Die Menschheit schlägt seit jeher Wunden in die Erde, um an ihre Schätze zu gelangen. Viele Regionen der Welt sind vom Rohstoffabbau und der Industrialisierung geprägt, besonders sichtbar im Ruhrgebiet, wo die Geschichte des letzten Jahrhunderts durch die Extraktion von Ressourcen geschrieben wurde. Heute stehen die Zechen still, während die Ausbeutung von Rohstoffen außerhalb Europas stattfindet, um den westlichen Bedarf an Versorgung, Konsum und technologischem Fortschritt zu decken. Jana Kerima Stolzer & Lex Rütten kuratieren die Ausstellung.
In der Ausstellung „Guilty Pleasure, Mineral Treasure“ vom 17. August bis 6. Oktober 2024 im Künstlerhaus Dortmund entwerfen die KünstlerPraktiken und Denkspiele und laden auch zum aktiven Mitmachen ein. Sie nutzen dabei VR, Video, Installationen und interaktive Spiele.
Natur und Technologie: Die Grenze verwischt
Meischner zeigt mit zwei Werken eindrucksvoll, wie der Mensch durch technische Mittel versucht, die Natur nachzubilden und gleichzeitig zu transformieren. Der scheinbar natürliche Bambus entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Produkt aus dem 3D-Drucker. Die Beimischung von echten Bambusfasern verleiht ihm eine zusätzliche Dimension, die die Grenze zwischen natürlicher und künstlicher Beschaffenheit verwischt. Diese subtile Verschmelzung von natürlichem Material und moderner Technologie wirft Fragen nach der Authentizität und der Nachahmung der Natur auf.
Das zweite Werk, ein „Rasen“, der in die komplexen Formen eines barocken Gartens geschnitten ist, überrascht durch die Wahl des Materials: Die Grashalme bestehen aus simplen Zahnstochern. Diese ungewöhnliche Materialwahl führt zu einer neuen Interpretation des Bildes des perfekten Rasens und hinterfragt, wie weit die Nachahmung der Natur durch menschliche Erfindungsgabe gehen kann.
Spielerische Reflexion über Gier und Nachhaltigkeit
Camilo Sandoval thematisiert in seiner Arbeit „Honor Providence, Honor Good Men“ Gier und Kapitalismus. Beide Spieler haben zwei Minuten Zeit, um in Echtzeit auf derselben Karte gegeneinander anzutreten: Spieler eins muss abholzen und Mineralien wie Kobalt, Nickel und Lithium – die für die heutige Elektronikindustrie unverzichtbar sind – finden und Minen bauen, um sie abzubauen; Spieler zwei muss diese Minen zerstören und dann auf dem gerodeten Land wieder aufforsten.
Camilo Sandoval gestaltet zudem im großen Raum des Künstlerhauses ein riesiges Wandbild, das einen Ort in Kolumbien zeigt. Hier begegnen sich Menschen, denn Sandoval betont, dass wir nur durch persönliche Begegnungen unsere Zukunft gestalten können.
“Matrix Vegetal” verbindet verschiedene Ideen und Technologien, um unser Verständnis von Pflanzen und der spirituellen Welt zu erweitern. Das Video kombiniert ethnobotanische Experimente, südamerikanische Philosophien, Traumwelten und natürliche Technologien. Es zeigt, wie wir die Kommunikation zwischen Menschen und übernatürlichen Kräften wiederherstellen können. Dabei geht es um Visionen, Lehren und Wege, die uns die Pflanzenwelt vermittelt, und bietet einen poetischen Blick auf das moderne Leben, das tief mit der Erde verbunden ist. Patricia Domínguez verarbeitet in dieser hypnotischen Videoinstallation ihre Erfahrungen, die sie bei Amador Aniceto, einem Heiler aus Madre de Dios, Peru, gesammelt hat.
Zu einem virtuellen Mistkäfer werden
Nieves de la Fuente bietet in der VR-Installation „Night Companions“ die Möglichkeit, sich wie ein Mistkäfer zu fühlen. Die Besuchersitzen auf einer Kugel, die den Mistkugeln ähnelt, die diese Käfer transportieren, und navigieren durch eine Landschaft. Auf der Waldlichtung suchen sie nach Sternbildern, die ihnen helfen, Kot zu finden, den sie ihrer Kugel hinzufügen können. Mistkäfer orientieren sich am Mond oder an den Sternen. Doch wie bewältigen sie Lichtverschmutzung und die zahllosen Satelliten im Orbit?
Ein Server stößt CO2 aus, eine Pflanze bindet es. Doch wie sieht die Bilanz aus? Der Server produziert jetzt CO2, während die Pflanze Zeit zum Wachsen benötigt. Marina Resende Santos und Graham Livingston veranschaulichen dieses Verhältnis in der Installation “tendergarten.io” experimentell. Was bedeutet es für uns, wenn wir „CO2-Zertifikate“ kaufen und neuen Wald anpflanzen? Wir produzieren CO2 jetzt, aber die Gegenmaßnahmen brauchen Zeit.
Guilty Pleasure, Mineral Treasure 17. August – 6. Oktober 2024
Öffnungszeiten der Ausstellung: Do – So 16 – 19 Uhr | Eintritt frei