Ein Quantum Geierabend

Die Partnerstadt des diesjährigen Geierabends wird es nicht leicht haben. Denn es ist Gelsenkirchen. Auch wenn bei der Episode „Städtebattle“ ordentlich für gegenseitige Sympathie zwischen Dortmund und Gelsenkirchen geworben wird, schließlich gelte es den gemeinsamen Gegner Düsseldorf zu bezwingen, es bleibt noch ein hartes Stück Arbeit. Das zeigte das Saalergebnis bei der Premiere zur Wahl des Pannekoppordens 2020. Hier gewann der Ehrenrat von Schalke 04 (Stichwort Tönnies und Rassismus) haushoch vor dem Vorstand der Dortmunder Chorakademie (Stichwort Schwanzeinziehen vor den Wutbürgern wegen Umweltsau). 1:0 für Schalke in Dortmund.

Doch im Mittelpunkt der Session 2020 steht James Bond. Ein echter Junge des Ruhrpotts, schließlich ist er am 11.11.1920 in Wattenscheid geboren. Klar, dass der Geierabend an den Hundertjährigen erinnert. Ars tremonia war bei der Premiere am 03. Januar 2020 in der Zeche Zollern dabei.

Es hat mittlerweile Tradition. Entweder am Jahresende oder am Anfang des neuen Jahres präsentiert der Geierabend sein neues Programm. Und natürlich dürfen aktuelle politische Anspielungen nicht fehlen. So wird bei „SUV – Super umweltverträgliches Vahrzeug“ der immer größer werdenden SUV-Boom auf das Korn genommen. Schließlich brauche man ja so ein Auto, um sicher ins Naturschutzgebiet zu kommen. Die verkorkste Büttenrede von Annegret Kramp-Karrenbauer wurde ebenfalls durch den Kakao gezogen. Die Klimadiskussion wurde von zwei Dinos geführt, die die Menschen trösten nach dem Motto „alles schon mal erlebt“. Auch die Clankriminalität wird thematisiert.

Daneben konnte man sich an den altbekannten Gesichtern erfreuen. Der Präsident (Roman Henri Marczewski), der Steiger (Martin Kaysh) und die exquisite Band mit Gilda Razani am Saxophon und Theremin waren wieder mit von der Partie. Der „Steiger“ führte gewohnt spitzzüngig durch das Programm. Sehr viel Applaus bekamen Franziska Mense-Moritz, die als „Bandscheibe“ den Saal zum Toben brachte. Hans-Peter Krüger zeigte bei „Ein Wutbürger packt aus“ die aggressive Seite, wobei er häufig in den ruhigen Stücken präsent war wie „In der Wortmanufaktur“. Die „Wortmanufaktur“ ist zudem ein gutes Beispiel, dass auch ruhige oder skurrile Szenen durchaus ihren Platz beim Geierabend haben. Leider wird das die letzte Session der beiden, die danach das Geierabend-Ensemble verlassen. Ein herber Verlust und es bleibt dem Geierabend zu wünschen, möglichst adäquaten Ersatz zu finden. Dass das schon einmal sehr gut geklappt hat, zeigen die Beispiele Murat Kayi und Andreas „Obel“ Obering. Kayi, der mit seinem Song „Menage á trois“ einen absoluten Ohrwurm an diesem Abend präsentiert und auch den Abschlusssong „5000 Jahre Kohlenpott“ komponiert hat, ist nicht mehr wegzudenken. Der „Obel“ zeigt vor allem durch seine Parodien seine Qualitäten. Sei es als Kramp-Karrenbauer oder als Dieter Thomas Heck.

Franziska Mense-Moritz (links) und Sandra Schmitz als "Edgy und Veggie" zwei Personal Trainerinnen der besonderen Art. (Probenfoto von Anja Cord)
Franziska Mense-Moritz (links) und Sandra Schmitz als „Edgy und Veggie“ zwei Personal Trainerinnen der besonderen Art. (Probenfoto von Anja Cord)

Sandra Schmitz ist in ihrem Element, wenn sie sehr besondere Persönlichkeiten darstellt. Beispielsweise als Fitness-Influenzerin Edgy in „Edgy und Veggie“, als Janine Kowalski in „Kowalskis vor Gericht“ oder als Nicki bei „Zwei Borussinnen“. Martin Risse, der als Sauerländer Joachim Schlendersack die Geschichte der Rettung des „Güllestübchen“ erzählte, ist ein alljährlicher Stimmungsgarant.

Nicht alles zündete, beispielsweise gefiel mir die Nummer mit den Dinos nicht so, aber das ist wohl Geschmackssache. Ich bin eher darüber enttäuscht, dass das Geburtstagskind James Bond nicht prominenter zu sehen war. Schließlich ist er ja das große Thema des Geierabends 2020. Es gab zwar in der ersten Hälfte mit „Zwölf Sekunden“ eine schöne Nummer mit Roman Marczewski als Bond und Wolfgang Wendland von den „Kassierern“ als sinistren Gegenspieler Dr. Wattenscheid. Aber ich hätte mir gewünscht, dass James Bond im zweiten Teil noch einmal wiederkommen würde. Schließlich gab es ja einen kleinen Cliffhanger.

Insgesamt ein gelungener Start in die Session 2020 und es bleibt zu hoffen, dass die diesjährige Partnerstadt einen größeren Platz in den Herzen der Dortmunder bekommt. Auch wenn‘s schwerfällt. Ein großes Lob gehört außerdem noch dem Videokünstler Patrick Praschma, der es schaffte, mit seinen Bildern die Stücke zu unterstützen und nicht zu überfrachten.

Mehr Informationen zu Kartenbestellungen gibt es bei www.geierabend.de

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