Leeres Gefäß oder eigenes Wesen

Dortmunder Sprechchor
Es gab auch einige Tanzelemente im dem Stück. (Foto: © Edi Szekely)

Tiere können nicht sprechen, Blumen auch nicht. Das alles muss Kasper Hauser erst lernen. In der Inszenierung von Alexander Kerlin und Torsten Bihegue zeigen der Sprechchor und der neue Kinderchor in „Kasper Hauser und die Sprachlosen von Devil County“ unterschiedliche Seiten des Findelkindes. Ars tremonia besuchte die Premiere am 13. Juni 2015 im Studio des Schauspielhauses.

Angenehm voll war es im Studio. Neben den ausverkauften Zuschauerplätzen, füllten rund 80 Mitglieder des Sprechchores und etwa 13 Mitglieder des Kindersprechchores den Raum. Doch glücklicherweise gab es viel Wechsel zwischen den Sprechchören.

Im Mittelpunkt des Stückes stand weniger die „Wahrheit“ um Kasper Hauser, der Anfang des 19. Jahrhunderts in Nürnberg auftauchte, sondern um die Frage: Was bedeutet Sprache? Was macht sie mit uns?

Bereits zu Beginn machten Kerlin und Bihegue deutlich, dass Sprache auch sehr brutal wirken kann: Die Erwachsenen riefen Befehlsworte zu dem Kinderchor, der in stilechten Kostümen aus dem 19. Jahrhundert steckte. Ansonsten war die Bühne in pastellfarbenen Erdtönen gehalten. Als Requisten dienten Pakete und Luftballons, auf denen nach der Melodie des „Flohwalzers“ allerlei Geräusche produziert wurden.

Doch was will Kasper eigentlich? Er hat viele Fragen, doch wenn er zuviele davon stellt, heißt es schnell von den Erwachsenen: „Setz dich hin und sei still“. Die Erwachsenen sehen Kasper als Art „Nürnberger Trichter“, als leeres Gefäß, das man befüllen kann. Auf seine Wünsche und Sehnsüchte nehmen sie keine Rücksicht. Von daher wünscht der sich „Unterhaltung ohne Sprache“, denn „wenn das, was du sagen willst, nicht schöner ist als die Stille, dann schweige.“

Im Laufe des Stückes wird deutlich, wer die Sprachlosen von Devil County sind: Die Zuschauer, die den Fortgang des Stückes auf der Bühne sprachlos verfolgen (müssen).

Das gesamte Stück wird musikalisch untermalt von Tommy Finke, der dem Kindersprechchor ein sehr berührendes Lied schrieb, in dem sich Kasper Hauser zu den Gestirnen wünschte, da er in dieser Gesellschaft unverstanden ist.

Die Aufführungen in dieser Spielzeit sind bereits ausverkauft. Ab dem 16. Juni 2015 läuft der Vorkauf für die Vorstellungen in der nächsten Spielzeit.

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