Ars tremonia

„Helle Wachträume“ an einem hellen, lichtdurchfluteten ersten Sommernachmittag in der Produzentengalerie Friedrich 7

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Vom 10. Mai bis zum 8. Juni 2025 ist unter dem Titel „Helle Wachträume“ eine gemeinsame Ausstellung von Pia Bohr und Sonia Ruskov zu sehen – und zwar in der Produzentengalerie „Friedrich 7“ (Friedrich-Ebert-Straße 7, 44263 Dortmund). Öffnungszeiten: Mittwoch 16–18 Uhr, Samstag/Sonntag 14–17 Uhr.

Zur Vernissage haben die Künstlerinnen Pia Bohr und Sonia Ruskov eingeladen. Die gut besuchte Eröffnung um 17 Uhr wurde vom Team der Produzentengalerie Friedrich 7 in Dortmund hervorragend vorbereitet und begleitet. Friedrich 7 (https://www.kulturladenhoerde.de/), das jüngste Mitglied der KulturLaden-Familie, bietet einen großen, lichtdurchfluteten Raum mitten im belebten Zentrum Hördes für temporäre Ausstellungen, Workshops, Poetry Slams, Konzerte oder andere kulturelle Veranstaltungen. Diesen Raum haben die beiden Künstlerinnen ganz für sich gewonnen, um uns in ihre „hellen Wachträume“ zu entführen. Eine sehr gute Einführungsrede hielt die Kunsthistorikerin Silvia Schmidt-Bauer.

Zwischen Expressionismus und Skulptur – Zwei Künstlerinnen, zwei Ausdrucksformen

Sonia Ruskov ist gebürtige Bulgarin und hat an der Kunstakademie in Sofia im Hauptfach Restauration ihr Examen abgelegt. Seitdem war sie auch international an bedeutenden Restaurationsarbeiten beteiligt. Parallel dazu entwickelte sie ihre Malerei, und man erkennt deutlich, wo ihre Themen und Arbeitsschwerpunkte ihren Ursprung haben. Sie nimmt uns mit auf eine Reise durch religiös inspirierte Themen, die an die Freskenmalerei römischer Kirchen erinnern, aber gleichzeitig eine Befreiung der Malerei durch den Expressionismus andeuten.

Sonia Ruskov (links) und Pia Bohr vor ihren Arbeiten. (Foto: (c) Alexander Pohl)
Sonia Ruskov (links) und Pia Bohr vor ihren Arbeiten. (Foto: (c) Alexander Pohl)

„Darin wird ein Destruktionswille erkennbar, der sich gegen ein dekadent-erschlafftes und wohlanständiges Bürgertum der wilhelminischen Epoche sowie gegen die Genussästhetik des Impressionismus und Jugendstils wendet, wobei das Ziel der Stimulation oft unklar bleibt.“ (1)

Auf der Schwelle zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit entstehen Bildwerke, die an Künstler wie Marc Chagall, Pablo Picasso oder auch Piet Mondrian erinnern. Besonders die kräftige Farbgebung verweist auf diese Zeit des Umbruchs in der Malerei. Dabei handelt es sich jedoch nicht um bloße Kopien alter Meister, sondern um neue Werke in der Tradition jener Kunstepoche. In der modernen Kunst spricht man hier auch von Appropriation Art (englisch: appropriation = Aneignung) (2).

Dieses Phänomen trat bereits Anfang der 1970er-Jahre in der amerikanischen Kunstwelt auf. Damals kopierte man absichtlich die Originale berühmter und unerschwinglicher Künstlerinnen und stellte sie mit gesellschaftskritischem Hintergrund aus – mit der Frage: Warum soll sich nicht jeder einen Picasso leisten können? In der Tat sind die Bilder von Sonia Ruskov in dieser Ausstellung durchaus erschwinglich.

Bei Pia Bohr sehen wir neuere Bronzeplastiken und Holzskulpturen, die sie inzwischen auch erfolgreich auf großen Kunstmessen präsentiert. Ihre Werke haben es nicht leicht, sich gegen die farbgewaltigen Bilder an den Wänden zu behaupten, doch sie bilden in ihrer farblichen Zurückhaltung und reduzierten Formensprache einen spannenden Gegenpol. Nimmt man sich die Zeit, sie losgelöst vom Hintergrundgeschehen zu betrachten, entfalten sie ihre eigene Sinnlichkeit. Im Gegensatz zu musealen Präsentationen ist bei ihr das Berühren der Objekte ausdrücklich erlaubt – damit eröffnet sich eine weitere Dimension der Wahrnehmung. Wie sie selbst beobachtet hat, sind es vor allem Frauen, die diese Möglichkeit der Kunstbetrachtung gerne annehmen und genießen.

Als Bildhauerin arbeitete sie lange ausschließlich mit Holz und schuf amorphe Frauenfiguren, Torsi oder organisch wirkende Wesen. Diese Originale wurden zur Grundlage ihrer neuen Bronzeplastiken. Moderne 3D-Technik erlaubt das maßstabsgerechte Skalieren in kleinere Formate. Dennoch wird jede Bronzeplastik vor dem Guss individuell an der Gussform bearbeitet und nach dem Guss patiniert, sodass jedes Stück trotz serieller Herstellung ein Original bleibt. Dadurch erhalten die Werke von Pia Bohr eine besondere Wertigkeit.

Die Ausstellung ist noch bis zum 8. Juni 2025 zu sehen. Sie wird mit einer Finissage am 8. Juni um 14:00 Uhr feierlich beendet.

By derpohl, 11. Mai 2025

 

Quellen:

(1) Zitat: Richard Hamann, Jost Hermand: Expressionismus (Epochen deutscher Kultur von 1870 bis zur Gegenwart. Band 5), Frankfurt 1977, S. 32–63, 93, 123.

(2) Wikipedia: Appropriation Art

Weitere Informationen über die Künstlerin: www.bohrskulpturen.de