Premiere im KJT, dem Kinder- und Jugendtheater an der Sckellstraße, hatte. Und was hat es mit der Pizza auf sich?
Aber erst einmal sehen wir ein minimalistisches Bühnenbild, das sich in so ziemlich alles verwandeln kann. Ein weißer Kreis bedeckt den Boden, ein weiterer Kreis bildet den Hintergrund. Lichteffekte und wenige Möbel auf Rollen sind Werbeplakat und Schrank oder Schreibtisch und Krankenbett zugleich. Die fünf Schauspielerinnen und Schauspieler stehen außerhalb der Kreise, in ihrer Nähe einige Requisiten – vor allem Perücken.
Wo wir uns gerade befinden in dem Stück des kanadischen Autors David Paquet, ergibt sich aus den Texten der Darstellenden, die fast alle mehrere Rollen spielen, und aus einem beschreibenden Off-Text, den meistens Thomas Ehrlichmann spricht.
Das harmoniert im gesamten Stück ausgezeichnet als Teil der Inszenierung (Regie: Annette Müller) und ermöglicht sowohl einem sehenden als auch einem nichtsehenden Publikum, der Handlung zu folgen.
Turbulent geht es bereits los: Der Direktor (Harald Schwaiger) erklärt über ein Mikrofon seiner Schule, man habe es unter die letzten zehn der schlechtesten Schuleinrichtungen geschafft. Ihm sei das egal, er gehe in einem Jahr in Rente.
Aber vielleicht ist es ihm doch nicht so egal, denn er ruft die „Woche der Zukunft“ aus. In dieser Woche soll auch eine Schülersprecherin oder ein Schülersprecher gewählt werden. Die erste Kandidatin wird zwangsverpflichtet. Nachdem sie mit einem Werbeplakat auf der Schultoilette gekämpft hat, soll Jeanne (Sar Adina Scheer) antreten. Die hat erst wenig Lust, doch dann nimmt sie die Herausforderung an.
Ihr Gegner ist Olivier (Jan Westphal), ein belesener Junge, der auf der Suche nach Fakten ein Buch über unnützes Wissen erhält.

Foto: (c) Birgit Hupfeld
Beide suchen sich Unterstützung – mal mehr, mal weniger erfolgreich –, müssen sich mit (Alb-)Träumen und Realitäten auseinandersetzen, mit Gerechtigkeiten und Ungerechtigkeiten und mit unerwarteter Konkurrenz.
Zwischen Lachen und Lebensfragen
Schon zu Beginn reizen Text und Darstellung zu den ersten Lachern. Die Inszenierung zeigt eine Leichtigkeit, und die Schauspielerinnen (in vielen kuriosen Rollen: Bianka Lammert) und Schauspieler sind extrem gut aufgelegt. Dabei geht es um schwergewichtige Themen: Umwelt und Politik, das Erwachsenwerden, die eigene Haltung, die Ohnmacht, selbst etwas ändern zu können.
Jede und jeder trägt sein eigenes Päckchen. Aber verzagen? Und dann ist neben dem Ich auch noch das Wir. Da geht noch was. „Nichtstun hat Konsequenzen. Wer nichts sagt, sagt ja.“
Die Figuren erleben Rückschläge und Motivation, kommen zu (be)merkenswerten Erkenntnissen: „Optimismus ist ein Muskel, den musst du trainieren, sonst verkümmert er.“
Es wird gesungen, gelacht – und noch ist offenbar nicht alles verloren.
Am Ende schwappt der Text ein wenig zu deutlich noch einmal viele Botschaften ins Publikum. Das ist aber auch der einzige kleine Kritikpunkt.
Ansonsten eine beeindruckende Inszenierung eines topaktuellen Stücks mit hervorragenden Schauspielerinnen und Schauspielern.
Und wie viele Zähne hat nun eine Schnecke? Das kann man in Büchern oder im Netz herausfinden. Man kann aber auch einfach in das Stück gehen und sich die Antworten auf weitere Fragen holen:
Ist der Direktor auch nur ein Mensch?
Was ist mit dem Gewicht der Ameisen?
Und was ist nun mit der Pizza?
Für Jugendliche ab zwölf – und auf jeden Fall auch für alle Erwachsenen! Das altersgemischte Premierenpublikum war begeistert.
Nächste Vorstellungen:
01., 08., 09. April und weitere
im KJT – Kinder- und Jugendtheater an der Sckellstraße, Dortmund
www.theaterdo.de