Mensch oder Maschine – wer ist hier der Boss?

Aat Dirks im Kampf mit seinem Fahrzeug. (Foto: © Compagnie MOBIL).
Aat Dirks im Kampf mit seinem Fahrzeug. (Foto: © Compagnie MOBIL).

Am Freitag, dem 19. August 2016 hatte Aat Dirks einen doppelten Auftritt beim diesjährigen Mikrofestival. Der Niederländer kämpft in seinem Stück „Sulky M1“ nicht nur mit seinem Fahrzeug, sondern er sucht auch die ideale Frau. Neben der romantischen Seite geht es in dem Stück, das Dirks als „Compagnie Mobil“ auf die Straßen Europas bringt, auch um das aktuelle Thema: Mensch oder Maschine – wer hat die Vorherrschaft? Ars Tremonia sprach vor der Vorstellung mit Dirks.

Ars tremonia: Wie sind Sie zum Straßentheater gekommen?

Aat Dirks: Straßentheater oder Spektakeltheater ist eine alte Liebe von mir, schon als 14/15 jähriger Junge war ich sehr fasziniert über das Visuelle und Physische. Aber ich habe erst etwas technisches studiert und bin eigentlich Ingenieur.

Neben der technischen Ausbildung habe ich noch Kurse für das Sprechtheater gemacht. Aber das war viel zu eng, zu einförmig und für mich gab es zu wenig Möglichkeiten. Ich wollte gerne nach draußen und mit Wasser und Feuer arbeiten.

Dann habe ich bei einer Theatergruppe angefangen, die wirklich Spektakeltheater machte, die Lunatics. Die sind auch regelmäßig in Deutschland aufgetreten. Nach einiger Zeit habe ich mir überlegt, es alleine zu probieren. Mit diesem Stück (Sulky M1) habe ich angefangen und dieses Jahr ein neues Stück entwickelt. Aber mit dem ersten Stück reise ich immer noch, das ist ein Straßentheater mit allem Spektakel.

Ich habe mit diesem Stück an einer Art Wettbewerb in Enschede teilgenommen und gewonnen. Danach gab es eine dritte und vierte Vorstellung und es begann ein Selbstläufer zu werden. Dann habe ich aktiv nach Festivals gesucht, um auftreten zu können und nach zweieinhalb Jahren hatte ich genug Arbeit, um über die Runden zu kommen. Schließlich habe ich das in Vollzeit gemacht. Seit vier Jahren bin ich als Selbstständiger auf der Straße und es gefällt mir sehr gut, weil man ein anderes Publikum hat, auch andere Plätze und Festivals. Auf der Straße hat man den direkten Kontakt mit dem Publikum. Man kann es sehen, im normalen Theater ist es zu dunkel.

Ars tremonia: Das sind die Vorteile eines Straßentheaters, aber gibt es auch Nachteile?

Aat Dirks: Ja, es gibt sicher auch Nachteile. Aber das macht es gerade spannend. Du musst das Publikum für dich gewinnen, es läuft nicht so wie im Theater: Menschen kaufen Karten, sie haben einen Sitzplatz. Die Schauspieler sind auf dem Podium und das Publikum schaut zu.

Es gibt auch andere Herausforderungen beim Straßentheater: Ob eine Kirchenglocke läutet oder ein Hund bellt, das kann enorm ablenken. Aber auf der anderen Seite ist es auch eine Chance, darauf zu reagieren und das Publikum einzufangen.

Ein Problem ist die fehlende Bekanntheit. Die Leute sagen: Oh, das war aber schön, aber wie heißt der Junge oder wie hieß die Gruppe?

Ars tremonia: Gibt es genügend Straßentheaterfestivals in Deutschland?

Aat Dirks: Ich arbeite bewusst ohne Text, so dass ich einfach nach Deutschland kann. Wenn ich nur in den Niederlanden und Belgien arbeiten würde, könnte ich nicht genug Einkommen generieren. Ich finde es sehr schön in Deutschland aufzutreten, weil die Menschen anders als in den Niederlanden reagieren. In Deutschland gibt es ziemlich viele Festivals: Rastatt, Schwerte, Detmold.

Ars tremonia: Wie lange arbeiten Sie an einem Stück? Von der Idee bis zur Ausführung?

Aat Dirks: Die Idee ist sieben Jahre alt. Ich habe zwei Winter gebaut, eine Laufmaschine gemacht, und ein Jahr an dem Spiel geprobt. Zwischen der Idee und der Aufführung liegen mehrere Jahre.

Ich bekomme es nicht in sechs Wochen geprobt wie bei einer großen Gruppe. Ich habe viel Zeit zum ausprobieren nötig, um die Idee köcheln zu lassen. Ich stelle mir die Frage: Warum hatte ich die Idee, was war die Faszination der Idee? Es geht in dem Stück (Sulky M1) um den Kampf zwischen Mensch und Maschine in Zeiten der Automatisierung. Wer ist eigentlich der Boss? Und um einen Mann, der auf der Suche nach der Frau seines Lebens ist.

Ars tremonia: Haben Sie Menschen, die Ihnen helfen?

Aat Dirks: Meine Frau arbeitet sehr viel mit mir zusammen. Dieses Stück, wie auch das Kostüm, habe ich komplett selbst entwickelt. Meine Frau macht die Geräuschaufnahmen. Ich habe keinen Agenten. Ich versuche mit einer kleinstmöglichen Organisation ein größtmögliches Publikum zu erreichen.

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