Ars tremonia

Unselfing – Bekämpfung des Egoismus

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Ein klein wenig Egoismus ist ja nicht schlecht, aber wenn es ständig nur „Ich!Ich!Ich!“ heißt, das Selbst zum Kapital wird, braucht es eine Korrektur. Das ist das „Entselbstung“ oder „Unselfing“.

Die gleichnamige Ausstellung „Unselfing“ in Dortmunder Kunstverein bezieht sich dabei auf die Arbeiten der Philosophin Iris Murdoch. Der Begriff „Unselfing“ beszieht auf ein Konzept, das sie in ihrem Buch „The Sovereignty of Good“ (Die Souveränität des Guten) aus dem Jahr 1970 eingeführt hat. Iris Murdoch argumentiert darin, dass wir unsere selbstzentrierte Sichtweise überwinden müssen, um moralisch gute Handlungen zu vollbringen. Das „Unselfing“ bezieht sich auf den Prozess der Entselbstung oder der Befreiung von egozentrischen Denkmustern. Das „Unselfing“ beinhaltet also eine Verschiebung von der Selbstbezogenheit zu einem größeren Verständnis und einer größeren Aufmerksamkeit für die Welt außerhalb des eigenen Ichs.

In der Gruppenausstellung, die bis zum 12. Mai 2024 im Dortmunder Kunstverein zu sehen ist, zeigen sieben KünstlerInnen ihre Arbeiten zu diesem Thema.

Ja Jess präsentiert Silikonmasken, die an der Zunge miteinander verbunden sind. Durch die Möglichkeit, dass zwei Menschen diese Masken tragen können, entsteht eine nonverbale Kommunikation, eine Art Nabelschnur. In einem weiteren Werk zeigt Jess umgedrehte Kopfkissen, die in Särgen eingesetzt werden. Damit symbolisiert Jess den Tod seines ursprünglichen Geschlechts.

Der ukrainische Künstler Yuri Yefanov fragte sich 2021, ob menschliche Verständigung auch ohne feste Sprachkonventionen gelingen kann? Aus dem Workshop entstand ein Audiostück, was im Kunstverein zu hören ist. Als Vergleich wird am 05. Mai 2024 in Dortmund ein ähnliches Projekt durchgeführt.

Wer nicht genug vom Hören hat, kann sich bei einer Hörstation ein Gespräch zwischen der Philosophin Iris Mudoch und dem Philosophen Jiddu Krishnamurti anhören. Bei denen geht es um die Frage des Selbst und des Entselbsten.

Nicht nur für Computerarchäologen interessant sind die Arbeiten von Lilian Schwartz. Lilian Schwartz‘ Arbeit konzentrierte sich hauptsächlich auf Computergrafik und digitale Kunst. In den 1960er und 1970er Jahren arbeitete sie mit den damals verfügbaren Computertechnologien, um abstrakte visuelle Kunstwerke und Animationen zu schaffen. Die Fortschritte in der Grafiktechnologie, die durch Künstler wie Schwartz inspiriert wurden, trugen zur Verbesserung der visuellen Darstellung in Computerspielen bei. Zu sehen sind frühe Filme, die zwischen 1970-1974 entstanden sind.

Motten haben in Deutschland wegen der Kleider- und Lebensmittelmotte keinen so ganz guten Ruf, aber ein riesiger Pfauenspinner (Lunar Moth) hängt in halber Höhe über den Boden. Die Motte ist die nächtliche Schwester des Schmetterlings, das Symbol der Trans-Community für Veränderung des Selbst (Raupe->Schmetterling). Geschaffen haben das Kunstwerk Avaf und David Reiber Otálora.

Mit einer anderen Philosophin, nämlich Donna Harraway beschäftigt sich der Künstler Jessy Razafimandimby. Harraway entwickelte das Konzept des „Kinship“. Ihr Ansatz zur Kinship-Idee basiert auf der Vorstellung von „geflickten Identitäten“ und „affektiven Verbindungen“. Statt fester, biologischer Verwandtschaftsbeziehungen setzt sie auf flexible und offene Konzeptionen von Gemeinschaft und Bindung. Razafimandimby benutzt als Kinship seine Beziehung zu seinem verstorbenen Hund und zwingt auch die BesucherInnen bei einem Objekt die Sichtweise eines Hundes anzunehmen.

Musik machen mit einem Teppich? Ja, das geht. Es ist sogar möglich, die Meeresgeräusche nachzuahmen. Cevdet Erek zeigt, wie mit einem Teppich und Handbewegungen die Meeresbrandung in die Dortmunder Innenstadt kommt. Ein Heft bietet eine Anleitung zur Vorbereitung und Durchführung des „See Szenen Stückes“.

„Insektenhotels“ heißen die Arbeiten von David Reiber Otálora. Seine Werke sind auf die Bedürfnisse von Insekten und Vögeln hin gestaltet. Sie können auch funktional als Insektenhotels eingesetzt werden. Beim Film von Yael Bartana „Pardes“ geht es um die persönliche Sinnsuche westlicher Menschen, die in den Urwald fahren, um an einem Ritual teilzunehmen. Bei diesem Ritual wird ein psychedelisches Getränk verabreicht, wobei es zu einer spannenden oder schrecklichen Erfahrung kommen kann. Darüber hinaus kann der Betrachter entscheiden, ob die Kommerzialisierung dieses Rituals positiv oder negativ ist.