Ars tremonia

Sweeney Todd – Zwischen Rache, Liebe und Gesellschaftskritik

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Am 12.10.2024 feierte das Publikum die Premiere von „Sweeney Todd“ (The Demon Barber of Fleet Street) in der Oper Dortmund. Die Musik und Gesangstexte stammen von Stephen Sondheim (Buch: Hugh Wheeler, nach Christopher Bonds gleichnamigem Stück). Im Mittelpunkt steht die fiktive Geschichte des Serienmörders Benjamin Barker, alias Sweeney Todd.

1979 wurde „Sweeney Todd“ als Musical von Sondheim am Broadway uraufgeführt, und es diente 2007 auch als Vorlage für den bekannten Spielfilm mit Johnny Depp.
Die Inszenierung von Gil Mehmert überzeugte durch eine stimmige Zusammenarbeit von Bühnenbild, Kostüm, Choreografie und Lichtdesign, wodurch eine düster-geheimnisvolle Atmosphäre entstand. Die Dortmunder Philharmoniker, unter der Leitung von Koji Ishizaka, begleiteten die Aufführung mit vielseitiger Musik. Diese reichte von Anspielungen auf Britten und Weill über Zitate aus Hitchcocks „Psycho“-Soundtrack bis hin zu Broadway-Melodien. Zudem erzählte der Opernchor des Theaters Dortmund die Geschehnisse in Rückblenden, die 15 Jahre zurückliegen.

Sweeney Todd – Ein blutiges Rachedrama mit schwarzem Humor

Das Ensemble brillierte sowohl mit stimmlichen als auch schauspielerischen Leistungen. Besonders hervorzuheben sind Kammersänger Morgan Moody als „Sweeney Todd“ und Bettina Mönch als die gerissen-mütterliche sowie geschäftstüchtige Mrs. Lovett, die Besitzerin einer Pastetenbäckerei.

Ks. Morgan Moody als "Sweeney Todd" greift zum Rasiermesser. Mit dabei ist Andreas Laurenz Maier als "Richter Turpin"Foto: (c) Björn Hickmann
Ks. Morgan Moody als „Sweeney Todd“ greift zum Rasiermesser. Mit dabei ist Andreas Laurenz Maier als „Richter Turpin“
Foto: (c) Björn Hickmann

Nach 15 Jahren Verbannung durch den skrupellosen Richter Turpin (Andreas Laurenz Maier) kehrt der Barbier Benjamin Barker, unterstützt vom jungen Matrosen Anthony Hope (Jonas Hein), nach London zurück. Dort erfährt er, dass seine Frau Lucy vom Richter missbraucht wurde und sich vergiftet haben soll. Seine Tochter Johanna, die Turpin als Baby entführt hat, wird wie eine Gefangene gehalten. Todds Verlangen nach Rache steigert sich allmählich zu einem tragischen, pathologischen Rausch.

Auf den ersten Blick mag die Handlung wie eine Splatter-Horror-Komödie erscheinen, doch „Sweeney Todd“ ist in Wahrheit eine bitterböse Moralparabel. Sie erinnert an Brecht und zeigt, wie sich gesellschaftliche Schichten durch Misstrauen, Wut und Gewalt immer weiter voneinander entfernen. Machtmissbrauch von oben führt dabei zu fatalen Folgen. Nur die junge Generation, dargestellt durch die Liebesgeschichte zwischen Johanna und Anthony, kann diese Spaltung überwinden. Die gesellschaftlichen Spannungen, die in der Inszenierung thematisiert werden, machen das Musical leider bedrückend aktuell.

Auf der Bühne verschmelzen blutiges Rachedrama, ergreifende Romanze und schwarze Komödie. Ein komödiantisches Highlight war der „Barbier-Wettstreit“ zwischen Fritz Steinbacher als Adolfo Pirelli und Morgan Moody als Todd.

Langanhaltender Beifall belohnte diesen großartigen Musicalabend. Weitere Aufführungstermine finden Sie unter www.theaterdo.de oder telefonisch unter 0123/5027222.