Rainald Grebe – sein Leben als Programm

Von der Kleinstadt Frechen ins große Berlin. Als die Zuschauer am 23. November nach dreieinhalb Stunden aus dem Schauspielhaus Dortmund kamen, erfuhren sie einiges über Grebes Kindheit und Jugend.

Auf der Bühne lag symbolisch der Müll seines Lebens, aufgemalt auf einem Laken, aber in Wirklichkeit befand sich dort ein Minischlagzeug mit der Puppe Chucky. Chucky, bekannt aus der gleichnamigen Horrorfilm-Reihe, hatte besondere Aufgaben, denn mit jedem Schlag erklangen Soundfetzen wie alte 80er Jahre-Werbung, Auszüge aus einer Schallplatte des niederländischen Missionars John Thiessen und ähnliches.

 

Grebe breitet seine Kindheit und Jugend völlig ungeniert aus, seine Hobby wie beispielsweise Auswendiglernen (!) von Briefmarken machten ihn sicher zu einem skurrilen Außenseiter in seiner Heimatstadt Frechen. Heute würde man vermutlich den Begriff „Nerd“ wählen. Hier hat das Konzert auch seine tiefsten, emotionalsten Momente, wenn Grebe am Klavier davon singt, als Jugendlicher alleine zu Hause am Klavier zu sitzen, währen die anderen in Köln in den Diskotheken feiern. Dazu gehört auch sein Lied über seine Zivildienstzeit in einer psychiatrischen Klinik in Bielefeld

 

Eigentlich war das Rainald Grebe Konzert ein Soloprogramm, doch man könnte mit Fug und Recht behaupten, dass der Tontechniker Franz Schumacher als Sidekick eine nicht unterschätzende Rolle spielte. Am Anfang war der Dialog der beiden vielleicht etwas zu langatmig, aber im Laufe des Konzert pegelte es sich wunderbar ein und das gegenseitige Bälle zuwerfen sorgte für einige Lacher.

 

Natürlich durfte auch der spezielle Humor von Rainald Grebe nicht fehlen, seine aufgerissenen Augen und seine feine Beobachtungsgabe vor allem zwischenmenschlicher Beziehungen wie beispielsweise bei „30-jährige Pärchen“. Gegen Ende bekamen die Zuhörer noch eine gehörige Portion Schweizer Dadaismus serviert und das Eingeständnis „I feel so overfordert“ mit Tanzeinlage. Hier konnte sich jeder, der mittlerweile eine Spiegel-Online-Allergie bekommen hat, wiederfinden.

Gegen Ende des Abends zweigte Grebe auch seine Fähigkeit zur (Selbst)-Ironie. Gekonnt nahm er dabei das „Künstlergetue“ auf die Schippe.

Zieht man die Pause ab, stand Rainald Grebe netto drei Stunden auf der Bühne. Das allein verdient den höchsten Respekt. Das davon fast keine Sekunde langweilig war, zeigt seine hohe Qualität.

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